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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 03.08.2004
Aktenzeichen: 8 Wx 28/04
Rechtsgebiete: EGBGB, GBBerG, VwVfG, BGB


Vorschriften:

EGBGB § 2 Abs. 3
EGBGB § 2 Abs. 3 Satz 4
GBBerG § 7
GBBerG § 7 Abs. 1 Satz 1
VwVfG § 16
BGB § 1915 Abs. 1
BGB § 1821 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht

Beschluss

8 Wx 28/04

In der Grundbuchsache

betreffend das im Grundbuch von B... Blatt 292 verzeichnete Grundstück Flur 1 Flurstück 263

hat der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie der Richter am Oberlandesgericht ... und ...

am 3. August 2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. werden der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 7. November 2003 und der Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - vom 16. April 2003 aufgehoben.

Das Amtsgericht - Grundbuchamt - wird angewiesen, gegen die am 15. April 2003 in Abteilung I unter laufender Nummer 3 erfolgte Eigentumseintragung zugunsten der Beteiligten zu 1. von Amts wegen einen Widerspruch einzutragen.

Die Kosten des Erstbeschwerdeverfahrens und des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Beteiligten zu 2. zur Last.

Gründe:

I.

Eigentümer des betroffenen Grundstücks, das aus der Bodenreform hervorging, war der Obstzüchter G... S... in B... . Er ist am 14.07.1959 gestorben und aufgrund seines am 03.09.1959 eröffneten Testaments (Bl. 48 d.A) von seiner Tochter W... W..., der Beteiligten zu 1., beerbt worden. Der Bodenreformvermerk wurde am 05.06.1996 gelöscht.

Am 29.09.2000 stellte der Urkundsnotar Z... den Antrag, zugunsten des Beteiligten zu 2. eine Auflassungsvormerkung einzutragen (Bl. 9 d.A.). Dem Antrag waren beigefügt die mit "Grundstücksübertragung mit Auflassung" überschriebene notarielle Urkunde vom 29.09.2000 (Bl. 10 - 13 d.A.), Vollmachten (Bl. 14, 15 d.A.) sowie die vom Landkreis Potsdam-Mittelmark ausgefertigte Bestallungsurkunde vom 20.09.2000 (Bl. 16 - 19 d.A.), durch die der Beteiligte zu 2. gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB zum gesetzlichen Vertreter für den eingetragenen Eigentümer G... S... bestellt wurde. Am 24.01.2001 reichte der Urkundsnotar die vom Landkreis Potsdam-Mittelmark am 22.11.2000 erteilte Genehmigung nach § 1821 BGB zu dem am 29.09.2000 beurkundeten Auflassungsvertrag ein (Bl. 20/ 21, 22 d.A.). Am 08.01.2002 beantragte der Urkundsnotar, den Beteiligten zu 2. als Eigentümer einzutragen.

Die Beteiligte zu 1. stellte - unter Vorlage einer Ablichtung des eröffneten Testaments (Bl. 48 d.A.) - am 30.12.2002 einen Grundbuchberichtigungsantrag (Bl. 46 d.A.).

Am 12.03.2003 wurde für den Beteiligten zu 2. eine Auflassungsvormerkung eingetragen, die Eigentumsumschreibung auf den Beteiligten zu 2. erfolgte am 15.04.2003.

Durch Beschluss vom 16.04.2003 (Bl. 49, 50 d.A.) hat das Amtsgericht den Antrag auf Umschreibung des Eigentums auf die Beteiligte zu 1. mit Rücksicht darauf zurückgewiesen, dass der Umschreibungsantrag des Landes Brandenburg vorrangig zu erledigen gewesen sei. Die dagegen erhobene Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist erfolglos geblieben. Gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 15.04.2003 (Bl. 68 - 70 d.) hat die Beteiligte zu 1. Rechtsmittel, bezeichnet als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens/ Restitutionsklage, eingelegt.

II.

Das Rechtsmittel ist als weitere Beschwerde aufzufassen, wie der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1. auf Anfrage ausweislich des Vermerks vom 25.02.2004 klargestellt hat, und als solches auch zulässig (§§ 78, 79 GBO). Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg mit der Maßgabe, dass zu Gunsten der Beteiligten zu 1. ein Amtswiderspruch einzutragen ist. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 78 GBO).

1. Mit ihrer Erstbeschwerde hatte sich die Beteiligte zu 1. gegen eine Eintragung gewandt. Eine solche Beschwerde ist gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO allerdings unzulässig und wäre - als solche - zu verwerfen gewesen. Die Vorschrift des § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO lässt aber die Beschwerde mit dem Ziel zu, gegen die Eintragung einen Amtswiderspruch einzutragen (§ 53 Abs. 1 Satz 1 GBO) einzutragen. In diesem Sinne hätte das Landgericht die Beschwerde auslegen dürfen und müssen. Mit dem so ausgelegten Antrag hat die weitere Beschwerde auch Erfolg.

2. Ein Widerspruch ist von Amts wegen gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO einzutragen, wenn sich ergibt, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist.

a) Das Grundbuchamt hat unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften den Beteiligten zu 2. als Eigentümer eingetragen.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts, der sich das Landgericht angeschlossen hat, war die am 29.09.2000 beurkundete Grundstücksübertragung unwirksam. Die Grundstücksübertragung, die der Beteiligte zu 2. als Übernehmer und zugleich auch als Vertreter des übergebenden Grundstückseigentümer vorgenommen hat, bedurfte zu ihrer Wirksamkeit der Erlaubnis nach § 7 Grundbuchbereinigungsgesetz (GBBerG), die nur das Vormundschaftsgericht hätte erteilen dürfen. Daran fehlt es jedoch.

aa) Das Amtsgericht hat angenommen, die nach Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 4 EGBGB, 16 VwVfG, §§ 1915 Abs. 1, 1821 Nr. 1 BGB vorauszusetzende Genehmigung liege vor, für die Erteilung der Genehmigung sei der Landkreis Potsdam-Mittelmark als die Bestellungsbehörde gleichfalls zuständig.

Zwar wird angenommen, dass in den Fällen, in denen der zum gesetzlichen Vertreter Bestellte eine natürliche Person ist, für Handlungen des gesetzlichen Vertreters nach Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB die Bestellungsbehörde zugleich auch die Genehmigung erteilt (Maaß in: Bauer/v. Oefele, GBO, GBBerG, Rdnr. 21; BGH VIZ 2003, 194 ff.).Für diese Fallgestaltungen, aber auch nur hierfür, könne eine Zuständigkeit für die Bestellung einerseits und die Genehmigung andererseits mit der Erwägung gerechtfertigt werden, eine getrennte Zuständigkeit würde das Verfahren erschweren (Maaß a.a.O.)

bb) Anders ist die Sach- und Rechtslage zu beurteilen, wenn als Vertreter eine juristische Person des öffentlichen Rechts bestellt ist. Dann greift die - vom Amtsgericht nicht herangezogene - Vorschrift des § 7 GBBerG ein, die einen Sonderfall regelt (BGH VIZ 2003, 194, 195). In diesen Fällen bleibt die Wirksamkeit des von einem solchen Vertreter geschlossenen Geschäfts von der Genehmigung abhängig, wobei die Genehmigung nicht verwaltungsintern erteilt werden kann, sondern für deren Erteilung das Vormundschaftsgericht zuständig ist (BGH VIZ 2003, 194, 195).

Die Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts nach § 7 Abs. 1 Satz 1 GBBerG zur Verkaufserlaubnis ergibt sich für juristische Personen des öffentlichen Rechts als gesetzlicher Vertreter des Eigentümers aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG normierten Grundsatz der Gewaltenteilung (OLG Dresden Rechtspfleger 1996, 109; OLG Jena DtZ 1996, 318). Der Gesichtspunkt, dass eine getrennte Zuständigkeit zur Bestellung und Überwachung das Verfahren erschweren würde, hat zurückzutreten, wenn der Vertreter des eingetragenen Eigentümers eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Eine verwaltungsinterne Genehmigung, die in solchen Fällen nicht erteilt werden darf (BGH VIZ 2003, 194, 195), würde nämlich dazu führen, dass jegliche Kontrolle des Verwaltungshandelns - entgegen dem Grundsatz der Gewaltenteilung - unterbliebe.

b) Durch die Eintragung des Beteiligten zu 2. als Eigentümer ist das Grundbuch unrichtig geworden. Die vormundschaftsgerichtliche Erlaubnis, an der es hier fehlt, ist Wirksamkeitsvoraussetzung für das Rechtsgeschäft; eine ohne solche Erlaubnis vorgenommene Eintragung macht das Grundbuch unrichtig (Meikel/Böhringer, GBO, 9. Aufl., § 19 Besonderheiten in den neuen Bundesländern, Rdnr. B 277).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a FGG. Als im Ergebnis unterlegener Beteiligter hat der Beteiligte zu 2. die Kosten des Erstbeschwerdeverfahrens wie auch des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Beschwerdewert: 3.975,29 € (entspricht einem Preis von 0,77 €/m2 für das 5 184 m2 große Obst-Grundstück).



Ende der Entscheidung

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