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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 20.09.2006
Aktenzeichen: 7 U 199/05
Rechtsgebiete: InsO, BGB, SGB V, ZPO


Vorschriften:

InsO § 91 Abs. 1
InsO § 114 Abs. 1
InsO § 129
InsO § 130 Abs. 1
InsO § 130 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 130 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 143 Abs. 1
BGB § 134
SGB V § 85 Abs. 1
SGB V § 85 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 199/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 20.9.2006

Verkündet am 20.9.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Fischer und den Richter am Oberlandesgericht Werth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 28. Oktober 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.786,73 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23. Dezember 2004 zu zahlen.

2.

Es wird festgestellt, dass der Beklagten keine Ersatzaussonderungsansprüche in Bezug auf die Zahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung B... an den Kläger vom 8. August 2002 in Höhe von 3.950,00 €, vom 10. September 2002 in Höhe von 3.950,00 €, vom 12. November 2002 in Höhe von 4.000,00 €, vom 10. Dezember 2002 in Höhe von 4.000,00 €, vom 30. Januar 2003 in Höhe von 4.332,66 €, vom 2. Mai 2003 in Höhe von 6.818,08 € und vom 30. Juli 2004 in Höhe von 200,75 € zustehen.

Die weitergehende Feststellungsklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen fallen dem Kläger zu 10 % und der Beklagten zu 90 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der gegnerischen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 09.12.2002 über das Vermögen des Chirurgen R... S... (nachfolgend: Schuldner) eröffneten Insolvenzverfahren.

Der Schuldner stand zur beklagten Bank in ständiger Geschäftsbeziehung, die ihm insbesondere die zur Einrichtung seiner chirurgischen Praxis fehlende Finanzierung zur Verfügung stellte. Zugleich mit der Kontoeröffnung hatte der Schuldner der Beklagten am 15.04.1993 seine Ansprüche gegen die Kassenärztliche Vereinigung B... (K...) abgetreten (Bl. 35 - 37 d.A.).

Im April 2002 wurde allen beteiligten Banken - ebenso der Beklagten - ein im Auftrage des Schuldners ausgearbeitetes Sanierungskonzept (außergerichtlicher Sanierungsplan) zugestellt. Insoweit wird auf das Schreiben des Betriebswirts W... C... vom 12.03.2002 (Bl. 225 - 228 d.A.) verwiesen.

Der Schuldner stellte am 08.07.2002 den Insolvenzantrag. Die Beklagte hat von der K... in der Zeit vom 07.05.2002 bis zum 21.10.2002 auf die Honorare des Schuldners Zahlungen in Höhe von insgesamt 22.787,43 € erhalten (Bl. 19 d.A.). Auf das Verwaltersonderkonto des Klägers gingen in der Zeit vom 31.07.2002 bis zum 30.07.2004 von der K... Zahlungen in Höhe von insgesamt 32.044,66 € ein (Bl. 19, 20 d.A.).

Der Kläger nimmt die Beklagte hinsichtlich der von ihr vereinnahmten Beträge auf insolvenzrechtliche Rückgewähr in Anspruch, die von ihm selbst eingezogenen Beträge beansprucht er für sich.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 22.786,73 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.12.2004 zu zahlen,

festzustellen, dass der Beklagten keine Ersatzaussonderungsansprüche in Bezug auf die Zahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung B... an den Kläger vom 31.07.2002 in Höhe von 4.793,17 €, vom 08.08.2002 in Höhe von 3.950,00 €, vom 10.09.2002 in Höhe von 3.950,00 €, vom 12.11.2002 in Höhe von 4.000,00 €, vom 10.12.2002 in Höhe von 4.000,00 €, vom 30.01.2002 in Höhe von 4.332,66 €, vom 02.05.2003 in Höhe von 6.818,08 € und vom 30.07.2002 in Höhe von 200,75 € zustehen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Abtretung der Forderungen des Schuldners gegen die K... an die Beklagte sei wegen Verstoßes gegen das sog. Arztgeheimnis (§ 203 Abs. 1 StGB) nichtig, außerdem sei dem Kläger darin zu folgen, dass die Beklagte sich nicht auf die Vorschrift des § 114 Abs. 1 InsO berufen könne.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 02.11.2005 zugestellte Urteil am 24.11.2005 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach entsprechender Verlängerung am 14.02.2006 begründet.

Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel nur teilweise Erfolg.

Der von dem Kläger in Höhe von 22.786,73 € geltend gemachte Zahlungsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt der insolvenzrechtlichen Rückgewähr gemäß §§ 129, 130 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, 143 Abs. 1 InsO gerechtfertigt. Soweit der Kläger auf Feststellung anträgt, dass hinsichtlich der an ihn ausgekehrten Beträge von insgesamt 32.044,66 € der Beklagten Ersatzaussonderungsansprüche nicht zustünden, ist der Anspruch des Klägers überwiegend begründet; nur hinsichtlich der am 31.07.2002 geleisteten Zahlung in Höhe von 4.793,17 €, die sich auf im ersten Quartal 2002 erbrachte ärztliche Leistungen bezieht, ist der Anspruch des Klägers unbegründet, weil die Beklagte insoweit bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der an sie abgetretenen Forderungen erlangt hat.

1.

Die Klage ist allerdings nicht schon unter dem - vom Landgericht angenommenen -Gesichtspunkt begründet, die Abtretung der Forderungen gegen die K... sei wegen Verstoßes gegen das Arztgeheimnis (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB) gemäß § 134 BGB nichtig.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Frage, ob eine vorherige Zustimmung der betroffenen Patienten zu einer Honorarabtretung einzuholen ist, um dem Gebot der strafbewehrten ärztlichen Schweigepflicht (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB) zu entsprechen, nicht einheitlich zu beantworten. Die Abtretbarkeit von privatärztlichen Honoraransprüchen setzt zu ihrer Wirksamkeit nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1996, 775; 2005, 1505) die Einwilligung der Patienten voraus. Die hierfür maßgeblichen Erwägungen lassen sich jedoch nicht auf den Fall einer Abtretung von Honoraransprüchen eines Kassenarztes gegen die kassenärztliche Vereinigung übertragen.

Die Rechtsstellung eines Privatpatienten unterscheidet sich von derjenigen eines Kassenarztpatienten. Dies wirkt sich namentlich auch auf die Grenzen der ärztlichen Schweigepflicht aus.

Der Privatpatient steht in - direkter - vertraglicher Beziehung zu seinem Arzt. Es liegt an ihm, ob er die ihm gegenüber gestellte Arztrechnung selbst begleichen will oder ob er die Beihilfe bzw. die Zusatzversicherung ganz oder nur teilweise in Anspruch nehmen möchte. Über seine Patientendaten kann nur verfügt werden, wenn er hiermit einverstanden ist. Deshalb ist die ärztliche Schweigepflicht im Hinblick auf seine Patientendaten grundsätzlich immer einzuhalten.

Demgegenüber ist die Rechtsstellung des Kassenarztpatienten anders. Er steht nicht in vertraglicher Beziehung zu dem Kassenarzt. Der Vergütungsanspruch des Kassenarztes richtet sich zunächst gegen die Krankenkasse, bei welcher der Patient Mitglied ist; der Vergütungsanspruch des Kassenarztes wird allerdings nicht von der Krankenkasse ausgeglichen, sondern nach Maßgabe des ihm zugewiesenen Anspruchs auf Teilnahme an der Honorarverteilung durch die kassenärztliche Vereinigung (Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 20, Rdnr. 39). Das Vergütungssystem bei einer kassenärztlichen Behandlung ist so gestaltet, dass zwangsläufig die Patientendaten weitergegeben werden müssen. Die Weitergabe dieser Daten, die an sich der ärztlichen Schweigepflicht unterworfen sind, ist dem Einfluss und der Verfügbarkeit des Kassenpatienten von vornherein entzogen, so dass auch die Abtretung solcher Honoraransprüche nicht wegen fehlender Einwilligung des Patienten unwirksam sein kann; der Abtretungsempfänger von Honoraransprüchen eines Kassenarztes ist auf nicht mehr und auf nicht weniger an Informationen über den Patienten angewiesen als die mit der Abrechnung und der Überprüfung der ärztlichen Leistungen befassten Stellen. Folglich sind schon vom Vergütungssystem her vorgegeben - auch im Falle der Abtretung der Honoraransprüche - keine weitergehenden Auswirkungen auf den Patienten zu besorgen als sie ohnehin bereits systemimmanent eingetreten sind, mit denen der Patient sich jedoch von vornherein zwangsläufig einverstanden erklärt hat.

Im strafrechtlichen Schrifttum ist anerkannt, dass die in besonderen Gesetzesbestimmungen des Sozialrechts niedergelegten Pflichten des Kassenarztes, den Sozialleistungsträgern die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, unmittelbar als Offenbarungsbefugnis wirken, nicht erst, wenn der Patient sein Einverständnis erklärt (StGB, Leipziger Kommentar, 11. Aufl., § 203 StGB, Rdnr. 124).

Der Senat sieht sich in der Richtigkeit seiner Auffassung auch durch das Urteil des BGH vom 11.05.2006 - IX ZR 247/03 (ZIP 2006, 1254) bestätigt. Der BGH, der sich mit der Frage der Wirksamkeit einer Abtretung von Honoraransprüchen gegen die kassenärztliche Vereinigung zu befassen hatte, sah keine Veranlassung, eine Nichtigkeit der Abtretung unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht anzunehmen. Der erkennende Senat geht davon aus, dass der BGH, wenn er denn darin einen Nichtigkeitsgrund gesehen hätte, auch hierauf als entscheidungserheblich abgestellt haben würde, weil dann die von ihm bejahte Unwirksamkeit der Abtretung hinsichtlich der nach Eröffnung entstandenen Forderungen schon von Anfang gemäß § 134 BGB eingetreten und eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht nicht geboten gewesen wäre.

2.

Das Zahlungsbegehren des Klägers ist insgesamt begründet. Soweit es die in dem Zeitraum vom 07.05.2002 bis zum 21.10.2002 an die Beklagte geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 22.787,43 € betrifft, unterliegt der Forderungserwerb der Beklagten der Insolvenzanfechtung (§§ 129, 130 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, 143 Abs. 1 InsO).

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, anfechtbar, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte. Die Anfechtbarkeit ist nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO gegeben, wenn die Rechtshandlung nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

a)

Der von dem Schuldner mit der Beklagten geschlossene Sicherungsvertrag vom 29.01.1993/ 15.04.1993 (Bl. 35 - 37 d.A.), mit welchem der Schuldner seine - künftigen - Ansprüche gegen die K... der Beklagten abtrat, ist als anfechtbare Rechtshandlung zu qualifizieren. Zwar ist die Verfügung selbst im Falle der Abtretung einer künftigen Forderung bereits mit Abschluss des Abtretungsvertrages beendet. Der Rechtsübergang erfolgt jedoch erst mit dem Entstehen der Forderung (BGH ZIP 2006, 1254 m.w.N.). Der Vergütungsanspruch des Kassenarztes entsteht dem Grunde nach, sobald der Arzt vergütungsfähige Leistungen erbracht hat (BGH ZIP 2006, 1254, 1257).

b)

Die an die Beklagte geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 22.787,43 € beruhen auf den Honorarbescheiden für das zweite und dritte Quartal 2002 (Bl. 19, 294 d.A.). Diese Honorarbescheide sind als Bl. 60 - 63 Gegenstand der Gerichtsakten. Die Gesamtvergütung, welche die Krankenkasse gemäß § 85 Abs. 1 SGB V an die kassenärztliche Vereinigung entrichtet, die sie sodann gemäß § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V an die Vertragsärzte verteilt, wird nach der Summe der pro Quartal für die jeweiligen Krankenkasse berechneten und nachgewiesenen Leistungen bestimmt (Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 1, § 32, Rdnr. 97). Das bedeutet, dass die Honorarbescheide, die jeweils ein Quartal (drei Monate) erfassen, sich auf die in diesem Quartal erbrachten Leistungen beziehen.

Die Honorarbescheide für das zweite und dritte Quartal 2002, auf denen die hier interessierenden Zahlungen beruhen, betreffen folglich ärztliche Leistungen, die der Schuldner in der Zeit vom 01.04.2002 bis zum 30.09.2002 erbracht hat. Der für die Insolvenzanfechtung maßgebliche Forderungserwerb der Beklagten hat deshalb in dem genannten Zeitraum stattgefunden, der - abgesehen von einer noch näher zu erörternden Ausnahme - in die letzten drei Monate vor dem Insolvenzantrag (08.07.2002) bzw. in die darauf folgende Zeit fällt. Die aufgrund des anfechtbaren Forderungserwerbs an die Beklagte erbrachten Zahlungen haben zu einer kongruenten Deckung geführt, weil sie zur Tilgung fälliger Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüber der Beklagten geleistet worden sind.

Weil der Insolvenzantrag am 08.07.2002 gestellt wurde, wird von dem Dreimonatszeitraum des § 130 Abs. 1 InsO allerdings der Beginn des zweiten Quartals, nämlich die erste Woche des April 2002 an sich nicht erfasst. Dies ist jedoch im Ergebnis ohne Belang.

Für eine Quotierung sieht der Senat keinen Anlass, zumal es sich um einen geringen Zeitraum von nur einer Woche handelt. Ganz abgesehen davon, dass der BGH in der Entscheidung ZIP 2006, 1254 nicht ausgeführt hat, es komme hinsichtlich der Entstehung des Vergütungsanspruchs des Kassenarztes auf den Tag an, lässt sich außerdem auch abrechnungstechnisch nicht nachvollziehen, an welchem Tag die ärztliche Leistung erbracht wurde. Die Abrechnung wird vielmehr nach der Summe der pro Quartal berechneten und nachgewiesenen Leistungen vorgenommen, wobei den ärztlichen Leistungen bestimmte Punktzahlen zugeordnet werden. Der Kläger hat denn auch auf Seite 4 seines Schriftsatzes vom 13.07.2006 (Bl. 296 d.A.) ausgeführt, infolge des Punktesystems sei ein Aufsplitten der Honorarbescheide nicht möglich, insbesondere könne nicht dargelegt werden, welche Behandlung eines Patienten zu welchem Geldbetrag führte.

c)

Die Gläubiger sind durch die von der Anfechtung erfassten Zahlungen objektiv benachteiligt, weil die Masse insoweit geschmälert wurde.

d)

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, der Beklagten sei im April 2002 die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bekannt gewesen. Diese Feststellung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden, sie findet ihre Bestätigung in dem Inhalt des Schreiben des Betriebswirts W... C... vom 12.03.2002 (Bl. 225 - 228 d.A.), dem bereits Gespräche mit der Beklagten über die krisenhafte Entwicklung in der Praxis des Schuldners vorausgegangen waren (Bl. 225 oben d.A.) .

In dem Schreiben heißt es zu Anfang, eine Schuldenbereinigung sei durchzuführen, um dadurch ein Insolvenzverfahren zu vermeiden (Bl. 225 d.A.). Der Schuldner hatte damals Gläubigerverbindlichkeiten in Höhe von 88.208,44 €, die (Bl. 226 d.A.), die er nicht bedienen konnte; außerdem benötigte der Schuldner "eine Barliquidität in der Höhe von € 28.777,48" (Bl. 227 d.A.), um im Rahmen eines Erlass- und Stundungsprogramms ein Insolvenzverfahren "zu vermeiden" (Bl. 225 d.A.). Der Schuldner war zu jenem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig, er war nämlich schon damals auf Liquiditätszufuhr angewiesen, um die dringendsten Schulden zu bedienen, außerdem setzte dies eine Vergleichsbereitschaft der Gläubiger voraus, nämlich auf Teile ihrer Forderungen zu verzichten wie auch dem Schuldner weitere Stundung einzuräumen.

Der Senat hat keinen Zweifel, dass die Feststellungen des Betriebswirts W... C..., der selbst als Insolvenzverwalter tätig ist, die tatsächlichen Verhältnisse zutreffend wiedergeben.

3.

Die Feststellungsklage ist nur zum Teil begründet.

a)

Das Feststellungsbegehren ist hinsichtlich der am 31.07.2002 an den Kläger geleisteten Zahlung in Höhe von 4.793,17 € unbegründet, weil der Beklagten aufgrund ihres wirksamen Forderungserwerbs insoweit ein Ersatzaussonderungsrecht zusteht.

Die Zahlung beruht nämlich auf dem Honorarbescheid für das erste Quartal 2002 (Bl. 19/ 64 d.A.); die hier vergüteten ärztlichen Leistungen sind - wie ausgeführt - demgemäß im ersten Quartal 2002 erbracht. Die Beklagte hat hierauf bezogen aufgrund ihrer Abtretung eine gesicherte Rechtsposition erlangt. Der Rechtsübergang hat außerhalb des Dreimonatszeitraums des § 130 Abs. 1 InsO stattgefunden und unterliegt deshalb nicht der Insolvenzanfechtung.

b)

Im Übrigen ist das Feststellungsbegehren begründet, nämlich soweit es die ansonsten an den Kläger geleisteten Zahlungen in Höhe von nunmehr noch 27.251,49 € betrifft.

aa)

Hinsichtlich der Zahlungen vom 08.08.2002 in Höhe von 3.950,00 € und vom 10.09.2002 in Höhe von 3.950,00 €, die sich auf den Honorarbescheid für das dritte Quartal 2002 beziehen (Bl.19/ 62 d.A.), steht der Beklagten ein Ersatzaussonderungsrecht nicht zu. Der Schuldner hat die ärztlichen Leistungen im letzten Monat vor dem Insolvenzantrag bzw. danach erbracht. Deshalb ist der Kläger - wie bereits ausgeführt - insoweit gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO anfechtungsberechtigt.

bb)

Im Hinblick auf die Zahlungen vom 12.11.2002 in Höhe von 4.000,00 € und vom 10.12.2002 in Höhe von 4.000,00 €, die das vierte Quartal 2002 betreffen (Bl. 19/ 66 d.A.), ist die Beklagte gleichfalls nicht ersatzaussonderungsberechtigt. Die ärztlichen Leistungen hat der Schuldner teilweise noch vor der Insolvenzeröffnung (09.12.2002) und teilweise danach erbracht.

Soweit die Vergütungsansprüche des Schuldners vor der Insolvenzeröffnung entstanden sind, hat die Beklagte aufgrund der Abtretung eine gesicherte Rechtsposition nicht erlangt. Denn ihr Forderungserwerb unterliegt - wie ausgeführt - der Insolvenzanfechtung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

Soweit die Vergütungsansprüche des Schuldners nach der Insolvenzeröffnung entstanden sind, ist die Abtretung unwirksam. Dies ergibt sich ohne weiteres aus § 91 Abs. 1 InsO. Nach dieser Vorschrift können nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Rechte an den Gegenständen der Insolvenzmasse nicht wirksam erworben werden, auch wenn keine Verfügung des Schuldners und keine Zwangsvollstreckung für einen Insolvenzgläubiger zu Grunde liegt.

An sich verdrängt im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Vorschrift des § 114 Abs. 1 InsO diejenige des § 91 Abs. 1 InsO. Der BGH hat allerdings in seiner Entscheidung vom 11.05.2006 (ZIP 2006, 1254) die einzelnen Gründe dafür angeführt, dass und weshalb die Vorschrift des § 114 Abs. 1 InsO nicht auf die Vergütungsansprüche eines Kassenarztes gegen die für ihn zuständige kassenärztliche Vereinigung anzuwenden ist. Folglich ist das auf § 114 Abs. 1 InsO gestützte Verteidigungsvorbringen der Beklagten hinfällig.

4.

Der vom Landgericht ausgeurteilte Zinsanspruch, der seine Rechtsgrundlage in den angegebenen Rechtsvorschriften findet, ist nicht gesondert von der Berufung angefochten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 54.831,39 €.

Ende der Entscheidung

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