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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 10.10.2007
Aktenzeichen: 7 U 36/07
Rechtsgebiete: BGB, HGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 738 Abs. 1
HGB § 122
HGB § 122 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 36/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 10.10.2007

Verkündet am 10.10.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2007 durch

den Richter am Oberlandesgericht Hein, den Richter am Oberlandesgericht Fischer und die Richterin am Oberlandesgericht Gieseke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9. Januar 2007 verkündete Schlussurteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.934,59 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juni 2006 zu zahlen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges fallen der Klägerin zu 53 % und der Beklagten zu 47 % zur Last. Die Kosten des zweiten Rechtszuges hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Parteien waren mit Wirkung vom 01.04.2002 an Gesellschafterinnen der N ... GbR. Die Klägerin schied aus der Gesellschaft zum Jahresende 2002 aus.

Die Klägerin hatte zunächst Zahlung des Bilanzgewinns für das Jahr 2002 in Höhe von 8.809,04 € geltend gemacht. Sie hat sodann ihre Klage umgestellt und die Beklagte im Wege der Stufenklage in Anspruch genommen.

Mit Teilurteil vom 07.07.2005 hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, eine Abfindungsbilanz per 31.12.2002 zu erstellen, den weitergehenden Klageantrag hat es abgewiesen.

Die Klägerin hat nach Vorlage der Abfindungsbilanz beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.934,59 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe nicht den Nachweis geführt, dass die Abfindungsbilanz inhaltlich unrichtig sei.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 15.01.2007 zugestellte Urteil am 15.02.2007 Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel nach entsprechender Fristverlängerung am 16.04.2007 begründet.

Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihrem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Der Klägerin steht der in Höhe von 7.934,59 € geltend gemachte Abfindungsanspruch zu. Der Klageanspruch findet in § 11 des Gesellschaftsvertrages vom 15.04.2002 (Bl. 5 d.A.) bzw. in § 738 Abs. 1 BGB seine Rechtsgrundlage.

1.

Die Höhe des Abfindungsanspruchs richtet sich - zunächst - danach, welchen Wert das Gesellschaftsvermögen in dem für das Ausscheiden der Klägerin maßgeblichen Zeitpunkt gehabt hat (BGHZ 17, 130, 133).

a)

Der für das Ausscheiden der Klägerin maßgebliche Zeitpunkt ist der 31.12.2002.

Zwar bestand zunächst Streit zwischen den Parteien, wann die Klägerin ausgeschieden ist, nämlich, ob dies zum Jahresende 2002 oder 2003 geschehen ist. Dieser Streit besteht jedoch nicht mehr. Durch Teilurteil vom 07.07.2005 ist die Beklagte verurteilt worden, eine Abfindungsbilanz zum 31.12.2002 zu erstellen. Das Teilurteil ist rechtskräftig. Mithin steht fest, dass die Klägerin zum 31.12.2002 abzufinden ist.

b)

Nach Maßgabe der Abfindungsbilanz des Steuerberaters H... vom 04.01.2006 (Bl. 182 - 193 d.A.) hat das Unternehmen zum 31.12.2002 nach dem Ertragswertverfahren keinen Wert mehr (Bl. 193 d.A.). Nur unter Berücksichtigung der stillen Reserven, die mit 7.748,28 € anzusetzen sind (Bl. 192 d.A.), verbleibt nach Abzug des nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages von 3.193,28 € (Bl. 189 d.A.) ein Unternehmenswert von 4.555,00 € (Bl. 189/ 192 d.A.).

2.

Für die Höhe des Abfindungsanspruchs ist weiterhin bedeutsam, wie hoch der Kapitalanteil der Klägerin im Zeitpunkt ihres Ausscheidens (31.12.2002) gewesen ist und in welchem Verhältnis ihr Kapitalanteil zu demjenigen der Beklagten gestanden hat (BGHZ 17, 130, 133).

Der Kapitalanteil des Gesellschafters wird buchmäßig auf seinem Kapitalkonto ausgewiesen (Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 120 HGB, Rdnr. 18).

3.

Der Sachverständige hat in der Abfindungsbilanz entsprechend den Feststellungen in dem Jahresabschluss zum 31.12.2002 (Bl. 7 - 20 d.A.) das Kapitalkonto der Klägerin mit 4.257,55 € und das Kapitalkonto der Beklagten mit - 25.068,91 € eingestellt (Bl. 192 d.A.). Dieser Ansatz ist als solcher nicht zu beanstanden. Über die Höhe der Entnahmen der Parteien besteht kein Streit, sie sind bereits Gegenstand des Jahresabschlusses zum 31.12.2002.

Zur Feststellung des Abfindungsguthabens der Klägerin hat der Sachverständige auf den Stand ihres Kapitalkontos (4.257,55 €) die stillen Reserven mit 1/2, nämlich 3.874,14 €, den Anteil am Gewinn mit 0,00 € und den Anteil am verbleibenden Kapital mit 1/2, nämlich - 10.405,68 € zugeschlagen und ist so zu einem Abfindungsguthaben von - 2.273,99 € gelangt. Dieser Rechenweg ist abgesehen davon, dass der Sachverständige in der Abfindungsbilanz das verbleibende Kapital mit - 20.811,36 € und dementsprechend den Anteil der Klägerin am verbleibenden Kapital mit - 10.405,68 € berücksichtigt hat, an sich richtig.

Soweit der Sachverständige den Anteil der Klägerin am Gewinn insoweit mit 0,00 € angenommen hat, entspricht dies dem Inhalt des in Rechtskraft erwachsenen Teilurteils vom 07.07.2005. Das Landgericht hat in den Entscheidungsgründen des Teilurteils ausgeführt, dass der Klägerin für das Jahr 2002 ein Gewinnanspruch nicht zusteht, weil die Parteien sich hierauf einvernehmlich geeinigt haben (Bl. 168 d.A.). Diese Vereinbarung führt folglich - bereits - dazu, dass das Abfindungsguthaben der Klägerin um den hälftigen Gewinn, mithin um 8.809,04 € geringer ausfällt. Demgegenüber ist das Abfindungsguthaben der Beklagten um diesen Betrag erhöht.

4.

Die Abschichtungsbilanz bedarf indessen aus Rechtsgründen der Korrektur:

a)

Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Beklagte im Rahmen der Auseinandersetzung verpflichtet ist, die Privatentnahmen auszugleichen (Seite 4 der Berufungsbegründung - Bl. 292 d.A.).

Im Gesellschaftsvertrag selbst haben die Parteien ein Entnahmerecht nicht gesondert geregelt; sie haben nur im Hinblick auf Gewinn und Verlust eine Vereinbarung getroffen, nämlich eine Beteiligung zu je 50 % (Bl. 5 d.A.). Folglich gelten die gesetzlichen Regelungen des § 122 HGB.

Gemäß § 122 Abs. 1 HGB ist jeder Gesellschafter berechtigt, aus der Gesellschaftskasse Geld bis zum Betrage von 4 % seines für das letzte Jahr festgestellten Kapitalanteils zu entnehmen. Darüber hinaus darf ein Gesellschafter ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter seinen Kapitalanteil nicht vermindern (§ 122 Abs. 2 HGB).

Im Streitfall hat die Beklagte - ganz abgesehen davon, dass sie im ersten Geschäftsjahr ohnedies nichts entnehmen durfte - weit mehr entnommen, als sie selbst eingezahlt hat. Die Entnahmen der Beklagte haben dazu geführt, dass sich der Stand ihres Kapitalkontos - im ersten Geschäftsjahr - bereits auf - 25.068,91 € stellte. Die Beweislast für das Entnahmerecht trifft den Gesellschafter, der entnommen hat (Baumbach/Hopt, § 122, Rdnr. 5).

Unzulässige Entnahmen sind an die Gesellschaft zurückzuzahlen. Da es sich hier um eine zweigliedrige Gesellschaft handelt, aus der die Klägerin ausgeschieden ist, ist es nicht angezeigt, dass die Klägerin auf Zahlung an die Gesellschaft antragen muss. Vielmehr handelt es sich um die Bewertung des Abfindungsanspruchs; in diesem Zusammenhang muss die Beklagte sich so behandeln lassen, als habe sie die 25.068,91 € nicht entnommen. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Beklagte ihre Entnahmen auszugleichen hat. Das in der Abfindungsbilanz ausgewiesene verbleibende Kapital von - 20.811, 36 € (Bl. 192 d.A.) erhöht sich folglich um die entnommenen 25.089,91 € auf insgesamt 4.278,55 €.

Damit ergibt sich auf Seiten der Klägerin folgender Abfindungsanspruch:

 Kapitalkonto Klägerin 4.257,55 €
- Anteil an stillen Reserven 3.874,14 €
- Anteil am Gewinn 0,00 €
- Anteil am verbleibenden Kapital [1/2 von 4.278,55 €] 2.139,28 €
Abfindungsguthaben 10.270,97 €.

Der mit 7.934,59 € geltend gemachte Anspruch ist danach der Höhe nach gerechtfertigt.

b)

Die Klägerin begehrt Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2003 (Bl. 213/289 d.A.). Dafür, dass die Beklagte sich am 01.08.2003 in Verzug befunden habe, ist nichts vorgetragen. Deshalb kann die Klägerin gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 BGB Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nur ab Rechtshängigkeit (14.06.2004 - Bl. 26 d.A.) verlangen.

5.

Die im Berufungsrechtszug erhobene Verjährungseinrede der Beklagten (Seite 2 der Berufungserwiderung- Bl. 303 d.A.) greift nicht durch.

a)

Der Anspruch auf die gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung (730 BGB) unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist, die nach neuem Recht drei Jahre beträgt (§ 195 BGB).

b)

Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Entstanden ist ein Anspruch, sobald er klageweise geltend gemacht werden kann, wofür grundsätzlich Voraussetzung ist, dass er fällig ist (Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 199 BGB, Rdnr. 3).

Der Anspruch eines Gesellschafters auf das Auseinandersetzungsguthaben entsteht erst mit dem Ausscheiden des Gesellschafters oder der Auflösung der Gesellschaft (BGH NJW 1989, 453).

Der Anspruch wird allerdings erst fällig, wenn die Schlussrechnung von den Gesellschaftern festgestellt und dadurch über ihren Inhalt Einigkeit erzielt ist (Ulmer in: MünchKomm. BGB, 4. Aufl., § 730 BGB, Rdnr. 61). Bevor die Abfindungsbilanz noch nicht erstellt war bzw. der Beklagten zur Verfügung stand, war der Abfindungsanspruch noch nicht fällig.

Die Beklagte hat die Abfindungsbilanz mit Schriftsatz vom 27.02.2006 (Bl. 181 d.A.) vorgelegt. Der Klägerin wurde sie durch Verfügung vom 01.03.2006 (Bl. 194 d.A.) übermittelt. Die mit Schriftsatz vom 21.09.2006 erhobene Klage auf Zahlung des Abfindungsguthabens war daher noch rechtzeitig.

Der Schriftsatz der Beklagten vom 01.10.2007 gibt zu einer Wiedereröffnung keinen Anlass.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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