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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 12.05.2009
Aktenzeichen: 9 UF 32/09
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 621 e Abs. 1
BGB § 621 e Abs. 3
BGB § 1587 Abs. 2
ZPO § 148
ZPO § 517 Abs. 1
ZPO § 538
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird das am 2. Februar 2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Cottbus - Az. 97 F 271/08 - teilweise, nämlich hinsichtlich der Entscheidung zum Versorgungsausgleich abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Das Verfahren über den Versorgungsausgleich wird ausgesetzt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Beschwerdewert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß § 621 e Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 517 Abs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist insoweit begründet, als der Versorgungsausgleich derzeit auszusetzen ist.

Innerhalb der Ehezeit im Sinne des § 1587 Abs. 2 BGB, d.h. im Zeitraum vom 1. Juni 1980 bis zum 31. August 2008, hat die Antragstellerin nach der Auskunft der Beteiligten zu 1. vom 12. November 2008 in der allgemeinen Rentenversicherung angleichungsdynamische Anwartschaften von monatlich 854,03 EUR und ferner regeldynamische Anwartschaften von 0,19 EUR monatlich erworben. Außerdem hat sie bei der Beteiligten zu 1. nach deren Auskunft vom 14. November 2008 Anwartschaften auf eine Betriebsrente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, deren Ehezeitanteil sich auf monatlich 139,32 EUR beläuft.

Demgegenüber hat der Antragsgegner in der Ehezeit ausweislich der Auskunft der Beteiligten zu 2. vom 11. November 2008 in der allgemeinen Rentenversicherung angleichungsdynamische Anwartschaften in Höhe von 833,06 EUR monatlich erworben.

Das Amtsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung den Versorgungsausgleich unter Außerachtlassung der Anwartschaften der Antragstellerin auf die betriebliche Altersversorgung und damit jedenfalls fehlerhaft durchgeführt.

Darüber hinaus ist im Streitfall festzustellen, dass der Anwartschaft der Antragstellerin auf diese Betriebsrente nach Auskunft der Beteiligten zu 1. eine sog. Startgutschrift zugrunde liegt. Diese Regelung verstößt, wie der Bundesgerichtshof für die gleichlautende Regelung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder entscheiden hat, wegen Ungleichbehandlung der rentennahen und rentenfernen Jahrgänge gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes und ist damit unwirksam (BGH FamRZ 2008, 395 ff.). Die Beteiligte zu 1. hat in dem der Auskunft zum Versorgungsausgleich vom 14. November 2008 beigefügten Hinweis selbst ausdrücklich auf diese höchstrichterliche Entscheidung Bezug genommen, die zur Folge hat, dass die genaue Höhe der erworbenen Anwartschaften, die auf Startgutschriften beruhen, derzeit nicht konkret ermittelt werden kann. Es bedarf vielmehr einer Satzungsänderung des Rentenversicherungsträgers, weil es wegen der Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelung an einer rechtlichen Grundlage für die Startgutschriften fehlt. Eine verbindliche Festlegung der Rentenanwartschaft der Antragstellerin aus der betrieblichen Zusatzversorgung ist somit derzeit nicht möglich. Der Zeitpunkt für die erforderliche Satzungsänderung ist nach dem vorzitierten eigenen Hinweis der Beteiligten zu 1. vorläufig nicht absehbar.

Da keine der Parteien Rentenleistungen bezieht, liegt hier auch kein Ausnahmefall vor, in dem wegen drohender wirtschaftlicher Nachteile trotzdem der Versorgungsausgleich vorgenommen werden könnte.

Vor diesem Hintergrund muss das Versorgungsausgleichsverfahren in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO ausgesetzt werden, solange für die Berechnung der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anwartschaften der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 2. eine rechtliche Grundlage fehlt. Dass eine Aussetzung entsprechend der genannten Vorschrift auch im FGG-Verfahren möglich ist, wovon der Senat bereits seit längerem ausgeht, hat auch der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 5. November 2008 (Az. XII ZB 53/06) bestätigt.

Sobald eine neue wirksame Satzung besteht, kann die Beteiligte zu 2. eine korrekte Auskunft zum Ehezeitanteil der bei ihr durch die Antragstellerin erworbenen Anwartschaften auf die Betriebsrente mitteilen. Danach kann das Amtsgericht ohne weiteres das Verfahren wieder aufnehmen und sodann den Versorgungsausgleich durchführen.

Auf die Frage, ob eine Aufhebung und Zurückverweisung entsprechend § 538 ZPO im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zulässig ist, kommt es hier nicht an (vgl. hierzu zuletzt BGH in der genannten Entscheidung vom 5. November 2008). Zwar steht eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Dieses Ermessen ist jedoch im vorliegenden Fall auf eine Verpflichtung reduziert, da die Voraussetzungen einer Sachentscheidung, hier die verbindliche Bewertung der Anrechte bei der Beteiligten zu 2. nicht geklärt werden können (BGHZ 97, 135; Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl., § 148, Rn. 7). Der Senat kann deshalb die getroffene Entscheidung des Amtsgerichts selbst dahin abändern, dass das Verfahren - in I. Instanz - ausgesetzt wird. Einer Aufhebung und Zurückverweisung an das Amtsgericht, um diese Entscheidung zu treffen, bedarf es somit nicht. Durch die vorliegende Entscheidung des Senats ist das Verfahren weiterhin beim Amtsgericht anhängig.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 13 a Abs. 1 FGG, 21 GKG; die Entscheidung zum Beschwerdewert beruht auf § 49 Nr. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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