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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: 7 U 193/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 307
BGB § 307 Abs. 1 Satz 2
BGB § 309 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 193/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 18.7.2007

Verkündet am 18.7.2007

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Fischer und die Richterin am Oberlandesgericht Gieseke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 16. November 2006 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin, untersagt, in Bezug auf Bauverträge mit Verbrauchern die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden und sich bei bestehenden Verträgen auf die Klauseln zu berufen:

1. Kommen die Bauherren ihren o.g. Zahlungsverpflichtungen nicht nach, so ist G... berechtigt, sämtliche Arbeiten bis zum Ausgleich der fälligen Zahlungen einzustellen.

2. Die v.g. Fertigstellungsfrist kann sich aus Gründen, die G... nicht zu vertreten hat, verlängern, Gründe hierfür sind z.B. ...

- ungerechtfertigter Widerspruch gegen Bauausführungen durch den Bauherren;

- nicht fristgerechte Zahlung fälliger Zahlungsraten durch die Bauherren.

3. Die Übergabe des Vertragsobjektes erfolgt nach erfolgter Schlussabnahme und vollständiger Begleichung der Bauvertragssumme gem. Zahlungsplan und sämtlicher etwaiger Zusatzvereinbarungen.

4. Beginnen die Bauherren vor Abnahme und Übergabe mit Fußbodenverlege- und Malerarbeiten im oder am Vertragsobjekt oder wird das Vertragsobjekt bezogen, gilt dieses als abgenommen.

5. Sollten einzelne Bestandteile dieses Vertrages oder der dazugehörigen Vertragsbestandteile unwirksam sein, so wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Die Vertragsparteien verpflichten sich, jeweils unwirksame Bestimmungen durch eine neue, dem mit der unwirksamen Bestimmung gewollten möglichst nahe kommenden Bestimmung zu ersetzen. Gleiches gilt, falls der Vertrag unklar oder lückenhaft sein sollte.

6. Gemäß der im o. g. Bauvertrag vereinbarten Nettovertragssumme haben die Bauherren und G... sich darauf geeinigt, dass die Bauherren nach Baufortschritt die nachfolgenden Teilbeträge der Nettovertragssumme an G... begleichen werden. Die genannten prozentualen Teilbeträge auf die Nettovertragssumme beziffern dabei den tatsächlichen Wert der erbrachten Leistung von G... zum Zeitpunkt des jeweiligen, die Fälligkeit auslösenden Ereignisses ....

15 % ... Fertigstellung der Bauantragsunterlagen

15 % ... mit Fertigstellung der Erdarbeiten und der Bodenplatte

30 % ... mit Fertigstellung der Außenwände EG

15 % ... mit Fertigstellung des Dachstuhls ohne Sichtschalung.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Nachdem die Antragsgegnerin ihre Berufung zurückgenommen hat, ist nur noch über die Berufung des Antragstellers zu entscheiden. Das Rechtsmittel des Antragstellers ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist insgesamt begründet.

1.

Der Antragsteller wendet sich zu Recht gegen die Beurteilung des Landgerichts im Hinblick auf die Klausel, die eine Verlängerung der Fertigstellungsfrist ermöglichen soll (Ziffer 2 des Antrages/ Ziffer V. 3. 1. Alternative des Vertragstextes).

Das Landgericht selbst nimmt - richtig - einen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB an. Es meint jedoch, dieser Verstoß führe nicht zur Unwirksamkeit der Klausel, weil die Gefahr einer inhaltlichen Benachteiligung durch eine nachträgliche juristische Klärung behoben werden könne. Der Auffassung des Landgerichts kann nicht gefolgt werden. Die Klausel führt nämlich dazu, dass sie dem Bauherren eine juristische Klärung aufbürdet, was nichts anderes bedeutet, dass die Klausel vorderhand der Antragstellerin die Möglichkeit eröffnet, von sich aus zunächst ohne Risiko die Fertigstellungsfrist zu verlängern. Die Gefahr einer inhaltlichen Benachteiligung hat sich folglich schon dadurch verwirklicht, dass die Antragsgegnerin die Fertigstellungsfrist allein schon dann verlängern kann, wenn sie sich auf den in der Klausel verwendeten Begriff - "ungerechtfertigter Widerspruch" - beruft.

2.

Ferner ist die Klausel zu Ziffer 2 des Antrages/Ziffer V. 3. 2. Alternative unwirksam. Sie verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Der vorsichtige Bauherr, der den Rechtsbegriff der Fälligkeit im Zusammenhang mit einem ihm zustehenden Leistungsverweigerungsrecht nicht zutreffend einordnen kann, wird durch die Klausel davon abgehalten, sein Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen. Allein schon darin liegt Gefahr einer inhaltlichen Benachteiligung. Die beanstandete Klausel lässt nicht erkennen, dass es dem Bauherren freisteht, Zahlungen dann zurückzuhalten, wenn ihm ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht.

Schließlich ist die Klausel so angelegt, dass sie rein tatsächlich die Geltendmachung eines Leistungsverweigerungsrechts durch den Bauherren einschränkt. Darin liegt ein Verstoß gegen § 309 Nr. 2 BGB.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird auf 12.000,00 € festgesetzt (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Bis zum 18.06.2007 beträgt der Streitwert im Berufungsrechtszug 12.000,00 €, wobei auf die Berufung des Antragstellers 2.000,00 € und auf die Berufung der Antragsgegnerin 10.000,00 € entfallen; seit dem 19.06.2007 beträgt der Streitwert im Berufungsrechtszug 2.000,00 €.

Ende der Entscheidung

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