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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 25.09.2006
Aktenzeichen: 9 WF 289/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115
ZPO § 127 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

A. Zwischen den beteiligten Eheleuten ist ein bislang einverständlich geführtes Ehescheidungsverfahren anhängig. Die Eheleute beabsichtigen, einen Vergleich im Termin zur mündlichen Verhandlung protokollieren zu lassen, der einerseits die Miteigentümergemeinschaft an dem im gemeinsamen Miteigentum stehenden bebauten Grundstück auseinandersetzt und andererseits eine abschließende Regelung zum Zugewinnausgleich enthält. Der Zugewinnausgleich ist nicht als Folgesache im vorliegenden Ehescheidungsverfahren anhängig.

Auf den Antrag der Antragsgegnerin ist dieser durch das Amtsgericht ratenfreie Prozesskostenhilfe für die Scheidungssache und die Folgesache Versorgungsausgleich unter Beiordnung des sie vertretenden Prozessbevollmächtigten bewilligt worden. Dabei hat das Amtsgericht zu erkennen gegeben, den Vergleich nicht protokollieren zu wollen und insoweit auch keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Mit der gegen den vorgenannten Beschluss gerichteten sofortigen Beschwerde rügt die Antragsgegnerin, dass ihr nicht auch zugleich Prozesskostenhilfe für den Abschluss des beabsichtigten Vergleichs bewilligt worden ist.

B. Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

I. Das Amtsgericht hat mit insgesamt zutreffenden Erwägungen eine gesonderte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Abschluss des beabsichtigten Vergleiches der Eheleute verneint.

Im anhängigen Rechtsstreit gibt es keine Prozesskostenhilfe nur für den Abschluss eines Vergleiches, sondern nur für den Rechtsstreit oder einen Teil desselben. Soweit Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, erstreckt sich diese auch auf den Abschluss eines Vergleiches (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Auflage 2005, § 118, Rn. 7). Der Antragsgegnerin kann daher nicht, wie von ihr begehrt, gesonderte Prozesskostenhilfe für den Abschluss des beabsichtigten Vergleichs über die Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft an dem bebauten Grundstück sowie hinsichtlich des Zugewinnausgleiches bewilligt werden.

II. Soweit das Amtsgericht sich weigert, dem Wunsch der Parteien nach Protokollierung eines Vergleiches nachzukommen, wird auf Folgendes hingewiesen:

Wenn die Eheleute - wie beiderseits auch beantragt - in der noch anzuberaumenden mündlichen Verhandlung den beabsichtigten Vergleich schließen und diesen protokollieren lassen wollen, muss das Gericht dem nachkommen (vgl. allgemein dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Auflage, § 118, Rn. 19 für das Prozesskostenhilfeverfahren). Es besteht daher eine Pflicht des Gerichtes zur Protokollierung des Vergleiches, selbst wenn dieser nicht anhängige bzw. anderweitig anhängige Streitigkeiten der Parteien betrifft, soweit der Vergleich den anhängigen Streitgegenstand wenigstens mit betrifft (vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO., Anhang § 307, Rn. 6).

Die für das Hauptsacheverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe deckt dann jedoch nur die vergleichsweise Regelung zum Streitgegenstand ab. Die nicht anhängigen Gegenstände, die der Vergleich umfasst, können dann nur durch gesonderte Beschlussfassung in die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach Abschluss des Vergleiches mit aufgenommen werden, was jedoch nur in Ausnahmefällen aus prozessökonomischen Gründen in Betracht kommt (vgl. auch Zöller/Philippi, aaO., § 118, Rn. 11).

Unter Berücksichtigung dessen dürfte hier die nachträgliche Einbeziehung der den Zugewinnausgleich betreffenden Regelungen der Parteien in die Bewilligung der Prozesskostenhilfe in Betracht zu ziehen sein. Denn die Eheleute haben es in der Hand, die Folgesache Zugewinnausgleich anhängig zu machen und insoweit dann auch zwangsläufig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für diesen Streitgegenstand zu erzwingen. Um einen solchen verfahrensrechtlichen Umweg zu vermeiden, erscheint es prozessökonomisch, dann für die im abzuschließenden Vergleich enthaltenen Regelungen zum Zugewinnausgleich Prozesskostenhilfe zu bewilligen, obgleich der Zugewinnausgleich hier nicht streitgegenständlich ist. Demzufolge dürften dann auch die im abzuschließenden Vergleich enthaltenen Regelungen der Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugänglich sein, da dieser erkennbar in engem Zusammenhang mit der Regelung des Zugewinnausgleichs steht und daher auch insoweit die Prozessökonomie für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe spricht.

III. Gleichwohl ist die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin nicht erfolgreich, da ihre Bedürftigkeit nicht festgestellt werden kann, § 115 ZPO. Da das Institut der Prozesskostenhilfe, das eine Art Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen in Aussicht stellt, ausschließlich dazu dient, wirtschaftlich Schwachen den Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen, hat die Partei zunächst ihr Vermögen vorrangig zur Finanzierung des Prozesses einzusetzen, soweit ihr dies zumutbar ist (§ 115 Abs. 2 ZPO), bevor die Allgemeinheit mit diesen Kosten belastet werden darf.

1. Die Antragsgegnerin führt eine Lebensversicherung bei der H... M..... Versicherungs AG, die derzeit einen Rückkaufswert von etwa 1.000,00 Euro hat. Eine vorhandene Lebensversicherung muss einer Verwertung zugeführt werden - sei es im Wege der Beleihung, sei es im Wege der Realisierung des Rückkaufswertes - bevor die Solidarität der Allgemeinheit durch Gewährung von Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen wird (allgemein dazu BVerwG NJW 2004, 3647, 3648; OLG Nürnberg FamRZ 2006, 1284; OLG Stuttgart, FamRZ 2004, 1651; OLG Köln, FamRZ 2004, 382; KG FamRZ 2003, 1394; AG Pforzheim FamRZ 2005, 467, 468). Daran ändert auch nichts, dass dieses Kapital - möglicherweise - der Alterssicherung dient, da auch ein solches Kapitalvermögen einzusetzen ist (Brandenbur-gisches OLG FamRZ 2006, 1396, 1397; 1399, 1400; OLG-Report 2006, 256, 257; OLG Nürnberg FamRZ 2006, 1284; OLG Frankfurt FamRZ 2005, 466). Dabei kann sich die Partei auch nicht darauf berufen, dass mit der vorzeitigen Realisierung der Versicherung Verluste verbunden sind. Eine Vermögensbildung zu Lasten der Allgemeinheit ist abzulehnen. Der Einsatz von Vermögenswerten ist auch dann zumutbar, wenn mit der vorzeitigen Kündigung Einbußen verbunden sind (BSG FamRB 2005, 347 für Kapitallebensversicherungen; OLG Celle FamRZ 2005, 992 für Sparguthaben; Brandenburgisches OLG FamRZ 2006, 1396, 1397; 1399, 1400; OLG-Report 2006, 256, 257; i. E. auch OLG Frankfurt FamRZ 2005, 466). Zumindest bedarf es eines - hier fehlenden - eingehenden Vortrages dazu, weshalb im konkreten Fall mit der vorzeitigen Realisierung unzumutbare Kosten verbunden sind oder aus welchen sonstigen Gründen die Fortführung des Versicherung bzw. des Sparvertrages zwingend notwendig ist.

2. Darüber hinaus ist die Antragsgegnerin Eigentümerin eines Pkw Mazda 6. Auch ein Mittelklasse-Pkw bzw. wertvoller PKW ist einsetzbares Vermögen. Der solidarisch verbundenen Allgemeinheit ist es nicht zumutbar, dass die Partei einen wertvollen Pkw fährt, obgleich sie sich gleichwohl für bedürftig hält. Ein Pkw der Ober- oder Mittelklasse zählt in aller Regel zum verwertbaren Vermögen (Brandenburgisches OLG OLG-Report 2006, 256, 257; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl. 2006, § 115 Rn. 63 m. w. N.). Insoweit obliegt es der Antragsgegnerin, den Pkw zu veräußern und sich einen kleineren und billigeren Pkw anzuschaffen. All dies ist unabhängig von der weiteren Frage, ob die Antragsgegnerin überhaupt den Gebrauch eine Pkws zwingend benötigt, wofür es an notwendigen Angaben seitens der Antragsgegnerin fehlt.

Ob insoweit das der Antragsgegnerin zustehende Schonvermögen (2.600,00 Euro, zu erhöhen um die Freibeträge für 2 Kinder) schon durch die beiden vorgenannten Vermögenswerte (Lebensversicherung, PKW) erreicht wird, kann mangels genauerer Angaben zu dem Pkw nicht überprüft werden.

3. Dies kann aber letztlich dahinstehen.

Ausweislich des Vorbringens beider Parteien haben diese sich bereits hinsichtlich des Zugewinnausgleiches der Gestalt vereinbart, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin 5.000,00 Euro zahlen soll. Auch insoweit handelt es sich um einsetzbares Vermögen der Antragsgegnerin, welches sie zur Begleichung der Prozesskostenhilfe einzusetzen hat.

Ende der Entscheidung

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