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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 22.01.2004
Aktenzeichen: 9 UF 205/03
Rechtsgebiete: RegelbetragsVO, ZPO


Vorschriften:

RegelbetragsVO § 2
ZPO § 319
ZPO § 321
ZPO § 518
ZPO § 520 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 520 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 UF 205/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

die Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

am 22. Januar 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten vom 28. November 2003 gegen das Urteil des Amtsgerichts Cottbus vom 23. Oktober 2003 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11. November 2003 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf 13.124,26 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Vaterschaft des Beklagten und seine Verurteilung zur Zahlung von Regelunterhalt ab ihrer Geburt.

Nach Einholung eines genetischen Abstammungsgutachtens des Sachverständigen Dr. K... vom 14. August 2003 hat das Amtsgericht durch Urteil vom 23. Oktober 2003 die Vaterschaft des Beklagten festgestellt und ihn beginnend ab September 1997 zur Zahlung eines monatlichen Kindesunterhalts in Höhe von 100 % des Regelbetrages nach § 2 der Regelbetragsverordnung der jeweiligen Altersstufe abzüglich des jeweils anrechenbaren Kindergeldanteils mit nachfolgender, nach Zeiträumen zusammengefasster Bezifferung der Zahlbeträge verurteilt. Aufgrund von Fehlern bei den Jahresangaben und einer unterbliebenen Monatsangabe schlossen sich die Zeiträume formal nicht in allen Fällen aneinander an.

Das Urteil ist dem Beklagten ausweislich des in der Akte befindlichen Empfangsbekenntnisses (Bl. 76 d.A.) am 29. Oktober 2003 zugestellt worden. Die vorgenannten Fehler hat das Amtsgericht auf entsprechenden Antrag der Klägerin durch Berichtigungsbeschluss nach § 319 ZPO am 11. November 2003 berichtigt. Der Beklagtenvertreter ist am 11. November 2003 schriftlich zur Rückgabe der zugestellten Urteilsausfertigung aufgefordert worden. Nach deren Eingang, der mit einem anwaltlich unterzeichneten Hinweis auf das Nichtvorliegen eines Berichtigungsbeschlusses erfolgte, ist die Urteilsausfertigung mit dem Berichtigungsbeschluss verbunden und dem Beklagten unter dem 21. November 2003 erneut zugestellt worden (vgl. Empfangsbekenntnis Bl. 95 d.A.).

Mit Schriftsatz vom 28. November 2003 hat der Beklagte am Folgetag gegen das "am 21.11.2003 zugestellte Urteil" Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist bislang beim Brandenburgischen Oberlandesgericht nicht eingegangen.

II.

Die mit Schriftsatz vom 28. November 2003 eingelegte Berufung des Beklagten war gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO mangels fristgemäßer Berufungsbegründung als unzulässig zu verwerfen. Die Frist zur Begründung der Berufung beträgt nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Die maßgebliche Zustellung erfolgte vorliegend am 29. Oktober 2003. Die Frist zur Berufungsbegründung lief mithin am 29. Dezember 2003 ab, ohne dass bis dahin zumindest ein Fristverlängerungsantrag bei Gericht eingegangen wäre.

Entgegen der Ansicht des Beklagtenvertreters war für den Fristbeginn nicht auf das Datum der zweiten Zustellung am 21. November 2003 abzustellen, da die erste Zustellung wirksam war und die spätere Zustellung des mit einem Berichtigungsbeschluss verbundenen Urteils die Frist zur Begründung der Berufung nicht erneut in Gang setzt.

Die Ausstellung und Hinausgabe eines Empfangsbekenntnisses begründet die Vermutung, dass der Prozessbevollmächtigte die Urteilsausfertigung als zugestellt annehmen wollte (BGH, NJW-RR 1993, 1312). Eine wirksame Zustellung entfällt auch nicht aufgrund der späteren Zurücksendung der Urteilsausfertigung. Für die Wirksamkeit der Zustellung ist allein der Zugang des Schriftstückes, nicht sein Verbleib entscheidend. Die spätere Rückgabe der Ausfertigung an das Gericht berührt die Wirksamkeit der Zustellung nicht (BGH, NJW-RR 1993, 1213, 1214 m.w.N.).

Die spätere Berichtigung hindert auch nicht den Lauf der Frist des § 520 Abs. 2 ZPO. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung hat die Urteilsberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 319 ZPO grundsätzlich keinen Einfluss auf Beginn und Lauf von Rechtsmittelfristen (BGH, FamRZ 2003, 1380; BGH, NJW-RR 1993, 1312 f). Den Parteien wird zugemutet, in ihrer Entschließung zur Einlegung eines Rechtsmittels die offenbare Unrichtigkeit der Entscheidung zu berücksichtigen. Die Berichtigung wirkt grundsätzlich auf den Verkündungszeitpunkt zurück, sodass die berichtigte Entscheidung als verkündet fingiert wird (Zöller/Gummer-Heßler, ZPO, 24. Auflage, § 517, Rn. 6).

Eine neue Rechtsmittelfrist hätte dementsprechend ausnahmsweise nur dann mit der Bekanntgabe des Berichtigungsbeschlusses zu laufen begonnen, wenn eine sog. "Berichtigungsbe-schwer", wie im Falle der Urteilsergänzung nach den §§ 321, 518 ZPO, vorliegen würde. Das wäre dann der Fall, wenn ein Ergänzungsurteil nach § 321 ZPO ergangen wäre oder das Urteil insgesamt nicht klar genug war, um die Grundlage für die Entschließungen und das weitere Handeln der Parteien sowie die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts zu bilden. Erst die berichtigte Entscheidung hätte die Beschwer erkennen lassen oder ergeben müssen, dass die Entscheidung überhaupt rechtsmittelfähig ist (BGH, NJW-RR 1993, 1213, 1214; Zöller-Gummer/ Heßler, a.a.O., § 518, Rn. 3). Dies ist vorliegend nicht gegeben. Bereits aus dem übrigen Leistungstenor ist der Umfang der Zahlungsverpflichtung - nämlich in Höhe des jeweiligen Regelbetrages-Ost - erkennbar. Die nachfolgende Bezifferung diente lediglich der Klarstellung. Deren offensichtliche Unrichtigkeit ausschließlich bei den Datumsangaben ist aufgrund der Abfolge der Monate und Jahre ohne weiteres zu erkennen und daher vom Amtsgericht nach § 319 ZPO - wie geschehen - zu berichtigen gewesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Berufungsverfahren ergibt sich aus den §§ 12 Abs. 2 Satz 3, 17 Abs. 1 und Abs. 4 GKG. Der Ansatz des laufenden Kindesunterhalts beginnt mit Juni 2003.

Ende der Entscheidung

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