Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 05.08.2002
Aktenzeichen: 8 Wx 20/02
Rechtsgebiete: FGG, FEVG, AuslG, ZPO, AsylVfG, BGB, StrVollzG


Vorschriften:

FGG § 27
FGG § 28 Abs. 2
FGG § 29
AuslG § 53
AuslG § 57 Abs. 2
AuslG § 103 Abs. 2
FEVG § 3 Satz 2
FEVG § 10 Abs. 2
FEVG § 14
FEVG § 15
FEVG § 16
ZPO § 546 n. F.
AsylVfG § 14
AsylVfG § 14 Abs. 1 Satz 1
AsylVfG § 14 Abs. 1 Satz 3
AsylVfG § 14 Abs. 4 Satz 3
AsylVfG § 55 Abs. 1
BGB § 187 Abs. 2
BGB § 188 Abs. 2
StrVollzG § 16
StrVollzG § 37
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

8 Wx 20/02

In dem Freiheitsentziehungsverfahren

hat der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Beilich, des Richters am Oberlandesgericht Hänisch und des Richters am Landgericht Engels

am 5. August 2002

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 17. April 2002 wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die Freiheitsentziehung des Betroffenen in der Zeit vom 18. März 2002 bis zum 3. Mai 2002 rechtswidrig war.

Der weitergehende Feststellungsantrag wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Betroffenen fallen der Antragsgegnerin zur Last.

Gründe:

I.

Der Betroffene wurde am 04.02.2002 beim versuchten Grenzübertritt von Deutschland nach Polen von den polnischen Behörden aufgegriffen und an den Bundesgrenzschutz rücküberstellt. Auf dessen Antrag ordnete das Amtsgericht am 05.02.2002 die Sicherungshaft zum Zwecke der Zurückschiebung bis zum 08.02.2002 an.

Weil die beabsichtigte Zurückschiebung des Betroffenen, der nicht über gültige Reisepapiere verfügte, in die Niederlande scheiterte, ordnete das Amtsgericht auf Antrag der Ausländerbehörde der Stadt Frankfurt/Oder am 06.02.2002 die Sicherungshaft für die Dauer von drei Monaten an.

Unter dem 11.02.2002 stellte der Betroffene einen Asylantrag, der ausweislich des Eingangsstempels am 18.02.2002 beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (im Folgenden nur: Bundesamt) einging. Durch Bescheid vom 15.03.2002 lehnte das Bundesamt den Antrag "als offensichtlich unbegründet" ab und drohte die Abschiebung des Betroffenen in sein Heimatland Sierra Leone an. Der Bescheid wurde dem Betroffenen am 20.03.2002 in der Hafteinrichtung zugestellt.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11.04.2002 hat der Betroffene beantragt, die Haftanordnung vom 06.02.2002 aufzuheben. Zur Begründung hat er ausgeführt, er habe seinen Asylantrag am 11.02,2002 einem Beamten der Hafteinrichtung übergeben. Die Haft habe kraft Gesetzes vier Wochen nach Eingang seines Asylantrages beim Bundesamt geendet, weil ihm bis zu diesem Zeitpunkt die Entscheidung des Bundesamtes noch nicht zugestellt gewesen sei. Außerdem sei der Haftgrund der Anordnung vom 06.02.2002 entfallen, weil nicht mehr die Zurückschiebung in die Niederlande, sondern die Abschiebung nach Sierra Leone angedroht worden sei.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, weil der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt sei. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht durch Beschluss vom 17.04.2002 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Abschiebehaft ende gerade nicht, wenn der Asylantrag als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Dies gelte auch dann, wenn die innerhalb der Frist von vier Wochen getroffene Entscheidung nicht mehr innerhalb der Frist zugestellt werden konnte.

Gegen diese Entscheidung hat der Betroffene am 22.04.2002 weitere Beschwerde eingelegt.

Am 03.05.2002 ist der Betroffene aus der Abschiebehaft entlassen worden.

Daraufhin hat der Betroffene "den Rechtsstreit für erledigt erklärt". Er beantragt nunmehr festzustellen, dass die Abschiebehaft vom 11.03.2002 bis zum 03.05.2002 rechtswidrig war.

II.

Die weitere sofortige Beschwerde des Betroffenen ist zulässig, §§ 27, 29 FGG, 103 Abs. 2 AuslG, 3 Satz 2 FEVG, namentlich in der rechten Form und fristgerecht eingelegt. Sie bleibt auch weiterhin mit dem jetzt noch verfolgten Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft zulässig, obwohl sich der ursprüngliche Verfahrensgegenstand durch Entlassung des Betroffenen aus der Haft erledigt hat.

1.

Entgegen früherer Auffassung der Rechtsprechung der Fachgerichte, auch des Bundesgerichtshofes (BGHZ 139, 254), dürfen nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.12.2001 - 2 BvR 527/99 - (InfAuslR 2002, 132 = FGPrax 2002, 137 = DVB1 2002, 688) Beschwerden gegen die Haftanordnung nach § 57 Abs. 2 AuslG nicht (mehr) mit der Begründung als unzulässig verworfen werden, die Haftanordnung habe sich durch den Vollzug der Abschiebung, Entlassung aus der Abschiebehaft oder Ablauf der Haftdauer erledigt. Vielmehr besteht wegen des Gewichts der Eingriffe in das Grundrecht der Freiheit der Person, das den Inhaftierungen unter Berücksichtigung der mit ihnen verbundenen diskriminierenden Wirkung inne wohnt, weiterhin ein Rechtsschutzinteresse dahin, dass die Rechtswidrigkeit der Haft festgestellt werde.

2.

Diese Rechtsgrundsätze sind sinngemäß auch auf den Fall anzuwenden, dass zwar nicht die Haftanordnung selbst angefochten ist, der Betroffene aber den zulässigen (BGHZ 75, 375, 381) Antrag gem. § 10 Abs. 2 FEVG auf Aufhebung der Haft gestellt hat, dieser zurückgewiesen worden ist und sich der Verfahrensgegenstand während des Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdeverfahrens - etwa durch Entlassung des Betroffenen nach Ablauf der Haftdauer - erledigt. Auch wenn die ursprüngliche Haftanordnung nicht angefochten ist, mithin nicht rechtswidrig war, beeinträchtigt die Fortdauer der Haft trotz eines zulässigen - und, wie in diesem Zusammenhang zu unterstellen ist, begründeten - Antrages die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen, namentlich dessen Freiheitsrecht. Auch in diesem Fall kann das Rechtsschutzinteresse an der Feststellung, ob bzw. in welcher Zeit die Haft rechtswidrig war, nicht verneint werden.

III.

Das Rechtsmittel ist im Wesentlichen begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes, §§ 27 FGG, 546 ZPO n. F. Die an dem Betroffenen vollzogene Abschiebehaft war in der Zeit vom 18.03.2002 bis zu seiner Entlassung am 03.05.2002 rechtswidrig.

1.

Das Landgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus - den Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt, § 12 FGG.

a)

Das Landgericht legt die Vorschrift des § 14 Abs. 4 Satz 3 AsylVfG dahin aus, dass die Abschiebehaft nicht ende, wenn die Entscheidung des Bundesamts, den Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, innerhalb von vier Wochen seit Eingang des Asylantrages getroffen sei. Auf die Zustellung der Entscheidung innerhalb dieser Frist komme es nicht an.

Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung hätte es näherer Aufklärung bedurft, ob die Entscheidung des Bundesamtes innerhalb der Frist von vier Wochen getroffen worden ist. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Betroffene seinen Asylantrag "am 01.12.2001" - gemeint ist offensichtlich am 11.02.2002 - "gestellt" habe. Der Antrag sei "laut Stempel" am 18.02.2002 beim Bundesamt eingegangen. Nur wenn der Antrag tatsächlich erst am 18.02.2002 beim Bundesamt eingegangen wäre, wäre die Entscheidung vom 15.03.2002 innerhalb der Frist ergangen. Das versteht sich indes nicht von selbst. Der Eingangsstempel des Bundesamtes (Bl. 16 d.A.) ist nicht abgezeichnet. Der Betroffene hat dazu geltend gemacht (Bl. 14 d.A.), er habe seinen Asylantrag vom 11.02.2002 am selben Tage einem Beamten der Abschiebehafteinrichtung übergeben, die sich auf demselben Gelände befinde, auf dem auch das Bundesamt ansässig ist. Vor diesem Hintergrund hätte es näherer Feststellungen bedurft, wann der Antrag wirklich beim Bundesamt eingegangen ist bzw. auf welchen Umständen die Verzögerung des Eingangs um eine volle Woche beruhte.

b)

Das Landgericht hätte - wiederum von seinem Rechtsstandpunkt aus - außerdem prüfen müssen, ob die Abschiebungshaft noch - weiter - vollzogen werden darf, obwohl sich mit der Entscheidung des Bundesamtes vom 15.03.2002 das Ziel der Abschiebung geändert hatte.

Entgegen der Auffassung des Betroffenen war damit zwar nicht der "Haftgrund" entfallen. Während indes das Amtsgericht noch davon ausgegangen war, der Betroffene könne in die Niederlande zurückgeschoben werden, war ihm nun die Abschiebung in sein Heimatland Sierra Leone angedroht. Ob die Abschiebung dorthin überhaupt innerhalb der noch verbleibenden Haftzeit würde erfolgen können, ist ebensowenig überprüft wie die Frage, ob etwa Abschiebungshindernisse, § 53 AuslG, bestehen. Zwar ist das Gericht des Freiheitsentziehungsverfahrens nicht verpflichtet, Abschiebungshindernisse zu ermitteln, wenn für solche keine Anhaltspunkte vorgetragen sind. Das Landgericht hätte dazu aber mindestens eine Erklärung der Ausländerbehörde herbeiführen müssen, zumal diese selbst am Schluss ihrer Stellungnahme vom 17.04.2002 (Bl. 45 d.A.) angekündigt hatte, dass "die Sachlage der Haftbeendigung neu zu prüfen" sei.

2.

Indes beruht die Auslegung des § 14 Abs. 4 Satz 3 AsylVfG durch das Landgericht auf Rechtsirrtum. Nach dieser Vorschrift endet die Abschiebungshaft kraft Gesetzes u. a., wenn nicht innerhalb von vier Wochen seit Eingang des Asylantrages des Betroffenen beim Bundesamt dem Betroffenen eine Entscheidung des Bundesamtes zugestellt worden ist, durch die sein Asylantrag als offensichtlich unbegründet (oder unbeachtlich) zurückgewiesen wird. Es kommt entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht darauf an, ob das Bundesamt (noch) innerhalb der Frist von vier Wochen entschieden hat, sondern darauf, ob dem Betroffenen innerhalb dieser Frist die Entscheidung zugestellt worden ist.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylVfG genießt ein Ausländer, der in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, ein vorläufiges Bleiberecht in der Form der Aufenthaltsgestattung. Das galt nach früherem Recht auch dann, wenn der Asylantrag aus der Abschiebungshaft heraus gestellt war. Der Asylbewerber war aus der Haft freizulassen. Zweck des mit Wirkung vom 01.11.1997 angefügten Abs. 4 des § 14 AsylVfG ist es, diese Wirkung des aus der Haft heraus gestellten Asylantrages zu vermeiden. Seitdem endet die Abschiebungshaft nicht mehr automatisch, wenn der Asylantrag aus der Haft heraus gestellt wird. Die Vorschrift bewirkt - als Ausnahme zur allgemeiner) Regel des § 55 Abs. 1 AsylVfG - dass Sicherungshaft "für eine bestimmte Zeit bzw. bis zur Entscheidung des Bundesamtes" fortgesetzt werden kann (BT-Drucks. 13/4948 - zitiert nach GK-AsylVfG 51, Ausg. Dezember 1997, Seite 2.1). Dabei ergibt sich aus dem - insoweit eindeutigen - Wortlaut des § 14 Abs. 4 Satz 3 AsylVfG, dass die Abschiebungshaft "endet mit der Zustellung" der Entscheidung des Bundesamtes. Nicht der Zeitpunkt der Entschließung des Bundesamtes entscheidet mithin über die Fortsetzung oder das Ende der Haft, sondern die Zustellung der Entscheidung an den Betroffenen. Nur dann, wenn durch die innerhalb der Frist zugestellte Entscheidung des Bundesamtes der Asylantrag als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, endet die Haft nicht mit der Zustellung der Entscheidung und auch nicht mit dem Ablauf der Frist. Ohne vorherige Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes endet jedoch die Haft "spätestens" vier Wochen nach Eingang des Asylantrages beim Bundesamt.

Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts lässt sich weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift vereinbaren. Der Halbsatz "es sei denn ..." bezieht sich sprachlich eindeutig auf den Inhalt der Entscheidung des Bundesamtes und stellt eine Ausnahme von der gesetzlichen Regel dar, wonach die Haft mit der Zustellung der Entscheidung endet. Hingegen kann die Einschränkung schon sprachlich nicht als eine Ausnahme von der zeitlichen Beschränkung der in § 14 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG angeordneten Haftfortdauer auf bis zu längstens vier Wochen nach Eingang des Asylantrages beim Bundesamt begriffen werden. Diese zeitliche Einschränkung der Haftfortdauer regelt deren "absolute" Obergrenze, sofern nicht vor Ablauf der Frist die Entscheidung zugestellt ist. Ein anderes Verständnis wäre auch mit dem Sinn und Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren. Es würde darauf hinauslaufen, dass der Betroffene nicht "spätestens" nach vier Wochen freizulassen wäre, sondern - gleichsam "auf Verdacht" - weiter auf unbestimmte Zeit in Haft gehalten werden dürfte, bis sich bei späterer Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes herausstellen kann, ob der Betroffene als Asylbewerber anerkannt bzw. ob sein Antrag "nur einfach" als unbegründet zurückgewiesen ist oder ob er als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt worden ist. Fehlt es bis zum Ablauf der Frist an der Zustellung einer Entscheidung, können weder der Betroffene noch die Hafteinrichtung "wissen", ob der Betroffene weiterhin in Haft gehalten werden darf. Das würde selbst dann zu gelten haben, wenn der Hafteinrichtung der Inhalt der Entscheidung des Bundesamtes vor deren Zustellung an den Betroffenen bekannt geworden sein sollte, weil die Entscheidung nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen erst mit der Zustellung wirksam wird. Es wäre letztlich auch mit dem verfassungsrechtlich geschützten Gut der persönlichen Freiheit unvereinbar, den Betroffenen ohne klare gesetzliche Grundlage weiterhin in Haft zu halten auf den bloßen "Verdacht" hin, das Bundesamt werde - vor Ablauf der "Frist - eine Entscheidung getroffen haben, die die Fortsetzung der Haft erlaubte.

Das zeigt sich besonders deutlich am Fall des Betroffenen in diesem Verfahren.

3.

Der Betroffene hätte - spätestens - am 17.03.2002 freigelassen werden müssen. Die am 18.03.2002 und danach an ihm vollzogene Haft war rechtswidrig.

Nach der Annahme des Landgerichts war der Asylantrag des Betroffenen am Montag, 18.02.2002, beim Bundesamt eingegangen Da sich der Betroffene an diesem Tage bereits in Haft befand, ist dieser Tag bei der Berechnung der Haftzeit mitzurechnen, § 187 Abs. 2 BGB. Die in § 14 Abs. 4 Satz 3 AsylVfG bestimmte Frist von vier Wochen (= 4 x 7 Tage) endete mithin mit Ablauf des Sonntag, 17.03.2002, § 188 Abs. 2 BGB.

Dasselbe ergibt sich aus der vergleichbaren Regelung in § 16 StrVollzG i.V.m. § 37 StrVollstrO. Danach endet die nach Wochen bestimmte Haftzeit eines Strafgefangenen an - und mit - dem Tag, der seiner Benennung nach dem Tag des Strafantritts entspricht. Deshalb bestimmt § 16 StrVollzG, dass der Gefangene am letzten Tag seiner Strafzeit - das ist der Wochentag, der dem Tag des Strafendes vorausgeht - zu entlassen ist. Es macht für die Dauer der erlaubten, mithin rechtmäßigen Freiheitsentziehung keinen Unterschied, ob die Freiheitsentziehung auf einem Strafurteil oder auf einer ausländerrechtlichen, auf das Ausländergesetz bzw. das Asylverfahrensgesetz gestützten Entscheidung beruht.

Die Entscheidung des Bundesamtes vom 15.03.2002 ist der Aufnahmeeinrichtung erst am 18.03.2002 zugegangen und dem Betroffenen erst am 20.03.2002 zugestellt worden. Die Aufnahme- und Hafteinrichtung hatte mithin bis zum Ablauf der gesetzlich angeordneten Haftfortdauer, § 14 Abs. 1 Satz 1, 3 AsylVfG, mit Ablauf des 17.03.2002 noch nicht einmal Kenntnis davon, dass der Asylantrag des Betroffenen als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt worden war. Da § 14 Abs. 4 Satz 3 AsylVfG indes anordnet, dass die Abschiebungshaft von Gesetzes wegen mit Ablauf des 17.03.2002 endete, hätte der Betroffene allenfalls auf Grund einer neuen, beim ordentlichen Gericht einzuholenden Haftanordnung erneut in Abschiebungshaft genommen werden dürfen. Eine solche ist nicht beantragt worden.

4.

Der erkennende Senat ist nicht genötigt, festzustellen, ob der Asylantrag des Betroffenen etwa schon vor dem 18.02.2002 beim Bundesamt eingegangen ist. Er ist auch nicht genötigt, die Sache zur Feststellung dieses Zeitpunkts an das Landgericht zurückzuverweisen.

Das Rechtsbeschwerdeverfahren als solches erlaubt lediglich eine Rechtsprüfung und eröffnet nicht eine neue Tatsacheninstanz. Das Landgericht als Erstbeschwerdegericht hätte - bei richtiger Rechtsanwendung - einen Aufklärungsbedarf hinsichtlich des Zeitpunkts des Eingangs des Asylantrags beim Bundesamt nicht annehmen müssen, weil die Haftanordnung auch dann aufzuheben war, wenn der Asylantrag erst am 18.02.2002 beim Bundesamt eingegangen war. Dem jetzigen Begehren, die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen, ist - im Wesentlichen - durch den Ausspruch dieser Senatsentscheidung genügt. Das - zeitlich - darüber hinausgehende Begehren des Betroffenen findet indes in seinem tatsächlichen Vorbringen eine genügende Stütze nicht. Er behauptet nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich - einen früheren als den ihm vom Bundesamt mitgeteilten Zeitpunkt des Eingangs seines Asylantrages. Weiterer Aufklärungsbedarf besteht deshalb im Rahmen des Feststellungsantrages nicht. Ob der Asylantrag früher - etwa bereits am 11.02.2002 - beim Bundesamt hätte eingehen müssen, ist im Rahmen der vom Senat zu treffenden Entscheidung nicht erheblich.

IV.

Eine Entscheidung über die Gerichtskosten des Verfahrens ist nicht veranlasst, §§ 14, 15 FEVG.

Die dem Betroffenen in dem Verfahren gem. § 10 Abs. 2 FEVG entstandenen außergerichtlichen Kosten sind in sinnentsprechender Anwendung des § 16 FEVG der Gebietskörperschaft aufzuerlegen, der die antragstellende Ausländerbehörde angehört. Zwar bestimmt diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach die Kostenerstattungspflicht nur für den Fall, dass sich der Antrag - auf Anordnung der Freiheitsentziehung - als von Anfang an unbegründet erweist. Nachträgliche Änderungen der Sachlage, die - im Rechtsmittelzug - zur Aufhebung einer anfänglich begründeten Freiheitsentziehung führen können, rechtfertigen die Auferlegung der Kosten nicht. Anders verhält es sich indes dann, wenn die Behörde - wie im Streitfall - trotz der kraft Gesetzes eingetretenen Beendigung der Abschiebungshaft den Betroffenen nicht frei lässt, sondern durch ihr - rechtswidriges - Verhalten das auf § 10 Abs. 2 FEVG gestützte Verfahren überhaupt erst veranlasst. Der Fall rechtswidrig fortgesetzter Freiheitsentziehung ist nicht nur demjenigen des von vornherein unbegründeten Antrages, sondern auch demjenigen vergleichbar, in dem eine Freiheitsentziehung gar ohne richterliche Anordnung vollzogen würde. Da die Haftfortdauer des Betroffenen ab dem 18.03.2002 auf die Haftanordnung vom 06.02.2002 nicht mehr gestützt werden durfte, steht sie - von diesem Zeitpunkt an - einem von vornherein unbegründeten Antrag gleich. Es ist deshalb nach Sinn und Zweck des § 16 FEVG gerechtfertigt, die dem Betroffenen in dem Verfahren nach § 10 Abs. 2 FEVG erwachsenen Kosten der antragstellenden Behörde aufzuerlegen. Daran ändert es nichts, dass die antragstellende Behörde die Wahrnehmung ihrer Aufgaben der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg im Wege der Amtshilfe übertragen hat (Bl. 17 d.A.).

V.

Der Senat ist nicht gehalten, die Sache gem. § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof vorzulegen, weil er von dessen bisheriger Rechtsprechung (BGHZ 139, 254) abweicht.

Die Abweichung beruht, wie unter II. ausgeführt, auf der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der auch der Bundesgerichtshof zu folgen hätte. Hinzu kommt, dass - nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O.) - der Vorsitzende des zuständigen Zivilsenats des Bundesgerichtshofs dem Bundesverfassungsgericht mitgeteilt hat, dass der BGH an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht festhalten würde (werde), sofern das Bundesverfassungsgericht es für notwendig halte, von einem typischen Verfahrensablauf als einem zusätzlichen Kriterium für das Rechtsschutzinteresse Abstand zu nehmen. Eben dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Schließlich unterscheidet sich der Streitfall von dem vom BGH entschiedenen Fall - und, soweit ersichtlich, auch von den durch andere Oberlandesgerichte bisher entschiedenen Fällen - dadurch, dass nicht die Haftanordnung als solche angefochten ist, sondern die Fortdauer der Haft über deren durch Gesetz angeordnetes Ende hinaus. Hierzu ist - soweit ersichtlich - eine höchstrichterliche Entscheidung bisher noch nicht ergangen.

Die Festsetzung eines Beschwerdewertes ist nicht veranlasst (§§ 14 FEVG, 112 BRAGO).

Ende der Entscheidung

Zurück