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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.05.2004
Aktenzeichen: 7 U 250/03
Rechtsgebiete: VVG, BGB, StGB, ZPO


Vorschriften:

VVG § 67
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
ZPO § 519 Abs. 1
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 78 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 519 Abs. 2

Entscheidung wurde am 27.10.2004 korrigiert: das Verkündungsdatum wurde korrigiert
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 250/03

Anlage zum Protokoll vom 5.5.2004

Verkündet am 5.5.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16.4.2004 durch

...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 26.11.2003 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 40.800 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 22.11.2002 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat durch Urteil des Einzelrichters vom 26.11.2003 den Beklagten zur Zahlung von 40.800 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 22.11.2002 an die Klägerin verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte schulde die Zahlung nach § 67 VVG i. V. m. §§ 823 Abs. 1, 2 BGB, 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 244 Abs. 1 Nr. 3, 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Die Klage sei insoweit schlüssig. Der Vortrag des Beklagten sei nicht geeignet, die im Strafurteil vom 30.11.2000 festgestellte Tatbeteiligung zu widerlegen. Zur Schadenshöhe sei die Schadensschätzung der Klägerin nicht zu beanstanden; der Beklagte habe Tatsachen, aus denen eine Pflichtverletzung der Klägerin bei der Regulierung der Schäden folgen könnte, nicht dargetan.

Gegen dieses Urteil, das dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 3.12.2003 zugestellt worden ist, haben der Beklagte persönlich am 9.12.2003 und sein erstinstanzlicher Prozessbevollmächtigter, Rechtsanwalt J. in S., mit Schriftsatz vom 12.12.2003 Berufung beim Landgericht Frankfurt/Oder eingelegt; die Berufungsschriften sind am 19.12.2003 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen. Am 30.12.2003 ist durch Rechtsanwalt M. in S. die Einlegung der Berufung erklärt worden; wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 30.12.2003 (Bl. 175 d.A.) Bezug genommen. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 16.2.2004 ist die Berufung an diesem Tage begründet worden.

Der Beklagte trägt vor, das Landgericht habe sich nicht mit der Beiziehung der Strafakten begnügen dürfen, sondern habe den Zeugen E. hören müssen; dessen Aussage habe dazu führen können, dass der Beklagte für den 1.12.1999 nicht als Tatbeteiligter festzustellen sei.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 26.11.2003 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Berufung sei unzulässig, da die Berufungsschrift vom 12.12.2003 nicht durch einen bei einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden sei und die Berufungsschrift vom 30.12.2003 nicht den Erfordernissen des § 519 Abs. 1 ZPO entspreche.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO - nach mündlicher Verhandlung durch Urteil (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 522, Rn. 6) - als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht in zulässiger Weise eingelegt worden ist.

Die Einlegung der Berufung hat nach §§ 519 Abs. 1, 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch einen bei einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt zu erfolgen. Daher ist die vom Beklagten selbst am 9.12.2003 eingelegte Berufung unzulässig. Die durch anwaltlichen Schriftsatz vom 12.12.2003 eingelegte Berufung wird diesem Erfordernis ebenfalls nicht gerecht, da der seinerzeit handelnde Rechtsanwalt J. in S. nicht bei einem Oberlandesgericht zugelassen gewesen ist, wie aus den übereinstimmenden Angaben der Parteien in den Schriftsätzen vom 17.3.2004 (Bl. 233 d.A.) und vom 26.3.2004 (Bl. 242 d.A.) sowie aus der vom Senat eingeholten Auskunft der Rechtsanwaltskammer des Landes Brandenburg vom 25.3.2004 (Bl. 239 d.A.) hervorgeht.

Die durch den Rechtsanwalt M. am 30.12.2003 eingelegte Berufung (Bl. 175 d.A.) entspricht nicht den an die Berufungsschrift gemäß § 519 Abs. 1, 2 ZPO zu stellenden Erfordernissen. Danach ist erforderlich die Angabe der Person des Berufungsklägers, die, soweit sie im Wege der Auslegung zu ermitteln sein mag, bis zum Ablauf der Berufungsfrist feststehen muss (BGH NJW-RR 2003, 132, 133; 2000, 1661, 1662; 1997, 1020; NJW 2002, 831, 832; 1430, 1431; 1999, 3124; Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 519, Rn. 30 a; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 519, Rn. 14 f.); bis dahin müssen alle vernünftigen Zweifel an der Identität des Berufungsklägers ausgeräumt sein (BGH NJW 2002, 1430, 1431; NJW-RR 2000, 1661, 1662; Zöller/Gummer/ Heßler, a.a.O.; Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O.). Das ist hier nicht der Fall. Die Berufungsschrift vom 30.12.2003 enthält nämlich keine Angaben dazu, für wen die Berufung eingelegt werden soll; es ist nicht einmal angegeben, für wen sich Rechtsanwalt M. im vorliegenden Rechtsstreit bestellt haben mag. Die Nennung der Parteien geschieht lediglich in Form eines Kurzrubrums, ohne dass ihre Stellung im Rechtsstreit genannt oder eine Zuordnung von Prozessbevollmächtigten vorgenommen wird. Auch anhand der aus dem angefochtenen Urteil folgenden Beschwer, die in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden kann (BGH NJW-RR 2000, 1661, 1662; NJW 1999, 1554, 1555; a.A.: Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O.), ist die Identität des Berufungsklägers nicht hinreichend zweifelsfrei hervorgegangen. Wenn auch in erster Instanz die Klägerin voll obsiegt hat, so kann daneben nicht unbeachtet bleiben, dass für den Beklagten bereits durch anwaltlichen Schriftsatz vom 12.12.2003 eine Berufung eingelegt worden ist, ohne dass die fehlende Zulassung des Rechtsanwalts J. bei einem Oberlandesgericht - etwa aus dem Briefkopf - ersichtlich gewesen wäre; demgemäß hat bei der hier gebotenen Betrachtung nach dem Erkenntnishorizont in der Zeit bis zum Ablauf der Berufungsfrist die Berufung vom 30.12.2003 in gleicher Weise eine - prima facie überflüssige - weitere Berufungseinlegung für den Beklagten wie auch eine - mangels Vorliegens einer Beschwer unzulässige - Berufungseinlegung für die Klägerin darstellen können. Eine diesbezügliche Pflicht des Gerichts zur Durchführung eigener Nachforschungen innerhalb der Berufungsfrist hat nicht bestanden (vgl. BGH NJW 1999, 291, 292; Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., § 519, Rn. 15). Auch die Bestellung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin für das Berufungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis; denn diese ist erst am 9.1.2004, also nach Ablauf der Berufungsfrist am Montag, dem 5.1.2004, erfolgt (Bl. 180 d.A.).

Nach alledem kann die Berufung keinen Erfolg haben, ohne dass eine Überprüfung der materiellen Rechtslage eröffnet ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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