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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 06.03.2008
Aktenzeichen: 9 WF 57/08
Rechtsgebiete: FGG, BGB, BVormVG


Vorschriften:

FGG § 50 Abs. 1
FGG § 50 Abs. 5
FGG § 56g Abs. 5 S. 1
FGG § 67a Abs. 1
FGG § 67a Abs. 5
BGB § 1835 Abs. 1
BGB § 1835 Abs. 4
BGB § 1836 Abs. 1
BGB § 1908 i Abs. 1
BVormVG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 57/08 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf den als sofortige Beschwerde auszulegenden Widerspruch der Verfahrenspflegerin vom 27. November 2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 26. Oktober 2007 durch

die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Werr als Vorsitzende, die Richterin am Oberlandesgericht Gieseke und den Richter am Oberlandesgericht Götsche als beisitzende Richter

am 6. März 2008

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß §§ 50 Abs. 5, 67a Abs. 5, 56g Abs. 5 S. 1 FGG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat mit insgesamt zutreffenden Erwägungen eine über 222,03 € hinausgehende Vergütung bzw. einen Aufwendungsersatz versagt.

1.

Dem Verfahrenspfleger steht nach §§ 50 Abs. 5, 67 a Abs. 1 FGG, 1908 i Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen entsprechend §§ 1835 Abs. 1 und 4 BGB und eine Vergütung entsprechend §§ 1836 Abs. 1 BGB, 1 BVormVG zu. Dieser Ersatzanspruch bezieht sich jedoch nur auf diejenigen Zeiten und Aufwendungen, die Tätigkeiten betreffen, die der Erfüllung der vom Gesetz dem Verfahrenspfleger zugewiesenen Aufgaben dienen (BVerfG FPR 2004, 622, 624; OLG Oldenburg FamRZ 2005, 391; vgl. auch BT-Drucks. 13/7158, S. 15). Vergütet wird zudem nur der für die Erfüllung der Aufgaben notwendige Zeitaufwand, gemessen daran, was ein sorgfältig arbeitender, gewissenhafter Verfahrenspfleger zur Wahrnehmung seiner Aufgaben als notwendig ansehen würde. Nach diesen Maßstäben ist der geltend gemachte (Zeit-)Aufwand einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen (OLG Oldenburg FamRZ 2005, 391; st. Rspr. des Senats, Brandenburgisches OLG, FamRZ 2006, 1777; FGPrax 2004, 73, 74; ZfJ 2002, 233; FPR 2002, 280; FamRZ 2001, 692).

Nach § 50 Abs. 1 FGG hat das Gericht dem minderjährigen Kind einen Pfleger für ein seine Person betreffendes Verfahren zu bestellen, sobald dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Dies lässt erkennen, dass der Verfahrenspfleger für die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens an die Stelle des gesetzlichen Vertreters des Kindes tritt und an dessen Stelle die Kindesinteressen in das Verfahren einzubringen hat. Der Verfahrenspfleger hat also nur das eigene Interesse des Kindes zu erkennen und zu formulieren (ausdrücklich BVerfG FamRZ 1999, 85, 87); er hat darauf hinzuwirken, dass das Verfahren - soweit dies möglich ist - kindgerecht gestaltet wird und dem Kind in dem Verfahren bei Bedarf zur Seite zu stehen (BT-Drucks. 13/4899, S. 130). All dies charakterisiert den Verfahrenspfleger als subjektiven Interessenvertreter des Kindes; seine Aufgabenstellung in dem Verfahren ist derjenigen eines Rechtsanwaltes als Verfahrensbevollmächtigtem vergleichbar. Es ist dagegen nicht seine Aufgabe, als "reiner Parteivertreter" sich an der Erforschung der dem objektiven Kindeswohl am besten dienenden Entscheidung zu beteiligen; insbesondere hat er keine über die bloße Ermittlung des Kindeswillens hinausgehenden Ermittlungen anzustellen (vgl. insgesamt Senat, FamRZ 2001, 692).

2.

Unter Beachtung dieser Grundsätze sind die durch das Amtsgericht vorgenommenen Kürzungen nicht zu beanstanden.

a. Aktenstudium

Zutreffend hat das Amtsgericht den geltend gemachten Zeitaufwand von insgesamt drei Zeitstunden auf lediglich zwei Zeitstunden korrigiert. Angesichts des Umfanges der vorliegenden Akte und unter weiterer Berücksichtigung des inhaltlichen Streites der Eltern handelt es sich um ein allenfalls durchschnittliches Verfahren, weshalb eine derart zeitintensive, wie von der Verfahrenspflegerin begehrte Abrechnung nicht plausibel ist. Insoweit hätte es - da eine Vielzahl der Seiten der Akten für die Verfahrenspflegerin ohne Relevanz waren - üblicherweise sogar nahe gelegen, eine noch umfangreichere Absetzung für das Aktenstudium als lediglich eine Stunde vorzunehmen. Angesichts dessen, dass der Verfahrenspflegerin aber jedenfalls zwei Stunden zuerkannt worden sind, ist dies nicht zu beanstanden.

b. Kopieren der Gerichtsakte, Anlegen der Handakte

Auch hierfür hat das Amtsgericht zu Recht eine Vergütung der entsprechenden Arbeitszeit abgelehnt. Die Vergütung mit einem Stundensatz erfasst auch die Abgeltung anteiliger allgemeiner (sachlicher und personeller) Bürokosten des Berufsbetreuers. Dies gilt auch für das Anlegen von Ordnern. Das Kopieren der Akte bzw. das Anlegen einer eigenen Akte ist daher nicht gesondert vergütungsfähig (vgl. bereits Brandenburgisches OLG, FamRZ 2006, 1777, 1778).

c. Hin- und Rückfahrten zu den Anhörungsterminen im Haushalt beider Kindereltern

Auch insoweit ist eine Erstattungsfähigkeit zu verneinen. Zu Recht hat das Amtsgericht die entsprechenden Fahrtzeiten unberücksichtigt gelassen und lediglich die tatsächlich erfolgte Zeit der Anhörung der Kinder zugebilligt. Die Wahrnehmung der Anhörung im elterlichen Haushalt kommt nur in besonderen Fällen in Betracht, wenn die vertraute Umgebung für das Kind von besonderer Bedeutung ist, was der Verfahrenspfleger substantiiert darzutun hat (Brandenburgisches OLG, a.a.O., m.w.N.). An einer derart substantiierten Darlegung eines Ausnahmefalles fehlt es hier. In der Person der Kinder sind jedenfalls zunächst keinerlei Gründe erkennbar, die es gebieten, die Anhörung im elterlichen Haushalt zum Wohle der Kinder vorzunehmen. Allein die durch die Verfahrenspflegerin angeführte Weigerung der Kindesmutter, die Kinder nach B... in das Büro der Verfahrenspflegerin zu verbringen, genügt nicht. Mag es auch der Kindesmutter in zeitlicher Hinsicht nicht möglich gewesen sein, außerhalb ihrer Berufszeiten die Kinder dorthin zu bringen, so hätte sie diesbezüglich um eine Alternative - zum Beispiel der Hinzuziehung einer Vertrauensperson, insbesondere aber des Kindesvaters, oder das Einreichen eines Urlaubstages - bemühen müssen, um die Kinder nach B... zu bringen. Eine Anwesenheit der Kindesmutter bei dem Anhörungstermin war nicht zwingend geboten. Erst recht fehlt es insoweit an jeglichen Ausführungen der Verfahrenspflegerin dazu, weshalb dann die Anhörung des weiteren Sohnes D... im Haushalt des Kindesvaters notwendig war; dass D... vom Kindesvater nicht ins Büro der Verfahrenspflegerin gebracht werden konnte, ist nicht einmal ansatzweise dargetan.

d. Anschreiben an Gericht, Kindesmutter, Kindesvater; Rücksendung der Akten

Auch insoweit hat das Amtsgericht zutreffend den Zeitaufwand um die Hälfte (das heißt, um 20 Minuten) korrigiert. Dass für diese Tätigkeiten tatsächlich 40 Minuten erforderlich waren, ist durch die Verfahrenspflegerin in keiner Weise näher dargetan. Insoweit dürfte der zugebilligte Zeitaufwand von 20 Minuten regelmäßig ausreichend sein. Jedenfalls hätte es insoweit eines weitergehenden Vortrages der Verfahrenspflegerin bedurft, der im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vollständig fehlt.

e. Zeitaufwand für Ausarbeitung und Anfertigung der schriftlichen Stellungnahme

Nicht zu beanstanden ist es im Übrigen auch, dass das Amtsgericht für die Ausarbeitung lediglich 60 Minuten angesetzt hat. Von den sieben Seiten der Stellungnahme der Verfahrenspflegerin vom 18. Mai 2007 (Bl. 73 d.A.) sind annähernd fünf Seiten für die die Verfahrenspflegerin betreffende Aufgabenstellung ohne Relevanz. Dies betrifft insbesondere die entsprechenden Vorbemerkungen, die Darlegung der für den Auftrag relevanten Erkenntnisschritte, die Vorgeschichte, die Positionen der Kindeseltern sowie der wesentliche Teil der Zusammenfassung/Schlussfolgerung. Allein die Seiten vier bis sechs, welche die Positionen der Kinder darstellen, sind als relevant im Sinne der Aufgabenstellung der Verfahrenspflegerin anzusehen. Dafür ist es jedoch nicht erforderlich, dass insoweit fünf Stunden und 15 Minuten abgerechnet werden. Ein derartiger Zeitaufwand stellt sich angesichts des Akteninhaltes und des Inhaltes der vorgenannten Stellungnahme als derart überzogen dar, dass dieser Zeitaufwand nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar ist. Jedenfalls ist der durch das Amtsgericht zugebilligte Zeitaufwand von 60 Minuten damit nicht zu beanstanden.

Insgesamt waren der Verfahrenspflegerin demzufolge 375 Minuten zuzuweisen, wie aus den handschriftlichen Vermerken auf der Kostenrechnung Bl. 99 d.A. auch in rechnerischer Hinsicht zutreffend hervorgeht. Unter Berücksichtigung der weiteren - durch die Verfahrenspflegerin auch nicht beanstandeten - Positionen ergeben sich so insgesamt 222,03 € an erstattungsfähiger/n Vergütung/Aufwendungen, die das Amtsgericht zutreffend in der angefochtenen Entscheidung zu Gunsten der Verfahrenspflegerin festgesetzt hat.

Ende der Entscheidung

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