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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 02.01.2003
Aktenzeichen: 8 Wx 53/02
Rechtsgebiete: FGG, AuslG, FEVG


Vorschriften:

FGG § 27
FGG § 29
AuslG § 103 Abs. 2
AuslG § 57 Abs. 2 Nr. 1
AuslG § 57 Abs. 2 Nr. 5
AuslG § 57 Abs. 2 Satz 4
AuslG § 57 Abs. 3 Satz 2
FEVG § 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

8 Wx 53/02

In dem Freiheitsentziehungsverfahren

betreffend: den indischen Staatsangehörigen S..., zur Zeit im Gewahrsam der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg in E....

hat der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ..., des Richters am Oberlandesgericht ... und des Richters am Landgericht ...

am 2. Januar 2003

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Dezember 2002 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

Die gemäß §§ 27, 29 FGG, § 103 Abs. 2 AuslG, § 3 Satz 2 FEVG zulässige sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, weil der Sachverhalt noch einer weiteren Aufklärung bedarf.

1.

Frei von Rechtsfehlern ist die Entscheidung des Landgerichts, soweit die Kammer die vollziehbare Ausreisepflicht des Betroffenen festgestellt und die Voraussetzungen eines Haftgrundes nach § 57 Abs. 2 Nr. 1,5 AuslG bejaht hat. Das wird mit der sofortigen weiteren Beschwerde auch nicht angefochten.

2.

Anders verhält es sich aber bei der Beurteilung, dass zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen die Verlängerung der am 26. September 2002 zunächst für die Dauer von drei Monaten angeordneten Haft um weitere drei Monate zulässig und verhältnismäßig sei. Im Ausgangspunkt ohne weiteres richtig gesehen hat das Landgericht, dass es für die Zulässigkeit der Verlängerung der Haft zur Sicherung der Abschiebung entscheidend darauf ankommt, ob die Abschiebung bisher aus Gründen unterblieben ist, die der Ausländer zu vertreten hat, § 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG. Für die Rechtsprüfung des Senats in diesem Punkt geben die vom Landgericht bisher ermittelten Umstände aber noch keine ausreichende Grundlage ab.

Nach Feststellung des Landgerichts ist die Abschiebung des Betroffenen bisher unterblieben und verzögert sich noch weiter deshalb, weil erst ein Passersatzdokument beschafft werden muss. Die darauf beruhende Verzögerung hat das Landgericht ohne Rechtsfehler dem Betroffenen zugerechnet. Wie der Betroffene wiederholt mitgeteilt hat, ist er nicht im Besitz von Identitätspapieren, weil er seinen Nationalpass vor seiner Einreise in das Bundesgebiet an einen "Schleuser" weggegeben hat. Das Fehlen der Identitätspapiere ist dem Betroffenen zuzurechnen. Weiter hat das Landgericht festgestellt, dass bei der Ausstellung des Rückreisedokuments eine Verzögerung eingetreten ist, weil der Betroffene den Antrag auf Ausstellung eines Passersatzpapiers anfangs unvollständig ausgefüllt hat.

Die mitgeteilten Tatsachen tragen die Annahme des Landgericht, dass der Betroffene in zurechenbarer Weise zu einer Verzögerung der Abschiebung beigetragen hat, sie reichen aber noch nicht aus, die Verlängerung der Haftdauer als in dem angeordneten Umfang gerechtfertigt anzusehen. Noch aufzuklären ist, ob und in welchem Maße die Verzögerung der Abschiebung auch auf Gründen beruht, die der Betroffene nicht zu vertreten hat (BGH NJW 1996, 2796, 2797). Die nach Aktenlage bestehende Unklarheit, ob die Ausländerbehörde die zur Beschaffung der Ersatzpapiere notwendigen Anstrengungen in der erforderlichen Eile unternommen hat, ist mit dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen noch nicht auszuräumen.

Der Betroffene ist am 25. August 2002 in G aufgegriffen worden und befindet sich seit dem 26. August 2002 in der Haft zur Sicherung der Abschiebung. Die für den Betroffenen zuständige Ausländerbehörde P hat ausweislich der von ihr vorgelegten Mitteilung der indischen Botschaft (Bl. 90 d. A.) den Antrag des Betroffenen auf Ausstellung eines Passersatzpapiers mit Schreiben vom 21. Oktober 2002 bei der Botschaft eingereicht. Unter dem 25. Oktober 2002 hat die Botschaft die Ausländerbehörde unterrichtet, dass der Antrag nicht vollständig ausgefüllt sei (Bl. 90 d. A.). Wie der Vertreter der in Amtshilfe für die Ausländerbehörde P... tätigen Ausländerbehörde E... dem Landgericht zur Kenntnis gegeben hat, ist die Behörde in E... am 21. November 2002 um Amtshilfe ersucht worden und hat den Betroffenen am 28. November 2002 der indischen Botschaft vorgeführt. Im Zuge der Vorführung sind die Antragsunterlagen ergänzt worden.

Gründe dafür, dass erst nahezu zwei Monate nach Inhaftnahme des Betroffenen der Antrag auf Ausstellung eines Passersatzpapiers bei der Botschaft eingereicht worden ist, sind nicht festgestellt. Ungeklärt ist geblieben ist weiterhin die Verfahrensweise der Ausländerbehörde auf die Mitteilung der indischen Botschaft vom 25. Oktober 2002 hin.

Der bei der Anhörung vor dem Landgericht anwesende Vertreter der Ausländerbehörde E... konnte für die Zeit vor dem 21. November 2002 keine Angaben zum Vorgehen bei der Beschaffung der Papiere machen. Bei dieser Sachlage ist nicht auszuschließen, dass nicht allein die vom Betroffenen zu vertretenden Umstände zur Verzögerung der Abschiebung geführt haben. Eine weitere Sachaufklärung ist deshalb unumgänglich.

Bei der vom Landgericht erneut zu treffenden Entscheidung ist abermals der Frage nachzugehen, ob von einer Abschiebung innerhalb der nunmehr auf sechs Monate verlängerten Haftzeit im konkreten Fall noch ausgegangen werden kann. Wenn voraussehbar feststeht, dass der verlängerte Haftzeitraum nicht ausreichen wird, so ist die Haftanordnung nicht gerechtfertigt, es sei denn, der Betroffene verhindere seine Abschiebung, § 57 Abs. 3 Satz 2 AuslG (OLG Hamm, FGPrax 1997, 77, 78). Die Mitteilung der Ausländerbehörde, die indische Botschaft habe bei der Vorführung des Betroffenen am 28. November 2002 die Frage der voraussichtlichen Bearbeitungszeit (noch) nicht beantworten können, gibt Anlaß, nunmehr weitergehende Ermittlungen anzustellen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 14 Abs. 3 FreihEntzG).

Der Beschwerdewert braucht nicht festgesetzt zu werden (§ 112 BRAGO).

Ende der Entscheidung

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