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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.01.2002
Aktenzeichen: 9 UF 248/01
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 516
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 621 e Abs. 3 Satz 2
FGG § 64 Abs. 3 Satz 1
BGB § 1617 c Abs. 1 S. 3
BGB § 1618
BGB § 1618 S. 1
BGB § 1618 S. 3
BGB § 1618 S. 4
BGB § 1618 S. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluß

9 UF 248/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die als befristete Beschwerde auszulegenden Beschwerden der Antragstellerin und ihres Ehemannes vom 7. November 2001 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 2. August 2001 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

am 7. Januar 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die Antragstellerin und ihr Ehemann haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 5.000 DM (= 2.556,46 €) zu tragen.

Gründe:

Die Beschwerden sind nach § 621 e Abs. 1 ZPO statthaft, weil es sich bei der Ersetzung der Zustimmung des Vaters zur Namenserteilung um eine Familiensache handelt (BGH FamRZ 1999, 1648) und § 64 Abs. 3 Satz 1 FGG bestimmt, dass in Angelegenheiten, die vor das Familiengericht gehören, die Vorschriften des zweiten und dritten Abschnittes des sechsten Buches der ZPO gelten.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist auch zulässig, denn die Antragstellerin hat die Beschwerdefrist gemäß §§ 516, 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO gewahrt.

Dagegen ist die Beschwerde ihres Ehemannes unzulässig, da er nicht am Verfahren beteiligt und durch die getroffene Entscheidung nicht beschwert ist. Beteiligte des Verfahrens um die Ersetzung der Einwilligung zur Einbenennung sind die persönlich anzuhörenden Eltern des Kindes und das Kind selbst (vgl. auch Oelkers/Oelkers, Stiefkinder - Probleme der Einbenennung gemäß § 1618 BGB, MDR 2001, 1269, 1272 m. w. N.), nicht dagegen der neue Ehegatte eines Elternteils; erforderlich ist in formeller Hinsicht lediglich dessen formell nachzuweisende Zustimmungserklärung, § 1618 S. 1 BGB.

In der Sache selbst sind im übrigen die Beschwerden auch nicht begründet, denn das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die familiengerichtliche Ersetzung der Einwilligung in die Namensänderung nicht vorliegen.

Nach § 1618 S. 1 BGB können der Elternteil, dem wie hier der Antragstellerin die elterliche Sorge für ein unverheiratetes Kind allein zusteht, und sein (neuer) Ehegatte dem Kind ihren Ehenamen erteilen. Dies bedarf allerdings der Einwilligung des anderen Elternteils, wenn das Kind dessen Namen führt, § 1618 S. 3 BGB. Diese Einwilligung kann das Familiengericht im Falle der Weigerung des Elternteils ersetzen, wenn die Erteilung des Familiennamens zum Wohl des Kindes erforderlich ist, § 1618 S. 4 BGB.

Die Einbenennung des Kindes ist gern § 1618 BGB zunächst an verschiedene formelle Voraussetzungen gebunden, die sämtlich erfüllt sein müssen, bevor die Einwilligungsersetzung des nicht sorgeberechtigten Elternteils und damit die Prüfung, ob die Änderung des Familiennamens zum Wohl des Kindes erforderlich ist, überhaupt in Betracht kommt. Hierzu gehören insbesondere die formgerechten Erklärungen der Kindesmutter und deren neuen Ehemannes zur Einbenennung sowie die Einwilligungserklärung des 14 Jahre alten Kindes (§ 1618 Satz 1, 3 BGB), die zur Akte zu reichen sind (vgl. auch Senat in JAmt 2001, 98, ferner Oelkers/ Oelkers a. a. O. S. 1272).

Zwar sind die Erklärungen der Antragstellerin und des betroffenen Sohnes im Anhörungstermin vom 2. Oktober 2001 vor der Rechtspflegerin des Amtsgerichtes abgegeben worden. Nach §§ 1618 S. 6, 1617 c Abs. 1 S. 3 BGB sind diese Erklärungen aber gegenüber dem Standesbeamten abzugeben und zudem öffentlich zu beglaubigen. An diesen Voraussetzungen fehlt es bislang. Hinzu kommt, daß auch die erforderliche Erklärung des Ehemannes der Antragstellerin aussteht. Zwar ist aufgrund seiner Beschwerde davon auszugehen, daß er die Zustimmung erklären wird, als zwingende Einbenennungsvoraussetzung ist deren (formgerechte) Erteilung aber notwendig.

Vorsorglich weist der Senat darauf hin, daß auch in materieller Hinsicht die Voraussetzungen einer Einbenennung nicht vorliegen.

Nach § 1618 Satz 4 BGB kann die Ersetzung der verweigerten Einwilligung des anderen Elternteils nur dann erfolgen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Die Entstehungsgeschichte dieser am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Regelung zeigt, dass die Vorschrift eng auszulegen ist. Während der Regierungsentwurf für die Ersetzung der Zustimmung noch für ausreichend hielt, dass die Ersetzung "dem Wohl des Kindes dienen müsse", sprach sich der Rechtsausschuss für die nunmehr Gesetz gewordene Formulierung "zum Wohl des Kindes erforderlich" aus. Mit dieser engen Fassung soll verhindert werden, dass mit der Einbenennung über die Belange des anderen Elternteils zu leicht hinweggegangen wird, denn die Ersetzung der Einwilligung zur Einbenennung stellt einen gravierenden Eingriff in das Elternrecht des Vaters nach Art. 6 Grundgesetz und in die Beziehung zwischen Kind und Vater dar. Der gemeinsame Familienname, der aufgegeben werden soll, dokumentiert nach außen Zugehörigkeit und Zuordnung des Kindes zu seinem Vater, so dass die Aufhebung dieser äußeren Verbindung schwerwiegende Folgen für das Zugehörigkeitsgefühl und damit die tatsächlichen Beziehungen zwischen Vater und Kind haben kann. Zu berücksichtigen neben der namensmäßigen Abstammung ist ferner die Kontinuität der Namensführung. Die Zustimmung zur Einbenennung kann somit nur dann erfolgen, wenn das Wohl des Kindes, wurde es weiterhin seinen Geburtsnamen tragen, gefährdet wäre (dies entspricht - mit nur geringen Abweichungen im Detail - allgemeiner Ansicht OLG München NJW-RR 2000, 667, OLG Koblenz NJWE-FER 2000, 113, OLG Oldenburg NJW 2000, 367, OLG Köln NJW-RR 2000, 1102 und NJWE-FER 1999, 232, Oelkers/Oelkers a. a. O. S. 1270).

Im vorliegenden Fall sind die Kindesinteressen durch die Beibehaltung des Namens K nicht in einem solchen Maße berührt, dass die Eingriffsschwelle des § 1618 Satz 4 BGB erreicht wäre.

Grundsätzlich entspricht es zwar dem Wohl des Kindes den gleichen Namen wie die neue Familie, in der er lebt, zu tragen (vgl. auch BVerfG NJW 1993, 583).

Dem von R in seiner Anhörung durch das Amtsgericht ausdrücklich vorgebrachten Wunsch, den neuen Ehenamen der Mutter zu führen, weil er "richtig" zur Familie gehören mochte, kann in diesem Zusammenhang aber keine ausschlaggebende Wirkung zukommen. Die Eingliederung des Kindes in den neuen Familienverband ist ein tatsächlicher Vorgang, der von der Namensgleichheit nicht abhängig ist Angesichts der vielfältigen Möglichkeiten des neuen Namensrechts, innerhalb einer Familie verschiedene Namen zu führen, hat der Gesichtspunkt der Namensgleichheit in der neuen Familie bei der vorzunehmenden Abwägung auch an Bedeutung verloren.

Bei Berücksichtigung des Alters von R, der nunmehr 15 Jahre alt ist und zuvor stets den Namen K geführt hat, ist nicht davon auszugehen, dass das Kindeswohl bei einer Beibehaltung dieses Namens gefährdet werden konnte. Dafür spricht insbesondere auch, dass bei seiner Anhörung vor der Rechtspflegerin des Amtsgerichts der betroffene Sohn R erklärt hat, er fühle sich schon jetzt zur Familie gehörig. Soweit dagegen aus dem mündlichen Vorbringen der Mutter hervorgeht, es sei ein gemeinsames Kind mit dem neuen Ehemann geplant, kann ein solcher Grund - unabhängig von der Ungewissheit des Eintritts dieses Ereignisses - für das Wohl von R keine Bedeutung haben. Ebensowenig kommt es in diesem Zusammenhang darauf an, dass umgangsrechtliche Kontakte zwischen Vater und Sohn derzeit nicht stattfinden. Die Einzelheiten hierzu sind zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner streitig. Mag auch der Antragsgegner sich vorhalten lassen, nach derzeitiger Aktenlage nur in geringem Umfange Bemühungen um einen Kontakt mit dem Sohn angestellt zu haben, so ist nicht zu verkennen, dass auch die Antragstellerin ihrer eigenen Verpflichtung, Kontakte zwischen dem Sohn R und dem (umgangsberechtigten) Antragsgegner zu fordern, nach Lage der Akten bislang nicht nachgekommen ist.

Die demgegenüber vor allem von der Antragstellerin vorgebrachten Gesichtspunkte können jedenfalls nicht starker gewichtet werden. Die Wünsche der Antragstellerin, ihres neuen Ehemannes und des Kindes R im vorliegenden Fall mögen verständlich sein, dies führt jedoch nicht dazu, dass die Einbenennung zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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