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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 06.09.2001
Aktenzeichen: 8 Wx 10/01
Rechtsgebiete: VermG, KVerf, FGG, BGB


Vorschriften:

VermG § 3 Abs. 1
VermG § 34
VermG § 3 Abs. 3
KVerf § 49 Abs. 3
FGG § 6
FGG § 13 a Abs. 1
BGB § 894
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

8 Wx 10/01

In der Grundbuchsache

hat der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Beilich sowie der Richter am Oberlandesgericht Fischer und Hänisch

am 6. September 2001

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 7. September 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ihre Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wird.

Der Beteiligten zu 1. fallen die Kosten des Verfahrens über die weitere Beschwerde zur Last.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1. verließ im Jahre 1958 die DDR. Ihr im Jahre 1961 ererbtes Vermögen - u. a. auch das in P gelegene Grundstück Flur Flurstück mit einer Größe von 15 198 m² - wurde gemäß der AO Nr. 2 vom 20 08.1958 unter staatliche Treuhandverwaltung gestellt. Am 10.03.1969 wurde der Grundbesitz durch den VEB Kommunale Wohnungsverwaltung P an den Rat der Stadt P verkauft. Der Übergang in Volkseigentum wurde am 12.03.1969 im Grundbuch eingetragen. In den Jahren 1978 und 1990 wurde das Flurstück geteilt; u. a. ging daraus das hier verfahrensgegenständliche Flurstück mit einer Größe von 8 812 m² hervor.

Durch notariellen Grundstückskaufvertrag vom 05.11.1990 (UR-Nr. der Notarin W) veräußerte der Magistrat der Stadt P dem Beteiligten zu 2. das Flurstück zum Preis von 5,00 DM/m², nämlich zum Kaufpreis von 44.060,00 DM.

Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 02.03.2000 (Bl. 32 ff. d A.) regte die Beteiligte zu 1. die Eintragung eines Amtswiderspruchs zugunsten der Landeshauptstadt P an. Sie bezog sich u. a. auf den Widerspruchsbescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen, durch den ihre Berechtigung gemäß § 3 Abs. 1 VermG dem Grunde nach festgestellt worden sei; das Grundbuch sei unrichtig, weil die Veräußerung des Grundstücks durch die Stadt F am 05.11.1990 der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde gemäß § 49 Abs. 3 lit. b) der Kommunalverfassung der DDR bedurft hätte. Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes hat diesen Antrag durch Beschluss vom 09.03.2000 unter Hinweis auf den Runderlass III Nr. 96 des Ministeriums des Innern vom 23.12.1992 zurückgewiesen, der die Veräußerung volkseigener Grundstücke, die nicht in kommunales Eigentum überführt wurden, für nicht nach § 49 Abs. 3 KVerf genehmigungspflichtig erklärte. Die Beteiligte zu 1. hat hiergegen Beschwerde eingelegt, die das Landgericht durch Beschluss vom 07.09.2000 zurückgewiesen hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne offenbleiben, ob für die Wirksamkeit des Kaufvertrages die Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforderlich gewesen sei; die Beteiligte zu 1. sei jedenfalls, gem. § 6 FGG materiell ändern Grundbuchverfahren nicht beteiligt" (Bl. 82 d.A.); ihr Rückübertragungsanspruch sei durch den Bescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 21.02.2000 rechtswirksam zurückgewiesen worden; die Beteiligte zu 1. habe nicht dargelegt, dagegen Klage beim Verwaltungsgericht erhoben zu haben. Die Beteiligte zu 1. hat weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, namentlich in der rechten Form eingelegt (§§ 78, 80 GBO).

Die Beschwerde ist aber unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung letzthin nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 78 GBO). Das Landgericht hat die Erstbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Die Erstbeschwerde war indessen bereits unzulässig, weil der Beteiligten zu 1. die Beschwerdeberechtigung fehlt.

1. Was das Landgericht unter "materieller Beteiligung" im Sinne von § 6 FGG verstanden hat, erschließt sich aus den Gründen so nicht, aber durch einen Blick in die Kommentierung von Keidel/Kunze/Winkler, FGG, 14. Aufl., § 6, Rdnr. 18: "Beteiligter im materiellen Sinn ist jede Person, deren Rechte und Pflichten durch die Regelung der Angelegenheit, also durch die zu erwartende oder bereits erlassene gerichtliche Entscheidung, unmittelbar betroffen werden oder betroffen werden können, ohne Rücksicht darauf, ob sie im Verfahren aufgetreten ist ..."

Der Sache nach hat das Landgericht gemeint, die Beteiligte zu 1. sei deshalb "materiell an dem Grundbuchverfahren nicht beteiligt", weil ihre Rechtsstellung durch die vorgenommene Eintragung nicht - mehr - beeinträchtigt werde, nachdem ihr Rückübertragungsanspruch rechtswirksam zurückgewiesen worden sei.

a) Nach allgemeiner Ansicht ist die im Rahmen der Zulässigkeit der Beschwerde (§ 71 GBO) zu beachtende Beschwerdebefugnis unterschiedlich zu beurteilen, und zwar je nach Fallgestaltung (Demharter, GBO, 22. Aufl., § 71, Rdnrn. 60 ff.). Dabei ist unter Beschwerdeberechtigung die durch die - angegriffene - Entscheidung des Grundbuchamtes ausgehende (und auch tatsächlich vorliegende) Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Beschwerdeführers zu verstehen (Demharter, § 71, Rdnr. 58). Hinsichtlich der Beschwerdeberechtigung bei Eintragungen sind die Besonderheiten zu beachten, die für das Verlangen gelten, gegen die Eintragung einen Amtswiderspruch einzutragen. Hierzu ist nur beschwerdeberechtigt, wer, falls die Eintragung unrichtig wäre, nach § 894 BGB einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs hätte, zu dessen Gunsten also der Widerspruch gebucht werden müsste (Demharter, § 71, Rdnrn. 68, 69; Meikel/Streck, GBO. 8. Aufl., § 71, Rdnr. 125).

b) Bedenken gegen die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 1. ergeben sich bereits aus der Fassung ihres an das Grundbuchamt gerichteten Begehrens. Die Beteiligte zu 1. hat angeregt, bzw. beantragt, einen Amtswiderspruch zugunsten der Landeshauptstadt P eintragen zu lassen. Die Beteiligte zu 1. will also nicht zu ihren Gunsten die Eintragung eines Amtswiderspruchs erreichen. Schon daraus könnte sich ergeben, dass ihr die Beschwerdeberechtigung fehlt. Ein Beschwerderecht wird nämlich nicht - schon - dadurch begründet, dass jemand beim Grundbuchamt eine Eintragung anregt und dieser Anregung nicht gefolgt wird (Demharter, § 71, Rdnr. 59).

Die Grundbuchführerin hat die Anregung der Beteiligten zu 1. denn auch als Antrag gewertet und diesen zurückgewiesen.

c) Zu verneinen ist die Frage, ob derjenige, der einen Rückübertragungsanspruch nach dem Vermögensgesetz verfolgt, auch beschwerdeberechtigt ist gegenüber einer Entscheidung des Grundbuchamtes, durch die sein Verlangen, gegen eine Eintragung einen Amtswiderspruch einzutragen, zurückgewiesen worden ist. Ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) steht demjenigen, der einen Rückübertragungsanspruch geltend macht, nicht zu. Der Anspruch auf Restitution (§ 3 Abs. 1 VermG) ist ein öffentlich-rechtlicher Anspruch, der im Verhältnis zu dem Verfügungsberechtigten gemäß § 3 Abs. 3 VermG - lediglich - eine schuldrechtliche Unterlassungsverpflichtung begründet (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 4224). Erst nach Abschluss des Restitutionsverfahrens und unter den Voraussetzungen des § 34 VermG kann zugunsten des Anmeldenden ein Eigentumsübergang stattfinden, der - dann - dazu führt, dass die Verwaltungsbehörde das Grundbuchamt ersucht, die erforderlichen Berichtigungen vorzunehmen (§ 34 Abs. 2 Satz 1 VermG).

Das Restitutionsverfahren begründet zugunsten des Anspruchstellers keine rechtliche Position, gegenüber dem Grundbuchamt die Eintragung eines Amtswiderspruch durchzusetzen. Der Restitutionsberechtigte ist durch die Unterlassungsverpflichtung nach § 3 Abs. 3 VermG geschützt; dadurch kann zwar ein gutgläubiger Rechtserwerb eines Dritten nicht verhindert werden, aber das Recht, einen Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eintragen zu lassen (§ 899 BGB) und dadurch einen Gutglaubenserwerb zu verhindern, steht nur demjenigen zu, der die Berichtigung des Grundbuches nach § 894 BGB verlangen kann.

2. Fehlte der Beteiligten zu 1. die Beschwerdeberechtigung, dann hätte die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen werden müssen. Die weitere Beschwerde ist unbegründet, weil das Landgericht - im Ergebnis - die Erstbeschwerde zu Recht zurückgewiesen hat.

3. Nach allem kann es dahingestellt sein, ob der Grundstückskaufvertrag vom 05.11.1990 der kommunalaufsichtsbehördlichen Genehmigung bedurfte (§ 49 Abs. 3 KVerf).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 FGG.

Beschwerdewert: 8.812,00 DM.

Ende der Entscheidung

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