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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 06.08.2007
Aktenzeichen: 9 WF 173/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2
ZPO §§ 567 ff.
ZPO § 114
BGB §§ 1601 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 173/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding als Einzelrichterin

am 6. August 2007

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 26.03.2007 - Az. 51 F 372/06 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die gemäß §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Amtsgericht hat Prozesskostenhilfe mit zutreffender Begründung versagt.

Prozesskostenhilfe kann nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 114 ZPO. Das ist hier nicht der Fall.

Der Kläger ist das minderjährige Kind des Beklagten. Ihm steht ein Anspruch auf Zahlung von Regelunterhalt in dem begehrten Umfang zu, §§ 1601 ff. BGB. Der Beklagte kann sich demgegenüber nicht auf Leistungsunfähigkeit berufen. Es kommt nicht allein darauf an, dass der Beklagte kein Einkommen bezieht, das über seinem notwendigen Selbstbehalt liegt.

Jedenfalls ist er als fiktiv leistungsfähig anzusehen, da die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsverpflichteten nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen, sondern auch durch solche Mittel, die er bei gutem Willen durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit erreichen könnte, bestimmt wird. Gegenüber minderjährigen Kindern besteht eine Verpflichtung zur gesteigerten Ausnutzung der Arbeitskraft, in deren Rahmen den Unterhaltsschuldner die Obliegenheit trifft, gegebenenfalls auch im Wege eines Orts- oder Berufswechsels eine Erwerbstätigkeit zu finden, die so vergütet wird, dass wenigstens der Regelunterhalt geleistet werden kann. Zu den Anforderungen, die an den Unterhaltsschuldner zu stellen sind, wird auf die ständige Rechtsprechung des Senats verwiesen (Brandenburgisches OLG NJW-RR 2005, 949; FamRZ 2005, 233; JAmt 2004, 502; FuR 2004, 38; NJWE-FER 2001, 8; 2001, 70).

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass alle zumutbaren Anstrengungen unternommen worden sind, trifft insoweit den Unterhaltsschuldner. Um dieser zu genügen, muss er in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte er im Einzelnen unternommen hat und diese dokumentieren. Nicht ausreichend sind allgemeine Hinweise auf die schlechte Arbeitsmarktlage, da ein Erfahrungssatz, dass wegen des Vorliegens ungünstiger Bedingungen ein Arbeitsplatz nicht gefunden werden kann, nicht existiert (Brandenburgisches OLG a.a.O.). Vielmehr kann das Bestehen einer Erwerbsmöglichkeit nur anhand konkreter Erwerbsbemühungen überprüft werden. Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats führt dies dazu, dass der arbeitslose Unterhaltspflichtige das Absenden von mindestens 20 - 30 ernsthaften Bewerbungen im Monat substanziiert darzulegen hätte, um seiner gesteigerten Erwerbsverpflichtung nachzukommen.

Wenn der Beklagte selbst darauf hinweist, die Bewerbungen müssten Ernst zu nehmen sein, so trifft das zu. Es ist demnach auch keineswegs ausreichend, dem Gericht 20 - 30 Bewerbungen vorzulegen, um der Nachweisobliegenheit nachzukommen. Es muss sich nachvollziehbar um ernsthafte Erwerbsbemühungen handeln. Der Beklagte hat bereits nicht ausreichend belegt, dass er sich ortsnah in genügendem Umfang um eine Stelle bzw. eine zusätzliche Nebentätigkeit bemüht hat. Von einem erst 27 Jahre alten, gesunden und als Einzelhandelskaufmann ausgebildeten Unterhaltspflichtigen, der noch dazu über weitere Qualifikationen und Berufserfahrung verfügt, kann ohne Darlegung etwaiger Hinderungsgründe erwartet werden, dass er sich nicht nur ortsnah bewirbt. Dass er auch anderenorts nicht mehr als den Selbstbehalt erwirtschaften könnte, hat der Beklagte nur ins Blaue hinein behauptet. Angesichts der ihm obliegenden Darlegungslast kann keineswegs unterstellt werden, notwendige Mietzahlungen oder Fahrtkosten würden einen etwaigen Mehrerlös aufzehren.

Außerdem kann der Beklagte angesichts seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit auch nicht darauf bestehen, er könne nur in seinem erlernten Beruf tätig sein. Es ist ihm jede Tätigkeit zuzumuten, die ihn in den Stand setzt, den notwendigen Unterhalt für sein minderjähriges Kind zu zahlen.

Die Tatsache, dass der Antragsteller einer Erwerbstätigkeit nachgeht, die trotz einer Vollzeittätigkeit nicht genügend einbringt (geringfügige Beschäftigung im elterlichen Betrieb bzw. befristete Beschäftigung in einem Geschäft für Tabakwaren u. a.), ist kein hinreichendes Indiz dafür, dass sich der Unterhaltspflichtige genügend bemüht hat, eine Beschäftigung zu finden, die - sei es auch durch weitere Nebentätigkeiten - die Erfüllung der Unterhaltspflicht unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts von 820 € ermöglicht. Zu etwaigen Bemühungen um eine besser bezahlte Arbeit hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nichts vorgetragen. Der Beklagte verkennt immer noch den Umfang seiner Darlegungslast. Es ist nicht die Aufgabe des Gerichts, dem Beklagten eine geeignete Stelle nachzuweisen, sondern Obliegenheit des Beklagten, dem Gericht nachzuweisen, dass er alle notwendigen Bemühungen unternommen hat, um eine (oder mehrere) ausreichend entlohnte Stelle(n) zu finden. Dem ist er trotz mehrfacher Hinweise nicht nachgekommen.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Amtsgerichts im Nichtabhilfebeschluss vom 19.06.2007 Bezug genommen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet, § 127 Abs. 4 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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