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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 25.01.2006
Aktenzeichen: 10 AZR 238/05
Rechtsgebiete: HGB, BGB, GmbHG, GesO, Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 idF vom 18. Dezember 1996 und vom 21. Mai 1997


Vorschriften:

HGB § 128
BGB §§ 705 ff.
GmbHG § 11 Abs. 2
GesO § 13 Abs. 1
GesO § 17 Abs. 3
GesO § 19 Abs. 1
Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 idF vom 18. Dezember 1996 und vom 21. Mai 1997 § 48 Abs. 1
Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 idF vom 18. Dezember 1996 und vom 21. Mai 1997 § 50
Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 idF vom 18. Dezember 1996 und vom 21. Mai 1997 § 52
Eine unmittelbare Haftung der Gründungsgesellschafter einer Vor-GmbH besteht auch dann wegen Vermögenslosigkeit der Vor-GmbH, wenn zwar ein Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet, jedoch wegen Masseunzulänglichkeit eingestellt worden ist und die geltend gemachten Ansprüche zu den ausgefallenen Ansprüchen gemäß § 17 Abs. 3 GesO gehören. Ob Vermögenslosigkeit besteht, ist objektiv und rückblickend zu beurteilen. Offen bleibt, zu welchem Zeitpunkt dies zu geschehen hat.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

Hinweise des Senats: Fortführung von BGH 27. Januar 1997 - II ZR 123/94 - AP GmbHG § 11 Nr. 10; BAG 15. Dezember 1999 - 10 AZR 165/98 - BAGE 93, 151; 4. April 2001 - 10 AZR 305/00 - EzA GmbHG § 11 Nr. 6

10 AZR 238/05

Verkündet am 25. Januar 2006

In Sachen

hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Freitag, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Marquardt, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Brühler sowie den ehrenamtlichen Richter Lindemann und die ehrenamtliche Richterin Alex für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 21. Januar 2005 - 8 Sa 2064/04 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten der Revision jeweils zur Hälfte zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Haftung der Gründungsgesellschafter einer Vor- GmbH für Beitragsschulden im Zeitraum von März bis August 1997 gegenüber der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (ZVK) nach den Bestimmungen der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes (VTV).

Die Klägerin ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

Die Beklagten gründeten mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 28. April 1997 die K Straßenbau GmbH, die Straßen- und Brückenbau betrieb und an der die Beklagten zu 1) und 2) die Geschäftsanteile je zu 50 % hielten. Das Gewerbe wurde am 15. Mai 1997 unter Angabe des Betriebsbeginns ab 10. März 1997 angemeldet, wobei als gesetzliche Vertreter der K Straßenbau GmbH i. G. die Beklagten angegeben wurden. Der Beklagte zu 1) meldete den Betrieb als Geschäftsführer der K Straßenbau GmbH i. G. mit Schreiben vom 6. Juni 1997 gegenüber der Urlaubskasse der Bauwirtschaft mit 14 gewerblichen Arbeitnehmern zum 10. März 1997 an.

Mit Beschluss vom 21. Oktober 1997 eröffnete das Amtsgericht D das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der K Straßenbau GmbH i. G. Deren Antrag auf Eintragung in das Handelsregister wurde mit Beschluss vom 30. Oktober 1997 zurückgewiesen. Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens war der Geschäftsbetrieb der K Straßenbau GmbH i. G. bereits eingestellt.

Der Gesamtvollstreckungsverwalter meldete der ZVK am 5. Januar 1998 die angefallenen Bruttolöhne der gewerblichen Arbeitnehmer in den Monaten März bis August 1997.

Die ZVK hat am 19. März 2001 beim Arbeitsgericht Berlin den Erlass von Mahnbescheiden gegen die Beklagten zu 1) und 2) beantragt, die jeweils auf die gesamtschuldnerische Zahlung von 42.833,42 DM "für gewerbliche Arbeitnehmer für die Monate März bis August 1997" gerichtet waren. Im Gesamtvollstreckungsverfahren meldete die Klägerin ihre Ansprüche nicht an. Gegen die ihnen am 6. April 2001 zugestellten Mahnbescheide vom 23. März 2001 haben die Beklagten zu 1) und 2) mit Schreiben vom 17. April 2001, beim Arbeitsgericht Berlin eingegangen am 19. April 2001, Widerspruch eingelegt, ohne Terminsbestimmung zu beantragen. Die ZVK begründete ihre Forderung entgegen einer gerichtlichen Aufforderung kraft Verfügung vom 4. Mai 2001 nicht.

Am 29. August 2002 erstattete der Gesamtvollstreckungsverwalter einen Schlussbericht, nach dem der einzige verwertbare Vermögensgegenstand der Schuldnerin eine Forderung in Höhe von 220.125,00 DM gegenüber der Gewerbepark Wilthener Straße GmbH war, die der Gesamtvollstreckungsverwalter gerichtlich geltend gemacht hatte. Nach erstinstanzlicher Klageabweisung wurde vor dem Berufungsgericht ein Vergleich über 110.000,00 DM zur Zahlung an die Gesamtvollstreckungsmasse geschlossen. Die Kosten des Gesamtvollstreckungsverfahrens - bestehend aus Verwaltungskosten, Gerichtskosten und Gutachtervergütung - konnten als Masseschulden nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GesO vollständig bedient werden, während die Masseschulden nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 GesO nur mit einer Quote von 18,74 % zu befriedigen waren. Für die Schlussverteilung stand kein Betrag zur Verfügung; die Forderungen nach § 17 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 GesO fielen in voller Höhe aus. Mit Beschluss vom 20. August 2003 stellte das Amtsgericht D das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der K Straßenbau GmbH i.G. mangels Masse nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 GesO ein.

Die Klägerin hat das zwischenzeitlich beim Arbeitsgericht Berlin nicht betriebene Verfahren mit Schriftsatz vom 12. März 2004, bei Gericht eingegangen am 15. März 2004, wieder aufgenommen.

Die ZVK hat die Ansicht vertreten, sie sei berechtigt, die Beklagten als Gesellschafter der Vor-GmbH entsprechend ihren Anteilen am Gesellschaftsvermögen unmittelbar in Anspruch zu nehmen, da spätestens seit dem Einstellungsbeschluss des Amtsgerichts D vom 20. August 2003 feststehe, dass die K Straßenbau GmbH i. G. vermögenslos sei und zuvor gegen die Vermögenslosigkeit sprechende Anhaltspunkte nie bestanden hätten. Die vorherige Inanspruchnahme der K Straßenbau GmbH i. G. sei offensichtlich aussichtslos und auch unzumutbar gewesen, da der einzige Außenstand der Vorgesellschaft gegen einen zahlungsunwilligen Schuldner gerichtet gewesen sei und das verwertbare Vermögen angesichts des gesamten Schuldenstands von vorneherein nicht einmal ausgereicht habe, um die bevorrechtigten Massegläubiger auch nur annähernd zu befriedigen. Da ihre Beitragsforderungen keine Masseforderungen, sondern solche mit schlechtestem Rang gewesen seien, sei es ihr nicht zuzumuten gewesen, Kosten durch eine Antragstellung im Gesamtvollstreckungsverfahren zu investieren. Ihre Forderungen gegen die Beklagten seien auch nicht verjährt, da der im April 2001 zugestellte Mahnbescheid die Verjährung unterbrochen und sie rechtzeitig die Fortsetzung des Verfahrens beantragt habe. Die Bruttolohnsummen der Arbeitnehmer im Klagezeitraum seien der Aufstellung zu entnehmen, die der Gesamtvollstreckungsverwalter ihr am 5. Januar 1998 vorgelegt habe. Hilfsweise werde die Klage für die Monate März und April 1997 auch auf die vollständige Haftung der Beklagten als Gesellschafter einer vor Gründung der K Straßenbau GmbH i. G. bestehenden Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gestützt, da die baugewerbliche Tätigkeit bereits im März aufgenommen worden sei.

Die ZVK hat zuletzt beantragt,

1. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an sie 10.950,19 Euro zu zahlen,

2. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an sie 10.950,19 Euro zu zahlen.

Die Beklagten tragen zu ihren Klageabweisungsanträgen vor, sie seien für die Forderungen der ZVK nicht passiv legitimiert. Da das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet worden sei, liege kein Fall vor, in dem die Rechtsprechung trotz des grundsätzlich vertretenen Innenhaftungskonzeptes den unmittelbaren Zugriff auf die Gründungsgesellschafter einer Vor-GmbH erlaube. Diese sei nicht vermögenslos gewesen. Ein Konkursantrag habe Aussicht auf Erfolg versprochen, da zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch eine Forderung bestanden habe, die letztlich mit 110.000,00 DM in die Gesamtvollstreckungsmasse eingeflossen sei. Es sei daher für die ZVK weder aussichtslos noch unzumutbar gewesen, ihre Ansprüche gegen die Gesellschaft im Gesamtvollstreckungsverfahren geltend zu machen, in der auch Ansprüche der Gesellschaft aus der Innenhaftung der Gesellschafter hätten abgewickelt werden können. Die Liquidation einer Gesellschaft durch Verwertung ihres Vermögens im Rahmen eines Insolvenzverfahrens führe nicht zur Vermögenslosigkeit im Sinne der Rechtsprechung.

Darüber hinaus seien die Ansprüche verjährt. Weil zum Zeitpunkt der Beantragung der Mahnbescheide Vermögen vorhanden gewesen sei, komme es im Übrigen einer unzulässigen Rechtsausübung gleich, wenn die ZVK ein Mahnbescheidsverfahren "auf Vorrat" einleite, um die Verjährung zu verhindern, und das Verfahren dann über mehrere Jahre nicht betreibe. Hilfsweise werde die Höhe der Forderungen bestritten, da die ZVK deren Berechnung nicht dargelegt habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage, während die ZVK beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Beklagten haften für die Beitragsansprüche der ZVK im Zeitraum März bis August 1997.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Obwohl nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte die Gesellschafter einer Vor-GmbH im Grundsatz nur im Innenverhältnis entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, jedoch der Höhe nach unbeschränkt hafteten, sei der Ausnahmefall der Vermögenslosigkeit der Vor-GmbH gegeben, der die ZVK dazu berechtige, die Beklagten unmittelbar in Anspruch zu nehmen. Vermögenslosigkeit liege auch vor, wenn das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und auch verwertbare Masse festgestellt worden sei, dies jedoch nicht zu einer Einstellung nach § 19 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 GesO, sondern zu einer Einstellung mangels Masse nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 GesO geführt habe. Entscheidend sei, dass zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Beklagten durch die ZVK durch die Wiederaufnahme des Verfahrens im März 2004 und damit nach dem Einstellungsbescheid des Amtsgerichts D vom 20. August 2003 Vermögenslosigkeit bestanden habe. Die Ansprüche seien auch nicht verjährt, da das Nichtbetreiben des Rechtsstreits nach § 211 Abs. 2 BGB unschädlich gewesen sei. Die Höhe der Forderung sei von den Beklagten nicht substantiiert bestritten worden.

II. Dem folgt der Senat im Ergebnis und überwiegend auch in der Begründung.

Die Beklagten haften jeweils in Höhe von 10.950,19 Euro für die Beitragsansprüche der ZVK im Klagezeitraum gem. § 48 Abs. 1, § 50 des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 in den Fassungen vom 18. Dezember 1996 und vom 21. Mai 1997. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die von der K Straßenbau GmbH i. G. beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung in einem baugewerblichen Betrieb iSd. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 32 VTV in Form baulicher Leistungen erbracht haben.

Für die im Monat März 1997 während des Vorgründungsstadiums der K Straßenbau GmbH i. G. entstandenen Beitragsschulden haften die Beklagten nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts bzw. nach dem Recht der Personengesellschaften als Gesamtschuldner und damit zumindest hälftig (1.). Für die Monate April bis August 1997 haften die Beklagten als Gründungsgesellschafter der K Straßenbau GmbH i. G. entsprechend ihrer jeweils hälftigen Beteiligung an der Gesellschaft unmittelbar (2.). Die Forderungen sind weder verfallen noch verjährt (3.).

1. Die Beklagten haben die im Abrechnungszeitraum März 1997 entstandenen Sozialkassenbeiträge für die gewerblich beschäftigten Arbeitnehmer jeweils hälftig zu tragen. Sie haften gesamtschuldnerisch entweder aus § 128 HGB oder aus §§ 705 ff. BGB, da die Sozialkassenbeiträge für März 1997 gem. § 50 VTV am 15. April 1997 und damit noch vor der Gründung der K Straßenbau GmbH i. G. am 28. April 1997 fällig geworden sind.

Eine vor der Gründung einer (Vor-)GmbH bestehende Vorgründungsgesellschaft bildet, wenn sie in diesem Stadium ein Handelsgewerbe nach § 1 Abs. 2 HGB unter gemeinsamer Firma betreibt, eine OHG nach § 105 HGB, deren Haftung sich nach § 128 HGB bestimmt. Ist dies nicht der Fall, ist sie eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, auf die die §§ 705 ff. BGB anwendbar sind (Schmidt Gesellschaftsrecht 4. Aufl. § 34 III 2 c; Palandt/Sprau BGB 65. Aufl. § 705 Rn. 5).

Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, wonach die Beklagten bereits im März 1997 einen Straßenbaubetrieb mit gewerblichen Arbeitnehmern geführt haben, sprechen dafür, dass es sich hierbei um das Betreiben eines Handelsgewerbes nach § 1 Abs. 2 HGB unter einer gemeinsamen Firma und damit um eine OHG gem. § 105 HGB handelte. Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert. Die Frage, ob die Beklagten ein Handelsgewerbe unter gemeinsamer Firma betrieben haben, kann aber dahinstehen. Sollte dies der Fall gewesen sein, haften sie nach § 128 Satz 1 HGB persönlich für die im März 1997 entstandenen Beitragsverbindlichkeiten gegenüber der ZVK. Hat keine OHG bestanden, haben die Beklagten als Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nach §§ 705 ff. BGB ebenfalls persönlich einzustehen (Palandt/Sprau BGB § 705 Rn. 5, § 714 Rn. 11).

Persönlich haftende Gesellschafter einer OHG und einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts können von den Gläubigern für Verbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich persönlich und unbeschränkt als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden (Staudinger/Noack BGB 2005 § 421 Rn. 98). Da die ZVK die Beklagten insgesamt lediglich in Höhe von 50 % der Sozialkassenbeiträge belangt, liegt für den Monat März 1997 insoweit eine Teilklage vor. Teilklagen sind im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung in den Grenzen des Schikaneverbotes zulässig; es ist aus der Sicht der Schuldner sogar wünschenswert, nur in der Höhe ihrer internen Quote in Anspruch genommen zu werden (MünchKommBGB/Bydlinski 4. Aufl. § 421 Rn. 78).

2. Die Beklagten sind gem. § 48 Abs. 1, § 50 VTV verpflichtet, die Sozialkassenbeiträge für die von der K Straßenbau GmbH i. G. in den Monaten April bis August 1997 beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer hälftig zu tragen.

a) Die in diesen Abrechnungszeitraum entstandenen Sozialkassenbeiträge waren nach § 50 VTV bis zum 15. des Folgemonats fällig und damit sämtlich nach der Gründung der K Straßenbau GmbH i. G. Der Anspruch bestand grundsätzlich gegen die Vor-GmbH. Dem steht nicht entgegen, dass die Gesellschaft nicht im Handelsregister eingetragen wurde und damit noch nicht als eigenständige juristische Person bestanden hat. Die durch Abschluss des Gesellschaftsvertrages errichtete, aber noch nicht eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Vor-GmbH) untersteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, des Bundesarbeitsgerichts und des Bundessozialgerichts einem Sonderrecht, das den gesetzlichen und vertraglichen Gründungsvorschriften und dem Recht der eingetragenen GmbH entspricht, soweit nicht die Eintragung im Handelsregister unverzichtbar ist (BGH 12. Juli 1956 - II ZR 218/54 - BHGZ 21, 242; 2. Mai 1966 - II ZR 219/63 - BGHZ 45, 338; 9. März 1981 - II ZR 54/80 - BGHZ 80, 129; BAG 8. November 1962 - 2 AZR 11/62 - AP GmbHG § 11 Nr. 1; 22. Januar 1997 - 10 AZR 908/94 - BAGE 85, 94; 15. Dezember 1999 - 10 AZR 165/98 - BAGE 93, 151; BSG 8. Dezember 1999 - B 12 KR 10/98 R -BSGE 85, 192). Eine Vor-GmbH kann Trägerin von Rechten und Pflichten sein, Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen (BGH 9. Dezember 1981 - II ZR 54/80 -aaO).

b) Die Beklagten haften für die Beitragsschulden der Vor-GmbH aus April bis August 1997 gegenüber der ZVK nicht auf Grund der sog. Handelndenhaftung nach § 11 Abs. 2 GmbHG.

Ist vor der Eintragung im Namen der Gesellschaft gehandelt worden, so haften die Handelnden nach § 11 Abs. 2 GmbHG persönlich und solidarisch. Die Handelndenhaftung nach dieser Vorschrift erstreckt sich aber nur auf durch Rechtsgeschäft begründete Verbindlichkeiten, nicht jedoch auf Verbindlichkeiten, die auf Grund eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages entstanden sind, wie dies für die Beitragsforderungen der ZVK zutrifft (BAG 23. August 1995 - 10 AZR 908/94 (A) -BAGE 80, 335; 22. Januar 1997 - 10 AZR 908/94 - BAGE 85, 94). Die Pflicht des baugewerblichen Arbeitgebers, Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes zu entrichten, wird dem Arbeitgeber - auch gegen seinen Willen - unmittelbar durch den für allgemeinverbindlich erklärten VTV auferlegt, wobei Voraussetzung lediglich ist, dass baugewerbliche Arbeiten durch Arbeitnehmer verrichtet werden und diese dafür Arbeitsentgelt erhalten (BAG 15. Dezember 1999 - 10 AZR 165/98 - BAGE 93, 151). Der Umstand, dass die Betätigung der baugewerblichen Arbeitnehmer ihrerseits auf Rechtsgeschäften mit den Arbeitnehmern und mit Auftraggebern beruht, reicht für eine Handelndenhaftung nach § 11 Abs. 2 GmbHG nicht aus. Diese basiert auf dem Gedanken, dass der im Namen der Vor-GmbH Handelnde seinem Geschäftspartner dafür einstehen muss, dass das Rechtsgeschäft auch mit der durch die Eintragung zur juristischen Person erstarkten GmbH zustande kommt (BAG 22. Januar 1997 - 10 AZR 908/94 - aaO). Die ZVK war aber nicht Geschäftspartnerin eines Rechtsgeschäfts, das die Beklagten mit ihr abgeschlossen haben.

c) Die Beklagten müssen jedoch die in der Zeit nach der Begründung der K Straßenbau GmbH i. G. am 28. April 1997 entstandenen Beitragsschulden aus April bis August 1997 unmittelbar als Gründungsgesellschafter der Vor-GmbH jeweils hälftig entsprechend dem Verhältnis ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen tragen.

aa) Nach der nunmehr übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, des Bundesfinanzhofs und des Bundessozialgerichts, welche auch vom Senat geteilt wird, haften die Gesellschafter einer Vor-GmbH für alle Verbindlichkeiten der Vor-Gesellschaft grundsätzlich entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen (BGH Vorlagebeschluss 4. März 1996 - II ZR 123/94 - AP GmbHG § 11 Nr. 6; 27. Januar 1997 - II ZR 123/94 - AP GmbHG § 11 Nr. 10; BAG 22. Januar 1997 - 10 AZR 908/94 - BAGE 85, 94; 15. Dezember 1999 - 10 AZR 165/98 - BAGE 93, 151; 4. April 2001 - 10 AZR 305/00 - EzA GmbHG § 11 Nr. 6; BSG 8. Dezember 1999 - B 12 KR 10/98 R - BSGE 85, 192; BFH 7. April 1998 - VII R 82/97 - BFHE 185, 356).

Nach der vom Bundesgerichtshof entwickelten Haftungskonzeption besteht eine einheitliche Gründerhaftung in Form einer bis zur Eintragung der Gesellschaft andauernden Verlustdeckungshaftung, die nicht auf die Höhe des Einlageversprechens beschränkt ist (BGH Vorlagebeschluss 4. März 1996 - II ZR 123/94 - aaO; 27. Januar 1997 - II ZR 123/94 - aaO). Allerdings handelt es sich insoweit auf Grund der Nähe der Vor-GmbH zur rechtsfähigen GmbH um eine Innenhaftung gegenüber der Vor-Gesellschaft selbst, nicht jedoch um eine unmittelbare Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern. Diese müssen sich vielmehr an die Vor-GmbH halten und können gegebenenfalls deren Ausgleichsansprüche gegen die Gesellschafter pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Hierdurch entstehen den Gläubigern keine unzumutbaren Nachteile (BGH 27. Januar 1997 - II ZR 123/94 - aaO).

Vom Haftungskonzept der Innenhaftung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann eine Ausnahme zu machen, wenn die Vor-GmbH vermögenslos ist, sie insbesondere keinen Geschäftsführer mehr hat oder weitere Gläubiger nicht vorhanden sind, ebenso wenn es sich um eine Ein-Mann-Vor-GmbH handelt. Da in diesen Fällen die Eröffnung der Durchgriffsmöglichkeit keine Abwicklungsschwierigkeiten mit sich bringe, sei der unmittelbare Durchgriff auf die Gründungsgesellschafter ausnahmsweise zulässig (BGH 27. Januar 1997 - II ZR 123/94 - AP GmbHG § 11 Nr. 10). Auch das Bundesarbeitsgericht, das Bundessozialgericht und der Bundesfinanzhof nehmen an, dass die Gesellschafter einer Vor-GmbH für deren Verbindlichkeiten unmittelbar dann der Höhe nach unbeschränkt haften, wenn die Vor-GmbH vermögenslos ist (BAG 22. Januar 1997 - 10 AZR 908/94 - BAGE 85, 94; 27. Mai 1997 - 9 AZR 483/96 - BAGE 86, 38; 15. Dezember 1999 - 10 AZR 165/98 - BAGE 93, 151; 4. April 2001 - 10 AZR 305/00 - EzA GmbHG § 11 Nr. 6; BSG 8. Dezember 1999 - B 12 KR 10/98 R - BSGE 85, 192; BFH 7. April 1998 - VII R 82/97 - BFHE 185, 356). In Fällen der Durchgriffshaftung mit mehreren Gesellschaftern hat der Senat mehrfach entschieden, dass die Gründungsgesellschafter lediglich anteilig entsprechend dem Verhältnis ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen haften (BAG 22. Januar 1997 - 10 AZR 908/94 - aaO; 15. Dezember 1999 - 10 AZR 165/98 - aaO; 4. April 2001 - 10 AZR 305/00 - aaO; letztlich offen gelassen: BAG 27. Mai 1997 - 9 AZR 483/96 -BAGE 86, 38).

bb) Weil die Vor-GmbH vermögenslos war, ist der ZVK der unmittelbare Durchgriff auf die Beklagten erlaubt.

(1) Die Vor-GmbH war vermögenslos im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der sich ihm anschließenden Gerichte.

Dabei muss ein Verlustdeckungsanspruch der Vor-GmbH gegen die Gesellschafter bei der Beurteilung der Vermögenslosigkeit in diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben. Zu den Aktiva eines Vermögens gehören grundsätzlich auch die Verlustdeckungsansprüche der Vor-GmbH gegen ihre Gesellschafter. Da diese immer in der Höhe bestehen, in der Ansprüche gegen die Vor-GmbH berechtigt geltend gemacht werden, ist ein Fall der Vermögenslosigkeit im allgemeinen Sinne gar nicht denkbar, selbst im Falle des im Übrigen masselosen Konkurses, bei dem die Rechtsprechung typischerweise Vermögenslosigkeit der Vor-GmbH anerkennt und eine unmittelbare Durchgriffshaftung bejaht (vgl. Altmeppen GmbHG 5. Aufl. § 11 Rn. 56; Brandes WM 1998, 1; Wiegand BB 1998, 1065; LAG Köln 21. März 1997 - 4 Sa 1288/96 - DStR 1998, 178).

Es kommt daher nicht darauf an, dass der Gesamtvollstreckungsverwalter die hier streitigen Ansprüche nicht als Verlustdeckungsansprüche geltend gemacht und zur Masse gezogen hat. Besteht das "Vermögen" einer Vor-GmbH nach Abschluss eines Gesamtvollstreckungsverfahrens ausschließlich noch aus deren Verlustdeckungsanspruch gegen ihre Gründungsgesellschafter, weil der Gesamtvollstreckungsverwalter diesen Anspruch nicht geltend gemacht hat, können Gläubiger direkten Zugriff auf diese nehmen (für den Fall einer Einstellung des Gesamtvollstreckungsverfahrens nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 GesO: LSG Baden-Württemberg 25. Juli 1997 - L 4 Kr 1317/96 - DStR 1998, 177). Schützenswerte Interessen der Gründungsgesellschafter oder von Dritten an einer Wiederaufnahme des Gesamtvollstreckungsverfahrens anstelle des direkten Durchgriffs sind nicht ersichtlich. Eine solche wäre ein wenig praktikabler Umweg, der nur weitere Kosten verursachen würde.

(2) Die Vor-GmbH war im Hinblick auf die Klageansprüche vermögenslos im obengenannten Sinne, obwohl der Gesamtvollstreckungsverwalter im Wege des Gerichtsverfahrens noch 110.000,00 DM zugunsten der Masse erstreiten konnte. Dieser Betrag reichte zu keiner Zeit aus, um nicht bevorrechtigte Forderungen wie die hier geltend gemachten auch nur teilweise erfüllen zu können.

Das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der K Straßenbau GmbH i. G. war mit Beschluss des Amtsgerichts D vom 20. August 2003 wegen Masseunzulänglichkeit eingestellt worden. Zwar waren die Kosten des Verfahrens nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GesO noch gedeckt, nicht jedoch die sonstigen vorab zu befriedigenden Masseverbindlichkeiten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3 GesO. Das Verfahren ist deshalb nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 GesO iVm. Art. 103a EGInsO mangels Masse eingestellt worden (vgl. Hess/Binz/Wienberg GesO 3. Aufl. § 19 Rn. 17). Da für die Schlussverteilung nach dem Bericht des Gesamtvollstreckungsverwalters kein Betrag mehr zur Verfügung stand, fielen die nicht bevorrechtigten Forderungen nach § 17 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 GesO in voller Höhe aus.

Zu diesen ausgefallenen Forderungen gehören die Beitragsforderungen nach den Sozialtarifen des Baugewerbes. Sie haben mit den Lohnansprüchen von Arbeitnehmern gegen Arbeitgeber nichts zu tun; sie bestehen ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang die einzelnen Arbeitnehmer aus ihren konkreten Arbeitsverhältnissen Ansprüche gegen den Arbeitgeber haben (BAG 26. Mai 1971 - 4 AZR 249/70 -BAGE 23, 356).

(3) Unentschieden bleiben kann im vorliegenden Fall, zu welchem Zeitpunkt die Vermögenslosigkeit der Vor-GmbH vorliegen muss, um einen unmittelbaren Durchgriff gegen die Gesellschafter zu gestatten. Denkbar sind der Zeitpunkt der Entstehung oder Fälligkeit der Forderung, der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens, der erstmaligen Geltendmachung der Forderungen gegenüber den Gesellschaftern im Wege des Mahnbescheides, der Wiederaufnahme des nicht betriebenen Verfahrens oder des Zeitpunkts der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht. Zu keinem dieser Zeitpunkte nämlich reichte das Vermögen der Vor-GmbH aus, um die Beitragsansprüche der ZVK zu bedienen.

Auf die subjektive Kenntnis oder zurechenbares Wissen der ZVK von den Vermögensverhältnissen der Vor-GmbH zu den möglichen Zeitpunkten kommt es nicht an. Entscheidend ist die objektive Lage. Diese kann auch rückblickend beurteilt werden (BSG 8. Dezember 1999 - B 12 KR 10/98 R - BSGE 85, 192).

(4) Es schadet daher nicht, dass die ZVK ihre Forderungen nicht im Gesamtvollstreckungsverfahren angemeldet hat, gleichgültig ob sie zu diesem Zeitpunkt bereits erkennen konnte, dass eine Anmeldung aussichtslos sein würde, weil die Forderungen vollständig ausfallen würden.

Die ZVK ist das Risiko eingegangen, dass der Gesamtvollstreckungsverwalter Verlustdeckungsansprüche der Vor-GmbH gegen die beklagten Gründungsgesellschafter geltend gemacht hätte und bei diesen persönliche Illiquidität eingetreten wäre und die Ansprüche nicht mehr realisierbar gewesen wären. Die Tatsache, dass eine derartige Inanspruchnahme durch den Gesamtvollstreckungsverwalter unterblieben ist, darf den Beklagten nicht zum Vorteil gereichen. Ein Gläubiger einfacher Insolvenzforderungen, der sich nicht am Insolvenzverfahren beteiligt, geht auch das Risiko ein, dass ein Durchgriff gegen die Gesellschafter scheitert, wenn genügend Vermögen da ist, um auch nicht bevorrechtigte Forderungen abzudecken. Eine "Strafe" für die objektiv aussichtslose Teilnahme am Insolvenzverfahren in Form eines dann verbotenen Durchgriffs gegen die Gesellschafter widerspräche dem Sinn des von der Rechtsprechung entwickelten Systems der Haftung der Vor-GmbH. Grundsätzlich sollen die Gesellschafter nämlich unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Vor-GmbH haften, wenn auch im Hinblick auf die Nähe zur beabsichtigten eingetragenen GmbH und im Interesse eines geordneten Verfahrens eine eigene Rechtspersönlichkeit angenommen und damit ein Insolvenzverfahren möglich wird. Besteht kein Bedürfnis mehr für ein geordnetes Verfahren, ist auch die Fortsetzung des Insolvenzverfahrens entbehrlich. Wäre die ZVK am Durchgriff gegen die Beklagten gehindert, hätten diese letztlich Haftungsprivilegien, wie sie erst nach der Eintragung bestanden hätten.

(5) Da die Beklagten jeweils zu 50 % am Gesellschaftsvermögen der K Straßenbau GmbH i. G. beteiligt sind, haften sie für die Beitragsansprüche der ZVK aus den Monaten April bis August 1997 im Wege der Durchgriffshaftung als Gründungsgesellschafter jeweils hälftig.

d) Die Beklagten haften gegenüber der ZVK für Sozialkassenbeiträge aus dem Zeitraum März bis August 1997 in Höhe von jeweils 10.950,19 Euro.

Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der durch die Meldung der Bruttolöhne der gewerblichen Arbeitnehmer belegte Vortrag der ZVK zur Höhe ihrer Beitragsforderung sei von den Beklagten im Einzelnen nicht konkret bestritten worden. Diese für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen haben die Beklagten in der Revision nicht mehr angegriffen. Soweit die Beklagten einwenden, den Mahnbescheiden vom 23. März 2001 seien die Beitragskonten der einzelnen Arbeitnehmer nicht zu entnehmen gewesen, wenden sie sich ausschließlich gegen die vom Landesarbeitsgericht angenommene Unterbrechung der Verjährung durch die Mahnbescheide. Ein Angriff gegen die Höhe der Beitragsschuld liegt hierin jedoch nicht.

3. Die Beitragsansprüche der ZVK für die Monate März bis August 1997 sind weder auf Grund tarifvertraglicher Ausschlussfristen verfallen noch verjährt.

a) Sie sind nicht nach § 52 Abs. 1 VTV verfallen. Danach verfallen die Ansprüche auf Sozialkassenbeiträge, wenn sie nicht innerhalb von vier Jahren seit Fälligkeit geltend gemacht worden sind, wobei für den Beginn der Frist § 201 BGB (idF vom 1. Januar 1964, gültig bis 31. Dezember 2001; im Folgenden: BGB aF) entsprechend gilt. Die Verfallfrist für die Sozialkassenbeiträge aus den Monaten März bis August 1997 begann nach § 201 BGB aF am 31. Dezember 1997. Mit der Zustellung der Mahnbescheide gegen die Beklagten am 6. April 2001 ist die vierjährige Verfallfrist des Tarifvertrages daher gewahrt. Die Angabe auf den Mahnbescheiden, die geltend gemachten Beträge seien "für gewerbliche Arbeitnehmer für die Monate März bis August 1997" zu entrichten, war ausreichend, denn damit war der Anspruch so bestimmt beschrieben, dass die Beklagten erkennen konnten, dass es sich um Beitragsansprüche der ZVK handelte (BAG 30. Mai 1972 - 1 AZR 427/71 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 50). Die Tatsache, dass die Forderung nicht nach den Bruttolöhnen der einzelnen Arbeitnehmer aufgeschlüsselt war, schadete nicht. Zum einen errechnete sich die Forderung der ZVK nach § 48 Abs. 1 VTV aus der Summe aller Bruttolöhne der erfassten Arbeitnehmer des Betriebes, weshalb sie zutreffend angegeben war. Darüber hinaus ist eine Angabe zur Zusammensetzung der Forderung entbehrlich, wenn dem Schuldner diese bekannt ist (BAG 8. Februar 1972 - 1 AZR 221/71 - BAGE 24, 116; 16. Dezember 1971 - 1 AZR 335/71 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 48 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 8). Die im Mahnbescheid enthaltenen Angaben zur Klageforderung beruhten auf den Mitteilungen der Bruttolöhne der im Betrieb der K Straßenbau GmbH i. G. beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer durch den Gesamtvollstreckungsverwalter an die ZVK.

b) Die Klageforderung ist nicht verjährt.

aa) Bei den Beitragsforderungen der ZVK handelt es sich um Ansprüche, die vor dem In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) am 1. Januar 2002 entstanden sind. Gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB gelten für am 1. Januar 2002 noch nicht verjährte Forderungen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 (im Folgenden: BGB nF). Der Beginn, die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung bestimmen sich gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB jedoch für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2002 nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung (im Folgenden: BGB aF). Ist die Verjährungsfrist nach den seit 1. Januar 2002 geltenden Vorschriften des BGB nF kürzer als nach dem BGB aF, so wird die kürzere Frist gem. Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB vom 1. Januar 2002 an berechnet, es sei denn, die längere Verjährungsfrist des BGB aF läuft früher ab; in diesem Fall bleibt es nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB beim Ablauf der Frist nach dem BGB aF.

bb) Danach sind die Ansprüche der ZVK nicht verjährt.

(1) Die Beitragsforderungen der ZVK waren bei In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 nicht verjährt, denn die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB aF, die für die Ansprüche aus 1997 am 31. Dezember 2001 geendet hätte, ist durch Zustellung der Mahnbescheide vom 23. März 2001 an die Beklagten am 6. April 2001 gem. § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB aF unterbrochen worden. Diese genügten inhaltlich den zur Unterbrechung der Verjährung erforderlichen Anforderungen (§ 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB aF, § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Der im Mahnbescheid bezeichnete Anspruch war hinreichend individualisierbar. Er konnte durch die Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden, dass er über einen Vollstreckungsbescheid Grundlage eines Vollstreckungstitels sein konnte und den Beklagten die Beurteilung möglich war, ob sie sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen wollten oder nicht (BGH 17. Dezember 1992 - VII ZR 84/92 - NJW 1993, 862 mwN). Auf die Schlüssigkeit der geltend gemachten Forderung und damit auch auf die von den Beklagten gerügte mangelnde Passivlegitimation kommt es für die Unterbrechungswirkung des Mahnbescheides nach § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB aF nicht an. Entscheidend ist der prozessuale, nicht der materiell-rechtliche Anspruch (Staudinger/Peters BGB 2004 § 204 Rn. 13). Unerheblich ist daher, wann die Ansprüche fällig waren und dass die ZVK die Mahnbescheide gegen die Beklagten jeweils in gesamtschuldnerischer Haftung gerichtet hat und die für die Monate April bis August 1997 bestehende Durchgriffshaftung eine Haftung der Beklagten nach Anteilen ist.

Da die ZVK das Verfahren vor dem Arbeitsgericht nach Eingang der Widersprüche der Beklagten nicht weiterbetrieben hat, endete die Unterbrechung mit der letzten Prozesshandlung des Arbeitsgerichts (§ 211 Abs. 2 Satz 1 BGB aF). Diese lag in der Aufforderung des Anspruchstellers zur Anspruchsbegründung nach § 697 Abs. 1 ZPO (BGH 20. Februar 1997 - VII ZR 227/96 - BGHZ 134, 387) vom 4. Mai 2001 bzw. deren Zugang bei der ZVK. Die neue vierjährige Verjährungsfrist nach § 197 BGB aF begann damit zu diesem Zeitpunkt gem. § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB aF zu laufen und vollendete sich am 4. Mai 2005. Sie war am 31. Dezember 2001 noch nicht abgelaufen.

(2) Auf die am 31. Dezember 2001 nicht verjährte Forderung wäre damit nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB grundsätzlich - in Ermangelung einer dem § 197 BGB aF entsprechenden Vorschrift - die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB nF anwendbar. Obwohl diese kürzer ist als die vier Jahre betragende Verjährungsfrist des § 197 BGB aF, ist sie entgegen Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB nicht ab 1. Januar 2002 zu berechnen, denn sie hätte am 31. Dezember 2005 und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 197 BGB aF am 4. Mai 2005 geendet. Daher bemisst sich die Verjährungsfrist der streitigen Forderung gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB nach § 197 BGB aF und lief bis 4. Mai 2005.

(3) Diese Frist hat die ZVK gewahrt, indem sie mit dem am 15. März 2004 beim Arbeitsgericht eingehenden Schriftsatz vom 12. März 2004 das Verfahren weiterbetrieben hat (§ 211 Abs. 2 Satz 2 BGB aF iVm. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB). Die Beklagten können sich nicht auf rechtsmissbräuchliches Verhalten berufen. Auch sie hätten nach Einlegung des Widerspruchs gegen die Mahnbescheide das Verfahren durch einen Antrag auf Terminsbestimmung nach § 46a Abs. 4 ArbGG, § 696 Abs. 1 ZPO weiterbetreiben können. Einen derartigen Antrag haben sie jedoch nicht gestellt.

III. Die Kosten der Revision haben die Beklagten jeweils hälftig zu tragen, da ihr Rechtsmittel erfolglos blieb (§ 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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