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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 13.12.2005
Aktenzeichen: 1 ABR 31/03
Rechtsgebiete: ArbGG


Vorschriften:

ArbGG § 81 Abs. 3
ArbGG § 83 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! BESCHLUSS

1 ABR 31/03

Verkündet am 13. Dezember 2005

In dem Beschlussverfahren

hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Anhörung vom 13. Dezember 2005 durch die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Schmidt, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft und Linsenmaier sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Gentz und die ehrenamtliche Richterin Spoo beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 - des Betriebsrats im Betrieb K der A Gesellschaft mbH - gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 12. Februar 2003 - 7 TaBV 80/02 - wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

Gründe:

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberinnen Arbeitsanweisungen für den Karnevalsdienstag zu unterlassen haben.

Die zu 3 beteiligte Arbeitgeberin (A AG) betreibt in K ihre Zweigniederlassung für Nordrhein-Westfalen. Die zu 4 beteiligte Arbeitgeberin (AGIS) führt unter derselben postalischen Anschrift wie diese ihren K Betrieb. Die zu 1 und 2 beteiligten Betriebsräte sind die für die beiden Betriebe jeweils gewählten Betriebsräte.

Die Beschäftigten der A AG in der Zweigniederlassung K haben seit Jahrzehnten am Karnevalsdienstag dienstfrei. Für die Beschäftigten der AGIS gilt dies seit deren Gründung gleichermaßen.

Im Juni 1999 schloss die A AG mit dem Betriebsrat Zweigniederlassung eine "Betriebsvereinbarung über die Flexible Arbeitszeit" (BV Arbeitszeit). Nach deren Nr. 1 ist der Betrieb "an Werktagen (Montag bis Freitag) von 6.30 Uhr bis 20.00 Uhr geöffnet". Nach Nr. 6.1, 6.2 der "Anlage zur Ziffer 6" kann jeder Mitarbeiter innerhalb der Öffnungszeiten Beginn und Ende seiner persönlichen Arbeitszeit selbst bestimmen. Ferner heißt es dort, die "tägliche Mindestarbeitszeit für Vollzeitmitarbeiter" betrage 3,8 Stunden.

Im Jahr 2001 unterrichtete die A AG die antragstellenden Betriebsräte davon, dass ab dem Jahr 2003 am Karnevalsdienstag regulär gearbeitet werden solle. Die A AG nahm zu diesem Zeitpunkt - und noch bis zum 31. Dezember 2002 - die betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitgeberfunktionen hinsichtlich der betrieblichen Arbeitszeiten auch für die AGIS wahr.

Die Betriebsräte widersprachen der geplanten Arbeitszeitanordnung. Mit Schriftsatz vom 8. März 2002 leiteten sie das vorliegende Beschlussverfahren ein. Mit ihm haben sie begehrt, "der Antragsgegnerin" - als solche hatten sie in ihrer Antragsschrift allein die A AG aufgeführt - die Anordnung von Arbeit am Karnevalsdienstag zu untersagen. Sie haben die Auffassung vertreten, die einseitige Aufhebung der Arbeitsbefreiung verletze ihr Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 BetrVG.

Die Betriebsräte haben beantragt,

1. der Antragsgegnerin zu untersagen, in der K Niederlassung ab 2003 je für den Karnevalsdienstag die betriebsüblichen Arbeitszeiten (7,6 Stunden auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung über die Flexible Arbeitszeit) anzuordnen, so lange nicht sie - die Betriebsräte - der Maßnahme zugestimmt haben oder ein die Arbeitszeit an Karnevalsdienstagen betreffender rechtskräftiger Spruch der Einigungsstelle vorliegt;

2. der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziff. 1 ein Ordnungsgeld bis zu 100.000,00 Euro anzudrohen.

Die A AG hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, mit der neuen Regelung für den Karnevalsdienstag habe sie keine mitbestimmungspflichtige Entscheidung getroffen. Sie sei lediglich zur betriebsüblichen Arbeitszeit zurückgekehrt.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu 1 stattgegeben, ohne über den Antrag zu 2 zu entscheiden. Auf die Beschwerde der A AG hat das Landesarbeitsgericht beide Anträge abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde haben die Betriebsräte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Festsetzung eines Ordnungsgelds entsprechend ihrem Antrag zu 2 ab dem Jahr 2004 begehrt. Mit Teil-Beschluss vom 26. Oktober 2004 hat der Senat die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats Zweigniederlassung zurückgewiesen: Der Betriebsrat Zweigniederlassung hat sein nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG grundsätzlich bestehendes Mitbestimmungsrecht bei der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage durch den Abschluss der BV Arbeitszeit bereits ausgeübt. Die A AG führt mit der Arbeitsanordnung für den Karnevalsdienstag lediglich die Regelungen der BV Arbeitszeit durch.

Über die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats AGIS hat der Senat im Oktober 2004 nicht entscheiden können. Die AGIS, obwohl nach § 83 Abs. 3 ArbGG am Verfahren beteiligt, war bis dahin nicht gehört worden. Sie hat mittlerweile Gelegenheit zur Äußerung erhalten.

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats AGIS ist unbegründet. Ein Unterlassungsanspruch gegen die AGIS ist nicht Verfahrensgegenstand. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats haben sich die gestellten Anträge nicht von Beginn an auch auf die AGIS erstreckt. Soweit im Vorbringen des Betriebsrats nach Erlass des Teil-Beschlusses vom 26. Oktober 2004 erstmals eine Antragserweiterung auf die AGIS liegt, ist damit eine Antragsänderung verbunden. Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht mehr zulässig. Ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats AGIS im Verhältnis zur A AG besteht nicht. Diese ist nicht Arbeitgeberin des Betriebs, für den der Betriebsrat AGIS gewählt ist.

I. Es ist ausschließlich über die Anträge des Betriebsrats AGIS zu entscheiden. Nach der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats Zweigniederlassung ist nur die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats AGIS weiterhin rechtshängig.

II. Der Inhalt der Anträge bedarf der Klarstellung über die Ausführungen des Senats im Teil-Beschluss vom 26. Oktober 2004 unter B II 1 der Gründe hinaus.

Der Betriebsrat AGIS hat im Rechtsbeschwerdeverfahren die Ansicht vertreten, seine Anträge seien dahin auszulegen, dass sie sich nicht nur gegen die A AG, sondern auch gegen die AGIS richteten. Das lässt sich den Anträgen, so wie sie zweitinstanzlich und in der mündlichen Anhörung vor dem Senat am 26. Oktober 2004 gestellt worden sind, nicht entnehmen. Verfahrensgegenstand war bis zu diesem Zeitpunkt allein ein gegen die A AG gerichtetes Unterlassungsbegehren.

1. Nach dem Antragswortlaut hat der Betriebsrat AGIS durchweg "die Antragsgegnerin" in Anspruch genommen. Als diese hat auch er in der Antragsschrift und in späteren Schriftsätzen ausschließlich die A AG aufgeführt. Zu keiner Zeit haben die Betriebsräte, die A AG oder die Vorinstanzen angenommen, als "Antragsgegnerin" sei auch die AGIS anzusehen. Sie haben im Gegenteil angenommen, die AGIS sei am Verfahren nicht einmal beteiligt. Zwar trifft dies nicht zu, sondern es ist auch die AGIS Beteiligte nach § 83 Abs. 3 ArbGG, wie der Senat in seinem Teil-Beschluss (zu B I 2 b der Gründe) ausgeführt hat. Vom Unterlassungsbegehren der Betriebsräte war sie gleichwohl nicht erfasst.

Die Stellung als Beteiligter eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens führt nicht etwa dazu, dass aus einem positiv beschiedenen Leistungsantrag jeder Beteiligte verpflichtet ist. Zwar kennt das Beschlussverfahren einen Antragsgegner im förmlichen Sinne nicht (BAG 20. April 1999 - 1 ABR 13/98 - BAGE 91, 235, 242, zu B II der Gründe). Eine Entscheidung im Beschlussverfahren erwächst deshalb nicht nur gegenüber dem als Antragsgegner bezeichneten, sondern gegenüber allen Beteiligten in (subjektive) Rechtskraft (BAG 29. September 2004 - 1 ABR 39/03 - AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 4, zu B II 2 der Gründe; 20. März 1996 - 7 ABR 41/95 - BAGE 82, 291, 297, zu B II 3 der Gründe; Matthes in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 5. Aufl. § 84 Rn. 25 mwN). Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob der Antragsteller überhaupt einen bestimmten Beteiligten als Antragsgegner bezeichnet (Matthes in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge § 81 Rn. 11).

Hier begehrt der Betriebsrat AGIS jedoch nicht nur eine Feststellung, sondern die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung. In diesem Fall gehört es zur Bestimmtheit des Antrags, dass er angibt, welche Person oder Stelle entsprechend verpflichtet werden soll. Der Antragswortlaut schließt es in der Regel aus, die angegebene Person oder Stelle im Wege der Auslegung durch eine andere zu ersetzen oder den Antrag auf eine weitere Person zu erstrecken. Der Wechsel in der Person des in Anspruch genommenen Beteiligten oder die Erstreckung auf eine andere Person stellt vielmehr regelmäßig eine Antragsänderung dar.

2. Im Streitfall ist nicht deshalb eine andere Beurteilung geboten, weil die A AG und die AGIS einen gemeinsamen Betrieb führten und sich ein Unterlassungsbegehren hinsichtlich bestimmter Arbeitsanordnungen gegen alle an der Betriebsführung beteiligten Arbeitgeber richten müsste, um Erfolg haben zu können. Läge ein Gemeinschaftsbetrieb vor, käme zwar die vom Betriebsrat AGIS favorisierte Auslegung seines Antrags in Betracht (für eine solche Konstellation vgl. BAG 29. September 2004 - 1 ABR 39/03 - AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 4, zu B II 3 der Gründe). Die beteiligten Arbeitgeberinnen führen aber keinen gemeinsamen Betrieb. Dies hat der Senat im Teil-Beschluss vom 26. Oktober 2004 - zu B I 2 a der Gründe - näher dargelegt. Unabhängig von der materiell-rechtlichen Lage ist für die laufende Amtsperiode schon wegen der Existenz zweier Betriebsräte von zwei eigenständigen Betrieben auszugehen.

III. Das Rechtsbeschwerdevorbringen des Betriebsrats AGIS im Schriftsatz vom 29. Juni 2005 ist dahin zu verstehen, dass er die bisher gestellten Anträge - vorsorglich - jedenfalls nunmehr auch gegen die AGIS gerichtet wissen will. Die darin liegende Antragsänderung ist unzulässig.

1. Eine Änderung des bisherigen Verfahrensgegenstands und damit eine Antragsänderung iSd. § 81 Abs. 3 Satz 1 ArbGG liegt ua. dann vor, wenn der Antragsteller einen Wechsel in der Person desjenigen Beteiligten vornimmt, gegen den er ein Recht geltend macht (Matthes in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge § 81 Rn. 85). Einem solchen Wechsel steht es gleich, dass der Antragsteller das geltend gemachte Recht auf einen weiteren Beteiligten erstreckt.

2. Antragsänderungen sind in der Rechtsbeschwerdeinstanz grundsätzlich nicht mehr zulässig (vgl. BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 29 = EzA BetrVG 2001 § 99 Umgruppierung Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B I 1 a der Gründe; 16. Juli 1991 - 1 ABR 71/90 - BAGE 68, 155; Matthes in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge § 94 Rn. 13; GK-ArbGG/Dörner Stand September 2005 § 94 Rn. 18). Der Schluss der Anhörung vor dem Beschwerdegericht bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch bezüglich der Anträge der Beteiligten die Entscheidungsgrundlage für das Rechtsbeschwerdegericht (zum Revisionsverfahren BAG 27. Januar 2004 - 1 AZR 105/03 - AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 35 = EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 39, zu III der Gründe mwN). Ausnahmen können aus prozessökonomischen Gründen allenfalls dann zugelassen werden, wenn der geänderte Sachantrag sich auf den in der Beschwerdeinstanz festgestellten Sachverhalt stützen kann (BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - aaO mwN).

Ob eine solche Annahme bei subjektiver Antrags- oder Klageerweiterung überhaupt in Betracht kommt, kann dahinstehen. Im vorliegenden Fall lässt sich die Berechtigung eines auf die AGIS erstreckten Unterlassungsbegehrens jedenfalls nicht anhand der bisherigen Feststellungen beurteilen. Der Betriebsrat selbst bringt vor, die betriebsverfassungsrechtliche Situation in den beiden Betrieben sei unterschiedlich. So gelte die BV Arbeitszeit für die von ihm repräsentierte Belegschaft im Betrieb der AGIS nicht. Weder hat sich die AGIS zu diesem Vorbringen eingelassen noch hat das Landesarbeitsgericht die rechtlichen Grundlagen und den Inhalt des in deren Betrieb gültigen Arbeitszeitregimes - insbesondere für die Zeit ab dem 1. Januar 2003 - aufgeklärt. Damit fehlt es für eine Entscheidung über die vom Betriebsrat AGIS in der Rechtsbeschwerdeinstanz geänderten Anträge an ausreichenden Tatsachenfeststellungen.

IV. Soweit weiterhin gegen die A AG gerichtet, sind die Anträge des Betriebsrats AGIS zulässig.

1. Auch der Betriebsrat AGIS besitzt die erforderliche Antragsbefugnis. Wenn der Antragsteller mit der Einleitung eines Beschlussverfahrens - wie hier - eigene Rechte geltend macht und die Rechtsposition immerhin möglich erscheint, bedarf die Antragsbefugnis keiner weitergehenden Prüfung. Dieses Institut will lediglich Popularklagen ausschließen (BAG 27. August 1968 - 1 ABR 4/67 - AP BetrVG § 81 Nr. 11, zu 1 der Gründe; Matthes in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge § 81 Rn. 56). Die Gerichte sollen zur Durchsetzung eines Rechts nicht ohne eigene Rechtsbetroffenheit in Anspruch genommen werden können. Die erforderliche Betroffenheit ist aber gegeben, wenn sich der Antragsteller gerade eigener Rechte berühmt und deren Bestehen nicht von vorneherein ausgeschlossen erscheint (BAG 18. Februar 2003 - 1 ABR 17/02 - BAGE 105, 19, zu B III 2 a der Gründe mwN). Ob diese Rechte tatsächlich bestehen, ist eine Frage der Begründetheit.

Hier nimmt der Betriebsrat AGIS eigene Rechte gegenüber der A AG in Anspruch, auch wenn diese eine für ihn fremde Arbeitgeberin ist. Die Existenz solcher Ansprüche scheint nicht gänzlich unmöglich. Immerhin gab die A AG zumindest faktisch die Arbeitszeitregelungen bis zum 31. Dezember 2002 auch für den Betrieb der AGIS vor; eben darauf beruht die Stellung des AGIS als Beteiligte des vorliegenden Verfahrens. Als Befugnis für eine Inanspruchnahme der Gerichte im Sinne einer Sachbescheidungsvoraussetzung reicht dieser Bezug aus.

2. Hinsichtlich der übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen gelten die Ausführungen des Senats im Teil-Beschluss vom 26. Oktober 2004 unter B II 2, 3 der Gründe auch für die Anträge des Betriebsrats AGIS.

V. Die gegen die A AG gerichteten Anträge des Betriebrats AGIS sind unbegründet. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch setzt das Bestehen eines einschlägigen Mitbestimmungsrechts gerade im Verhältnis zwischen diesem und der A AG voraus. Daran fehlt es. Die A AG ist materiell-rechtlich nicht die für den Betrieb der AGIS zuständige Arbeitgeberin.

1. Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz stehen dem Betriebsrat gegenüber "dem Arbeitgeber" oder "dem Unternehmer" zu. Arbeitgeber ist diejenige natürliche Person, juristische Person oder Personengesamtheit, die Inhaber des Betriebs und auf Grund dessen rechtlich zur Ausübung der Leitungsmacht im Betrieb befugt ist. Arbeitgeber ist also derjenige, der den Betrieb als die organisatorische Einheit aus Arbeitnehmern, sachlichen und immateriellen Mitteln als Instrument für seine Zwecke einzusetzen vermag (vgl. Wißmann NZA 2001, 409). Mit Blick auf den Betrieb, für den der Betriebsrat AGIS gewählt ist, ist Arbeitgeberin danach zumindest seit dem 1. Januar 2003 nicht die A AG, sondern die AGIS. Diese ist ein selbständiges Unternehmen und als solches nicht nur Vertragsarbeitgeberin der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer, sondern Trägerin der betrieblichen Leitungsmacht ihres - eigenständigen - Betriebs.

2. Auf die möglicherweise anders zu beurteilende Rechtslage in der Vergangenheit kommt es nicht an. Der Betriebsrat AGIS macht einen auf die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch geltend. Maßgeblich ist deshalb die derzeitige Rechtslage.

Danach hat die AGIS ab dem 1. Januar 2003 die personelle und soziale Leitungsmacht in ihrem Betrieb vollständig in eigener Regie übernommen. Auch wenn sie ihren Beschäftigten weiterhin keine eigenständigen Arbeitszeitanordnungen für die Karnevalstage erteilt haben mag, ist sie seit Januar 2003 zu solchen Regelungen jedenfalls rechtlich in der Lage. Damit ist spätestens seit diesem Zeitpunkt die betriebliche Leitungsmacht auch in Arbeitszeitfragen auf die AGIS übergegangen. Nur sie ist deshalb diejenige Arbeitgeberin, der gegenüber der für ihren Betrieb gewählte Betriebsrat Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 BetrVG und darauf beruhende Unterlassungsansprüche geltend machen kann. Gegenüber der A AG bestehen solche Rechte und Ansprüche des Betriebsrats AGIS nicht. Für die gegen diese gerichteten Anträge fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

Ende der Entscheidung

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