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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 03.01.2006
Aktenzeichen: 9 WF 349/05
Rechtsgebiete: ZPO, FGB/DDR, BGB


Vorschriften:

ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
FGB/DDR § 39
FGB/DDR § 40
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 349/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 15. November 2005 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Guben vom 26. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

am 3. Januar 2006

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.312 €.

Gründe:

Die gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen die Kosten des durch die Klägerin eingeholten Privatgutachtens von 1.312 € im Rahmen der Kostenfestsetzung unberücksichtigt gelassen.

I.

Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenden Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Notwendig sind alle Kosten, die man in der konkreten Lage vernünftigerweise als voraussichtlich sachdienlich ansehen darf und muss (BGH FamRZ 2004, 866; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 91 Rn. 29 m. N.). Danach ist die Partei unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehalten, kostenauslösende Maßnahmen nur maßvoll einzusetzen und dabei die berechtigten prozessualen Belange des Gegners zu beachten. Ist der Rechtsstreit bereits rechtshängig, sind besonders hohe Anforderungen zu stellen. Es gilt der Grundsatz der sparsamen Prozessführung, wonach die Partei sich grundsätzlich auf die im Wege des gerichtlichen Beweisverfahrens erhobenen Beweise stützen muss. An die Notwendigkeit im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind daher bezüglich Privatgutachten, die während des Rechtsstreits eingeholt wurden, besonders hohe Anforderungen zu stellen (BGH NJW 1990, 123; OLG Hamm Rechtspfleger 2001, 616; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1431 f; Musielak-Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 91 Rn. 60; Stein/Jonas-Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rn. 81 m. w. N.). Eine Erstattungsfähigkeit besteht nur dann, wann die Partei ihre Behauptungen nur mit Hilfe eines solchen Privatgutachtens ausreichend darlegen bzw. unter Beweis stellen kann (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a. a. O., § 91 Rn. 102 m. w. N.).

Hinzu kommt, dass die Kosten für die Wertermittlung durch Sachverständige von dem Auskunftsberechtigten zu tragen sind (BGHZ 84, 31, 34). Diese allgemeine materiellrechtliche Kostentragungspflicht muss im Grundsatz auch bei der Beurteilung der Notwendigkeit im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO Berücksichtigung finden.

II.

Unter Beachtung der vorgenannten strengen Voraussetzungen besteht hier keine Erstattungsfähigkeit der Kosten des während des laufenden Prozesses eingeholten Privatgutachtens.

1.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass zur Zeit der Einholung des Privatgutachtens sich das Verfahren noch in der Auskunftsstufe des Zugewinnausgleichs befand, deren Vollstreckung die Klägerin betrieb. Da der Beklagte zu dieser Zeit die geschuldete Auskunft noch nicht vollständig erbracht hatte, war offen, inwieweit die Einholung eines Privatgutachtens überhaupt erforderlich werden würde. Mögen die Parteien auch im weiteren Verlauf über das Zahlenwerk gestritten haben, so ist nicht auszuschließen, dass die Klägerin nach erteilter Auskunft die notwendigen Angaben erhalten hätte, um ihren Ausgleichsanspruch beziffern zu können. Zu dieser Vorgehensweise war sie auf Grund der vorangestellten Verpflichtung, die Prozesskosten möglichst niedrig zu halten, auch gehalten.

2.

Nichts anderes gilt auch, soweit ein Anspruch der Klägerin gemäß § 40 FGB/DDR in Frage stand.

Zur Vorbereitung von Ansprüchen nach den §§ 39, 40 FGB/DDR steht dem berechtigten Ehegatten ein Auskunftsanspruch gegenüber dem verpflichteten Ehegatten zu. Dies folgt zwar nicht aus den §§ 39, 40 FGB/DDR bzw. aus sonstigen Regelungen des vormaligen Rechts, entsprach aber bereits zu DDR-Zeiten allgemeiner Auffassung und wird nunmehr aus § 242 BGB hergeleitet (BGH FamRZ 1999, 1197, 1199; Götsche, Die Anwendung der §§ 39, 40 FGB/DDR bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung im Scheidungsfall, FamRB 2003, 258).

Diese Auskunftspflicht des vermögenden Ehegatten erstreckt sich darauf, sämtliche wertbildenden Faktoren des Grundstücks so genau wie möglich anzugeben. Danach war der Beklagte verpflichtet, die für den Stichtag 3. Oktober 1990, der sowohl für den Ausgleichsanspruch des § 40 FGB der DDR als auch für den Zugewinnausgleichsanspruch (als Stichtag des Anfangsvermögens) von Relevanz ist, maßgeblichen wertbildenden Faktoren anzugeben. Gleichermaßen war die Klägerin gehalten, zunächst die entsprechenden Angaben des Beklagten abzuwarten bzw. die Vollstreckung soweit zu betreiben, bis zweifelsfrei feststeht, dass sie sich die erforderlichen Wertangaben nicht im Wege der Zwangsvollstreckung hätte besorgen können.

Hinzu kommt, dass für die Ermittlung des Anfangsvermögens des Beklagten dieser selbst die Darlegungs- und Beweislast trägt. Insoweit war die Klägerin verpflichtet, zunächst die entsprechenden Angaben des Beklagten abzuwarten, diese sodann gegebenenfalls zu bestreiten und die gerichtliche Einholung eines Sachverständigengutachtens auf Antrag des darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten abzuwarten (vgl. auch OLG Karlsruhe, FamRZ 1999, 175, 176 am Ende).

Ende der Entscheidung

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