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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.04.2006
Aktenzeichen: 7 U 62/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 234
ZPO § 236
ZPO § 233
ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 1
ZPO § 517
ZPO § 519 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht

Beschluss

7 U 62/06

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 21.4.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B., den Richter am Oberlandesgericht H. und den Richter am Oberlandesgericht W. beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten vom 15.3.2006 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist wird zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 8.2.2006 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Gründe:

I.

Die Kläger haben die Beklagte auf Zahlung von 32.211,39 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 1.1.1998 an sich, hilfsweise an die G. KG in E., in Anspruch genommen. Durch Versäumnisurteil des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 25.5.2005 ist die Klage abgewiesen worden. Dagegen haben die Kläger Einspruch eingelegt. Mit Schriftsatz vom 11.8.2005 haben sie hilfsweise beantragt, die Beklagte zur Auskunft über die Höhe des Abfindungsguthabens gemäß § 9 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags und Zahlung des Abfindungsbetrags nebst Zinsen an die G. KG zu verurteilen. Durch Versäumnisteilurteil des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 21.9.2005 ist unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 25.5.2005 die Beklagte antragsgemäß zur Auskunftserteilung verurteilt worden. Dagegen hat die Beklagte Einspruch eingelegt.

Durch Teilurteil vom 8.2.2006 hat das Landgericht Frankfurt/Oder das Versäumnisteilurteil vom 21.9.2005 mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Auskunft zum Stichtag 30.12.2004 zu erteilen sei. Das Urteil ist der Beklagten am 13.2.2006 zugestellt worden. Am 13.3.2006 hat die Beklagte Berufung bei dem Oberlandesgericht D. eingelegt. Am 15.3.2006 hat sie beim Brandenburgischen Oberlandesgericht Berufung eingelegt und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Die durch das Oberlandesgericht D. weitergeleitete Berufungsschrift ist am 17.3.2006 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen.

II.

Der Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten ist zulässig, nachdem er insbesondere form- und fristgerecht gemäß §§ 234, 236 ZPO eingelegt worden ist. Er hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann gemäß § 233 ZPO nur dann erfolgen, wenn die Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der versäumten Frist verhindert gewesen ist. Dabei muss die Partei ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO gegen sich gelten lassen (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 233, Rn. 16), nicht aber Fehler von Angestellten und Hilfskräften des Rechtsanwalts, soweit jener einfache Verrichtungen zulässigerweise auf geschultes und zuverlässiges Büropersonal übertragen hat (Zöller/Greger, a.a.O., § 233, Rn. 23 "Angestellte" und "Büropersonal und Organisation"). Die Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der postalischen Anschrift des Gerichts bei der Versendung fristgebundener Schriftsätze ist derart übertragbar, wenn und soweit durch geeignete Maßnahmen sichergestellt ist, dass durch die Büromitarbeiter eine vollständige und zutreffende Adressierung stattfindet (BGH NJW 2000, 82; 1995, 2105, 2106; NJW-RR 1990, 1149). Hingegen hat der Rechtsanwalt selbst die Richtigkeit der Bezeichnung des Gerichts zu überprüfen, da die rechtlich korrekte Zuordnung eines fristgebundenen Schriftsatzes zum richtigen Gericht Teil seiner juristischen Fachtätigkeit ist (BGH NJW-RR 2000, 1730, 1731; 1990, 1149; NJW 1995, 2105, 2106; Zöller/Greger, a.a.O., § 233, Rn. 23 "Büropersonal und Organisation").

Nach diesen Grundsätzen ist hier eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht möglich. Denn es ist nicht ohne ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zur Versäumung der Berufungsfrist gekommen.

Die Beklagte trägt vor, bei der Anfertigung der Rechtsmittelschrift am 13.3.2006 sei durch das Büropersonal ihres Prozessbevollmächtigten das - unzuständige - Oberlandesgericht D. als Empfänger der Berufungsschrift eingesetzt worden, an welches die Berufungsschrift nach Unterzeichnung durch den Prozessbevollmächtigten dann auch übersandt worden sei. Bei diesem Sachverhalt ist ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegeben. Denn er hätte anlässlich der Unterzeichnung der Berufungsschrift das als Empfänger bezeichnete Gericht überprüfen können und müssen. Hätte er das getan, so wäre ihm aufgefallen, dass als Adressat fälschlich nicht das Brandenburgische Oberlandesgericht, sondern das Oberlandesgericht D. angeführt gewesen ist. Insoweit hat sich nämlich nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten die Fehlerhaftigkeit der Berufungsschrift nicht in einer falschen oder unvollständigen Anschrift des ansonsten richtig bezeichneten Berufungsgerichts erschöpft. Vielmehr ist bereits die Bezeichnung des Berufungsgerichts unzutreffend gewesen, sodass der eigene Pflichtenkreis des Prozessbevollmächtigten der Beklagten und nicht eine an das Büropersonal delegierbare Pflicht betroffen gewesen ist.

Der Beklagten ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch nicht vor dem Hintergrund zu gewähren, dass die durch das Oberlandesgericht D. weitergeleitete Berufungsschrift erst am 17.3.2006 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen ist. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat die Berufung am letzten Tag der Berufungsfrist um etwa 14.00 Uhr als Fax an das Oberlandesgericht D. übermittelt. Vor diesem Hintergrund liegt eine verspätete Weiterleitung der Berufung an das Brandenburgische Oberlandesgericht, die zu einer Wiedereinsetzung führen könnte, nicht vor, da im normalen Geschäftsgang die Bewirkung eines rechtzeitigen Eingangs der Berufungsschrift beim Brandenburgischen Oberlandesgericht nicht möglich gewesen ist (vgl. BGH NJW 2000, 1730, 1731; Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 519, Rn. 14).

III.

Die Berufung der Beklagten ist folglich gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Denn die einmonatige Berufungsfrist gemäß § 517 ZPO hat mit der Zustellung des Teilurteils des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 8.2.2006 an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 13.2.2006 begonnen und ist mithin am 13.3.2006 abgelaufen. Die Berufung ist hingegen erst am 15.3.2006 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen. Die von der Beklagten vorgetragene Berufungseinlegung am 13.3.2006 beim Oberlandesgericht D. reicht zur Wahrung der Berufungsfrist nicht aus, da gemäß § 519 Abs. 1 ZPO die Berufung durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt werden muss; das ist hier das Brandenburgische Oberlandesgericht.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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