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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.07.2006
Aktenzeichen: 7 U 205/05
Rechtsgebiete: BGB, HGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 164 Abs. 1
BGB § 242
BGB § 387
BGB § 388
BGB § 631
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 286
BGB § 288
HGB § 6 Abs. 1
HGB § 355
ZPO § 139
ZPO § 252 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 205/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht 014

Anlage zum Protokoll vom 19.7.2006

Verkündet am 19.7.2006

in dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7.6.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Fischer und den Richter am Oberlandesgericht Werth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 25.10.2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Bezahlung von Transportleistungen.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.763,41 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 6.2.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat Ansprüche der Klägerin zurückgewiesen. Sie hat hilfsweise die Aufrechnung mit ihr gegen die Klägerin zustehenden Ansprüchen auf Zahlung von insgesamt 48.849,61 DM erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 25.10.2005 die Beklagte zur Zahlung von 14.763,41 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 6.2.2001 verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Zahlungsanspruch der Klägerin bestehe aus § 631 BGB. Durch die vorgenommene Kürzung der Rechnung der Klägerin vom 5.1.2001 und ihr Schreiben vom 9.2.2001 habe die Beklagte das Bestehen der Klageforderung deklaratorisch anerkannt. Die Hilfsaufrechnung greife nicht durch, da die Beklagte zu den von ihr erhobenen Gegenforderungen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen habe. Zudem seien die Beträge aus den Rechnungen vom 16.11.1999 mit den Nummern 3056 - 3063 bereits Gegenstand einer Klage der Beklagten gegen die Klägerin gewesen, die durch das Senatsurteil vom 11.10.2004, Az.: 7 U 68/04, rechtskräftig abgewiesen worden sei. Ein Saldoanerkenntnis nach § 355 HGB sei nicht schlüssig dargetan, da die Vereinbarung eines Kontokorrents ebenfalls nicht hinreichend substantiiert dargetan worden sei; eine Saldierung wechselseitiger Ansprüche durch Verrechnung auf einem einzigen Konto habe nicht stattgefunden.

Gegen dieses Urteil, das ihr am 31.10.2005 zugestellt worden ist, hat die Beklagte am 30.11.2005 Berufung eingelegt und diese am 28.12.2005 begründet.

Die Beklagte trägt vor, dass sie die Hilfsaufrechnung in Höhe eines Teilbetrags von 2.134,29 DM auf die Forderung aus der Rechnung Nr. 2757/98 vom 30.11.1998 über 11.600 DM und sodann in der Reihenfolge ihrer Nennungen auf die Forderungen aus der Rechnung Nr. 0003001 vom 12.11.1999 über 8.087,73 DM, der Rechnung Nr. 003002 vom 12.11.1999 über 165,18 DM, der Rechnung Nr. 003003 vom 12.11.1999 über 4.694,96 DM, der Rechnung Nr. 003004 vom 12.11.1999 über 5.810,70 DM und der Rechnung Nr. 003005 vom 12.11.1999 über 2.018,40 € stütze; zu den Rechnungen vom 16.11.1999 mit den Nummern 003056 - 003063 nehme sie eine Bestimmung der Reihenfolge nicht vor.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 25.10.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte aus § 631 Abs. 1 BGB auf Zahlung von 28.874,72 DM, umgerechnet 14.763,41 €.

1.

Zwischen den Parteien ist ein Vertrag über die Erbringung von Transportleistungen durch die Klägerin zustande gekommen. Das hat die Klägerin bereits in der Klageschrift (Bl. 5 d.A.) schlüssig dargetan, indem sie eine entsprechende telefonische Vereinbarung zwischen dem für sie handelnden Zeugen R... und der Geschäftsführerin der Beklagten im November 2000 vorgetragen hat.

Das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten sowie ihr Vortrag (Bl. 25 f. d.A.), dass, da der Zeuge R... nicht bei der Klägerin, sondern bei der F... GmbH beschäftigt gewesen sei, ein Vertrag allenfalls mit jener zustande gekommen sei, ist unerheblich. Damit kann die Beklagte im Lichte ihres Schreibens vom 9.2.2001 (Bl. 11 d.A.) nicht gehört werden, wobei dahinstehen kann, ob sie - wie vom Landgericht angenommen - mit der Übersendung des Schreibens nebst der gekürzten Rechnung der Klägerin ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgegeben hat. Denn ihr ist jedenfalls nach den Regeln von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, die das gesamte Rechtssystem beherrschen und auch im Verfahrensrecht zu beachten sind (BGH NJW 1997, 3377, 3379; 1994, 1351, 1353; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., Einl. Rn. 56), das Bestreiten eines Vertragsschlusses mit der Klägerin verwehrt, da sie sich damit im Widerspruch zum Inhalt ihres Schreibens verhält.

Das Schreiben vom 9.2.2001 kann für einen Erklärungsempfänger in der damaligen Lage der Klägerin gemäß §§ 133, 157 BGB nicht anders verstanden werden, als dass die Beklagte den gekürzten Rechnungsbetrag als von ihr geschuldet angesehen hat. Das Schreiben stellt sich als Erklärung der Beklagten dar, da es - unstreitig - unter deren Briefkopf verfasst und versandt worden ist. Aus der Mitteilung des gekürzten Rechnungsbetrages geht nicht nur die Ablehnung der weitergehenden Forderung der Klägerin hervor, sondern - im Umkehrschluss daraus - auch, dass die Beklagte den gekürzten Betrag als ihr berechtigter Weise abgefordert akzeptiert hat. Das gilt umso mehr, als beide Parteien Kaufleute nach § 6 Abs. 1 HGB sind; vor diesem Hintergrund musste die Klägerin erst recht nicht damit rechnen, dass dem Schreiben vom 9.2.2001 ein anderer als der aus seinem Wortlaut und den Umständen ersichtliche Erklärungsgehalt zukommen könnte. Aus dem so gebotenen Verständnis des Inhalts folgt weiter, dass aus der Sicht der Beklagten ein Vertragsverhältnis mit der Klägerin bestanden hat; denn nur dann sind Ansprüche der Klägerin gegen sie überhaupt denkbar gewesen. Mit dem Bestreiten eines Vertragschlusses trägt die Beklagte folglich nun das Gegenteil ihrer damaligen Erklärung vor, wodurch sie sich widersprüchlich und damit treuwidrig verhält.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Abfassung und Versendung des Schreibens auf einem Versehen beruht habe. Denn das ändert zum einen nichts daran, dass die Klägerin als dessen Empfängerin seinen Inhalt gemäß §§ 133, 157 BGB nicht anders als vorstehend dargestellt verstehen konnte und musste; es ist unstreitig, dass sie und nicht etwa die F... GmbH der Beklagten zuvor die Rechnung gestellt hatte, deren Kürzung der Gegenstand des Schreibens gewesen ist. Ungeachtet dessen kann ein bloßes Versehen nicht angenommen werden. Denn die Beklagte hat auch vorgetragen (Bl. 26 f. d.A.), dass der Zeuge F..., der - unstreitig - seinerzeit auch ihr Geschäftsführer gewesen ist, der Zeugin Gr... gegenüber auf der Verwendung des Briefkopfes der Beklagten bestanden habe. Dann aber ist dessen Verwendung keineswegs versehentlich, sondern wissentlich und willentlich durch das zur Vertretung der Beklagten berufene Organ geschehen, sodass der diesbezügliche Einwand der Beklagten schon in tatsächlicher Hinsicht nicht zutrifft.

2.

Es ist auch als zwischen den Parteien unstreitig davon auszugehen, dass die Klägerin für die Beklagte Transportleistungen erbracht hat, die zu Vergütungsansprüchen in Höhe der Klageforderung führen. Auch das trägt die Klägerin in der Klageschrift (Bl. 5 d.A.) unter Bezugnahme auf eine Auflistung entsprechender Lieferscheine (Bl. 7 d.A.) vor, ohne dass ein erhebliches Bestreiten der Beklagten vorliegt. Zwar hat die Beklagte in der Klageerwiderung (Bl. 25 d.A.) auch die Durchführung von Transportaufträgen in Abrede gestellt. Jedoch kann sie damit ebenfalls gemäß § 242 BGB nicht gehört werden, nachdem sie im Schreiben vom 9.2.2001 - wie dargestellt - ihre Inanspruchnahme in Höhe der Klageforderung als berechtigt akzeptiert hat; die Berechtigung der Forderung der Klägerin setzt nämlich nicht nur den Vertragschluss der Parteien, sondern auch die Erbringung der entsprechenden Transportleistungen voraus. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin zu recht zunächst einen Betrag in Höhe von 29.313,20 DM in Rechnung gestellt hat; denn sie macht mit der Klage lediglich die Zahlung des von der Beklagten gekürzten Rechnungsbetrages in Höhe von 28.874,72 DM, umgerechnet 14.763,41 €, geltend.

3.

Die Ansprüche der Klägerin sind nicht durch eine Verrechnung im Kontokorrent erloschen.

a)

Es ist schon nicht hinreichend dargetan, dass die Parteien eine Verrechnung wechselseitiger Ansprüche im Kontokorrentverhältnis vereinbart haben. Die Beklagte trägt dazu lediglich vor (Bl. 52, 56, 132, 160 f., 221 d.A.), man habe sich 2001 auf eine Verrechnung zum 31.12.2000 geeinigt, die aufgrund einer Anweisung des Geschäftsführers der Klägerin C... in Absprache mit dem Zeugen F... vorgenommen worden sei. In dieser Allgemeinheit ist das Vorbringen der Beklagten nicht im Einzelnen nachvollziehbar und einer ordnungsgemäßen Einlassung durch die Gegenseite zugänglich, da weder ein - wenigstens ungefährer - Zeitpunkt noch sonstige Umstände zu der behaupteten Vereinbarung mitgeteilt werden. Eine Substantiierung ist insoweit erst recht erforderlich, nachdem die Klägerin das Vorliegen einer Verrechnungsvereinbarung ausdrücklich bestritten hat (Bl. 74 d.A.); eine Vernehmung der von der Beklagten dazu benannten Zeugen ist ohne eine Überschreitung der Grenze zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis auf der Grundlage ihres nur vagen Vorbringens nicht möglich. Das geht zu Lasten der Beklagten, da sie als diejenige, die sich zu ihren Gunsten auf eine Verrechnungsabrede beruft, dafür darlegungs- und beweispflichtig ist. Die Beklagte ist auf die unzureichende Substantiierung ihres diesbezüglichen Vortrags auch sowohl durch den Hinweis- und Auflagenbeschluss des Landgerichts vom 7.6.2005 (Bl. 115 f. d.A.) als auch durch den Senat in der mündlichen Verhandlung am 7.6.2006 nach § 139 ZPO hingewiesen worden. Das Vorliegen einer Verrechnungsabrede lässt sich nicht aus dem Schreiben der Klägerin vom 23.12.1998 (Bl. 59 d.A.) herleiten. Aus dem Schreiben mag zwar zu ersehen sein, dass die Klägerin eine Verrechnung von Forderungen der Beklagten gegen von ihr - die Klägerin -durch Abtretung erworbene Ansprüche der M... GmbH durchgeführt hat. Das lässt jedoch nicht auf die Vereinbarung eines Kontokorrentverhältnisses schließen, woran es auch nichts ändert, dass die Beklagte der Verrechnung nicht entgegen getreten ist. Aus dem Schreiben der Klägerin geht nämlich nur eine einmalige Verrechnung von Forderungen hervor, die auch ohne eine Verrechnungsabrede gemäß §§ 387, 388 BGB einseitig vorgenommen werden kann.

b)

Ebenso kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Verrechnung im Kontokorrent tatsächlich vorgenommen worden ist. Die dazu vorgelegten Schreiben der Klägerin vom 20.7.2001 (Bl. 60, 61 d.A.) lassen das nicht erkennen. In den Schreiben werden lediglich die jeweiligen Salden der bei ihr geführten Kreditoren- und Debitorenkonten genannt, nicht aber -wie vom Landgericht zu Recht hervorgehoben - eine Verrechnung auf einem Buchungskonto zum Ausdruck gebracht. Eine solche Verrechnung geht auch nicht aus den vorgelegten Buchhaltungsunterlagen der Beklagten (Bl. 30, 139 d.A.) hervor. Dort sind lediglich die in das bei der Beklagten geführte Bestandskonto eingestellten Rechnungsforderungen aufgezählt, und zwar ohne eine Einbeziehung von Forderungen der Klägerin gegen die Beklagte. Auch darauf ist die Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch den Senat gemäß § 139 ZPO hingewiesen worden, ohne dass eine Ergänzung ihres Vorbringens erfolgt ist.

c)

Fehlt es mithin sowohl an der Vereinbarung als auch an der Durchführung einer Kontokorrentverrechnung, so kann in den Schreiben der Klägerin vom 20.7.2001 und den bestätigenden Mitteilungen der Beklagten vom 25.7.2001 (Bl. 60 f. d.A.) - erst recht - nicht die Anerkennung eines Kontokorrentsaldos nach § 355 HGB gesehen werden. Denn eine solche setzt ein Kontokorrent voraus, an dem es hier gerade fehlt.

4.

Die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung vermag ihrer Rechtsverteidigung ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen.

a)

Die Aufrechnung ist unzulässig, soweit sie Forderungen aus den Rechnungen der Beklagten vom 16.11.1999 mit den Nummern 3056 - 3063 (Bl. 140 ff. d.A.) zum Gegenstand hat. Denn die Beklagte hat für diese Forderungen nicht angegeben, in welcher Reihenfolge sie der Klageforderung entgegengesetzt werden sollen. Das aber ist angesichts des Umstands, dass die Beklagte die Aufrechnung mit einer in der Summe die Klageforderung übersteigenden Forderungsmehrheit erklärt hat, gemäß § 252 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlich (vgl. BGH NJW 2002, 2182, 2183; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 145, Rn. 14). Auch darauf ist die Beklagte durch den Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden, woraufhin sie im nachgelassenen Schriftsatz vom 28.6.2006 zu diesen Rechnungen eine Bestimmung der Reihenfolge ausdrücklich nicht vorgenommen hat (Bl. 268 d.A.).

Ungeachtet dessen ist für die Forderungen aus diesen Rechnungen bereits eine Klage der hiesigen Beklagten gegen die hiesige Klägerin erhoben und durch das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 6.4.2004, Az.: 10 O 253/03, abgewiesen worden; im Tatbestand des Urteils, das in Ablichtung zu den Akten gereicht worden ist (Bl. 98 ff. d.A.), sind die Rechnungen ausdrücklich angeführt (Bl. 99 d.A.). Die Abweisung der Klage ist in Rechtskraft erwachsen, nachdem die von der Beklagten eingelegte Berufung durch das Senatsurteil vom 10.11.2004, Az.: 7 U 68/04, zurückgewiesen worden ist; das ist senatsbekannt und von der Klägerin unter Vorlage einer Ablichtung des Senatsurteils (Bl. 103 ff. d.A.) vorgetragen worden. Folglich steht einer Entscheidung über Gegenansprüche der Beklagten insoweit auch die Rechtskraft der genannten Urteile entgegen.

Im Übrigen ist die Hilfsaufrechnung in zulässiger Weise erklärt worden, nachdem die Beklagte im Schriftsatz vom 28.6.2006, der an demselben Tag beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen ist (Bl. 263 d.A.), für die weiteren von ihr erhobenen Ansprüche die Reihenfolge klargestellt hat (Bl. 267 f. d.A.). Der insoweit in der Berufung neue Vortrag ist nach §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, nachdem das Landgericht auf den diesbezüglichen Mangel des Vorbringens der Beklagten nicht hingewiesen und im angefochtenen Urteil die Zulässigkeit der Aufrechnung nicht behandelt hat.

b)

Soweit die Hilfsaufrechnung zulässig ist, hat sie indes in der Sache keinen Erfolg. Denn es kann nicht erkannt werden, dass der Beklagten Zahlungsansprüche gegen die Klägerin aus § 631 Abs. 1 BGB zustehen.

(1)

Für die Restforderung aus der Rechnung vom 30.11.1998 (Bl. 269 d.A.) in Höhe von 2.134,29 DM, umgerechnet 1.091,25 €, lässt sich dem Vorbringen der Beklagten weder ein Vertragschluss der Parteien noch die Erbringung konkreter Leistungen durch sie entnehmen.

Die Beklagte trägt dazu schriftsätzlich nicht vor, obwohl sie bereits im Hinweis- und Auflagenbeschluss des Landgerichts vom 7.6.2005 (Bl. 395 f. d.A.) auf das Erfordernis eines substantiierten Vortrags hingewiesen worden ist. Auch aus der Rechnung vom 30.11.1998 erschließen sich nachvollziehbare Einzelheiten dazu nicht; dort sind lediglich allgemein die Beladung von Fahrzeugen in der Zeit ab September bis November 1998 und der Rechnungsbetrag von 11.600 DM genannt, sodass die Rechnung, die im Übrigen erstmals in der Berufung mithin vor dem Hintergrund der Hinweise des Landgerichts nach §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO verspätet vorgelegt worden ist, einlassungsfähigen Vortrag nicht zu ersetzen vermag.

Die Berechtigung der Forderung lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht aus dem - bereits genannten - Schreiben der Klägerin vom 23.12.1998 (Bl. 59 d.A.) herleiten. Das Schreiben hat eine Verrechnung wechselseitiger Ansprüche nämlich nur für eine Teilforderung aus der Rechnung vom 30.11.1998 in Höhe von 9.465,71 DM zum Gegenstand. Mit der Aufrechnung macht die Beklagte jedoch nicht diese Teilforderung geltend, sondern die Differenz zum Rechnungsbetrag in Höhe von (11.600 DM - 9.465,71 DM =) 2.134,29 DM. Zu dieser Teilforderung verhält sich das Schreiben der Klägerin jedoch nicht, weshalb insoweit ein Anerkenntnis der Klägerin nach §§ 133, 157 BGB nicht in Betracht kommt.

(2)

Für die sodann geltend gemachten Forderungen aus den Rechnungen vom 12.11.1999 in Höhe von insgesamt (8.087,73 DM + 165,18 DM + 4.694,96 DM + 5.810,70 DM + 2.018,40 DM =) 20.776,97 DM, entsprechend 10.623,10 €, kann nicht erkannt werden, dass die Parteien einen Vertrag über die berechneten Leistungen geschlossen haben. Die Beklagte trägt einen ausdrücklichen Vertragschluss nicht vor, sondern führt an, dass die Klägerin mit Lastkraftwagen vorgefahren und um Entsorgung der geladenen Abfälle gebeten habe, die sie - die Beklagte - dann durchgeführt habe (Bl. 27, 56, 133 ff. d.A.). Ob darin ein Vertragschluss kraft schlüssigen Verhaltens zu erblicken ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn ein Vertrag ist dadurch jedenfalls nicht zwischen den Parteien des Rechtsstreits, sondern allenfalls zwischen der Beklagten und der F... GmbH geschlossen worden. Das folgt daraus, dass die entsprechenden Lieferscheine nicht auf die Klägerin, sondern auf die F... GmbH ausgestellt gewesen sind und die zugehörigen Übernahmescheine die bei der Beklagten geführte Kundennummer der F... GmbH ausgewiesen haben. Diesen Vortrag der Klägerin (Bl. 165 d.A.) hat die Beklagte nicht bestritten; das Vorbringen wird im Gegenteil durch den Inhalt der von ihr vorgelegten Liefer- und Übernahmescheine (Bl. 141 ff. d.A.) bestätigt. Damit besteht der erste Anschein eines Vertragschlusses mit der F... GmbH, den die Beklagte nicht entkräftet hat. Die Anlieferung der Abfälle durch Fahrzeuge und Personal der Klägerin steht nicht entgegen; diese konnte und musste die Beklagte im Lichte des Inhalts der Liefer- und Übernahmescheine als eine Tätigkeit für die F... GmbH nach § 164 Abs. 1 BGB verstehen. So hat es die Beklagte seinerzeit auch selbst gesehen; das geht aus ihrem Vortrag im Schriftsatz vom 29.7.2005 (Bl. 137 d.A.) hervor, dass sie bei der Erteilung der Rechnungen an die F... GmbH von einer Beauftragung durch jene ausgegangen sei. Soweit sie weiter ausführt, es habe sich dann herausgestellt, dass die F... GmbH nicht habe Auftraggeber sein wollen, ist dieses Vorbringen in seiner Allgemeinheit und Unbestimmtheit wiederum nicht nachvollziehbar und einlassungsfähig und damit zur Entkräftung des bestehenden Anscheins nicht geeignet; insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass etwa Mitarbeiter der Klägerin als Vertreter ohne Vertretungsmacht aufgetreten wären. Dafür reicht es auch nicht aus, dass die Beklagte die Erteilung von Aufträgen durch die F... GmbH an die Klägerin mit Nichtwissen bestritten hat (Bl. 136 d.A.). Denn die Partei, zu deren Lasten der Anschein besteht, hat ihrerseits konkrete Tatsachen zu behaupten und nötigenfalls zu beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergibt (BGHZ 8, 239, 240; VersR 1995, 723, 724; Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., § 286, Rn. 13); die Beklagte stellt demgegenüber lediglich den Vortrag der Klägerin in Abrede, ohne ihrerseits substantiiert Umstände dazulegen und zu beweisen, die auf etwas anderes als eine Tätigkeit der Klägerin für die F... GmbH hindeuten könnten.

5.

Die Zinsansprüche der Klägerin bestehen nach §§ 288, 286 BGB.

6.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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