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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 25.10.2001
Aktenzeichen: 8 W 282/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 323 Abs. 3
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

8 W 282/01

In der Zwangsvollstreckungssache

hat der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Beilich, des Richters am Oberlandesgericht Fischer und des Richters am Landgericht Dr. Fiedler

am 25. Oktober 2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers vom 10. September 2001 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 31. Juli 2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Gläubiger zu tragen.

Gründe:

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 793 Abs. 2, 568 Abs. 2 ZPO). Insbesondere enthält die Entscheidung des Landgerichts gegenüber der Entscheidung des Amtsgerichts einen neuen, selbständigen Beschwerdegrund (§ 568 Abs. 2 S. 2 ZPO), da die Entscheidung des Landgerichts und die des Amtsgerichts inhaltlich nicht übereinstimmen. So erklärt das Landgericht die Vollstreckung in Ermangelung des Rechtsschutzbedürfnisses für unzulässig. Nach Auffassung des Amtsgerichts war dagegen die Vollstreckung auf Grund von Zahlungen des Schuldners und der Neuberechnung der Unterhaltsverpflichtung in der vom Gläubiger geltend gemachten Höhe unbegründet.

2. Die Beschwerde bleibt in der Sache jedoch erfolglos. Wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt, fehlt dem Gläubiger das Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm betriebene Zwangsvollstreckung.

Es ist zunächst zutreffend, dass der Gläubiger auf Grund der Urkunde des Jugendamtes F vom 7. März 1996 - in Verbindung mit der Urkunde über die Abänderung des Unterhaltstitels vom 5. Februar 1998 - einen vollstreckbaren Titel gegenüber dem Schuldner innehat, aus dem er grundsätzlich die Zwangsvollstreckung betreiben könnte. Die Mitteilung des Jugendamtes F vom 27. September 1999 ist nicht geeignet, die Wirksamkeit dieses Titels anzugreifen. Hierfür müsste der Schuldner die Abänderung der Urkunde des Jugendamtes anstreben, was er bisher nicht getan hat.

In der Gesamtwürdigung der besonderen Konstellation des vorliegenden Falles fehlt dem Gläubiger jedoch das Rechtsschutzbedürfnis dafür, den ihm zur Verfügung stehenden Titel mit der Zwangsvollstreckung auszunutzen. Der Unterhaltstitel des Jugendamtes F aus dem Jahr 1998 beruht nicht mehr auf zutreffenden Tatsachen, seit der Gläubiger ab dem 1. September 1999 eigenes Einkommen erzielt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Beschwerdeführer greift die Neuberechnung der Unterhaltsverpflichtung durch das Jugendamt vom 27. September 1999 in seiner weiteren Beschwerde auch gar nicht an, sondern verweist allein auf die für ihn vorteilhafte formelle Position. Der Gläubiger darf jedoch im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht staatliche Zwangsmaßnahmen wissentlich und willentlich dafür einsetzen, um ein materiell unrichtiges Ergebnis zu erreichen. Dabei ist zu beachten, dass ein auf einer Urkunde des Jugendamtes beruhender Unterhaltstitel auch rückwirkend für die Vergangenheit abgeändert werden kann. Die für die Wirkung von Abänderungsklagen gegen Urteile geltende zeitliche Schranke des § 323 Abs. 3 ZPO findet auf derartige Urkunden keine Anwendung (Zöller, ZPO, 22. Aufl. 2001, § 323 Rdnr. 47 m.w.N.), da diese nicht einer einem Urteil vergleichbaren Rechtskraft unterliegen. Sofern der Schuldner folglich eine Abänderung der Jugendamtsurkunde beantragt - was ihm zur Klärung seiner Unterhaltsverpflichtung dringend anzuraten ist -, würde der Titel des Gläubigers zumindest zum größten Teil auch rückwirkend in Wegfall kommen. Damit wird für den vorliegenden Fall deutlich, dass die dem Gläubiger zustehende formelle Position nicht geeignet ist, ihm materiell auf Dauer den zu vollstreckenden Betrag zuzuordnen.

Dem kann im Ergebnis auch nicht entgegengehalten werden, dass der Beschwerdeführer von der Neuberechnung des Jugendamtes erst im Rahmen des Erinnerungsverfahrens im April 2001 erfahren hat. Zunächst müsste der Beschwerdeführer mit Beginn seiner Ausbildung und der damit verbundenen Änderung seiner Einkommensverhältnisse ohnehin davon ausgehen, dass sich die Verpflichtung des Schuldners zur Unterhaltszahlung verringert haben wird. Er durfte daher nicht darauf vertrauen, dass die sich aus der Jugendamtsurkunde ergebende Zahlungsverpflichtung ihm auch materiell zusteht. Darüber hinaus ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Beschwerdeerfolges der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung und nicht der Zeitpunkt der Stellung des Vollstreckungsantrages. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt steht jedoch fest, dass die Zwangsvollstreckung aus der Jugendamtsurkunde zu einem materiell unrichtigen Ergebnis führen würde.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: 6.196,18 DM.

Ende der Entscheidung

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