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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 06.10.2008
Aktenzeichen: 9 UF 140/07
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, RVG


Vorschriften:

ZPO § 321 a
ZPO § 621a Abs. 1 Satz 1
FGG § 13a Abs. 1 Satz 2 1. Alternative
FGG § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
FGG § 29 a
FGG § 29 a Abs. 2 Satz 1
RVG § 32 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor: 1. Die als Gehörsrüge zu behandelnde Gegenvorstellung der Beteiligten zu 2. gegen die mit Beschluss des Senates vom 11. Juni 2008 getroffene Regelung zur Vermögenssorge wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des - gerichtsgebührenfreien - Rügeverfahrens hat die Beteiligte zu 2. nach einem Wert von 3.000,00 EUR zu erstatten.

2. Auf die Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Senates vom 11. Juni 2008 hinsichtlich der Festsetzung des Gegenstandswertes teilweise abgeändert und Wert für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Die weitergehende Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1. und der als Gegenvorstellung zu behandelnde Rechtsbehelf der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2. gegen die Streitwertfestsetzung des Senates für das Beschwerdeverfahren werden zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1. Die gegen die Entscheidung des Senates über die Vermögenssorge betreffend die minderjährige A. K. gerichtete Gegenvorstellung der Beteiligten zu 2. vom 8. Juli 2008 ist unzulässig, weil der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1. Januar 2005 der Auflage des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen ist und mit §§ 321 a ZPO, 29 a FGG das Institut der Gehörsrüge geschaffen hat, neben der für Gegenvorstellungen kein Raum mehr bleibt.

2.1 Die als Gehörsrüge zu behandelnde Gegenvorstellung der Beteiligten zu 2. ist zulässig, insbesondere fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Frist des nach § 621a Abs. 1 Satz 1 ZPO für das Sorgerechtsverfahren anwendbaren § 29 a Abs. 2 Satz 1 FGG erhoben worden. Die Beteiligte zu 2. rügt - gestützt auf die Gründe des ihr am 24. Juni 2008 zugestellten Senatsbeschlusses, dem der Schriftsatz des Beteiligten zu 1. vom 15. Mai 2008 beigefügt war - mit ihrem am 8. Juli 2008 eingegangenen Schriftsatz unter näherer Darlegung die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör hinsichtlich der Vermögenssorge.

2.2 In der Sache selbst ist die Gehörsrüge zurückzuweisen, weil eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGG nicht vorliegt.

Richtig ist allerdings, dass der Kindesmutter der Schriftsatz des Beteiligten zu 1. vom 15. Mai 2008 (ebenso übrigens wie der allerdings schon nicht unterzeichnete Schriftsatz der Beteiligten zu 2. vom 8. Mai 2008 dem Kindesvater) nicht zur Kenntnis gegeben worden ist, bevor der Senat nach ausführlicher Anhörung aller Beteiligten im Termin am 8. Mai 2008 mit Beschluss vom 11. Juni 2008 in der Sache seine abschließende Entscheidung getroffen hat. Darin liegt aber für sich betrachtet noch keine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs der Beteiligten zu 2. auf rechtliches Gehör.

Der Senat hat im Anhörungstermin am 8. Mai 2008 mit den Verfahrensbeteiligten nicht allein die das Personensorgerecht betreffenden Fragen, sondern auch die den Entzug des Vermögenssorgerechts betreffenden Aspekte des Streitfalles erörtert. Die Erörterungen dieses Themenkreises hat zwar - zeitlich betrachtet - nicht denselben Umfang eingenommen wie die Erörterung der das Personensorgerecht für A. betreffenden Gesichtspunkte, der allerdings ganz unbestritten auch im Vordergrund der Auseinandersetzungen gestanden und deshalb breiteren Raum eingenommen hat. Die Gewichtung im Anhörungstermin spiegelt insoweit aber auch nur die von den Verfahrensbeteiligten selbst in ihrem schriftlichen Sachvortrag vorgenommene Gewichtung des hier insgesamt Rede stehenden elterlichen Sorgerechts wider. Der Aspekt der Vermögenssorge ist von der Beteiligten zu 2. nach einer Verfahrensdauer von fast zwei Jahren erst unmittelbar vor dem Anhörungstermin vor dem Amtsgericht am 12. Juni 2007 eingeführt worden und stand zu keinem Zeitpunkt im Zentrum der Auseinandersetzungen. Der Senat vermochte in seinem Beschluss vom 11. Juni 2008 unter Berücksichtigung der Ausführungen beider Kindeseltern im Anhörungstermin am 8. Mai 2008, in dem allen Verfahrensbeteiligten hinreichend Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist, denn auch keinen aktuellen Handlungsbedarf in diesem Problemkreis zu entdecken.

Der Senat hat sich jedenfalls in seiner Entscheidung vom 11. Juni 2008 in keiner Weise von den weiteren Ausführungen des Kindesvaters vom 15. Mai 2008 leiten lassen, sondern ausschließlich die aus dem bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten Sachvortrag der Beteiligten und deren Erklärungen im Anhörungstermin vom 8. Mai 2008 gewonnenen Erkenntnisse und Eindrücke verwertet. Die Gehörsrüge der Beteiligten zu 2. zeigt bezeichnenderweise auch nicht auf, welcher in dem Schriftsatz des Kindesvaters vom 15. Mai 2008 enthaltene neue "Sachverhalt zum Gegenstand der Entscheidung gemacht worden ist, zu dem die Beschwerdegegnerin keine Möglichkeit einer Erwiderung hatte, weil der Schriftsatz nicht bekannt war." Die pauschale Behauptung einer Gehörsverletzung ersetzt den erforderlichen Sachvortrag dazu, in welcher entscheidungserheblichen Weise hier neuer Vortrag einer Partei ohne Einräumung einer Stellungnahmefrist verwertet worden sein soll, nicht.

Es liegt auf der Hand, dass allein der Umstand irgendwelchen weiteren - unaufgeforderten - Sachvortrages einer Partei nicht zur Fortsetzung des Verfahrens nötigen kann, sondern nur erhebliches Vorbringen zur Einräumung einer Erwiderungsfrist und gegebenenfalls zur Anberaumung eines weiteren Verhandlungstermins Anlass geben kann. Ebenso wenig kann das Rügeverfahren das Einfallstor dafür sein, etwaigen Versäumnissen einer Partei im Sachvortrag oder in der Argumentation abzuhelfen oder gar im gesamten Beschwerdeverfahren nicht angesprochenen neueren Entwicklungen Rechnung zu tragen. Dies gilt insbesondere für die in dem jüngsten Schriftsatz der Beteiligten zu 2. vom 1. Oktober 2008 vorgebrachten Ausführungen zu den Auswirkungen des Senatsbeschlusses zur Vermögenssorge in einem bisher hier nicht angesprochenen Verfahren über Kindesunterhalt. Der Senat würde weitere gerichtliche Auseinandersetzungen um das Sorgerecht zwar sehr bedauern, kann aber natürlich auch nicht ausschließen, dass es im weiteren Lauf der Zeit neue Gründe im Verhalten oder der Person des Kindesvaters geben mag, die Anlass geben könnten, die Entscheidung zur Vermögenssorge für A. zu überdenken. Die Fortsetzung des hiesigen Beschwerdeverfahrens ist jedoch deshalb nicht geboten.

Es mag schließlich sein, dass die Kindesmutter tatsächlich überrascht war, dass der erkennende Senat zwar die Entscheidung des Amtsgerichts zur Personensorge, nicht aber diejenige zur Vermögenssorge bestätigt hat. Der Senat hat allerdings im Anhörungstermin am 8. Mai 2008 in keiner Weise zu erkennen gegeben, dass er etwa beabsichtige die Entscheidung, dem Kindesvater das Vermögenssorgerecht zu entziehen, aufrechtzuerhalten. Ein begründetes oder gar schützenswertes Vertrauen in die von der Kindesmutter weiterhin erstrebte Entscheidung hat der Senat, der zwar im Streitfall wie auch sonst regelmäßig sehr intensiv auf eine einvernehmliche Lösung der Streitpunkte hinzuwirken sucht, aber für den Fall einer streitigen Entscheidung ebenso regelmäßig die aus dem Anhörungstermin gewonnenen Erkenntnisse und Eindrücke vor der abschließenden Beratung mindestens einen Tag wirken lässt und deshalb nur in ganz seltenen Ausnahmefällen eine bestimmte Entscheidung in Aussicht stellt, jedenfalls nicht veranlasst.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13a Abs. 1 Satz 2, 1.Alternative FGG entsprechend.

II.

1. Die am 27. Juni 2008 eingegangene - nicht auf die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs gestützte - Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1. gegen die Streitwertfestsetzung des Senates in dem ihm am 24. Juni 2008 zugestellten Beschluss vom 11. Juni 2008 ist als solche weiterhin statthaft (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. August 2008, Az. IV ZR 293/07, und vom 25. August 2008, Az. IX ZB 91/06). Gegen die Zulässigkeit des mit dem Ziel der Heraufsetzung des Beschwerdewertes auf 8.000,00 EUR im eigenen Namen eingelegten Rechtsbehelfs bestehen unter Beachtung des Rechtsgedankens des § 32 Abs. 2 RVG auch ansonsten keine Bedenken.

Der gleichermaßen als Gegenvorstellung zu behandelnde Rechtsbehelf der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2. vom 8. Juli 2008, eingegangen am 11. Juli 2008, ist bereits unzulässig, weil auf die Gegenvorstellung die Verfahrensregelung des § 321 a ZPO entsprechend anzuwenden ist (vgl. BGH MDR 2007, 1276). Danach hätte die Gegenvorstellung innerhalb einer zweiwöchigen Frist, die hier mit der am 24. Juni 2008 erfolgten Zustellung des Senatsbeschlusses vom 11. Juni 2008 zu laufen begonnen hat, eingelegt werden müssen. Der mit dem Ziel der Heraufsetzung des Streitwertes auf 9.000,00 EUR eingelegte Rechtsbehelf der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2. ist aber erst am 11. Juli 2008 hier eingegangen.

2. Die Gegenvorstellung des Verfahrensbeteiligten des Beteiligten zu 1. ist teilweise begründet.

Tatsächlich hat der Senat bei seiner Streitwertfestsetzung die besonderen Umstände des Streitfalles, hier einerseits den - allerdings auch nicht so außergewöhnlichen - Umfang bzw. die Bedeutung der Sache und die auch nicht ungewöhnliche Härte der Auseinandersetzung zwischen den Kindeseltern sowie die vergleichsweise überdurchschnittlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Kindeseltern nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt. Soweit der Verfahrensbevollmächtigte allerdings auf die zwar nicht gesondert zu bewertenden, seiner Meinung nach aber durchaus zu beachtenden diversen weiteren Anträge verweist, mag dies für den - mit 8.000,00 EUR aber auch nach Auffassung des Senates angemessen festgesetzten - Wert des amtsgerichtlichen Verfahrens, nicht aber für das auf die Überprüfung der Entscheidung des Amtsgerichts vom 3. Juli 2007 beschränkte Beschwerdeverfahren gelten.

Unter Beachtung der durchaus vorhandenen Abweichung vom Durchschnittsfall erachtet der Senat die Bemessung des Wertes des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren mit 5.000,00 EUR als angemessen.

Ende der Entscheidung

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