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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 30.06.2004
Aktenzeichen: 7 U 148/03
Rechtsgebiete: GmbHG, ZPO, InsO, BGB


Vorschriften:

GmbHG § 30
GmbHG § 31
GmbHG § 32 a
GmbHG § 32 a Abs. 1
GmbHG § 32 b
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
InsO § 39
InsO § 39 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 39 Abs. 1 Nr. 4
InsO § 39 Abs. 1 Nr. 5
InsO § 39 Abs. 2
InsO § 39 Abs. 3
BGB § 133
BGB § 157
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 148/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 30.6.2004

Verkündet am 30.6.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Richter am Oberlandesgericht ... als Vorsitzenden, den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam vom 10.07.2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach diesem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe:

1.

Der Kläger nimmt die Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T... GmbH (Schuldnerin) auf Rückzahlung von Beteiligungsentgelten in Anspruch, die den Beklagten aufgrund ihrer Beteiligungsverträge mit der Schuldnerin im Zeitraum von September 2000 bis März 2001 (Beklagte zu 1) und von Oktober 2000 bis Juni 2001 (Beklagte zu 2) gewährt worden sind. Ergänzend wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Er hat beantragt,

1. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an ihn 25.043,50 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2001 zu zahlen,

2. die Beklagte zu 2. zu verurteilen, an ihn 25.349,10 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2001 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Anspruch auf die Beteiligungsentgelte das Schicksal der Einlage teile. Die Beteiligungsentgelte seien vom Bestand der Hauptforderung abhängig und könnten nicht ohne diese fortbestehen. Mit den von ihnen erklärten Rangrücktritten hätten die Beklagten ihre stillen Einlagen mit Eigenkapital gleichgestellt. Die an die Beklagten geleisteten Beteiligungsentgelte seien aber dennoch nicht zurückzuzahlen, weil der Kläger trotz gerichtlichen Hinweises nicht nachgewiesen habe, dass die Schuldnerin im Zeitpunkt der jeweiligen Leistungen unterbilanziert bzw. zahlungsunfähig gewesen sei. Dem Jahresabschluss 2000 könne allenfalls indizielle Bedeutung zukommen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 15.07.2003 zugestellte Urteil am 13.08.2003 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.10.2003 an demselben Tag begründet. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er meint, aufgrund der von den Beklagten erklärten Rangrücktritte ohne Besserungsabrede sei das zur Verfügung gestellte Kapital funktional wie Eigenkapital zu behandeln, dessen Auszahlung unabhängig von einer Krisensituation nach § 30 GmbHG gesperrt sei.

Er beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 10.07.2003 abzuändern und

1. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an ihn 25.043,50 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2001 zu zahlen,

2. die Beklagte zu 2. zu verurteilen, an ihn 25.349,10 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2001 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger einen nicht nachgelassenen Schriftsatz zu den Akten gereicht.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und der Protokolle der mündlichen Verhandlungen.

2.

Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung, §§ 517, 519, 520 ZPO, hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger kann von den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Zahlung der Klagesumme verlangen.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erstattung der den Beklagten gewährten Beteiligungsentgelte an die Masse gem. §§ 31, 30, 32 a GmbHG, der einzig in Betracht kommenden Rechtsgrundlage, liegen nicht vor.

Die Auszahlung der Beteiligungsentgelte an die Beklagten erfüllt weder den Tatbestand der verbotswidrigen Auszahlung einer eigenkapitalersetzenden Gesellschafterhilfe, §§ 32 a, 31, 30 GmbHG, nachfolgend a), noch den Tatbestand des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens (§§ 31, 30 GmbHG), nachfolgend b).

§§-Angaben ohne Nennung einer Gesetzesbezeichnung beziehen sich auf die Verträge über die Errichtung einer stillen Gesellschaft zwischen der Schuldnerin und den Beklagen vom 6.7.2000.

a) Die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach §§ 32 a, 31, 30 GmbHG auf Rückzahlung der ihnen gewährten Beteiligungsentgelte lagen nicht vor.

Im Ansatz ist dem Landgericht darin zu folgen, dass auf die von den Beklagten aufgrund der Beteiligungsverträge geleisteten Einlagen die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechts Anwendung finden mit der Folge, dass die aufgrund der stillen Beteiligung geleisteten Einlagen als solche jedenfalls in der Krise haftendem Eigenkapital gleichgestellt sind. Dabei kann offen bleiben, ob die stillen Beteiligungen der Beklagten unmittelbar von § 32 a Abs. 1 GmbHG erfasst sind, d.h. die Schuldnerin sich im Zeitpunkt des Beteiligungsvertragsschlusses in einer Krisensituation befunden hat und die Einlage im Zeitpunkt des Vertragsschlusses als darlehensähnliche Gesellschafterhilfe i.S.d. § 32 a und b GmbHG zu bewerten ist oder nicht. Auch eine der Gesellschaft außerhalb einer Notsituation von einem Gesellschafter gewährte Gesellschafterhilfe kann bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen in der Krise unter das Auszahlungsverbot gem. §§ 32 a, 31, 30 GmbHG fallen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist das unter anderem dann der Fall, wenn bei Hingabe der Gesellschafterhilfe eine Bestimmung getroffen wird, der zufolge der Gesellschaft eine außerhalb einer Notsituation gewährte Gesellschafterhilfe bei Eintritt der in § 32 a GmbHG umschriebenen Lage nicht abgezogen werden, sondern der Gesellschaft verbleiben soll, sog. Umqualifizierung einer Gesellschafterhilfe; das ist etwa der Fall, wenn der Gesellschafter schon bei Zusage der Hilfe außerhalb einer Notsituation für den Fall einer Krise auf deren Rückforderung, etwa durch Ausschluss des Kündigungsrechts, verzichtet (BGH NJW 1999, 2809).

Dass sich die Schuldnerin bei Abschluss der Beteiligungsverträge bzw. bei Auszahlung der Beteiligungsentgelte in einer Krise befunden hat, lässt sich dem Parteivorbringen indes nicht entnehmen. Das Landgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger es versäumt hat, sowohl für den Zeitpunkt des Abschlusses der Beteiligungsverträge als auch für die jeweiligen Auszahlungszeitpunkte der Beteiligungsentgelte substantiiert zum Vorliegen einer Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit der Beteiligungsnehmerin vorzutragen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

b) Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach §§ 31,30 GmbHG vor.

aa) Das Verbot der Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens nach § 30 GmbHG gilt für solche Zahlungen an Gesellschafter, die ihre Grundlage im Gesellschaftsverhältnis haben. Auszahlungen an Gesellschafter, die ihre Grundlage in einem Individualvertrag haben, der mit dem Gesellschafter wie mit einem Dritten geschlossen wurde, können gegen § 30 GmbHG solange nicht verstoßen, als für sie eine gleichwertige Gegenleistung erbracht wird; sie dürfen auch erfüllt werden, wenn nach dem Abschluss eine Unterbilanz eintritt (Scholz-Westermann, GmbHG, 9. Aufl., § 30 Rdnr. 20; so schon der Senat - 7 U 78/98 - in GmbHR 1999, 298). So liegt der Fall hier.

Rechtsgrundlage für die Gewährung der Beteiligungsentgelte an die Beklagten ist nicht der Gesellschaftsvertrag bzw. das Gesellschaftsverhältnis als solches, sondern § 5 des Vertrages über die stillen Beteiligungen. Ein Vertrag über die stille Beteiligung an einer Gesellschaft kann mit dem GmbH-Gesellschafter wie mit jedem außenstehenden Dritten geschlossen werden. Das in § 5 Beteiligungsvertrag vereinbarte Beteiligungsentgelt stellt sich als nach dem Beteiligungsvertrag gleichwertige Gegenleistung für das der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Kapital in Form der Einlage dar.

bb) Eine andere Beurteilung mit der Folge einer Haftung der Beklagten nach §§ 30, 31 GmbHG ergibt sich auch nicht aufgrund des am 06.07.2000 erklärten Rangrücktritts, demzufolge die Beklagten "für den Fall der Insolvenz mit ihrem Anspruch auf Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Kapitals nach den übrigen Gläubigern rangiert". Aufgrund eines freiwilligen Rangrücktritts gilt das gesetzliche Ausschüttungsverbot des § 30 GmbHG weder direkt noch analog. Im Ansatz ist dem Kläger darin zu folgen, dass ein Rangrücktritt eine freiwillige Gleichstellung einer stillen Beteiligung mit haftendem Kapital sein kann (vgl. BGH ZIP 1982, 1077; OLG Hamm, ZIP 1993, 1321, 1322). Inhalt, Tragweite und Rechtsfolgen eines solchen freiwilligen Rangrücktritts ergeben sich aus der konkreten Vereinbarung (Scholz-Schmidt, a.a.O., §§ 32 a, b, Rdnr. 100). Je nach Reichweite kann er auch eine sog. Totalsperre des Inhalts begründen, dass das dem haftenden Kapital gleichgestellte Vermögen einem krisenunabhängigen Ausschüttungsverbot entsprechend § 30 GmbHG unterliegt (Scholz-Schmidt, a.a.O., §§ 32 a, b, Rdnr. 100; Michalski-Heidinger, GmbHG, §§ 32 a, b Rdnr. 403). Diese Voraussetzung liegt in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Beteiligungsentgeltzahlungen nicht vor. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass in Bezug darauf eine Vereinbarung zustande gekommen ist, nach deren Inhalt die Beteiligungsentgelte einer Auszahlungssperre entsprechend § 30 GmbHG unterliegen.

Dabei kann offen bleiben, ob - wie der Kläger mit seiner Berufung geltend macht - mit den Rangrücktrittserklärungen die davon erfassten Forderungen einem generellen krisenunabhängigen Auszahlungsverbot unterworfen werden sollten. Selbst wenn dem Kläger in seiner Argumentation zu folgen sein könnte, dass das Fehlen einer Besserungsabrede in den Rangrücktrittserklärungen es nahe lege, die Rangrücktritte als krisenunabhängiges Ausschüttungsverbot zu begreifen, würde sich ein solches jedenfalls nicht auf die gem. § 5 Beteiligungsvertrag vereinbarten Beteiligungsentgelte erstrecken. Mit ihren Erklärungen vom 06.07.2000 hätten die Beklagten allenfalls in rechtlich nicht zu beanstandender Weise für die von ihnen geleisteten Einlagen als solche, nicht hingegen für die vereinbarten Beteiligungsentgelte ein totales Ausschüttungsverbot begründet.

(1) Die gesetzliche Wertung des § 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 InsO, wonach die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger haben, ist auf die vorliegende freiwillige Rangrücktrittserklärung nicht übertragbar. Im Ansatz ist dem Landgericht darin zu folgen, dass die vereinbarten Beteiligungsentgelte Zinszahlungen auf die Einlage darstellen. § 39 Abs. 3 InsO ist jedoch erst in der Insolvenz zu beachten, und zwar vor allem für die in § 39 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 und Abs. 2 InsO benannten Forderungen, d.h. auch für freiwillige Rangrücktrittserklärungen, (MüKo-Ehricke, InsO, § 39 Rdnr. 48). Die hier streitgegenständlichen Zinsen sind aber lange Zeit vor der Insolvenzeröffnung gezahlt worden. Außerhalb der Krise der Gesellschaft bedeutet die rechtliche Behandlung der Beteiligungsentgelte als Zinsen nicht zwangsläufig, dass auf sie im Rahmen eines freiwilligen Rangrücktritts die gesetzliche Regelung des § 39 Abs. 3 InsO entsprechend anzuwenden ist und sie das Schicksal von eigenkapitalersetzenden Darlehen oder ähnlichen Forderungen teilen. Für freiwillige Rangrücktrittserklärungen gilt der Grundsatz der Privatautonomie. Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 39 InsO können die Parteien frei vereinbaren, in welchem Umfang sie wegen ihrer Forderungen im Rang zurücktreten wollen und auch deren Verzinslichkeit regeln (Scholz-Schmidt, GmbHG, a.a.O., §§ 32 a, b Rdnr. 100).

(2) Im vorliegenden Fall ergibt eine Auslegung der Rangrücktrittserklärung gemäß §§ 133, 157 BGB, dass sie sich auf die Zinsen nicht erstrecken soll.

(a) Ihrem Wortlaut nach treffen die Erklärungen vom 06.07.2000 keine Aussage zum Schicksal der Beteiligungsentgelte gem. § 5 Beteiligungsvertrag, sondern nur zu dem "dem Beteiligungsnehmer zur Verfügung gestellten Kapital".

Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist unter Kapital Vermögen in Form von Geld oder anderen geldwerten Leistungen zu verstehen. Davon schon begrifflich zu unterscheiden sind Zinsen als der Preis für die leihweise Überlassung des Kapitals. Zur Verfügung gestellt ist Kapital, das in das Vermögen des Beteiligungsnehmers für dessen wirtschaftliche Zwecke eingebracht wird. Zinsen als der Preis für das eingebrachte Kapital werden demgegenüber nicht dem Beteiligungsunternehmer, sondern dem Kapitalgeber versprochen. Allerdings kann zum Kapital im rechtlichen Sinne bei Vorliegen der Voraussetzungen des Eigenkapitalersatzrechts überdies auch ein der Beteiligungsnehmerin gewährtes Darlehen oder eine vergleichbare Gesellschafterhilfe, u.a. der Verzicht auf fällige Zinsen, zählen. Diese Voraussetzungen liegen jedoch, wie oben unter a) ausgeführt, nicht vor.

Dafür, dass vorliegend über die versprochene Einlage hinaus weiteres Kapital, insbesondere die vereinbarten Beteiligungsentgelte, Gegenstand der Rangrücktritte sein und der Schuldnerin zur Verfügung gestellt werden sollte, ergeben sich dem Wortlaut der Rangrücktrittserklärungen nach keine Anhaltspunkte.

(b) Zu demselben Auslegungsergebnis gelangt der Senat unter Berücksichtigung des engen inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Beteiligungsvertrag und Rangrücktrittserklärungen. Die Formulierung "Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Kapitals", kann nicht losgelöst von den tags zuvor geschlossenen Beteiligungsverträgen verstanden werden. Darin hatten sich die Beklagten zu einer Einlage in einer konkret bezeichneten Höhe verpflichtet (§ 1 Abs. 1 und 2), sich allerdings gleichzeitig das Recht zu deren anteiliger Kürzung vorbehalten (§ 1 Abs. 3). Auch die vereinbarten Zahlungsmodalitäten - Zahlbarkeit der Einlage in drei Tranchen - sprechen dafür, dass mit den auf das "zur Verfügung gestellte Kapital" beschränkten Rangrücktritten ein Ausschüttungsverbot allenfalls für von den Beklagten bereits in das Vermögen der Schuldnerin überführte Zahlungen begründet werden sollte. Eine solche Gestaltung eines Rangrücktritts ist rechtlich zulässig (vgl. OLG Hamm, ZIP 1993, 1321, 1322) und in der vorliegenden Konstellation einer ausweislich der Präambel und § 1 des Beteiligungsvertrages ausschließlich projektbezogene Förderung eines Unternehmens durch stille Beteiligungen auch naheliegend.

Für ein Verständnis der Rangrückrittserklärung im o.g. Wortsinn, d.h. beschränkt auf das der Schuldnerin überlassene Kapital, spricht des Weiteren die Gesamtregelung der Verzinsung des zur Verfügung gestellten Kapitals im Beteiligungsvertrag. Im Gegenzug für die versprochene Einlage hat sich die Schuldnerin als Beteiligungsnehmerin zur Zahlung von Beteiligungsentgelten an die Beklagten verpflichtet. Nach den Beteiligungsverträgen stellen die gem. § 5 laufenden und quartalsweise fälligen Beteiligungsentgelte eine feste gewinn- und verlustunabhängige Gegenleistung der Schuldnerin für die Überlassung des Kapitals an die Schuldnerin in Gestalt der Einlage dar, Abs. 1, der den zum Zeitpunkt der Auszahlung der jeweiligen Tranche geltenden Zinssatz für den Refinanzierungskredit der Beklagten bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau um nur 1,3 % übersteigt. Neben der in § 5 Abs. 6 als "festes Beteiligungsentgelt" bezeichneten Verzinsung haben die Parteien in § 5 Abs. 2 eine gewinnabhängige, in § 5 Abs. 6 als variables Beteiligungsentgelt bezeichnete höhere Verzinsung vorgesehen. Eine derartige - in Bezug auf die Verzinsung - abgestufte Vereinbarung bringt unmissverständlich den unbedingten Willen der Vertragsschließenden zum Ausdruck, die Schuldnerin selbst bei Verlusten nicht von ihrer Verpflichtung zur Zahlung des im Verhältnis zur gewinnabhängigen Verzinsung (sog. variables Beteiligungsentgelt) relativ geringen sog. "festen Beteiligungsentgelts" freizustellen.

(c) Auch bei Zugrundelegung der beiderseitigen Interessenlage erschließt sich nach dem Parteivorbringen nicht, dass und aus welchem Grund die Beklagten einen Tag nach Abschluss der Beteiligungsverträge mit der Rangrücktrittserklärung auf die Beteiligungsentgelte als die tags zuvor bzw. am selben Tag vereinbarte Gegenleistung für die Einbringung einer Einlage in beträchtlicher Höhe hätten verzichtet haben sollen. Ein Rangrücktritt - wie er von den Beklagten erklärt worden ist - liegt einzig im Interesse der Schuldnerin als Beteiligungsnehmerin. Zur Durchführung des von den Beklagten unterstützten Innovationsvorhabens war die mit einem nur geringen Eigenkapital ausgestattete Schuldnerin bis zur Erzielung von Gewinnen zunächst auf eine projektbezogene Förderung angewiesen. Diesem Bedürfnis haben die Beklagten mit Abschluss der stillen Beteiligungsverträge Rechnung getragen, indem sie der Schuldnerin die Überlassung von (Fremd-)Kapital entsprechend dem Fortschritt des Projekts zugesagt haben. Damit haben sie die Schuldnerin in die Lage versetzt, bis zur Erreichung der Marktreife eines neuen Produkts und bis zur Gewinnerzielung einer etwaigen vorzeitigen Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags vorzubeugen. Gleichzeitig sind die Beklagten mit den von ihnen erklärten Rangrücktritten das Risiko eines Ausfalls mit ihrem Anspruch auf Rückzahlung der von ihnen geleisteten Einlage in der Insolvenz der Beteiligungsnehmerin eingegangen. Dass sie dennoch in Kenntnis der mit einem Rangrücktritt verbundenen weitergehenden Risiken als bei einer bloßen stillen Beteiligung auf eine einen Tag zuvor bzw. hinsichtlich der Beklagten zu 2) am demselben Tag vereinbarte Gegenleistung unabhängig von der finanziellen Situation der Beteiligungsnehmerin verzichtet haben sollen, erscheint nicht ohne Weiteres plausibel. Eine einleuchtende, nachvollziehbare Erklärung dafür hat der Kläger auch nicht abgegeben. Insbesondere hat er sich zu den näheren Umständen der Rangrücktrittserklärungen, insbesondere zu deren Vorgeschichte und zu den wirtschaftlichen Hintergründen nicht näher geäußert. Er hat über sein - schon vom Landgericht zu Recht als nicht hinreichend substantiiert erachtetes - Vorbringen zur Krise der Schuldnerin bei Abschluss der Beteiligungsverträge hinaus keine Tatsachen vorgetragen, die einen derart kurzfristigen Sinneswandel in Bezug auf die in den Beteiligungsverträgen vereinbarten Beteiligungsentgelte verständlich machen würden. Der Kläger hat die Verhaltensweise der Parteien der Beteiligungsverträge lediglich dahin beschrieben, dass die ursprüngliche Interessenlage durch die Rangrücktrittsvereinbarungen "karikiert und in ihr Gegenteil verschoben worden sei". Diese Äußerung vermag angesichts des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Abschluss der Beteiligungsverträge und der Rangrücktrittserklärungen hinreichend substantiierten Sachvortrag zur Interessenlage der Beteiligten nicht zu ersetzen. Dies gilt umso mehr, als die Beklagten unter Beweisantritt vorgetragen haben, dass alle Beteiligten der Rangrücktrittserklärungen davon ausgegangen seien, dass die Beteiligungsentgelte davon nicht tangiert sein sollten. Hinzu kommt noch, dass die Beteiligten bei Abschluss der Beteiligungsverträge und Abgabe der Rangrücktrittserklärungen davon ausgingen, dass die Schuldnerin voraussichtlich nicht vor Mitte des Jahres 2001 Gewinne zu erzielen in der Lage sein würde. Die ausdrücklich "auf das zur Verfügung gestellte Kapital" bezogene Rangrücktrittserklärung bei einer solchen Ausgangslage als krisenunabhängiges Ausschüttungsverbot für die Beteiligungsentgelte zu behandeln, liefe auf eine Aufhebung des Beteiligungsvertrages in einem wesentlichen Bestandteil hinaus.

(d) Gegen eine Auslegung der Rangrücktrittserklärungen im Sinne des Klägers spricht überdies die tatsächliche Handhabung durch die Beteiligten: hätte die Schuldnerin die Rangrücktrittserklärungen als (krisenunabhängiges) Ausschüttungsverbot hinsichtlich der vereinbarten Beteiligungsentgelte verstanden, hätte sie die mehrmalige Abbuchung der Beteiligungsentgelte durch die Beklagten zweifelsohne nicht widerspruchslos geschehen lassen.

c) Die Ausführungen des Klägers in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz geben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Die vom Kläger hier indiziell geltend gemachte unterlassene Passivierung der Beteiligungsentgelte führt - unabhängig von der Frage der Verspätung dieses Vortrags - nicht zu einer Auslegung der Rangrücktritte in dem vom Kläger intendierten Sinn. Dabei kann dahinstehen, ob bei einer Nichterfassung der Beteiligungsentgelte von den Rangrücktrittserklärungen eine Passivierungspflicht bestand. Gegebenenfalls stünde das vom Kläger bemühte Indiz nicht nur dem Wortlaut der Rangrücktrittserklärungen entgegen, sondern auch den vorstehend erörterten weiteren Umständen, die für eine Auslegung der Rangrücktritte herangezogen werden. Es wäre allein nicht geeignet, die vom Kläger favorisierte Auslegung der Rangrücktritte zur Grundlage der Entscheidung zu machen. Die Darlegungs- und Beweislast für die vom Kläger vorgetragene Regelungsabsicht der Rangrücktrittserklärungen über deren Wortlaut hinaus liegt beim Kläger.

Abgesehen davon ließe die fehlende bilanzielle Erfassung der Beteiligungsentgelte bis zur Festlaufzeit als Verbindlichkeit der Gesellschaft einen hinreichend sicheren Rückschluss auf den Inhalt der zuvor erklärten Rangrücktritte nicht zu. Allerdings kann nachträgliches Verhalten der Parteien als Indiz für die Auslegung von Bedeutung sein (Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 133 Rdnr. 17). Von einer solchen Indizwirkung der bilanziellen Behandlung der Beteiligungsentgelte ist vorliegend jedoch schon deshalb nicht auszugehen, weil die Rangrücktritte der Beklagten im Jahresabschluss der Schuldnerin zum 31.12.2000 vollkommen unberücksichtigt geblieben sind. Der Jahresabschluss weist weder die stillen Beteiligungen als solche als haftendes Kapital noch die Verbindlichkeiten gemäß § 5 Beteiligungsvertrag als Verbindlichkeiten aus. Vielmehr sind die Beteiligungen als solche in der Höhe ihres Nominalwertes in den Jahresabschluss zum 31.12.2000 als Verbindlichkeit der Schuldnerin eingestellt.

d) Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch erfordert die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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