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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 24.04.2002
Aktenzeichen: 10 AZR 651/01
Rechtsgebiete: MTV des Einzelhandels in Baden-Württemberg


Vorschriften:

Manteltarifvertrag für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer/innen des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 13. Januar 1994 idF vom 11. Oktober 1996 § 19 B Ziff. 1
Manteltarifvertrag für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer/innen des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 13. Januar 1994 idF vom 11. Oktober 1996 § 5 Abs. 1
Das "individuell dem/der Anspruchsberechtigten zustehende monatliche Tarifentgelt", das der Berechnung der Sonderzuwendung im Einzelhandel Baden-Württembergs zugrunde liegt, richtet sich bei Teilzeitbeschäftigten nach deren arbeitsvertraglich vereinbartem Umfang der Beschäftigung. Mehrarbeitsstunden sind nicht hinzuzurechnen.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

10 AZR 651/01

Verkündet am 24. April 2002

In Sachen

hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Freitag, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Marquardt, die ehrenamtlichen Richter Staedtler und Schuster für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 25. Juni 2001 - 15 Sa 34/01 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe einer tariflichen Sonderzahlung unter Berücksichtigung der von der teilzeitbeschäftigten Klägerin geleisteten Mehrarbeitsstunden.

Die Klägerin ist seit September 1997 bei dem Beklagten, der eine Kette von Drogerie-Einzelhandelsgeschäften betreibt, beschäftigt. Seit dem 1. Dezember 1997 ist sie Verkäuferin/Kassiererin in der Verkaufsstelle D. Der Arbeitsvertrag vom 5. Dezember 1997 sieht eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden vor. Das Tarifgehalt errechnet sich aus der Gehaltsgruppe II 6. Tätigkeitsjahr. Ab August 1999 beläuft es sich auf monatlich 1.839,50 DM. Auf das Arbeitsverhältnis ist der für allgemeinverbindlich erklärte Manteltarifvertrag für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer/innen des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 13. Januar 1994 idF vom 11. Oktober 1996 (im Folgenden: MTV) anwendbar.

Hierin heißt es:

"§ 2

Beginn und Änderung des Arbeitsverhältnisses

1. Der Arbeitsvertrag wird schriftlich, in der Regel vor Arbeitsaufnahme, abgeschlossen. In ihm müssen mindestens festgelegt sein: ..., Art und Umfang der Tätigkeit, tarifliche Eingruppierung, Art, Höhe und Zusammensetzung des Entgelts und sonstiger Bezüge ...

...

§ 5

Teilzeitbeschäftigte

Der Tarifvertrag gilt auch für stundenweise Beschäftigte. Solchen Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen stehen sämtliche Ansprüche aus diesem Tarifvertrag nach Maßgabe des tatsächlichen Umfangs ihrer Beschäftigung zu.

...

§ 6

Regelmäßige Arbeitszeit

1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Pausen beträgt 37,5 Stunden für alle unter den Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmer/-innen.

...

§ 7

Tarifentgelt, Umrechnung von Entgeltzahlungen

Der Berechnung des tariflichen Monatsentgelts liegt eine wöchentliche Arbeitszeit nach § 6 Ziff. 1 zugrunde.

Wird die Berechnung des Gehaltes/Lohnes für einzelne Arbeitstage oder Arbeitsstunden erforderlich, so ist Gehalt/Lohn (brutto) wie folgt zu errechnen:

bei Vergütungen pro Monat

je Stunde 1/163

je Tag 1/26.

...

§ 14

Entgeltzahlung bei Arbeitsverhinderung

...

B. Krankheit und Heilverfahren

1. ...

2. In Krankheitsfällen ... sind die Bezüge ... bis zur Dauer von insgesamt 6 Wochen, jedoch nicht über die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses hinaus, weiterzuzahlen. Zusätzliche Einkünfte, die bei der Berechnung des Entgeltes berücksichtigt werden müssen, wie z.B. Prämien und Provisionen, Überstundenvergütungen, jedoch ohne Gratifikationen, Jahrestantiemen und sonstige auf einmaligen Anlässen beruhende Zahlungen, sind aus dem Durchschnitt der letzten 3 vollen Monate vor Krankheitsbeginn zu errechnen.

...

§ 17

Urlaubsentgelt

1. Für die Urlaubsdauer sind die vereinbarten Bezüge fortzuzahlen. Zusätzliche Einkünfte, die bei der Berechnung des Urlaubsentgeltes berücksichtigt werden müssen, wie z.B. Prämien, Provisionen und Überstundenvergütungen, jedoch ohne Gratifikationen, Jahrestantiemen und sonstige auf einmaligen Anlässen beruhende Zahlungen, sind aus dem Durchschnitt der letzten drei vollen Monate vor Urlaubsantritt zu errechnen.

...

§ 19

Tarifliche Sonderzahlungen

Arbeitnehmer/-innen, einschließlich Auszubildende haben Anspruch auf eine tarifliche Sonderzahlung, die sich aus zwei Teilbeträgen (Urlaubsgeld und Sonderzuwendung) zusammensetzt.

A. Zusätzliches Urlaubsgeld

1. Das Urlaubsgeld beträgt:

a) für Erwachsene 50 %, ab 1.1.1996 55 % des jeweiligen tariflichen Entgeltanspruches für das letzte tariflich vereinbarte Berufsjahr eines Verkäufers/einer Verkäuferin mit abgeschlossener Berufsausbildung, bezogen auf das derzeitige Tarifschema,

...

2. Stichtag für das Lebensalter und für die Bemessung des Urlaubsgeldes nach dem tariflichen Entgeltanspruch ist der 1. Januar des Urlaubsjahres.

3. Teilzeitbeschäftigte erhalten ein Urlaubsgeld im Verhältnis ihrer tatsächlichen Arbeitszeit zur tariflichen Wochenarbeitszeit.

...

B. Tarifliche Sonderzuwendung

1. Die tarifliche Sonderzuwendung beträgt 50 %, ab 1.1.1995 55 %, ab 1.1.1996 60 %, ab 1.1.1997 62,5 % des individuell dem/der Anspruchsberechtigten zustehenden monatlichen Tarifentgelts. ...

2. Stichtag für die Bemessung des Prozentsatzes der Sonderzuwendung ist jeweils der 30. November des Kalenderjahres bzw. der Monat des Austritts.

3. Anspruchsberechtigt auf die tarifliche Sonderzuwendung sind Arbeitnehmer/-innen einschließlich Auszubildende und denen Gleichzustellende, die am 1. Dezember des Kalenderjahres dem Betrieb/Unternehmen/Konzern mindestens 12 Monate ununterbrochen angehören.

..."

Die Klägerin leistete in den Monaten Januar bis November 1999 insgesamt 377,5 Mehrarbeitsstunden, die jeweils im Folgemonat abgerechnet wurden. Im Monat November 1999 wurden 33,5 im Oktober geleistete Mehrarbeitsstunden abgerechnet. Im November 1999 leistete die Klägerin 25 Mehrarbeitsstunden. Mit ihrer Monatsabrechnung für den Monat November 1999 erhielt die Klägerin eine tarifliche Sonderzuwendung in Höhe von 1.149,70 DM brutto, entsprechend 62,5 % aus 1.839,50 DM.

Die Klägerin ist der Ansicht, in die Berechnung der Sonderzuwendung müßten die geleisteten Mehrarbeitsstunden einbezogen werden. Nachdem sie zunächst gemeint hatte, dies gelte für die im November 1999 geleisteten Mehrarbeitsstunden, hat sie sodann die Ansicht vertreten, die im Durchschnitt der Monate Januar bis November 1999 geleisteten Mehrarbeitsstunden müßten mit eingerechnet werden. In der Revisionsinstanz hat sie die Ansicht vertreten, es seien die von Dezember 1998 bis November 1999 geleisteten 401,5 Mehrarbeitsstunden zugrunde zu legen, wobei sich eine jahresdurchschnittliche Arbeitszeit von 28,42 Stunden pro Woche ergebe. Die Klägerin habe also einen Nachzahlungsbetrag von 483,98 DM brutto zu beanspruchen, von dem sie allerdings nur 443,00 DM brutto geltend gemacht habe.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 443,00 DM, hilfsweise 330,63 DM brutto, jeweils nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juni 2000 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Ansicht, es komme nur auf das individuell arbeitsvertraglich vereinbarte Tarifentgelt an.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, ohne im Urteil die Revision zuzulassen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter, während der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den geltend gemachten Differenzbetrag zur gezahlten Sonderzuwendung für das Jahr 1999.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Das gem. § 19 B Ziff. 1 MTV der Berechnung der Sonderzuwendung zugrunde zu legende individuell der Klägerin zustehende monatliche Tarifentgelt richte sich nach der arbeitsvertraglich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von 20 Stunden. Im Gegensatz zu § 19 A Ziff. 1 a MTV, wo bezüglich des Urlaubsgeldes eine feste Bezugsgröße geregelt sei, sei für die Sonderzuwendung auf das individuell zustehende Tarifgehalt, das von Eingruppierung und Berufsjahr abhänge, verwiesen. In § 7 Satz 1 MTV werde der Berechnung des tariflichen Monatsentgelts die wöchentliche tarifliche Arbeitszeit iSd. § 6 Ziff. 1 MTV von 37,5 Stunden zugrunde gelegt. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 2 MTV bedeute nicht, daß hinsichtlich eines jeden tariflichen Anspruchs eine auf das Kalenderjahr, einen Monat oder einen anderen Bezugszeitraum abstellende Betrachtung bezüglich des tatsächlichen oder des durchschnittlichen Umfangs der Beschäftigung vorzunehmen sei. Die einzelnen tarifvertraglichen Ansprüche seien vielmehr unterschiedlich geregelt. Im Gegensatz zum Entgeltfortzahlungsanspruch in § 14 B Ziff. 2 MTV sei in § 19 B MTV kein Bezugszeitraum festgelegt, in dem geleistete Mehrarbeitsstunden zu ermitteln seien. Aus der Stichtagsregelung ergebe sich auch nicht, daß die Berechnung sich nach der jeweiligen individuell erzielten Novembervergütung richten müsse, sondern dadurch seien sowohl im Lauf des Kalenderjahres bis zum 30. November eintretende Tariferhöhungen als auch durch Umgruppierung eintretende Veränderungen berücksichtigt. Eine variable Arbeitszeit oder eine höhere als die arbeitsvertraglich festgelegte Arbeitszeit hätten die Parteien nicht vereinbart. Anhaltspunkte dafür, daß der Beklagte eine Erhöhung der vertraglichen Stundenzahl nur deshalb abgelehnt hätte, um eine Erhöhung der tariflichen Sonderzuwendung zu vermeiden, seien nicht ersichtlich. Die Klägerin sei bis zu einer vertraglichen Veränderung - gegebenenfalls über § 9 TzBfG - auch nicht verpflichtet, mehr als 20 Stunden wöchentlich zu arbeiten.

II. Der Senat folgt dem Landesarbeitsgericht im Ergebnis und überwiegend in der Begründung.

Der Beklagte hat die Sonderzuwendung zutreffend mit 62,5 % von 1.839,50 DM brutto berechnet. Dieser Betrag ist das der Klägerin individuell zustehende monatliche Tarifentgelt iSd. § 19 B Ziff. 1 Satz 1 MTV. Gemäß den §§ 7, 6 und 5 MTV bestimmt sich dieses nach dem Verhältnis der vertraglich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich zur regelmäßigen Arbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte von 37,5 Stunden. Dies ergibt die Auslegung des § 19 B Ziff. 1 Satz 1 MTV.

1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG 20. April 1994 - 10 AZR 276/93 - AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 11 mwN).

2. Zwar ist dem Wortlaut der Vorschrift nicht eindeutig zu entnehmen, daß es auf den arbeitsvertraglich festgelegten Arbeitszeitumfang ankommt, jedoch ergibt sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck der Norm, daß die Tarifvertragsparteien bei Teilzeitbeschäftigten den arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeitumfang als Berechnungsgrundlage wählen wollten.

a) Der in § 19 B Ziff. 1 Satz 1 MTV verwendete Begriff "monatliches Tarifentgelt" entspricht dem in § 7 unter der Überschrift "Tarifentgelt, Umrechnung von Entgeltzahlungen" geregelten Begriff des "tariflichen Monatsentgelts". Seiner Berechnung liegt eine wöchentliche Arbeitszeit nach § 6 Ziff. 1 MTV zugrunde. Das sind 37,5 Stunden als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten. Damit wird ein Verhältnis von in Gehaltstarifverträgen jeweils festgelegten Monatsverdiensten und regelmäßiger Arbeitszeit geschaffen, das eine Gehaltsberechnung für einzelne Arbeitstage oder Arbeitsstunden ermöglicht. Die Vorschrift hat damit insbesondere Bedeutung für Teilzeitbeschäftigte, die in § 5 Abs. 1 Satz 1 MTV als "stundenweise Beschäftigte" bezeichnet werden. Das sich danach für die Klägerin ergebende monatliche Tarifentgelt ist mit 20/37,5 der Vergütung einer entsprechenden Vollzeitkraft richtig berechnet worden.

Durch die Verwendung des Begriffs "Tarifentgelt" haben die Tarifvertragsparteien deutlich gemacht, daß es nicht auf das jeweils abgerechnete Monatsentgelt ankommt, also insbesondere nicht auf übertarifliche Leistungen und tarifliche Zuschläge, auch wenn diese sich ebenfalls aus dem Tarifvertrag ergeben, sondern auf das sich auf der Grundlage von 37,5 Wochenstunden ergebende Grundentgelt. Das "Tarifentgelt" umfaßt nicht alle Ansprüche, die sich aus dem Tarifvertrag herleiten lassen, beschreibt also nicht die Anspruchsgrundlage, sondern das nach den §§ 7, 6 und 5 MTV zu ermittelnde Grundentgelt.

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin zwingt § 5 Abs. 1 Satz 2 MTV nicht zu einer Berücksichtigung der über die vertragliche Arbeitszeit hinaus geleisteten Stunden bei der Sonderzuwendung. Wenn es dort heißt, daß den stundenweise Beschäftigten "sämtliche Ansprüche aus diesem Tarifvertrag nach Maßgabe des tatsächlichen Umfangs ihrer Beschäftigung" zustehen, folgt daraus nicht generell und für alle tarifvertraglichen Ansprüche, daß es für Teilzeitbeschäftigte unabhängig von den Modalitäten des einzelnen tariflichen Anspruchs ausschließlich auf die konkret geleisteten Arbeitsstunden ankommen müsse. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Tarifvertragsparteien in § 5 MTV das in § 2 Abs. 1 BeschFG (jetzt § 4 TzBfG) niedergelegte Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter ausdrücken wollten.

Es sollte verhindert werden, daß bestimmte Leistungen Teilzeitbeschäftigten nicht zugute kommen, wenn sie beispielsweise eine bestimmte Teilzeitquote nicht erreichen. Dies war etwa in § 2 Abs. 3 Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen, gültig ab 1. Juli 1980, der Fall.

Dafür, daß mit dem "tatsächlichen Umfang der Beschäftigung" der arbeitsvertraglich vereinbarte Umfang der Beschäftigung gemeint ist, spricht, daß gem. § 2 MTV in den Arbeitsvertrag ua. der "Umfang der Tätigkeit" aufzunehmen ist. Mit dem Begriff "tatsächlich" soll dieser niedergelegte Umfang nicht bedeutungslos werden, sondern es soll auf die für den jeweiligen Arbeitnehmer "tatsächlich" iSv. "jeweils" vereinbarte Arbeitszeit abgestellt werden.

Nach dem Verständnis der Klägerin geböte § 5 MTV generell, daß es bei allen tariflichen Ansprüchen Teilzeitbeschäftigter nicht auf den arbeitsvertraglich vereinbarten Umfang der Beschäftigung ankomme, sondern nur auf die konkret geleisteten Arbeitsstunden. Eine solche Auslegung wäre aber nur sinnvoll, wenn auch ein Bezugszeitraum angegeben wäre, in dem der "tatsächliche Umfang" der Beschäftigung festzustellen wäre wie zB in § 2 Ziff. 2 Buchst. c) des Tarifvertrags über tarifliche Altersvorsorge vom 28. Juni 2001. Dies ist aber hier nicht der Fall. Die Auslegung würde daher zu einer praktisch unbrauchbaren Lösung führen.

Ferner spricht gegen die von der Klägerin vorgenommene Auslegung, daß unklar würde, ob Bezüge ohne Arbeitsleistung, wie zB Entgeltfortzahlung oder Urlaubsentgelt überhaupt bei der Berechnung tariflicher Leistungen berücksichtigt werden dürften. Auch in solchen Zeiträumen ist ein Arbeitnehmer nicht "tatsächlich" beschäftigt. Dies haben die Tarifvertragsparteien aber ersichtlich nicht so regeln wollen.

Schließlich läßt sich aus der Verwendung des Begriffs "tatsächlich" in § 19 A Ziff. 3 MTV nicht herleiten, daß nach § 5 MTV ausschließlich konkret geleistete Arbeitszeiten für Teilzeitbeschäftigte maßgeblich sind. Selbst wenn die Ansicht des Beklagten zuträfe, daß bei der Berechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes Teilzeitbeschäftigter Mehrarbeitsstunden einfließen, weil diese ein "Urlaubsgeld im Verhältnis ihrer tatsächlichen Arbeitszeit zur tariflichen Wochenarbeitszeit" erhalten sollen, läßt dies nicht den Schluß zu, daß die Sonderzuwendung in gleicher Weise zu berechnen ist.

c) Die von der Klägerin geleisteten Mehrarbeitsstunden gehören auch nicht deshalb zu dem ihr zustehenden monatlichen Tarifentgelt, weil dieses als das ihr "individuell" zustehende bezeichnet ist. Mit diesem Begriff wird die Berechnung der Sonderzuwendung von derjenigen des zusätzlichen Urlaubsgeldes gem. § 19 A Ziff. 1 a MTV abgegrenzt. Das zusätzliche Urlaubsgeld wird für alle Arbeitnehmer gleich berechnet, ausgehend vom tariflichen Entgeltanspruch für das letzte vereinbarte Berufsjahr einer Verkäuferin mit abgeschlossener Berufsausbildung, also unabhängig von der individuellen Eingruppierung und dem jeweiligen Berufsjahr des/der Anspruchsberechtigten. Die Sonderzuwendung soll demgegenüber an das durch die Eingruppierung, das Berufsjahr und den vereinbarten Umfang der Tätigkeit bestimmte individuelle Monatsgehalt anknüpfen.

d) Auch der Vergleich mit weiteren Vorschriften des MTV ergibt, daß zu dem individuell dem/der Anspruchsberechtigten zustehenden monatlichen Tarifentgelt iSd. § 19 B Ziff. 1 MTV keine Mehrarbeitsstunden gehören. In den Vorschriften, nach denen in tarifliche Leistungen "zusätzliche Einkünfte" einfließen sollen, ist dies ausdrücklich vorgesehen. So regelt § 14 B Ziff. 2 MTV, daß die "Bezüge" in Krankheitsfällen für sechs Wochen weiterzuzahlen sind, wobei zusätzliche Einkünfte wie Prämien, Provisionen, Überstundenvergütungen, jedoch nicht Gratifikationen, Jahrestantiemen und sonstige auf einmaligen Anlässen beruhende Zahlungen bei der Berechnung des Entgelts zu berücksichtigen sind. Das gleiche wird in § 17 MTV für das Urlaubsentgelt vorgeschrieben. In beiden Fällen ist ein Referenzzeitraum, nämlich die letzten drei vollen Monate vor dem jeweiligen Anlaß, festgelegt. In § 19 B Ziff. 1 MTV ist weder eine solche ausdrückliche Regelung noch ein Referenzzeitraum enthalten.

e) Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht damit begründen, daß in § 19 B Ziff. 2 MTV ein Stichtag festgelegt ist. Daraus folgt nicht, daß eine Durchschnittsberechnung bis zum Stichtag vorzunehmen wäre, wobei schon unklar ist, ab welchem Zeitpunkt dies geschehen sollte, wie die verschiedenen Berechnungsweisen der Klägerin zeigen. Die Vorschrift ist so zu verstehen, daß die am 30. November des Kalenderjahres bzw. im Monat des Austritts bestehenden Verhältnisse die Höhe des "individuell dem Anspruchsberechtigten zustehenden monatlichen Tarifentgeltes" bestimmen sollen. Hat sich die vertragliche Arbeitszeit oder die Eingruppierung im Laufe des Kalenderjahres verändert, sind die Verhältnisse entscheidend, wie sie am 30. November bestehen.

3. Die arbeitsvertraglich festgelegte wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden ist weder ausdrücklich noch konkludent verändert worden, so daß das zugrunde zu legende monatliche Tarifentgelt sich nicht erhöht hat. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, daß die Arbeitsvertragsparteien eine variable Arbeitszeit vereinbart hätten oder eine höhere als die ursprünglich geschuldete Arbeitszeit (anders als im Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1998 - 9 Sa 97/98 - nv.). Allein aus dem Umstand, daß zwischen 1,5 und 71 Stunden monatlich mehr geleistet wurden als vertraglich geschuldet, läßt sich noch nicht schließen, daß der Arbeitsvertrag hinsichtlich des Umfangs der Tätigkeit verändert worden wäre. Zu Grund und Anlaß der Mehrarbeitsstunden hat die Klägerin nichts vorgetragen, so daß nicht deutlich ist, ob es sich um Mehrarbeitsstunden wegen bestimmter besonderer Umstände handelte, die vorübergehend zusätzlich geleistet wurden oder um regelmäßig zu leistende Arbeiten, die zumindest stillschweigend in die arbeitsvertraglichen Pflichten der Parteien aufgenommen wurden. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war die Klägerin nicht verpflichtet, mehr als 20 Stunden wöchentlich zu leisten.

Anders als beim in § 4 EFZG geregelten Lohnausfallprinzip kommt es bei dieser tariflichen Gestaltung nicht darauf an, ob regelmäßig eine bestimmte erhöhte Arbeitszeit abgerufen worden ist (vgl. BAG 21. November 2001 - 5 AZR 296/00 - zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

III. Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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