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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.06.2008
Aktenzeichen: 7 U 185/07
Rechtsgebiete: InsO, ZPO, BGB, EGBGB


Vorschriften:

InsO § 17
InsO § 17 Abs. 2
InsO § 47
InsO §§ 129 ff.
InsO § 129 Abs. 1
InsO §§ 130 ff.
InsO § 131 Abs. 1
InsO § 131 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 131 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 132 Abs. 1
InsO § 133 Abs. 1
InsO § 133 Abs. 1 Satz 1
InsO § 133 Abs. 2
InsO § 135 Nr. 2
InsO § 143
InsO § 143 Abs. 1
InsO § 146 Abs. 1 a. F.
ZPO § 167
ZPO § 313 a Abs. 1
ZPO § 529
ZPO § 531
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
ZPO § 540 Abs. 2
BGB § 164
BGB § 193
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 291
BGB § 288
BGB § 488 Abs. 3
BGB § 985
BGB § 1006 Abs. 1
BGB § 1006 Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 3
EGBGB Art. 229 § 12 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 185/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 25.6.2008

Verkündet am 25.6.2008

in dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Mai 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Fischer und den Richter am Oberlandesgericht Werth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 31. August 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Über das Vermögen der U... GmbH P... (im Folgenden: Schuldnerin) wurde am 25.6.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt.

Der Kläger begehrt die Auskehrung von drei Zahlungen der Schuldnerin an den Beklagten vom 12.9.2003, 19.11.2003 und 10.5.2004 in Höhe von 2.000 €, 3.500 € und 700 € sowie die Herausgabe eines am 18.3.2004 von der Schuldnerin dem Beklagten übergebenen Lastkraftwagens.

Der Kläger hat beantragt,

1.

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.500 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 26.6.2004 zu zahlen,

2.

den Beklagten zu verurteilen, an ihn das Kraftfahrzeug Lastkraftwagen (offener Kasten) des Herstellers Mercedes Benz mit der Fahrgestellnummer WDB ....., der Kfz-Brief-Nummer AT ... zurückzugewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hatte die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen G... und P.... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.8.2007 (Bl. 274 ff. d.A.) verwiesen.

Durch Urteil vom 31.8.2007 hat das Landgericht unter Abweisung der weitergehenden Klage den Beklagten zur Zahlung von 6.200 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 22.7.2006 sowie zur Herausgabe des Lastkraftwagens verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Zahlungsanspruch aus §§ 143, 135 Nr. 2 InsO bestehe; die Herausgabe des Lastkraftwagens sei aus §§ 143, 131 Abs. 1 Nr. 3, 135 Nr. 2 InsO geschuldet.

Gegen dieses Urteil, das ihm am 4.9.2007 zugestellt worden ist, hat der Beklagte am 4.10.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 4.12.2007 an diesem Tag begründet.

Der Beklagte behauptet, am 29.7.2003 sei auf einer Gesellschafterversammlung der Schuldnerin die Rückzahlung des gewährten Darlehens an ihn beschlossen worden. Den Lastkraftwagen habe er vor etwa drei bis vier Jahren verschrotten lassen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 31.8.2007 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hat durch nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18.6.2008 ergänzend vorgetragen.

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten aus § 143 Abs. 1 InsO auf die Zahlung von 6.200 € und die Herausgabe des streitgegenständlichen Lastkraftwagens erkannt; daran ändert das Vorbringen des Beklagten in der Berufung nichts.

1.

Die Zahlungen der Schuldnerin an den Beklagten und die Herausgabe des Lastkraftwagens an ihn sind Rechtshandlungen gemäß §§ 129 ff. InsO. Der Begriff der Rechtshandlung ist weit auszulegen und erfasst jedes rechtlich erhebliche Handeln, das heißt jede Willensbetätigung, die eine rechtliche Wirkung auslöst (BGH NJW 2004, 1660 f.; NJW-RR 2004, 983; Heidelb-Komm./Kreft, InsO, 4. Aufl., § 129, Rn. 10; MünchKomm./Kirchhof, InsO, 2. Aufl., § 129, Rn. 7). Er erfasst folglich insbesondere Zahlungen des Schuldners (vgl. BGH NJW-RR 2004, 983; 2003, 837, 841). Dass die streitbefangenen Zahlungen der Schuldnerin an den Beklagten geleistet worden sind, ist unstreitig; der Beklagte hat die von ihm in der ersten Instanz bestrittenen Zahlungen (Bl. 21, 31 d.A.) in der Berufung ausdrücklich zugestanden (Bl. 347 d.A.). Für die von ihm schon in der ersten Instanz zugestandene (Bl. 22 d.A.) Übergabe des Lastkraftwagens folgt das Vorliegen einer Rechtshandlung - ungeachtet der Eigentumsverhältnisse am Fahrzeug - bereits aus dem Übergang des unmittelbaren Besitzes (vgl. OLG Düsseldorf NZI 2006, 702, 707 f.; MünchKomm./Kirchhof, a.a.O., § 129, Rn. 22, 30).

2.

Die Zahlungen und die Übergabe des Lastkraftwagens führen zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung nach § 129 Abs. 1 InsO, die für alle Anfechtungstatbestände der §§ 130 ff. InsO vorliegen muss (BGH NJW 2003, 3347, 3348; 2002, 2568; 1999, 2969, 2970; Heidelb-Komm./Kreft, a.a.O., § 129, Rn. 36). Denn die Zahlungen führen dazu, dass die gezahlten Geldbeträge aus dem Vermögen der Schuldnerin abgeflossen sind und der Masse zur Befriedigung der Gläubiger nicht zur Verfügung stehen. Für die Weggabe des Lastkraftwagens folgt die Gläubigerbenachteiligung bereits daraus, dass der Besitz auch ohne ein zugrunde liegendes Recht ein Vermögensgut darstellt (MünchKomm./Kirchhof, a.a.O., § 129, Rn. 136); zudem ist schon dann eine Gläubigerbenachteiligung gegeben, wenn der Zugriff der Gläubiger auf das Schuldnervermögen erschwert wird (HeidelbKomm./Kreft, a.a.O., § 129, Rn. 36), was hier jedenfalls geschehen ist.

Bei alledem kommt es nicht darauf an, ob die Verminderung des den Insolvenzgläubigern haftenden Vermögens unmittelbar oder lediglich mittelbar herbeigeführt wird; denn auch eine nur mittelbare Gläubigerbenachteiligung reicht - außerhalb des Geltungsbereiches der §§ 132 Abs. 1, 133 Abs. 2 InsO - für die Insolvenzanfechtung aus (BGHZ 143, 146, 253 f.; 123, 320, 322; NJW 1996, 3147, 3149; HeidelbKomm./Kreft, a.a.O., § 129, Rn. 39; MünchKomm./ Kirchhof, a.a.O., § 129, Rn. 121).

Für den Lastkraftwagen kann dem Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung nicht entgegengehalten werden, dass dem Beklagten ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO als dessen Eigentümer zugestanden habe. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte vor der Übergabe des Fahrzeugs an ihn dessen Eigentümer und damit zur Aussonderung berechtigt gewesen ist. Das folgt - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - aus der Eigentumsvermutung nach § 1006 Abs. 1 BGB, die auch für das Bestehen eines Aussonderungsrechts in der Insolvenz gilt (BGH NJW 1996, 2233, 2334; MünchKomm./Ganter, a.a.O., § 47, Rn. 43). Es ist unstreitig, dass das Fahrzeug sich bis 18.3.2004 im unmittelbaren Besitz der Schuldnerin befunden hat, sodass nach § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB deren Eigentum zu vermuten ist. Dem stehen die Bekundungen des dazu vom Beklagten benannten und vom Landgericht vernommenen Zeugen G... nicht entgegen. Der Zeuge hat nämlich eine Aussage über die Eigentumsverhältnisse am Fahrzeug nicht treffen können.

Er hat zwar bestätigt (Bl. 274 ff., 278 f. d.A.), dass der Lastkraftwagen ursprünglich vom Beklagten der Schuldnerin zugewendet worden ist. Er hat jedoch keine Angaben dazu machen können, ob das Fahrzeug seinerzeit an die Schuldnerin veräußert oder in anderer Weise ihr überlassen worden ist. Insbesondere hat er die vom Beklagten behauptete Nutzungsüberlassung nicht zu bestätigen vermocht; seine Äußerung, dass der Beklagte das Fahrzeug "in die Firma eingebracht" habe, lässt das offen. Vor dem Hintergrund des übereinstimmenden erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien (Bl. 10, 28, 22 d.A.), dass der Beklagte Alleingesellschafter der Schuldnerin gewesen ist, erscheint es auch nicht fernliegend, dass er das Fahrzeug als Sacheinlage der Schuldnerin übereignet hat. Eine Widerlegung der Eigentumsvermutung zugunsten der Schuldnerin folgt ebenfalls nicht daraus, dass in dem Vertrag zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten vom 18.3.2004 (Bl. 12 d.A.) von einer "Wiederübernahme des Fahrzeugs durch den Käufer" die Rede und ein vom Beklagten zu zahlender Kaufpreis nicht vorgesehen ist. Damit ist nicht, jedenfalls nicht hinreichend sicher, ausgeschlossen, dass die Schuldnerin ein zuvor vom Beklagten erworbenes Eigentum im Wege der Rückübereignung aufgegeben hat; darauf deutet im Gegenteil der Umstand hin, dass der Vertrag als Kaufvertrag überschrieben und im Übrigen auch als solcher ausgestaltet ist.

3.

Die Zahlungen der Schuldnerin an den Beklagten sind nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar.

a)

Die Zahlungen liegen innerhalb des in § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO vorgesehenen Anfechtungszeitraums von zehn Jahren, nachdem sie in der Zeit ab 12.9.2003 und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 25.6.2004 stattgefunden haben.

b)

Für die Schuldnerin ist das Vorliegen des erforderlichen Benachteiligungsvorsatzes anzunehmen.

Dazu ist es nicht erforderlich, dass die Gläubigerbenachteiligung den Beweggrund ihres Handelns dargestellt hat. Ein Benachteiligungsvorsatz liegt vor, wenn der Schuldner bei der Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung der Gläubiger als deren Folge gewollt, mindestens aber erkannt und gebilligt hat (BGH NJW-RR 2007, 1537, 1538; NJW 2006, 2701, 2702; 2003, 3347, 3349; 1999, 1395, 1397; ZIP 1997, 423, 426; HeidelbKomm./Kreft, a.a.O., § 133, Rn. 10; MünchKomm./Kirchhof, a.a.O., § 133, Rn. 13). Er ist daher bereits dann gegeben, wenn der Schuldner die Benachteiligung der Gläubiger als möglichen Erfolg seines Verhaltens voraussieht und billigend in Kauf nimmt, und sei es auch nur als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils (BGH a.a.O.; HeidelbKomm./Kreft a.a.O.). Dafür stellt das Vorliegen einer inkongruenten Deckung, die nach § 131 Abs. 1 InsO gegeben ist, wenn einem Gläubiger eine Sicherheit oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht wird, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, regelmäßig ein starkes Beweisanzeichen dar (BGH NZI 2006, 159, 161; 2004, 445, 446; NJW-RR 2004, 1130, 1132; 2002, 1419, 1422; NJW 2003, 3560; HeidelbKomm./Kreft, a.a.O., § 133, Rn. 17; MünchKomm./Kirchhof, a.a.O., § 133, Rn. 29). Das Vorliegen einer inkongruenten Deckung hat regelmäßig der Insolvenzverwalter darzulegen und zu beweisen, wofür es ausreicht, dass er die Behauptungen des Anfechtungsgegners, auf die jener einen Deckungsanspruch stützt, widerlegt (Senat, Urteil vom 31.8.2005, Az.: 7 U 125/04; MünchKomm./Kirchhof, a.a.O., § 131, Rn. 59; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 12 Aufl., § 131, Rn. 33; FrankfKomm./Dauernheim, InsO, 4. Aufl., § 131, Rn. 29). Die Indizwirkung der Inkongruenz kann entfallen, wenn der Schuldner bei der Vornahme der Rechtshandlung zweifelsfrei liquide war oder annehmen durfte, mit Sicherheit sämtliche Gläubiger befriedigen zu können oder andere Umstände darauf hindeuten, dass die angefochtene Rechtshandlung von einem anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger in den Hintergrund getreten ist (BGH NZI 2004, 376, 378; HeidelbKomm./Kreft, a.a.O., § 133, Rn. 18); das Vorliegen solcher Umstände hat der Anfechtungsgegner darzulegen und zu beweisen (BGH NJW-RR 2004, 1534, 1535; MünchKomm./Kirchhof, a.a.O., § 133, Rn. 29).

Nach diesen Grundsätzen ist für die streitbefangenen Zahlungen ein Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin an den Beklagten anzunehmen. Denn die Zahlungen stellen inkongruente Deckungen dar, deren Beweiswirkung der Beklagte nicht widerlegt hat.

aa)

Die Zahlungen sind inkongruent, da fällige Ansprüche des Beklagten gegen die Schuldnerin auf ihre Erbringung nicht erkannt werden können. Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers (Bl. 34, 89 d.A.), dass durch die Zahlungen der Schuldnerin gewährte Darlehen an den Beklagten zurückgeführt worden seien, ist eine Fälligkeit etwaiger Darlehensrückzahlungsansprüche nach § 488 Abs. 3 BGB, die vom Kläger widerlegt werden müsste, nicht dargetan. Eine Kündigung des Darlehens oder die Bestimmung einer festen Darlehenszeit ist - insbesondere vom Beklagten - weder in der ersten Instanz noch in der Berufung vorgetragen worden.

Eine Kündigung kann insbesondere nicht aus der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung vom 29.7.2003 (Bl. 372 d.A.), zu der im Schriftsatz vom 18.6.2008 ergänzend ausgeführt wird, hergeleitet werden. Dabei kann dahinstehen, ob - wie der Beklagte behauptet - die dort in Ziffer 3. niedergelegte Regelung die Rückzahlung des Darlehens betrifft. Denn der Beschluss lässt die Erklärung einer Darlehenskündigung durch den Beklagten nicht erkennen. Eine solche ergibt sich nicht aus der Formulierung, dass der Gesellschafter die sukzessive Ausbezahlung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber dem Beklagten fordere. Zu Beginn der Niederschrift über die Beschlussfassung ist nämlich als alleiniger Gesellschafter nicht der Beklagte, sondern der M... J... genannt, dem allein mithin das in der Ziffer 3. des Protokolls wiedergegebene Zahlungsverlangen zugeordnet werden kann; für ein Handeln des M... J... als Vertreter des Beklagten nach § 164 BGB bieten weder die vorgelegte Urkunde noch der Sachvortrag der Parteien einen Anhalt. Ungeachtet dessen ist das - vom Kläger bestrittene (Bl. 371 d.A.) - Vorbringen des Beklagten zur Beschlussfassung vom 29.7.2003 in der Berufung neu und daher nach §§ 529, 531 ZPO ausgeschlossen, da insbesondere nicht ersichtlich ist, dass der Beklagte an einem rechtzeitigen erstinstanzlichen Vortrag gehindert gewesen ist; in der ersten Instanz hat der Beklagte noch eine Kreditgewährung bestritten und behauptet, dass er die Geldbeträge für die Schuldnerin bei Lieferanten und Herstellern in Polen verauslagt und sich aus der Kasse habe erstatten lassen (Bl. 77,166, 254 d.A.). Dem steht nicht entgegen, dass der Zeuge G... bei seiner Vernehmung durch das Landgericht auf einen Gesellschafterbeschluss über die Darlehensrückzahlung im Jahr 2003 hingewiesen hat (Bl. 276 d.A.). Denn der Beklagte hat sich diese Aussage in der ersten Instanz nicht zu Eigen gemacht, sondern erst in der mündlichen Verhandlung in der Berufung dazu vorgetragen.

Eine vom Kläger zu widerlegende Kongruenz der Zahlungen folgt auch nicht aus dem - soeben angesprochenen - Vortrag des Beklagten über die Verauslagung der Geldbeträge in der ersten Instanz. Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagte durch seinen Vortrag in der Berufung von diesen Behauptungen abgerückt ist.

Denn das Vorbringen ist zur Herleitung einer kongruenten Deckung nicht geeignet, da es ihm an jeglicher Substantiierung fehlt. Der Beklagte hat keine konkreten Tatsachen dargetan, sondern nur allgemein und pauschal Zahlungen an Lieferanten und Hersteller in Polen behauptet (Bl. 77, 176, 254 d.A.); das gilt auch, soweit er in der Berufungsbegründung (Bl. 348, 351 d.A.) darauf zurückkommt. Dem Vorbringen ermangelt es demzufolge an nachvollziehbaren Anknüpfungstatsachen, die einer Einlassung und Widerlegung durch den Kläger zugänglich sein könnten. Eine Konkretisierung ist auch auf den entsprechenden Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt. Der Beweisantritt durch die Zeugin Ma... (Bl. 77, 348 d.A.) vermag die erforderliche Substantiierung nicht zu ersetzen; im Übrigen ist die Vernehmung der Zeugin auch deshalb nicht angezeigt, weil im Falle gehörigen Vortrags des Beklagten es - zunächst - die Aufgabe des Klägers wäre, diesen zu widerlegen.

bb)

Das in dem Vorliegen der inkongruenten Deckung liegende Beweisanzeichen ist vom Beklagten nicht entkräftet worden. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass die Schuldnerin sich in der Zeit ab Herbst 2003 in einer wirtschaftlichen Lage befunden hat, die eine Verkürzung von Gläubigerrechten nicht hat besorgen lassen. Es ist im Gegenteil mit dem Landgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig gewesen ist, da sie fällige Verbindlichkeiten in nicht unerheblicher Höhe nicht hat begleichen können.

Die diesbezügliche Würdigung der im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.8.2007 (Bl. 273 ff. d.A.) niedergelegten Aussagen der Zeugen P... und G... durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden. Die Zeugen haben bekundet (Bl. 274, 280 d.A.), dass bereits 2001 eine fällige Verbindlichkeit der Schuldnerin gegenüber dem Zeugen P... in Höhe von 51.668,24 € bestanden hat. Sie haben dazu sowie zu den übrigen Beweisfragen, zu denen sie vernommen worden sind, durchaus detaillierte Darstellungen gegeben, die in sich und untereinander frei von Widersprüchen sind und ein lebensnahes Bild der geschilderten Geschehnisse und Gegebenheiten vermitteln. Vor diesem Hintergrund sind ins Gewicht fallende Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen nicht angezeigt; ebenso geben weder der Inhalt der Aussagen noch der Inhalt der Akten im Übrigen einen Anlass zu Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Zeugen. Entgegen der Ansicht des Beklagten (Bl. 348 f. d.A.) kann der Beweiswürdigung des Landgerichts nicht entgegengehalten werden, dass der Zeuge P... sich nicht dazu habe äußern können, warum er seine Ansprüche nicht gerichtlich geltend gemacht habe. In diesem Punkt verkennt der Beklagte den Inhalt der Aussage des Zeugen. Der Zeuge hat nämlich ausgeführt (Bl. 280 f. d.A.), dass die Ansprüche als Rechnungsforderungen regelmäßig schriftlich geltend gemacht worden und ihm stets Versicherungen über ihre Bezahlung erklärt worden seien; es sei sogar zu einer schriftlichen Abzahlungsvereinbarung gekommen, die indes nicht eingehalten worden sei. Dass über die Forderung verhandelt worden ist, hat der Zeuge G... bestätigt (Bl. 274 f. d.A.); dass beide Zeuge die Vorgänge nicht mehr in allen Einzelheiten haben schildern können, vermag in Anbetracht des seitdem vergangenen Zeitraums dabei nicht zu einer Wiederholung der Beweisaufnahme durch den Senat zu führen. Soweit der Beklagte weiter beanstandet (Bl. 349 d.A.), dass die Vorlage weder eines Auftrags noch einer Rechnung erfolgt sei, so ist das nicht die Aufgabe der Zeugen gewesen.

Die so feststehenden fälligen Verbindlichkeiten der Schuldnerin führen zu ihrer Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO, da sie über einen Zeitraum von - deutlich - mehr als zwei bis drei Wochen hinweg nicht beglichen worden sind und mehr als 10 % der Gesamtverbindlichkeiten ausgemacht haben (vgl. HeidelbKomm./Kirchhof, a.a.O., § 17, Rn. 17, 19 f., 25, m.w.N.). Letzteres erschließt sich aus den vorgelegten Jahresabschlüssen der Schuldnerin für 2001, 2002 und 2003. Der Jahresabschluss für 2001 (Bl. 215 ff. d.A.) weist Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 714.618,29 DM, entsprechend 365.778,52 €, aus, und zwar einschließlich der Ansprüche des Zeugen P... (Bl. 230 d.A.), die rund 14 % dieser Summe ausmachen. Im Jahresabschluss für 2002 (Bl. 44 ff. d.A.) sind Verbindlichkeiten in Höhe von 355.058,77 € angeführt; auch darin sind die Ansprüche des Zeugen P... enthalten (Bl. 60 d.A.), die rund 15 % der Summe betragen. Nach dem Jahresabschluss für 2003 (Bl. 96 ff. d.A.) stellen sich die Verbindlichkeiten der Schuldnerin auf 286.717,25 €, wovon die auch hier in den Anlagen (Bl. 111 d.A.) aufgeführten Ansprüche des Zeugen P... rund 18 % ausmachen. Damit ist durchgängig eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nach § 17 Abs. 2 InsO dokumentiert, weshalb auch der Einwand des Beklagten (Bl. 348 d.A.), nach der Aussage des Zeugen G... seien ab April 2003 hinreichende Mittel zur Begleichung der Forderung des Zeugen P... bei der Schuldnerin vorhanden gewesen, nicht verfängt. Im Übrigen verkennt der Beklagte auch hier den Inhalt der Zeugenaussage des Zeugen. Der Zeuge hat nämlich hinzugefügt (Bl. 274 d.A.), dass die Schuldnerin gleichwohl die Schuld nicht mit einer einzigen Zahlung, sondern nur in Raten hätte begleichen können; damit widersprechen seine Bekundungen dem Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit nach § 17 Abs. 2 InsO nicht.

Dem Landgericht ist schließlich auch darin zu folgen, dass die Bekundungen der Zeugen keinen Anlass für die Annahme einer Stundung der Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber dem Zeugen P... bieten, die dem Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit entgegengehalten werden könnte. Der Zeuge G... hat - wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat - lediglich ausgesagt (Bl. 274 d.A.), dass der Zeuge P... bereit gewesen sei, die Forderung "nach hinten zu verschieben" und nicht sogleich geltend zu machen. Der Zeuge P... hat dazu ausgeführt (Bl. 281 d.A.), dass die Ansprüche gegen die Schuldnerin regelmäßig schriftlich geltend gemacht und eine Abzahlungsvereinbarung geschlossen worden sei, die die Schuldnerin nicht eingehalten habe. Aus diesen Bekundungen erschließt sich - allenfalls - ein Stillhalten des Zeugen P..., das die Fälligkeit der Forderung und damit das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht berührt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 271, Rn. 13).

c)

Die Kenntnis des Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin ist ebenso anzunehmen. Sie folgt ebenfalls aus dem Vorliegen inkongruenter Deckungen, die auch für die gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO erforderliche Kenntnis des anderen Teils regelmäßig ein starkes Beweisanzeichen darstellen (BGH NJW-RR 2004, 1534, 1536; 1130, 1132; 2002, 1419, 1422; 2001, 1337, 1338; HeidelbKomm./Kreft, a.a.O., § 133, Rn. 21, 23 f.; MünchKomm./ Kirchhof, a.a.O., § 133, Rn. 29, 38). Auch hier hat der Beklagte die Beweiswirkung der Inkongruenz nicht zu widerlegen vermocht. Das von ihm vorgetragene (Bl. 32, 76 f., 175, 351 d.A.) Bestreiten der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und seines Wissens darum reicht dazu nicht aus. Konkrete Umstände, die auf seine Redlichkeit schließen lassen könnten, hat er nicht dargetan.

4.

Die Weggabe des Lastkraftwagens an den Beklagten ist nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar.

a)

Auch sie hat zu einer inkongruenten Deckung geführt. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass ein fälliger Anspruch des Beklagten gegen die Schuldnerin auf die Herausgabe des Fahrzeugs bestanden hat. Nachdem - wie dargestellt - der Beklagte die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 Abs. 1 BGB nicht hat entkräften können, kommt ein Anspruch aus § 985 BGB nicht in Betracht; zudem kann dem Vortrag des Beklagten (Bl. 22, 32, 150 ff. d.A.), dass er das Fahrzeug der Schuldnerin lediglich zur Nutzung überlassen habe, auch hier nicht gefolgt werden, weshalb etwaige Ansprüche aus der Beendigung des Nutzungsverhältnisses ebenfalls nicht schlüssig dargetan sind.

b)

Die Überlassung des Fahrzeugs an den Beklagten ist in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt. Der Vertragsschluss (Bl. 12 d.A.) und die Übergabe des Lastkraftwagens (Bl. 22 d.A.) am 18.3.2004 sind ist unstreitig. Der Insolvenzantrag, der zum Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts Frankfurt/Oder vom 25.6.2004 (Bl. 11 d.A.) geführt hat, ist innerhalb der nächsten drei Monate gestellt worden. Dabei kann dahinstehen, ob die Antragstellung - wie vom Kläger in der Klageschrift und vom Beklagten in der Berufung vorgetragen (Bl. 9, 347 d.A) - am 28.5.2004 oder - wie vom Kläger an anderer Stelle vorgetragen (Bl. 35 d.A.) - am 3.6.2004 stattgefunden hat; denn für beide Zeitpunkte liegt die Weggabe des Fahrzeugs in der in § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO bestimmten kritischen Zeit von drei Monaten.

c)

Wie ausgeführt, ist auch die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin anzunehmen; eine Überwindung der Krise der Schuldnerin kann hier umso weniger angenommen werden, als nur wenig später der Insolvenzantrag gestellt worden ist.

5.

Mit der Behauptung, dass er den Lastkraftwagen verschrottet habe, kann der Beklagte gemäß §§ 529, 531 ZPO nicht gehört werden. Der Vortrag ist erstmals in der mündlichen Verhandlung in der Berufung in den Rechtsstreit eingeführt und vom Kläger bestritten worden. Seine Zulassung nach § 531 Abs. 2 ZPO kommt nicht in Betracht; hat der Beklagte sich des Fahrzeugs tatsächlich bereits vor mindestens drei Jahren begeben, so hat insbesondere ein Hindernis für einen rechtzeitigen erstinstanzlichen Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht bestanden.

6.

Die Ansprüche des Klägers sind nicht verjährt. Die - nach Art. 229 §§ 12 Abs. 1, 6 Abs. 1, 3 EGBGB auch für die Zeit ab 15.12.2004 geltende (vgl. MünchKomm./Kirchhof, a.a.O., § 146, Rn. 3) - Verjährungsfrist von zwei Jahren gemäß § 146 Abs. 1 InsO a. F., die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 25.6.2004 begonnen hat, ist durch die Erhebung der Klage am 21.7.2006 (Bl. 16 d.A.) rechtzeitig gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden. Die Zustellung der Klageschrift wirkt nämlich gemäß § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung am Montag, dem 26.6.2006 (Bl. 1. d.A.), zurück, nachdem der Kläger der vom Landgericht am 28.6.2006 verfügten (Bl. I vor 1 d.A.) Anforderung des Gerichtskostenvorschusses, die er hat abwarten dürfen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 167, Rn. 15, m.w.N.), umgehend am 17.7.2006 nachgekommen ist (Bl. II vor 1 d.A.). Die Einreichung der Klage ist gemäß § 193 BGB, der auch für die Verjährung von Ansprüchen aus insolvenzrechtlicher Anfechtung gilt (BGH NJW 1953, 1139, 1140; Bamberger/Henrich, BGB, § 193, Rn. 6), fristwahrend erfolgt.

7.

Die Zinsansprüche des Klägers bestehen aus §§ 291, 288 BGB.

8.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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