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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 20.12.2001
Aktenzeichen: Verg W 12/01
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 115 Abs. 1
GWB § 115 Abs. 2 Satz 2
GWB § 121
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

Verg W 12/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Vergabenachprüfungsverfahren

betreffend die Vergabe des Auftrages "Transport von häuslichem Schmutzwasser aus abflusslosen Sammelgruben der Grundstückseigentümer in Fäkalienannahmestationen des Wasserverbandes S... zur Sicherung einer umweltgerechten Entsorgung"

hat der Vergabesenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...

am 20. Dezember 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf den Antrag der Antragstellerin vom 13.12.2001 wird hinsichtlich der Lose 1, 2 und 5 das Verbot des Zuschlages gemäß § 115 Abs. 1 GWB wiederhergestellt.

Der Auftraggeber hat die Kosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht zu tragen. Der Streitwert wird auf 219.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Auftraggeber, ein Zweckverband, dem 27 Gemeinden angehören, plant, den Transport von häuslichem Schmutzwasser aus abflusslosen Sammelgruben der Grundstückseigentümer für den Zeitraum vom 1.1.2002 bis zum 31.12.2003 in Auftrag zu geben.

Der Auftraggeber schrieb diesen Auftrag im Ausschreibungsblatt des Landes Brandenburg vom 10.9.2001 aus. Dort heißt es, daß die Bewerber zum Nachweis ihrer Eignung Sachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit Angaben über ihre Kapazitäten für die zu erbringende Leistung machen und die zum Einsatz kommenden Fahrzeuge nachweisen müssen. Bietergemeinschaften wurden zugelassen. Ab dem 12.9.2001 konnten die Verdingungsunterlagen beim Auftraggeber angefordert werden. Ende der Frist für die Einreichung der Angebote und Eröffnungstermin war der 29.10.2001.

Ausweislich der Verdingungsunterlagen ist die Gesamtleistung in Einzugsbereiche aufgeteilt. Der Auftrag soll in acht Losen jeweils an den Mindestbieter vergeben werden. Davon sind im vorliegenden Verfahren drei in Streit, nämlich die Lose 1, 2 und 5 mit Auftragsvolumen von ca. 2.550.000,00 DM, 2.400.000,00 DM und 1.725.000,00 DM.

Die Antragstellerin eine aus acht Bietern bestehende Bietergemeinschaft bewarb sich um den Zuschlag für alle acht Lose. Bei den Losen 3, 6 und 8 war sie die preislich günstigste Bieterin, bei allen anderen Losen die zweitgünstigste. Bei dem Los 1 war der Bieter W... der günstigste Bieter, bei dem Los 2 der Bieter P... und bei dem Los 5 der Bieter S....

Der Bieter P... benannte dem Auftraggeber mit Schreiben vom 5.11.2001 zwei Subunternehmer, darunter das Mitglied zu 3.) der Antragstellerin. Der Auftraggeber legte ihm im Bietergespräch am 6.11.2001 nahe, einen weiteren Subunternehmer zu binden. Mit Schreiben vom 9.11.2001 benannte der Bieter P... noch das Mitglied zu 6.) der Antragstellerin als Subunternehmer.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin, Herr F..., rügte in einem Gespräch mit dem Auftraggeber am 13.11.2001, dem Bieter P... fehle die Leistungsfähigkeit.

Am 14.11.2001 stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag bei der 1. Vergabekammer des Landes Brandenburg. Im Nachprüfungsverfahren rügte sie die mangelnde Leistungsfähigkeit der Bieter W... und S....

Mit Schreiben vom 15.11.2001 teilte der Auftraggeber der Antragstellerin mit, ihre Angebote für die Lose 1, 2, 4, 5 und 7 könnten aus preislichen Gründen nicht berücksichtigt werden. Die Namen der Bieter, die den Zuschlag erhalten sollten, benannte er jedoch nicht.

Mit Schreiben vom 20.11.2001 beantragte der Antragsteller, ihm zu gestatten, den Zuschlag nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe der Entscheidung der Vergabekammer zu erteilen. Zur Begründung führte er aus, er habe die Verträge zur Erbringung der Entsorgungsleistungen zum 31.12.2001 gekündigt. Die entstehende Verzögerung der Zuschlagserteilung sei deshalb geeignet, die Funktionsfähigkeit und die Aufgabenerfüllung der dezentralen Schmutzwasserentsorgung für ca. 18.000 Haushalte spürbar zu beeinträchtigen. Wegen der Neuorganisation der Versorgungsgebiete müßten die Kunden noch rechtzeitig informiert werden. Zudem verhindere die Verzögerung des Zuschlages eine Absenkung der Gebühr für die dezentrale Entsorgung ab dem 1.1.2002 von derzeit 5,80 EUR/m³ auf 5,45 EUR/m³.

Die Vergabekammer gab diesem Antrag durch Beschluß vom 28.11.2001 statt.

In diesem Beschluß wird u. a. auf den unzureichenden Inhalt des Informationsschreibens des Auftraggebers vom 15.11.2001 hingewiesen. Der Auftraggeber teilte daraufhin der Antragstellerin mit Schreiben vom 4.12.2001 mit, welchem jeweiligen Bieter sie die Lose 1, 2, 4, 5 und 7 zuschlagen wolle.

Die Antragstellerin hat sich mit ihrem Schriftsatz vom 13.12.2001, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen am gleichen Tage, gegen den Beschluß der Vergabekammer vom 28.11.2001 gewandt.

Die Antragstellerin meint, die Vergabekammer habe zu Unrecht angenommen, mit dem Zuschlag könne, weil sonst die Schmutzwasserversorgung nicht sichergestellt werden könne, nicht bis zum Abschluß des Hauptsacheverfahrens gewartet werden. Selbst wenn das Verfahren vor der Vergabekammer bis in den Januar 2002 hinein dauere, sei dies kein Anlaß für die Gestattung des Zuschlags. Verantwortlich hierfür sei der Auftraggeber, dem bei der Wahl des Ausschreibungspunktes klar gewesen sein müsse, daß ein eventuell durchzuführendes Vergabenachprüfungsverfahren bis zum 31.12.2001 nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden könne.

Die Antragstellerin meint weiter, die Vergabekammer gehe zu Unrecht davon aus, daß allein die mangelnde Leistungsfähigkeit des Bieters P... substantiiert gerügt sei. Hierzu behauptet sie, sie habe erst mit Zugang des zweiten Informationsschreibens des Auftraggebers vom 4.12.2001 positive Kenntnis davon erlangt, daß die Bieter W... und S... den Zuschlag hatten erhalten sollen. Erst von diesem Zeitpunkt an habe sie dabei die mangelnde Leistungsfähigkeit der Bieter rügen können. Vorher habe sie hierzu nur Vermutungen anstellen können. Die Antragstellerin behauptet, der Bieter P... werde keinen Subunternehmer finden, der die Leistung zu dem von ihm angebotenen Preis von 7,34 DM/m² übernehmen werde. Der angebotene Preis decke allenfalls die Selbstkosten. Die Benennung eines weiteren Subunternehmers stelle im übrigen eine unzulässige Abänderung des Angebotes des Bieters P... dar. Der Bieter P... könne mit den vorhandenen Kapazitäten nur 36.000 m³ pro Jahr abfahren. Das Los 2 übersteige mit ca. 160.000 m³ die Kapazitäten um ein Vielfaches. Der angebotene Subunternehmer könne nur lediglich weitere 26.400 m³ jährlich abfahren. Mitglieder der antragstellenden Bietergemeinschaft würden nicht als Subunternehmer für den Bieter P... tätig werden. Die Bieter W... und S... seien Klein- bzw. Familienbetriebe, die über nicht ausreichende Kapazitäten verfügten. Der Bieter S... könne jährlich 42.000 m³ abfahren, das ausgeschriebene Volumen für Los 5 betrage jedoch 115.000 m³. Der Bieter W... könne jährlich 78.000 m³ jährlich abfahren, das ausgeschriebene Volumen für Los 1 betrage jedoch ca. 170.000 m³. Gerade um Kapazitätsproblemen zu begegnen, hätten sich die Mitglieder der Antragstellerin zu der Bietergemeinschaft zusammengeschlossen.

Der Auftraggeber habe auch kein Interesse an einem vorzeitigen Zuschlag. Die Schmutzwasserentsorgung sei auch über den 31.12.2001 gewährleistet. Der Auftraggeber habe im Rahmen einer beabsichtigten freihändigen Vergabe von den jeweiligen Mindestbietern Angebote für die befristete Entsorgung ab dem 1.1.2002 bis zum rechtskräftigen Abschluß des Nachprüfungsverfahrens/der Zuschlagserteilung eingeholt. Sie, die Antragstellerin, habe derartige verbindliche Angebote für die Lose 1 bis 7 abgegeben.

Die Antragstellerin beantragt,

1. das Verbot der Zuschlagserteilung für die Lose 1, 2 und 5 wieder herzustellen,

2. dem Auftraggeber die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen.

Der Auftraggeber beantragt,

den Antrag auf Wiederherstellung des Zuschlagsverbotes als unbegründet abzuweisen.

Der Auftraggeber behauptet, ihm seien die Bieter bekannt. Alle für den Zuschlag vorgesehenen Bieter erbrächten seit 1998 für ihn eine zuverlässige fach- und sachgerechte Entsorgungsleistung. Die Kapazitäten dieser Bieter seien in der Vergangenheit ausreichend gewesen. Er habe, da der Erstbieter S... für das Los 3 keine ausreichenden Kapazitäten nachweisen konnte, den Zuschlag an die Antragstellerin vorgesehen. Daraus werde deutlich, daß er der Leistungsfähigkeit der Bieter in ausreichendem Maße Rechnung trage. Der Bieter W... habe Abfuhrkapazitäten von 120.000 m³ nachgewiesen. Das Abfuhrvolumen für das Jahr 2002 liege bei nur ca. 100.000 m³, weil zunehmend Haushalte an die zentrale Schmutzwasserentsorgung angeschlossen werden würden.

Der Bieter P... habe einen Subunternehmer bereits mit der Angebotsabgabe benannt. Wegen der notwendigen Aktivierung weiterer Fahrzeuge habe der Verband im Interesse des besseren Kundenservices empfohlen, einen weiteren Subunternehmer zu binden, der bisher schon im betreffenden Einzugsgebiet tätig sei. Daß der Bieter P... bei seiner Anfrage an zwei Firmen geraten sei, die der Antragstellerin angehörten, habe er, der Auftraggeber nicht zu vertreten. Der Bieter P... habe eine Abfuhrkapazität zwischen 170.000 und 190.000 m³ nachgewiesen. Das Abfuhrvolumen für das Jahr 2002 betrage unter Berücksichtigung der fortschreitenden Erschließung ca. 150.000 m³.

Der Bieter S... habe bereits mit Angebotsabgabe einen Subunternehmer benannt. Er sei für die Lose 3 und 5 Mindestbieter gewesen, wegen nicht ausreichender Kapazitäten aber für das Los 3 zugunsten der Antragstellerin nicht berücksichtigt worden. Das Los 5 habe unter Berücksichtigung der fortschreitenden Erschließung im Jahre 2002 ein Abfuhrvolumen von ca. 80.000 m³. Die nachgewiesene Abfuhrkapazität liege bei 132.000 m³.

Er, der Auftraggeber, habe die freihändige Vergabe der Leistungen für den Zeitraum der Dauer des Nachprüfungsverfahrens an den jeweiligen Bieter vorgenommen, der auch den Zuschlag nach dem Ergebnis der öffentlichen Ausschreibung erhalten solle.

II.

Der Antrag auf Wiederherstellung des im Nachprüfungsverfahren bestehenden Zuschlagsverbotes hat im geltend gemachten Umfang Erfolg.

Da die Antragstellerin ihren Antrag gemäß § 115 Abs. 2 Satz 2 GWB, das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 GWB wieder herzustellen, auf die Lose 1, 2 und 5 beschränkt hat, ist der Beschluß der Vergabekammer vom 28.11.2001 abschließend, soweit es die Lose 3, 4, 6, 7 und 8 angeht. Insofern ist der Auftraggeber nicht gehindert, den Zuschlag vor Beendigung der aufschiebenden Wirkung von Nachprüfungsantrag und Beschwerde zu erteilen.

Hinsichtlich der Lose 1, 2 und 5 war das Zuschlagsverbot wieder herzustellen.

Die Vergabekammer hat in dem Beschluß vom 28.11.2001 angenommen, daß unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluß des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluß der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen und deshalb dem Antrag des Auftraggebers stattgegeben. Zur Begründung hat sich die Vergabekammer auf die Argumentation des Auftraggebers gestützt, es bestehe ein hohes Interesse an der Funktionsfähigkeit und der Aufgabenerfüllung der dezentralen Schmutzwasserentsorgug, auch habe die Allgemeinheit ein überragendes Interesse an einem Abschluß des Verfahrens, damit der Abtransport des Schmutzwassers gesichert werde.

Diese Argumentation ist grundsätzlich richtig. Allerdings hat die Allgemeinheit auch ein Interesse daran, daß der Auftraggeber den Auftrag für die Schmutzwasserentsorgung nur an leistungsfähige, mit ausreichenden Kapazitäten versehene Unternehmen vergibt, weil anderenfalls im Laufe der vorgesehenen Vertragsdauer von hier immerhin zwei Jahren Behinderungen und Stockungen bei der Entsorgung eintreten können. Dies hat die Vergabekammer bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt.

Im Laufe des Nachprüfungsverfahrens ist hier im übrigen eine Veränderung der Umstände eingetreten. Der Auftraggeber hat die zu vergebenden Leistungen vorläufig für den Zeitraum der Dauer des Nachprüfungsverfahrens freihändig vergeben, so daß die überragenden Interessen der Allgemeinheit gesichert sind.

Diese Umstände und der Ausnahmecharakter, den die Zuschlagsgestattung während des laufenden Nachprüfungsverfahrens hat, gebieten es, das Zuschlagsverbot wieder herzustellen. Der antragsberechtigte Bieter hat grundsätzlich Anspruch darauf, daß die behauptete Rechtsverletzung noch während des laufenden Nachprüfungsverfahrens festgestellt wird und daß die geeigneten Maßnahmen getroffen werden, um die Rechtsverletzung zu beseitigen. Das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 GWB dient dabei dem effektiven Rechtsschutz. Im Falle der Gestattung des vorzeitigen Zuschlags wird der Primärrechtsschutz beseitigt. Das ist nur ausnahmsweise gerechtfertigt (so auch OLG Celle WuW/E 2001, Verg 478-480).

Nichts anderes ergibt sich aus einer Prüfung der Erfolgsaussicht des Nachprüfungsantrages.

Zwar sieht § 115 Abs. 2 Satz 2 GWB - anders als § 121 GWB - die Gestattung des Zuschlags allein auf Grundlage der Interessenabwägung vor. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache spielen demgegenüber nur eine Rolle, wenn deren Prüfung einer zeitgerechten Beendigung des Eilverfahrens nicht entgegensteht (Thüringer OLG, Beschluß vom 14.11.2001,. 6 Verg 6/01 LS 1; Prieß, Handbuch des Europäischen Vergaberechts, 2. Auflage 2001, S. 209). Allerdings können die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht völlig unberücksichtigt bleiben. So kann die Gestattung des vorzeitigen Zuschlags mit einer fehlenden Erfolgsaussicht nur dann begründet werden, wenn sich die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Nachprüfungsantrages auf den ersten Blick erschließt (OLG Celle WuW/E 2001, Verg 478-480). Dies hat auch die Vergabekammer so gesehen und hat den überwiegenden Teil der Rügen der Antragstellerin, mit denen diese mangels rechtzeitiger Rüge präkludiert ist, als unzulässig angesehen. Dies hat die Antragstellerin mit ihrem Antrag an das Brandenburgische Oberlandesgericht auch nicht beanstandet.

Es kann bei einer summarischen Prüfung allerdings nicht festgestellt werden, daß der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin überhaupt keinen Erfolg haben und deshalb in vollem Umfang unzulässig oder unbegründet sein dürfte.

In der Hauptsache bleibt nach derzeitigem Stand auf die entsprechenden Rügen hin allein die Frage zu prüfen, ob die für die Durchführung des Auftrages erforderliche Leistungsfähigkeit der für den Zuschlag im Hinblick auf die Lose 1, 2 und 5 vorgesehenen Bieter gegeben ist oder nicht. Grundsätzlich muß der Bieter, der den Zuschlag erhalten will, selbst ausreichend leistungsfähig sein. Soweit er selbst nicht in der Lage ist, mit eigenen persönlichen und sachlichen Mitteln die erforderlichen Kapazitäten bereitzustellen, kann er zwar Subunternehmer einschalten. Der Bieter muß jedoch schon bei Angebotsabgabe nachweisen, daß er Subunternehmer gebunden hat, die verbindlich zugesagt haben, die angebotene Leistung - auch bei dem vom Hauptunternehmer angebotenen Preis - auszuführen. Nur so ist der Nachweis möglich, daß er tatsächlich über die für die Ausführung des Auftrages notwendigen Mittel verfügt (vgl. Daub/Meierrrose, VOL/A, 5. Auflage 2000, § 215 Rz 36). Nicht ausreichend ist es, daß der Hauptunternehmer das preisgünstigste Angebot macht und nach Angebotsabgabe anfängt, die für die Ausführung erforderlichen Subunternehmer zu suchen. Bei einer derartigen Sachlage kann von vorhandenen Kapazitäten beim Bieter nicht ausgegangen werden.

Ob die von dem Auftraggeber bevorzugten Bieter die Kapazitäten entsprechend gesichert hatten, erscheint fraglich und muß der Klärung im Nachprüfungsverfahren vorbehalten bleiben. Allerdings ergeben sich hieran schon aus den Vergabeakten selbst Zweifel.

Ausweislich der Verdingungsunterlagen ist für das Jahr 2001 für das Los 1 mit einer Abfuhrmenge von rund 170.000 m³ zu rechnen (84.724,33 x 2), für das Los 2 mit rund 160.000 m³ (80.756,71 x 2) und für das Los 5 mit rund 115.000 m³ (58.318,21). Auch wenn wegen der vom Auftraggeber durchgeführten Erschließungsmaßnahmen - Anschließung der Grundstückseigentümer an die öffentliche Kanalisation - mit einer Reduzierung der zu entsorgenden Schmutzwassermengen zu rechnen ist, kann der Umfang dieser Reduzierung im Eilverfahren derzeit nicht berechnet werden. Auszugehen ist deshalb vorläufig von den letzten vorliegenden vom Auftraggeber selbst stammenden und aus den Verdingungsunterlagen hervorgehenden Zahlen für das erste Halbjahr 2001, die der Senat zur Ermittlung des Jahresbedarfs mit dem Faktor 2 multipliziert hat.

Aus dem Protokoll des Bietergesprächs mit dem Bieter P... geht hervor, daß der Bieter P... den Nachweis der unstreitig erforderlichen Bindung von Subunternehmern am 6.11.2001 noch nicht führen konnte, und entsprechende Unterlagen erst bis zum 12.11.2001 nachreichen sollte.

Der Bieter W... hat im Bietergespräch erklärt, seine Kapazität betrage 10.000 m³ monatlich, mithin 120.0000 m³ jährlich, er werde bei Bedarf Subunternehmer binden. Daß ein solcher Bedarf jedenfalls im Jahr 2002 vorhanden sein wird, kann angesichts der Bedarfszahlen als wahrscheinlich angesehen werden. Es ist deshalb davon auszugehen, daß auch insoweit Zweifel an der Kapazität des Bieters angebracht sind.

Daß auch der Bieter S... bei einer Kapazität von 47.500 m³ (wohl jährlich) Subunternehmer einschalten muß, ergibt sich aus dem Protokoll des Bietergesprächs. Weiter heißt es, daß der Kapazitätsnachweis für die Entsorgungsleistung und notwendige Bindung von Subunternehmern bis zum 12.11.2001 erfolgen werde.

Danach spricht viel dafür, daß alle drei Bieter bei Angebotsabgabe tatsächlich nicht in der Lage waren, den Auftrag auszuführen, sich vielmehr nachträglich noch die erforderlichen Kapazitäten einkaufen mußten. Insofern bestehen für den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin Aussichten auf Erfolg.

Soweit es die Vergabe an die Bieter S... und W... angeht, ist die Antragstellerin voraussichtlich auch nicht mit einer entsprechenden Rüge präkludiert. Zwar hat sie nicht - wie von ihr vorgetragen - erst mit dem Informationsschreiben des Auftraggebers vom 4.12.2001 von der beabsichtigten Vergabe der Lose 1 und 5 an diese Bieter erfahren. Anderenfalls wäre es ihr nicht möglich gewesen, bereits mit ihrem Schriftsatz vom 23.11.2001 an die Vergabekammer bezogen auf diese Lose und diese Bieter deren fehlende Leistungsfähigkeit zu beanstanden. Es erscheint vielmehr wahrscheinlich, daß die Antragstellerin am 9.11.2001 oder am 13.11.2001 hiervon erfahren hat, als sie durch ihren Bevollmächtigten F... mit dem Auftraggeber über die Leistungsfähigkeit der Bieter gesprochen hat. Wenn einer dieser Tage der maßgebliche Zeitpunkt für den Beginn der Rügefrist war, wäre eine am 23.11.2001 im Vergabenachprüfungsverfahren geltend gemachte Rüge noch rechtzeitig gewesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 91 ZPO. Der Streitwert ergibt sich aus § 12 a Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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