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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 24.01.2007
Aktenzeichen: 7 U 68/06
Rechtsgebiete: InsO, BGB, ZPO


Vorschriften:

InsO § 17 Abs. 2
InsO § 17 Abs. 2 Satz 1
InsO § 17 Abs. 2 Satz 2
InsO §§ 129 ff.
InsO § 129 Abs. 1
InsO §§ 130 ff.
InsO § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
InsO § 130 Abs. 3
InsO § 131
InsO § 131 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 132 Abs. 1
InsO § 133 Abs. 2
InsO § 138 Abs. 2 Nr. 1
InsO § 143 Abs. 1 Satz 1
BGB § 288
BGB § 291
BGB § 536
BGB § 812
ZPO § 531
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 68/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 24.1.2007

Verkündet am 24.1.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Hein und den Richter am Oberlandesgericht Werth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 2. März 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Beklagte war bis August 2003 Geschäftsführerin der A... GmbH (im Folgenden: Schuldnerin).

Die Schuldnerin erklärte in einem Schreiben an die D... GmbH & Co. Objekte L..., E... und B... KG, die die Vermieterin ihres Betriebsgrundstücks war, dass sie aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht mehr zur Zahlung des vollen Mietzinses in der Lage sei. Die D... Beteiligungs GmbH & Co. Objekte L..., E... und B... KG antwortete mit Schreiben vom 28.1.2003 (Bl. 375 f. d. A.), auf das wegen seines Inhalts Bezug genommen wird. In einem Schreiben vom 9.7.2003 an die Zeugen D... und K..., die Betriebsratsvorsitzender und Werkleiter waren, erklärte die Schuldnerin, dass sie wegen eines die Firma V... betreffenden Sachverhalts keine Urlaubsgelder zahlen könne. In anwaltlichen Schreiben an das Finanzamt G... vom 18.7.2003 und vom 4.8.2003 wurde ausgeführt, dass die Schuldnerin aufgrund ihrer angespannten Liquiditätslage zur Zahlung von Steuernachforderungen in Höhe von 164.058,74 € für 1999 und 2000 und in Höhe von 131.170 € für 2001 nicht in der Lage sei sowie um Stundung der Forderungen bitte; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindlichen Ablichtungen der Schreiben (Bl. 242 f., 244 f. d. A.) verwiesen.

In der Zeit ab Juni bis August 2003 erhielt die Beklagte drei Zahlungen der Schuldnerin in Höhe von insgesamt 53.000 €. Am 1.9.2003 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt. Durch Beschluss des Amtsgerichts G... vom 1.10.2003 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung der an sie ausgekehrten Geldbeträge in Anspruch.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 53.000 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 12.11.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 2.3.2006 die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO begründet, weshalb Ansprüche aus § 812 BGB dahinstehen könnten. Eine kongruente Deckung sei insbesondere für die Überweisung von 18.000 € am 5.8.2003 anzunehmen, da ein Zahlungsanspruch der Beklagten aus § 5 Nr. 18 des Vertrags zwischen der A... AG und der S... GmbH T... ... Wirtschaftsdienste vom 5.8.2003 bestanden habe. Die Schuldnerin sei in den Zeitpunkten der Zahlungen, die in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt seien, zahlungsunfähig gewesen. Sie habe nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO die Zahlungen eingestellt, indem sie die die im Juni 2003 fälligen Ansprüche der Arbeitnehmer auf Urlaubsgeld in Höhe von 80.000 € nicht bedient habe. Eine Stundung sei nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden, da schon eine Einigung mit den Arbeitnehmern über eine Stundung nicht dargetan sei; der Vortrag der Beklagten, durch die Nichtzahlung habe Druck auf die Arbeitnehmer ausgeübt werden sollen, sei nicht nachvollziehbar, da der Druck sich in der bloßen Nichtzahlung erschöpft habe. Zudem habe die Schuldnerin die Miete für das Betriebsgrundstück über Monate hinweg nicht gezahlt. Ihr Vorbringen zu Mängeln der Mietsache lasse die völlige Einstellung der Zahlungen ab Mai 2003 nicht nachvollziehen. Mängel, die eine Minderung auf Null hätten rechtfertigen können, seien nicht dargetan. Auch ein Zurückbehaltungsrecht sei nicht geltend gemacht worden; der Vortrag, die Schuldnerin sei über die Vermieterin verärgert gewesen sei, da jene Verhandlungen über eine Reduzierung des Mietzinses nicht aufgenommen habe, überzeuge nicht. Das Unterbleiben der Bedienung der für sie existenziell wichtigen Forderungen indiziere die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin. Ebenso seien Forderungen der Berufsgenossenschaft in Höhe von 30.000 €, der Firma C... A... in Höhe von 44.720,31 € und des Finanzamtes G... in Höhe von mehr als 150.000 € nicht ausgeglichen worden.

Gegen dieses Urteil, das ihr am 6.3.2006 zugestellt worden ist, hat die Beklagte am 31.3.2006 Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 8.5.2006, begründet.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 2.3.2006 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klage ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 53.000 € aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO zu.

1.

Die Zahlungen der Schuldnerin sind Rechtshandlungen gemäß §§ 129 ff. InsO. Der Begriff der Rechtshandlung ist weit auszulegen und erfasst jedes rechtlich erhebliche Handeln, das heißt jede Willensbetätigung, die eine rechtliche Wirkung auslöst (BGH NJW 2004, 1660 f.; NJW-RR 2004, 983; HeidelbKomm./Kreft, InsO, 4. Aufl., § 129, Rn. 10; MünchKomm./ Kirchhof, InsO, § 129, Rn. 7). Er erfasst folglich insbesondere Zahlungen des Schuldners (vgl. BGH NJW-RR 2004, 983; 2003, 837, 841).

2.

Die Zahlungen führen zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung nach § 129 Abs. 1 InsO, die für alle Anfechtungstatbestände der §§ 130 ff. InsO vorliegen muss (BGH NJW 2003, 3347, 3348; 2002, 2568; 1999, 2969, 2970; HeidelbKomm./Kreft, a.a.O., § 129, Rn. 36). Denn sie führen dazu, dass die gezahlten Geldbeträge aus dem Vermögen der Schuldnerin abgeflossen sind und der Masse zur Befriedigung der Gläubiger nicht zur Verfügung stehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Verminderung des jenen haftenden Vermögens unmittelbar oder lediglich mittelbar herbeigeführt worden ist; denn eine auch nur mittelbare Gläubigerbenachteiligung reicht - außerhalb der Geltungsbereiche der §§ 132 Abs. 1, 133 Abs. 2 InsO, die hier nicht einschlägig sind - für die Insolvenzfechtung aus (BGHZ 143, 246, 253 f.; 123, 320, 322; NJW 1996, 3147, 3149; HeidelbKomm./Kreft, a.a.O., § 129, Rn. 39; Münch-Komm./Kirchhof, a.a.O., § 129, Rn. 121).

3.

Die Zahlungen sind nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar. Dabei kann dahinstehen, ob sie - wie vom Landgericht angenommen - zu kongruenten Deckungen geführt haben. Ist das der Fall, so unterliegen sie der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO. Anderenfalls sind sie - demgegenüber erleichtert - nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar.

a)

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Zahlungen sämtlich in der kritischen Zeit der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der unstreitig am 1.9.2003 erfolgt ist, stattgefunden haben.

b)

Dem Landgericht ist auch darin zu folgen, dass zu den Zeitpunkten der Zahlungen die Schuldnerin zahlungsunfähig gewesen ist.

Zahlungsunfähigkeit liegt nach § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn der Schuldner zur Erfüllung der fälligen Zahlungspflichten nicht in der Lage ist. Das wird nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO vermutet, wenn er seine Zahlungen eingestellt hat. Das wiederum ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Schuldner selbst erklärt, nicht zahlen zu können (HeidelbKomm./ Kirchhof, a.a.O., § 17, Rn. 30; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., §, 17 Rn. 12; Jaeger/Müller, InsO, § 17, Rn. 31).

So liegt der Fall hier. Das ist aus dem Schreiben der D... GmbH & Co. Objekte L..., E... und B... KG vom 28.1.2003 (Bl. 375 f. d.A.) zu ersehen, das in erster Instanz als Anlage zu dem nachgelassenen Schriftsatz vom 6.2.2006 (Bl. 330 ff. d.A.) vorgelegt worden ist. Der Inhalt und die Übersendung des Schreibens stehen nicht im Streit, sodass es für seine Berücksichtigung nicht darauf ankommt, ob die Vorlage im Rahmen des in der mündlichen Verhandlung gewährten Schriftsatznachlasses (Bl. 306 d.A.) geschehen ist; sollte das nicht der Fall sein, wäre das Vorbringen nach § 531 ZPO zu behandeln (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 296 a, Rn. 3) und als unstreitiger Vortrag zuzulassen (vgl. BGH NJW 2005, 291, 292 f.; NJW-RR 2005, 437; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 531, Rn. 1).

In dem Schreiben vom 28.1.2003 ist ausdrücklich ausgeführt, dass zuvor die Schuldnerin erklärt habe, sie sei aufgrund ihrer finanziellen Situation zur Zahlung des vollen Mietzinses nicht mehr in der Lage. Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Darstellung lassen sich dem Sachvortrag der Parteien und den von ihnen vorgelegten Urkunden nicht entnehmen; insbesondere stellt die Beklagte die Richtigkeit der Ausführungen nicht in Abrede. Demzufolge ist davon auszugehen, dass die Schuldnerin bereits vor dem 28.1.2003 der Vermieterin des Betriebsgrundstücks mitgeteilt hat, die Miete nicht zahlen zu können, was ohne weiteres und für alle drei streitgegenständlichen Zahlungen ihre - der Schuldnerin - Zahlungseinstellung und Zahlungsunfähigkeit nach § 17 Abs. 2 InsO erkennen lässt. Das Landgericht hat dazu zu Recht hervorgehoben, dass die Miete eine Schuld von existenzieller Wichtigkeit für die Schuldnerin dargestellt hat. Zudem geht ihre wirtschaftliche Krise und Zahlungsunfähigkeit auch aus der von den Parteien vorgelegten Korrespondenz in der Folgezeit hervor. So führt die Schuldnerin in ihrem Schreiben vom 30.6.2003 (Bl. 49 d.A.) aus, dass sie die dort angesprochenen Zahlungen der Firma V... dringend benötige; in dem Schreiben vom 7.7.2003 (Bl. 50 d.A.) ist die Rede davon, dass sie einen Vergleich benötige, um allen Forderungen nachzukommen, weshalb die beauftragten Rechtsanwälte, an die beide Schreiben gerichtet sind, um die Wahrnehmung dieses Falls als den im Moment wichtigsten gebeten würden. Die fehlende Liquidität der Schuldnerin kommt weiter und besonders deutlich zum Ausdruck in dem Schreiben vom 9.7.2003 an die Zeugen D... und K..., in dem niedergelegt ist, dass Urlaubsgelder nicht gezahlt werden können. Dasselbe gilt für die Schreiben an das Finanzamt G... vom 18.7.2003 (Bl. 242 f. d.A.) und vom 4.8.2003 (Bl. 244 f. d.A.), in denen für die Schuldnerin ausgeführt wird, dass sie aufgrund ihrer angespannten Liquiditätslage die gegen sie erhobenen Forderungen nicht begleichen könne. Die in den Schreiben enthaltene Bitte um eine Stundung der Forderungen beeinträchtigt ihren Erklärungswert nicht; denn sie ändert nichts daran, dass in der Erklärung des Schuldners, nicht zahlen zu können, seine Zahlungseinstellung zum Ausdruck kommt (vgl. HeidelbKomm./Kirchhof a.a.O.; Jaeger/Müller a.a.O.).

Die Beklagte hat die daraus folgende Vermutung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht zu widerlegen vermocht.

Ihr Vortrag zu Mängeln der Mietsache ist nicht hinreichend substantiiert. Denn es ist nicht dargetan, welche konkreten Mängel zu welchen Zeitpunkten bestanden haben und in welchem Umfang sowie auf welche Art und Weise sie den Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt haben. Die Beklagte trägt lediglich pauschal vor (Bl. 140 f., 287, 311, 532 d.A.), es sei wiederholt zu Wassereintritten durch das Dach und zu Nässeausbildungen im Kellerbereich gekommen, die über Monate hinweg nicht beseitigt worden seien und zu Gefährdungen der Produktion geführt hätten. Wann im Einzelnen solche Ereignisse stattgefunden und in welcher Weise und zu welcher Zeit sie zu Beeinträchtigungen geführt haben mögen, kann anhand dieser Ausführungen nicht nachvollzogen werden, sodass der Vortrag insgesamt nicht einlassungsfähig ist und eine Prüfung des Umfangs der Minderung nach § 536 BGB nicht ermöglicht. Weitere

Einzelheiten lassen sich auch nicht dem von der Beklagten vorgelegten Anlagenkonvolut B 3 (Bl. 151 - 159 d.A.) entnehmen. Auch die dort vorgelegten Schreiben enthalten keine nachvollziehbaren und einlassungsfähigen Konkretisierungen der gerügten Mängel; sie lassen nicht einmal erkennen, dass die Schuldnerin seinerzeit überhaupt Minderungs- oder Zurückbehaltungsrechte geltend gemacht hat. Nachdem der Kläger das Vorhandensein eine Mietzinsminderung rechtfertigender Mängel bereits in erster Instanz ausdrücklich bestritten hat (Bl. 219 d.A.), kann auf eine eingehende und substantiierte Schilderung nicht verzichtet werden. Auf deren Fehlen ist die Beklagte sowohl in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils als auch in der mündlichen Verhandlung am 13.12.2006 durch den Senat hingewiesen worden. Eine rechtserhebliche Ergänzung ihres Vorbringens hat nicht stattgefunden; der Hinweis auf eine Mietbürgschaft in Höhe von rund 115.000 € im Schriftsatz der Beklagten vom 3.11.2006 (Bl. 619 d.A.) ist unbehelflich.

Die Beklagte kann sich ebenso nicht darauf berufen, dass die Schuldnerin die Miete aus Verärgerung darüber einbehalten habe, dass die Vermieterin nicht in Verhandlungen über die Reduzierung des Mietzinses eingetreten sei. Ihre Behauptung über eine entsprechende Zusage der Vermieterin im Mai 2005 (Bl. 141 d.A.) ist bestritten (Bl. 219 d.A.) und nicht unter Beweis gestellt worden. Im Übrigen lässt sich auch dazu weder dem schriftsätzlichen Vortrag der Parteien noch den vorgelegten Anlagen, insbesondere dem Anlagenkonvolut B 3 (Bl. 151 ff. d.A.), die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts durch die Schuldnerin entnehmen.

Auch für das Unterbleiben der Zahlung der Urlaubsgelder an die Arbeitnehmer ist nicht, jedenfalls nicht hinreichend substantiiert, dargetan, dass diese auf einer bloßen Zahlungsunwilligkeit der Schuldnerin beruht hat. Die Beklagte hat dazu vorgetragen (Bl. 140 d.A.), es habe entweder eine Einigung darüber mit dem Betriebsrat vorgelegen oder ein Druck auf die Arbeitnehmerschaft ausgeübt werden sollen. Das lässt bereits im Dunkeln, welcher Sachverhalt überhaupt vorgelegen haben mag. Ungeachtet dessen hat das Landgericht im angefochtenen Urteil zu Recht ausgeführt, dass es nicht nachvollzogen werden kann, in welcher Weise durch die bloße Nichtzahlung der fälligen Urlaubsgelder auf ein Einvernehmen über einen Zahlungsaufschub hingewirkt werden sollte. Ungeachtet dessen ist für ein Zustandekommen einer solchen Einigung nichts ersichtlich.

Die Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber dem Finanzamt G... stellt die Beklagte nicht in Abrede. Sie trägt dazu lediglich vor (Bl. 142, 286, 533 d.A.), es sei beabsichtigt gewesen, nach einer Stundung der Forderungen Erstattungszahlungen des Bundesamts für Finanzen unmittelbar an das Finanzamt auszahlen zu lassen mit der Folge, dass offene Forderungen nicht mehr bestünden. Dieses Vorbringen lässt nicht erkennen, dass die Schuldnerin zur Aufbringung der vom Finanzamt beanspruchten Beträge in Höhe von 39.492,18 € und 124.566,55 € (Bl. 20 d.A.) in der Lage gewesen ist. Das gilt auch für den Vortrag in der Berufung (Bl. 533 d.A.), dass die Schuldnerin noch am 5.8.2003 über ein Bankguthaben in Höhe von rund 75.000 € und einen Kontokorrentkredit in Höhe von 150.000 € habe verfügen können. Diese Geldmittel hätten nach § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ihre Zahlungsfähigkeit allenfalls dann wiederherstellen können, wenn sie zur Begleichung aller zu dieser Zeit fälligen Verbindlichkeiten ausgereicht hätten. Das lässt sich dem Vorbringen der Beklagten jedoch nicht entnehmen. Es ist nämlich schon nicht dargetan, in welchem Umfang fällige Ansprüche anderer Gläubiger bestanden haben und dass diese ebenfalls hätten befriedigt werden können; erst recht nicht ist ein umfassender Liquiditätsstatus (vgl. HeidelbKomm./Kirchhof, a.a.O., § 17, Rn. 14) der Schuldnerin vorgetragen worden, aus dem sich ihre Zahlungsfähigkeit ersehen lassen könnte.

Entsprechendes gilt, soweit die Beklagte zur Darstellung der Liquidität der Schuldnerin auf deren Gewinn und Vermögen zum 31.12.2002, eine Zahlung der Firma E... im Juli 2003 sowie auf weitere Geldeingänge im Juni, Juli, August und September 2003 abhebt (Bl. 139, 309 f., 472, 530 f., 618 d.A.). Auch hier fehlt es für alle genannten Zeitpunkte an der geschlossenen Darstellung der fälligen Verbindlichkeiten, sodass nicht erkannt werden kann, ob die vorhandenen Geldmittel der Schuldnerin zu deren Begleichung ausgereicht haben. Die Bezugnahme der Beklagten (Bl. 530 d.A.) auf das vom Kläger vorgelegte Gutachten des Insolvenzverwalters vom 29.9.2003 (Bl. 32 ff. d.A.) und die dort ausgewiesenen Geldeingänge der Schuldnerin vermag ihrer Rechtsverteidigung ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen, da sich dem Gutachten, das die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Schuldnerin feststellt, nicht entnehmen lässt, dass die Insolvenzreife erst zu einem Zeitpunkt nach einer oder mehrerer der streitgegenständlichen Zahlungen eingetreten sei; auch im Gutachten sind auf Seite 5 (Bl. 36 d.A.) lediglich die von der Beklagten angeführten Geldeingänge genannt, ohne dass dem dort oder an anderer Stelle des Gutachtens die zu den jeweiligen Zeitpunkten fälligen Verbindlichkeiten gegenübergestellt werden. Zudem hat nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers (Bl. 18 d.A.) am 3.6.2003 und damit zu einem Zeitpunkt unmittelbar vor der ersten Zahlung an die Beklagte ein Mietzinsrückstand der Schuldnerin in Höhe von insgesamt 358.350,78 € bestanden, sodass allein aus der Darstellung ihrer Einnahmen und ihres Vermögens nicht auf ihre Zahlungsfähigkeit geschlossen werden kann.

Zuletzt kann es der Beklagten auch nicht zugute kommen, dass die Erklärung der Schuldnerin über ihre Zahlungsunfähigkeit der Vermieterin gegenüber bereits - mindestens - rund fünf Monate vor der ersten streitbefangenen Zahlung stattgefunden hat. Denn eine einmal nach außen hin in Erscheinung getretene Zahlungseinstellung wirkt fort, bis sie durch eine Aufnahme der Zahlungen im Allgemeinen beseitigt worden ist (BGH NJW 2002, 515, 517 f.; 512, 514). Letzteres kann für die Schuldnerin nicht angenommen werden, nachdem sie - wie ausgeführt - Verbindlichkeiten in nicht unerheblicher Höhe nicht bedient hat.

c)

Die nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO zusätzlich erforderliche Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hat ebenfalls vorgelegen. Sie ist für die Beklagte nach §§ 130 Abs. 3, 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO - ebenfalls - zu vermuten. Denn die Beklagte ist zu den Zeitpunkten der streitgegenständlichen Zahlungen im Juni, Juli und August 2003 Geschäftsführerin der Schuldnerin gewesen. Das ist unstreitig. Die Beklagte trägt selbst vor (Bl. 134 d.A.), dass sie erst im Rahmen des Vertragsschlusses mit der S... GmbH T... Wirtschaftsdienste am 5.8.2003, also am Tag der dritten Zahlung, als Geschäftsführerin der Schuldnerin abberufen worden sei. Ihr weiterer Vortrag (Bl. 285 d.A.), dass die Überweisung vom 5.8.2003 auf Veranlassung der neuen Geschäftsführung oder der S... GmbH T... Wirtschaftsdienste vorgenommen worden sei, steht der Vermutung ihrer Kenntnis nicht entgegen; hat sie nämlich bis zu ihrer Abberufung am 5.8.2003 von der Zahlungsunfähigkeit gewusst, so hat sie diese Kenntnis auch zu den späteren Stunden des Tages und damit bei der von ihr behaupteten Veranlassung der Zahlung besessen. Andere Umstände, aus denen sich eine fehlende Kenntnis der Beklagten ersehen lassen könnte, sind nicht dargetan.

4.

Die Zinsansprüche des Klägers bestehen aus §§ 291, 288 BGB.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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