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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 21.06.2001
Aktenzeichen: 2 AZR 137/00
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 15
Werden nach Einstellung der Produktion die Arbeitsverhältnisse der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gekündigt, so liegt in der Regel eine Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft (Betriebsstillegung) vor, wenn im Kündigungszeitpunkt davon auszugehen ist, daß eine eventuelle Wiederaufnahme der Produktion erst nach einem längeren, wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum erfolgen kann, dessen Überbrückung mit weiteren Vergütungszahlungen dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

2 AZR 137/00

Verkündet am 21. Juni 2001

In Sachen

hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Rost, die Richter am Bundesarbeitsgericht Bröhl und Dr. Fischermeier, die ehrenamtlichen Richter Baerbaum und Heise für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. November 1999 - 10 (3) Sa 1021/99 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristgerechten Arbeitgeberkündigung und in diesem Zusammenhang insbesondere darüber, ob die Kündigung wegen einer Betriebsstillegung erfolgte.

Die am 21. September 1960 geborene Klägerin (verheiratet, gegenüber einem Kind unterhaltsverpflichtet) war seit 1. Februar 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als Finanzbuchhalterin zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 3.249,50 DM tätig. Die Beklagte betrieb in S. eine Gefriertrocknungsanlage für Lebensmittel. Sie beschäftigte neben dem Betriebsleiter 20 Arbeitnehmer. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die Ernährungsindustrie Sachsen-Anhalt vom 19. August 1991 kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit Anwendung.

Die Klägerin war Vorsitzende des im Betrieb der Beklagten gebildeten Betriebsrats. Ferner war sie Wahlbewerberin für die auf den 7. Mai 1998 angesetzte Betriebsratswahl.

Bereits im Jahr 1997 war die Auftragslage rückläufig. Ab 1. September 1997 wurde im Betrieb der Beklagten Kurzarbeit eingeführt. Mit Bescheid vom 18. September 1997 bewilligte das Arbeitsamt Halle den vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmern Kurzarbeitergeld bis längstens 28. Februar 1998. Unter dem 19. Dezember 1997 teilte die Beklagte dem Betriebsrat folgendes mit:

"...

wir haben alle zur Kenntnis nehmen müssen, daß unser einziger Kunde die Zusammenarbeit mit unserer Firma zum Jahresende 1997 beendet hat. Ein noch nicht abgearbeiteter Überhang aus dem letzten Auftrag läßt voraussichtlich maximal bis zum 10. Januar 1998 Beschäftigung zu. Ein kurzfristiger Ersatz des Kunden ist nicht möglich. Wir müssen daher wegen Arbeitsmangel den Betrieb ab dem 13. Januar 1998 schließen. Infolge der Schließung wird es bedauerlicherweise zu Entlassungen kommen. Erfreulicherweise stehen jetzt zweckgebundene finanzielle Mittel zur Verfügung, die es erlauben, den Betrieb baulich und technisch so zu modernisieren, daß es künftig möglich sein wird, mit marktfähigen Produkten neue Kunden gewinnen zu können. Es ist vorstellbar, daß ein Teil der Mitarbeiter in der Sanierungsphase, für Sanierungstätigkeiten zum Einsatz kommen können. ..."

Ab 14. Januar 1998 stellte die Beklagte die Produktion ein. Am 13. Januar 1998 beantragte die Beklagte beim Arbeitsamt Halle, die Zahlung von Kurzarbeitergeld über den 28. Februar 1998 hinaus zu verlängern. Zur Begründung dieses Antrags führte sie in ihrem Schreiben vom 28. Januar 1998 ua. aus:

"...

Der Betrieb wurde bis Anfang 1998 durch einen Hauptabnehmer im wesentlichen ausgelastet. Lediglich durch saisonal bedingte Absatzschwankungen kam es vereinzelt zu Betriebsunterbrechungen. Der Abnehmer hat die Geschäftsbeziehung zum Jahreswechsel beendet. Die Fortführung des Betriebes mit einem weiteren Abnehmer, der den Betrieb ebenfalls, sogar in vier Schichten auslasten will, aber auch die erforderliche Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit setzt eine Verstärkung der bestehenden Anlagen voraus. So sind stärkere Kühlaggregate zur Erreichung einer Temperatur von bis zu -40° C anzuschaffen. Die bestehenden Kühl-Lagerräume bedürfen ebenfalls einer entsprechenden Verstärkung. Die bestehenden Kühlaggregate lassen sich aufgrund des hohen Energieverbrauches wirtschaftlich nicht weiter einsetzen. Im Zuge dessen sollen auch die baulichen Maßnahmen zur Erfüllung der EG-Normen durchgeführt werden.

Hierfür sind vorübergehende Betriebsunterbrechungen zwischen zwei und acht Wochen unumgänglich, die sich über den gesamten Zeitraum der Sanierung hinziehen werden.

Aufgrund der Auftragssituation und des schwer abschätzbaren Bauablaufes ist derzeit nur schwer abzusehen, zu welchen Zeiten tatsächlich und in welchem Umfang produziert werden kann. Daraus resultieren Personalkostenrisiken, die die Kündigung der meisten Beschäftigungsverhältnisse erforderlich machen, sofern in den beschäftigungslosen Zeiten der Lohn für alle Beschäftigten im vollen Umfang weiterbezahlt werden muß. Selbstverständlich sind wir interessiert, so häufig wie möglich auch während der Bauzeit die Anlagen zu betreiben. Ausgeschlossen ist es allerdings, den für die Produktionsprozesse erforderlichen Personalbestand über die gesamte Zeit bis voraussichtlich 30. September 1998 zu halten und zu entlohnen.

Ein Beschluß zur Stillegung wurde bislang nicht getroffen, wird aber unumgänglich, wenn das Personalkostenrisiko für den Betrieb in voller Höhe bestehen bleibt. Aus diesem Grund bitten wir um Verlängerung der Gewährung des KUG. ..."

Mit Schreiben vom 6. Februar 1998 teilte die Beklagte dem Arbeitsamt ergänzend ua. mit, daß für gefriergetrocknete Produkte ein Absatzmarkt bestehe, die Gewinnung neuer Kunden aber besonders schwierig und fast aussichtslos sei, wenn die Produktionsstätte technologische Defizite aufweise; für die Gewinnung neuer Kunden sei es deshalb unabdingbar, eine den Erfordernissen des Marktes entsprechende Produktionsstätte präsentieren zu können. Das Arbeitsamt Halle lehnte den Antrag auf Verlängerung des Kurzarbeitergeldes mit Bescheid vom 17. Februar 1998 ab, da die Gründe für den Arbeitsausfall ausschließlich betriebsorganisatorischer Natur seien. Mit ebenfalls vom 17. Februar 1998 datierendem Bescheid hob das Arbeitsamt seine Entscheidung vom 18. September 1997 über die Bewilligung von Kurzarbeitergeld für den Zeitraum vom 1. Februar 1998 bis 28. Februar 1998 mit gleichlautender Begründung auf.

In der Folgezeit zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat geführte Verhandlungen über den Abschluß einer Betriebsvereinbarung verliefen erfolglos. Einem von der Beklagten unter dem 2. März 1998 vorgelegten, vom geschäftsführenden Gesellschafter der Beklagten bereits unterzeichneten Entwurf einer Betriebsvereinbarung stimmte der Betriebsrat nicht zu. Gegenstand der angebotenen Betriebsvereinbarung waren Regelungen im Zusammenhang mit der beabsichtigten ordentlichen Kündigung der Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer mit Ausnahme des Betriebsleiters. Unter Ziff. I des Entwurfs hieß es ua., die Hauptpflichten eines Arbeitsverhältnisses könnten aufgrund der fehlenden Aufträge und technischen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Produktion und der dadurch ausgefallenen Erlöse auf längere Zeit nicht mehr erfüllt werden. Um den Bestand der Firma zu gewährleisten, seien deshalb Maßnahmen zur Rekonstruktion der Produktionsmittel durchzuführen, die in der Zeit ihrer Durchführung eine Produktion nicht zulassen würden. In Ziff. IV und VI des Entwurfs war die Verpflichtung der Beklagten vorgesehen, jedem Mitarbeiter eine Weiterbeschäftigung nach Beendigung der Sanierung und bei Wiederaufnahme der Produktion anzubieten, sofern der Arbeitnehmer für die Dauer der Nichtbeschäftigung seit dem Wegfall des Kurzarbeitergeldes ab 1. Februar 1998 bis zur kündigungsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Zahlung eines Nettolohnes in Höhe des Kurzarbeitergeldes einverstanden gewesen wäre. Ziff. V des Entwurfs beinhaltete eine Abfindungsregelung, die durch ein ebenfalls vom 2. März 1998 datierendes Schreiben der Beklagten ergänzt wurde. Danach sollten die vom Betriebsrat im Rahmen des Gesamtvolumens von 50.000,00 DM festzulegenden Abfindungen zur Zahlung fällig werden, falls die Geschäftsleitung den zu kündigenden Arbeitnehmern nicht bis zum 31. Dezember 1998 einen vergleichbaren zumutbaren Arbeitsplatz angeboten hätte.

Mit Schreiben vom 20. März 1998 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin an. Im Anhörungsschreiben heißt es ua.:

"...

Der Betrieb mußte am 14.01.1998 stillgelegt werden, da der Hauptauftraggeber ... die Zusammenarbeit mit uns eingestellt hat. ...

Um künftig neue Kunden gewinnen zu können, ist es erforderlich, den Betrieb baulich, technisch und technologisch zu sanieren. Die umfänglichen Sanierungsarbeiten sind nicht während der normalen Produktionstätigkeit durchzuführen. ...

Die mit Zustimmung des Betriebsrats beabsichtigte Überbrückung des Produktionsstillstands bis zu einer bis zum 30. September 1998 zu realisierenden Rekonstruktion durch Kurzarbeit auf Null-Stunden-Basis ist durch Ablehnung eines diesbezüglichen Antrags und die Teilaufhebung einer bereits erteilten Bewilligung durch das Arbeitsamt Halle gescheitert. ...

Aufgrund der bereits begonnenen, aber noch nicht fertiggestellten Planungsunterlagen und in Kenntnis der Abhängigkeit von Zuliefererbetrieben und die erforderlich werdenden Konstruktionen technisch komplizierter Maschinen ist nicht abzusehen, zu welchem Zeitpunkt der Betrieb tatsächlich wieder seine Tätigkeit aufnehmen kann. ..."

Der Betriebsrat widersprach der beabsichtigten Kündigung mit Schreiben vom 25. März 1998. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit am gleichen Tag zugegangenem Schreiben vom 30. März 1998 unter Einhaltung der tarifvertraglichen Kündigungsfrist ordentlich zum 31. Mai 1998. Insgesamt kündigte die Beklagte zum 30. April 1998 vier, zum 31. Mai 1998 fünf und zum 30. Juni 1998 zehn Arbeitnehmern. In einem weiteren Fall leitete die Beklagte das Zustimmungsverfahren vor der Hauptfürsorgestelle ein. Bei diesen 20 Arbeitnehmern handelte es sich um sämtliche in der Produktion und in der Verwaltung beschäftigten Mitarbeiter mit Ausnahme des Betriebsleiters. Am 14. Mai 1998 zeigte die Beklagte die beabsichtigten Entlassungen dem Arbeitsamt an. Mit Bescheid vom 10. Juni 1998 stimmte das Arbeitsamt der Entlassung von zehn Mitarbeitern mit Ablauf des 30. Juni 1998 zu.

Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz am 10. November 1999 war der Betrieb der Beklagten noch geschlossen.

Die Klägerin hält die Kündigung für rechtsunwirksam. Sie hat mit ihrer am 20. April 1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Eine die Kündigung rechtfertigende Betriebsstillegung habe nicht stattgefunden, da die Beklagte die Produktion zwar vorübergehend eingestellt, den Betrieb aber nicht dauerhaft aufgegeben habe, sondern nach erfolgter Sanierung und Rekonstruktion der Produktionsanlagen mit dem gleichen Betriebszweck habe fortführen wollen. Die Arbeits- und Produktionsgemeinschaft zwischen Unternehmer und Belegschaft sei dadurch nicht aufgelöst worden. Die Beklagte habe im Zeitpunkt der Kündigung die Absicht gehabt, spätestens Ende September 1998 wieder zu produzieren, so daß lediglich von einer Einstellung der betrieblichen Arbeit für eine absehbare, relativ kurze Zeit auszugehen gewesen sei. Die Beklagte habe das ultima-ratio-Prinzip verkannt, da sie das Arbeitsverhältnis unter Suspendierung der beiderseitigen Pflichten hätte zum Ruhen bringen können. Zudem habe sie zum Ausdruck gebracht, Teile der Belegschaft in die Sanierungsarbeiten einbeziehen zu wollen. Die Sozialauswahl und die Betriebsratsanhörung seien nicht ordnungsgemäß erfolgt. Darüber hinaus sei keine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige gegenüber dem Arbeitsamt erfolgt. Schließlich genieße sie als Betriebsratsvorsitzende und Wahlbewerberin besonderen Kündigungsschutz.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30. März 1998, der Klägerin zugegangen am 30. März 1998, nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag vorgetragen, sie habe den Auftragsmangel und die Kündigung durch ihren Hauptabnehmer zum Anlaß für die unternehmerische Entscheidung genommen, den Betrieb zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen für einen unbestimmten, wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum stillzulegen. Die in Gesprächen mit dem Betriebsrat und bei dem Antrag auf Verlängerung der Kurzarbeiterregelung geäußerte Absicht, die vorgesehene Rekonstruktion der Produktionsanlagen bis zum 30. September 1998 abzuschließen und die Produktion wieder aufzunehmen, habe im Kündigungszeitpunkt nicht mehr bestanden. Da die Wiederaufnahme der Produktion ungewiß gewesen sei und das Arbeitsamt die Verlängerung der Kurzarbeit abgelehnt habe, habe sie den Entschluß gefaßt, die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer zu kündigen. Diese veränderte Haltung ergebe sich ua. auch aus der Anhörung des Betriebsrats zu den beabsichtigten Kündigungen. Eine Suspendierung der beiderseitigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis stelle kein geeignetes milderes Mittel dar. Da allen Arbeitnehmern gekündigt worden sei, habe auch keine Sozialauswahl durchgeführt werden müssen. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Da eine Betriebsstillegung vorliege, sei die Kündigung zulässig, obwohl die Klägerin Betriebsratsvorsitzende und Wahlbewerberin gewesen sei.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet; die streitige Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Mai 1998 aufgelöst.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Auf ihren Sonderkündigungsschutz als Betriebsratsmitglied bzw. als Wahlbewerberin könne sich die Klägerin nicht berufen, da der Betrieb bei Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Mai 1998 stillgelegt gewesen sei. Einer Sozialauswahl habe es nicht bedurft, weil mit Ausnahme des - nicht vergleichbaren - Betriebsleiters allen Arbeitnehmern gekündigt worden sei. Zweifel an der Stillegungsentscheidung der Beklagten seien nicht berechtigt, denn die Beklagte habe ihren entsprechenden Beschluß durch den vom 2. März 1998 datierenden Entwurf einer Betriebsvereinbarung dokumentiert. Ausreichend sei die Aufhebung der Produktionsgemeinschaft für einen erheblichen Zeitraum. Dafür genüge die Einstellung der Produktion vom 14. Januar 1998 bis jedenfalls 30. September 1998. Falls die endgültige Stillegungsentscheidung erst Anfang März 1998 mit dem Angebot der Beklagten auf Abschluß einer Betriebsvereinbarung gefallen sein sollte, sei auch dieser Zeitraum von annähernd sieben Monaten ausreichend, zumal keine Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin bestanden habe und der Betriebszweck für diesen Zeitraum aufgegeben worden sei.

Einer Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 Abs. 1 BetrVG habe es nicht bedurft, da die Beklagte eine ordentliche Kündigung erklärt habe. Die Anhörung des Betriebsrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Schließlich könne sich die Klägerin nicht auf eine nicht ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige berufen, da die Beklagte zum 31. Mai 1998 nicht mehr als fünf Arbeitnehmer entlassen habe.

II. Dem folgt der Senat im Ergebnis und teilweise auch in der Begründung.

1. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung vom 30. März 1998 sei wirksam, ist nicht zu beanstanden. Wird ein Betrieb stillgelegt, ist nach § 15 Abs. 4 KSchG die ordentliche Kündigung der in § 15 Abs. 1 bis 3 KSchG genannten Personen frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung zulässig (BAG 14. Oktober 1982 - 2 AZR 568/80 - BAGE 41, 72, 78).

Der Betrieb der Beklagten ist stillgelegt worden. Bei Ablauf der Kündigungsfrist war die Stillegung bereits erfolgt. Davon ist das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend ausgegangen.

a) Unter einer Betriebsstillegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, daß der Arbeitgeber die wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiterzuverfolgen (zB BAG 11. März 1998 - 2 AZR 414/97 - AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 43 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 99; 25. September 1997 - 8 AZR 493/96 - BAGE 86, 336, 340; 10. Oktober 1996 - 2 AZR 477/95 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 87). Eine Betriebsstillegung liegt ferner auch dann vor, wenn die Auflösung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft unter Aufgabe des Betriebszwecks zwar nicht von unbestimmter Dauer ist, sondern für eine im voraus festgelegte, aber relativ lange Zeit erfolgt (BAG 16. September 1982 - 2 AZR 271/80 - AP KO § 22 Nr. 4 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 18; 17. September 1957 - 1 AZR 352/56 - AP KSchG § 13 Nr. 8; KR-Etzel 5. Aufl. § 15 KSchG Rn. 79, 88 mwN; Hueck/v. Hoyningen-Huene 12. Aufl. § 15 Rn. 147). Andererseits spricht bei alsbaldiger Wiedereröffnung des Betriebes eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stillegungsabsicht (zB BAG 27. September 1984 - 2 AZR 309/83 - BAGE 47, 13, 25; KR-Etzel aaO Rn. 88; Hueck/v. Hoyningen-Huene aaO). In der Literatur werden zT bestimmte zeitliche Grenzen angenommen, um eine bloße Betriebsunterbrechung oder Betriebspause von einer rechtserheblichen Betriebsstillegung abzugrenzen (KR-Etzel aaO Rn. 90: drei Monate bei saisonbedingter Schließung; Däubler/Kittner/Klebe BetrVG 7. Aufl. § 111 Rn. 38: sechs Monate bzw. vier Monate in analoger Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 2 BeschFG). Die Rechtsprechung hat in Einzelfällen Zeiträume von zehn Monaten (LAG Berlin 17. November 1986 - 9 Sa 77/86 - LAGE KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 9) bzw. neun Monaten (BAG 27. April 1995 - 8 AZR 200/94 - EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 83) als erheblich erachtet. Allgemeingültige Abgrenzungskriterien lassen sich allerdings nicht aufstellen. Ob eine - wenn auch nur vorübergehende - Betriebstillegung oder eine unerhebliche Betriebsunterbrechung vorliegt, deren Überbrückung dem Arbeitgeber zugemutet werden kann, ist vielmehr nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (BAG 7. März 1996 - 2 AZR 180/95 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 84; LAG Berlin 17. November 1986 - 9 Sa 77/86 - aaO).

b) Die Revision rügt vorliegend zu Unrecht, im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung habe noch kein Stillegungsbeschluß vorgelegen, sondern es sei nur beabsichtigt gewesen, die Betriebstätigkeit bis zum Ende der geplanten Umbauarbeiten am 30. September zu unterbrechen.

aa) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß sich der Entschluß der Beklagten, ihren Betrieb stillzulegen, bereits aus dem am 2. März 1998 vorgelegten Entwurf der Betriebsvereinbarung ergibt. Die Revision rügt erfolglos, das Landesarbeitsgericht habe in diesem Zusammenhang die Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast verkannt (§ 286 ZPO), weil die Beklagte nicht dargelegt habe, wer den Stillegungsbeschluß wann mit welchem Inhalt getroffen habe. Die Beweiswürdigung durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Jedenfalls in der Berufungserwiderung vom 24. Februar 1999 hat die Beklagte klargestellt, daß sie sich nach der Ablehnung ihres Antrages auf Verlängerung der Bewilligung von Kurzarbeitergeld dazu genötigt sah, die Arbeitsverhältnisse mit allen Arbeitnehmern durch Kündigung zu beenden. Zwar bleibt auch mit dieser zeitlichen Eingrenzung offen, wann genau der Stillegungsbeschluß getroffen worden ist. Es ist aber nicht erforderlich, daß der genaue Zeitpunkt der unternehmerischen Entscheidung durch den Arbeitgeber dargelegt wird, wenn nur feststeht, daß diese vor Ausspruch der Kündigung getroffen worden ist. Dies ist, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, durch die Unterschrift des geschäftsführenden Gesellschafters der Beklagten unter dem Entwurf der Betriebsvereinbarung vom 2. März 1998 dokumentiert. Der Umstand, daß die Betriebsvereinbarung letztlich nicht abgeschlossen wurde, bedeutet nicht, daß die zugrundeliegende Unternehmerentscheidung nicht getroffen worden ist. Der konkrete Inhalt des Beschlusses, der auf eine Auflösung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zum frühest möglichen Zeitpunkt gerichtet war, nachdem die Produktion bereits zum 14. Januar beendet wurde, läßt sich dem Entwurf der Betriebsvereinbarung hinreichend deutlich entnehmen.

bb) Entgegen der Auffassung der Revision hat die Beklagte im Entwurf der Betriebsvereinbarung und in der schriftlichen Betriebsratsanhörung nicht zum Ausdruck gebracht, daß sie die Aufrechterhaltung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft beabsichtigte. Mit dem Ausspruch der Kündigungen wollte sie diese gerade auflösen.

(1) Dem vorgelegten Entwurf der Betriebsvereinbarung ist zu entnehmen, daß sich die ursprüngliche Planung der Beklagten, die auf Fortsetzung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft gerichtet war, nach Ablehnung des Antrags auf Verlängerung des Kurzarbeitergeldes geändert hatte. Von einer - auch nur zeitweisen - Produktion während der Sanierungsphase ist im Entwurf der Betriebsvereinbarung im Gegensatz zu den Angaben der Beklagten gegenüber dem Arbeitsamt nicht mehr die Rede. Die Beklagte weist vielmehr ausdrücklich darauf hin, daß eine Produktion während der Rekonstruktionsphase nicht möglich sei. Die Produktion war tatsächlich bereits zum 14. Januar 1998 eingestellt worden. Die Aufträge waren bis zu diesem Zeitpunkt abgearbeitet. Darüber hinaus hatte die Beklagte, wovon auch die Revision ausgeht, keine neuen Aufträge, deren Gewinnung gerade die Sanierung des Betriebs voraussetzte.

(2) Den Erklärungen der Beklagten kann nicht die Absicht entnommen werden, den Betrieb nach Abschluß der Sanierung in jedem Fall mit der früheren Belegschaft fortzusetzen. Der Entwurf der Betriebsvereinbarung enthielt keine unbedingte Wiedereinstellungszusage. Das entsprechende Angebot stand vielmehr unter der Voraussetzung, daß sich die Mitarbeiter für die Zeit ab 1. Februar 1998 bis zum Ablauf der jeweiligen Kündigungsfrist mit einer Nettovergütung in Höhe des - vom Arbeitsamt nicht bewilligten - Kurzarbeitergeldes begnügt hätten. Auch die im Entwurf der Betriebsvereinbarung vorgesehene Abfindungsregelung für den Fall, daß die Beklagte bis zum 31. Dezember 1998 keinen vergleichbaren und zumutbaren Arbeitsplatz angeboten hätte, spricht nicht für die Annahme, die Beklagte habe die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft aufrechterhalten wollen. Zudem handelte es sich insoweit lediglich um ein an den Betriebsrat gerichtetes Verhandlungsangebot der Beklagten. Eine Betriebsvereinbarung mit entsprechendem Inhalt ist nicht zustandegekommen. Infolgedessen ist auch in der schriftlichen Betriebsratsanhörung nicht mehr davon die Rede, daß die Beklagte bereit sei, der bisherigen Belegschaft nach der Sanierungsphase überhaupt ein Arbeitsplatzangebot zu unterbreiten. Ob im Fall der Wiederaufnahme der Produktion gleichwohl ein Wiedereinstellungsanspruch der gekündigten Arbeitnehmer in Betracht gekommen wäre (vgl. BAG 7. März 1996 - 2 AZR 180/95 - aaO mwN), hatte der Senat nicht zu entscheiden.

(3) Die Auffassung der Revision, es stelle eine Abweichung von der Entscheidung des 1. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Juni 1987 (- 1 AZR 528/85 - BAGE 55, 344) dar, im vorliegenden Fall von einer Betriebsstillegung auszugehen, ist unzutreffend. Der 1. Senat hat in der genannten Entscheidung insbesondere nicht den Rechtssatz aufgestellt, die Annahme einer Betriebsstillegung sei stets ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber beabsichtige, den Betrieb zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu eröffnen, sondern ausgeführt, die Kündigung aller Arbeitnehmer sei in der Regel ein sicheres Anzeichen dafür, daß der Betrieb stillgelegt werde. Wenn der 1. Senat in der fristlosen Kündigung (nahezu) aller Arbeitnehmer nach einer durch einen Brand verursachten Stillegung der Produktion gleichwohl keine Betriebsstillegung, sondern eine bloße Betriebsunterbrechung gesehen hat, lag dies in den Besonderheiten des Einzelfalles begründet. Der Arbeitgeber hatte lediglich von einer tarifvertraglichen Regelung Gebrauch gemacht, die ihn bei schweren Betriebsstörungen berechtigte, die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer fristlos zu lösen, wobei der Tarifvertrag zugunsten der entlassenen Arbeitnehmer - im Gegensatz zum vorliegend zu entscheidenden Fall - einen unbedingten Wiedereinstellungsanspruch vorsah. Damit hatte der Arbeitgeber keine Organisationsentscheidung getroffen, den Betrieb stillzulegen, vielmehr nur auf die brandbedingte Unterbrechung der Betriebstätigkeit mit den tarifvertraglich gegebenen Möglichkeiten reagiert.

(4) Gegen den Willen der Beklagten, ihren Betrieb stillzulegen, spricht ferner nicht der Umstand, daß die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsleiter aufrechterhalten hat. Auch die Weiterbeschäftigung weniger Arbeitnehmer mit Abwicklungs- und Aufräumarbeiten stünde der Annahme einer Betriebsstillegung nicht entgegen (BAG 14. Oktober 1984 - 2 AZR 568/80 - BAGE 41, 72, 73). Dies gilt erst recht, wenn ein Arbeitnehmer nicht im Rahmen des bisherigen Betriebszwecks - hier der Gefriertrocknung von Lebensmitteln - eingesetzt wird, sondern mit Aufgaben im Rahmen von Umbaumaßnahmen. Jedenfalls wird durch die Weiterbeschäftigung des Betriebsleiters die bisherige Betriebsorganisation nicht beibehalten. Dafür ist entscheidend, daß die Belegschaft in ihrer Identität erhalten bleibt (KR-Etzel aaO Rn. 81 mwN).

cc) Der Beschluß der Beklagten war auf die Stillegung ihres Betriebes für eine der Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne gerichtet. Demgegenüber rügt die Revision ohne Erfolg, es könne lediglich von einer Betriebsunterbrechung vom 1. Juli 1998 bis zum 30. September 1998 ausgegangen werden.

(1) Das Landesarbeitsgericht hat bei der Prüfung, ob die Unterbrechung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft für eine erhebliche Dauer beabsichtigt war, auf den Zeitraum vom 14. Januar 1998 bzw. von Anfang März 1998 bis jedenfalls 30. September 1998 abgestellt und die entsprechenden Zeiträume von achteinhalb bzw. von knapp sieben Monaten nicht als unerhebliche Betriebsunterbrechung, sondern als lange, wenn auch zeitlich befristete Betriebsstillegung angesehen. Soweit das Landesarbeitsgericht als Beginn der Betriebsstillegung in erster Linie den 14. Januar 1998 angenommen hat, ist dem allerdings nicht zu folgen, da zu diesem Zeitpunkt lediglich die Produktion eingestellt wurde, aber noch kein Entschluß zur Betriebsstillegung, dh. zur Auflösung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft getroffen war. Ob der vom Landesarbeitsgericht für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitraums hilfsweise genannte zeitliche Ausgangspunkt - Anfang März 1998 - oder aber, wie die Revision meint, der 1. Juli 1998 zugrundegelegt werden müßte, kann allerdings offenbleiben. Die Beklagte macht nämlich zu Recht geltend, daß die Wiederaufnahme der betrieblichen Tätigkeit nicht von vornherein terminlich festgelegt, die Stillegung vielmehr für eine unbestimmte, erhebliche Dauer beabsichtigt gewesen sei.

(2) Es ist schon zweifelhaft, ob der von der Beklagten gegenüber dem Arbeitsamt im Zusammenhang mit der beantragten Verlängerung des Kurzarbeitergeldes als voraussichtliche Dauer der Sanierungsphase genannte Termin des 30. September 1998 überhaupt realistisch oder - um die Erfolgsaussichten dieses Antrags zu erhöhen - lediglich vorgeschoben war. Jedenfalls waren entsprechende Planungen der Beklagten im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs überholt. Im Entwurf der Betriebsvereinbarung ist der Zeitpunkt 30. September 1998 als voraussichtlicher Endtermin der Sanierungsarbeiten nicht mehr erwähnt. Die Beklagte ging in diesem ihren Stillegungsentschluß wiedergebenden Entwurf vielmehr davon aus, daß die Hauptpflichten eines Arbeitsverhältnisses - Arbeits- und Vergütungspflicht - auf längere Zeit nicht mehr erfüllt werden könnten. Ihrer Einschätzung, die weitere Vergütungszahlung sei nicht zu verkraften und würde die Durchführung der geplanten Rekonstruktionsmaßnahmen und die spätere Wiederaufnahme der Produktion überhaupt gefährden, eine solche Überbrückung sei ihr also nicht zuzumuten, ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Aus der vorgesehen Abfindungsregelung wird ebenfalls deutlich, daß die Beklagte die zeitliche Dauer der Sanierung und den Zeitpunkt der Wiedereröffnung des Betriebs nicht absehen konnte. Anders kann es nicht verstanden werden, daß die im Entwurf der Betriebsvereinbarung bzw. im ergänzenden Schreiben vom 2. März 1998 vorgesehenen Abfindungen zum 31. Dezember 1998 fällig werden sollten, falls die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt den gekündigten Arbeitnehmern keine vergleichbaren zumutbaren Arbeitsplätze angeboten hätte. Die Beklagte macht ferner zu Recht geltend, in der schriftlichen Betriebsratsanhörung sei dann ausdrücklich davon die Rede, daß die Planungsunterlagen nicht fertiggestellt seien und daß wegen der Abhängigkeit von Zulieferbetrieben und der erforderlich werdenden Konstruktion technisch komplizierter Maschinen nicht absehbar sei, zu welchem Zeitpunkt der Betrieb tatsächlich wieder seine Tätigkeit aufnehmen könne. Daraus wird in Verbindung mit dem Entwurf der Betriebsvereinbarung deutlich, daß nach der Prognose im maßgeblichen Zeitpunkt der Kündigung mit einer Stillegung jedenfalls bis in das Jahr 1999 zu rechnen war. Dies ist ein wirtschaftlich nicht unerheblicher Zeitraum, unabhängig davon, ob für dessen Beginn auf Anfang März 1998 oder auf den 1. Juli 1998 abzustellen ist. Daß die Prognose der Beklagten nicht unrealistisch und ungerechtfertigt war, wird schließlich auch durch den tatsächlichen späteren Verlauf bestätigt, da die Beklagte die Produktion im November 1999 noch nicht wieder aufgenommen hatte.

c) Auch hinsichtlich des Kündigungstermins ist die streitige Kündigung nicht zu beanstanden.

aa) Dem Landesarbeitsgericht ist zwar nicht darin zu folgen, daß der Betrieb bereits am 14. Januar 1998 stillgelegt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte lediglich die Produktion eingestellt und geplant, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft durch Verlängerung der Kurzarbeitregelung fortzuführen. Auch Anfang März 1998 war die Betriebsstillegung noch nicht vollzogen, sondern erst beabsichtigt. Zu der bloßen Produktionseinstellung als erstem Element einer Betriebstillegung muß die Auflösung der dem Betriebszweck dienenden Organisation hinzukommen. Für sie genügt es nicht, daß die Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigt werden, erforderlich ist vielmehr, daß der Arbeitgeber die rechtlichen Maßnahmen ergriffen hat, um die von ihm organisierte Zusammenarbeit der Arbeitnehmer im Betrieb zu beenden (Richardi BetrVG 7. Aufl. § 111 Rn. 54).

bb) Mit Ausspruch der Kündigungen und - in einem Fall - der Einleitung des Zustimmungsverfahrens vor der Hauptfürsorgestelle, spätestens jedoch mit der noch vor dem 31. Mai 1998 gegenüber dem Arbeitsamt erstatteten Massenentlassungsanzeige hatte die Beklagte aber die zur Auflösung der betrieblichen Organisation führenden Maßnahmen durchgeführt, nachdem sie die Produktion bereits zuvor eingestellt hatte. Der Umstand, daß mehrere Arbeitnehmer aufgrund längerer tarifvertraglicher Kündigungsfristen erst zum 30. Juni 1998 entlassen werden konnten, bedeutet entgegen der Auffassung der Revision nicht, daß die Betriebsstillegung erst zu diesem späteren Zeitpunkt vollzogen wurde. Der Zeitpunkt der Betriebsstillegung bestimmt sich nicht nach dem Ablauf der Kündigungsfristen. Andernfalls läge eine Betriebsstillegung erst dann vor, wenn das Arbeitsverhältnis desjenigen Arbeitnehmers mit der längsten Kündigungsfrist rechtlich beendet ist. Im Einzelfall würde dieser Zeitpunkt durch behördliche Zustimmungserfordernisse auf unabsehbare Zeit hinausgeschoben, ohne daß noch eine betriebliche Organisation vorhanden wäre. Es gibt auch keinen Grundsatz, wonach der durch § 15 KSchG geschützte Personenkreis stets mit der letzten Gruppe von Arbeitnehmern entlassen werden könnte, wenn die Betriebsstillegung bereits durchgeführt ist (vgl. KR-Etzel aaO Rn. 102a mwN). Eine andere Betrachtungsweise würde für den geschützten Personenkreis zu einer Verlängerung der individuellen Kündigungsfrist führen und dem Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG widersprechen.

cc) Selbst wenn aber der Rechtsauffassung der Revision, eine Betriebsstillegung könne erst nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse aller Mitarbeiter zum 30. Juni 1998 angenommen werden, zu folgen wäre, wäre der Kündigungstermin 31. Mai 1998 nicht zu beanstanden. Nach § 15 Abs. 4 KSchG kann die Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt erfolgen, wenn dies durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Das ist der Fall, wenn für den geschützten Arbeitnehmer keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr vorhanden ist (KR-Etzel aaO Rn. 103 mwN). Eine Beschäftigungsmöglichkeit bestand, wie das Landesarbeitsgericht gemäß § 561 Abs. 2 ZPO bindend festgestellt hat, für die Klägerin jedoch nicht.

d) Soweit die Klägerin in den Vorinstanzen geltend gemacht hat, die Beklagte habe anstelle der Beendigungskündigung das Arbeitsverhältnis unter Suspendierung der wechselseitigen Pflichten zum Ruhen bringen können, stellt dies kein geeignetes milderes Mittel dar. Ob ein Suspendierungsrecht des Arbeitgebers bei einer bloßen Betriebsunterbrechung in Betracht gezogen werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Bei der hier gegebenen Betriebsstillegung kann die Beklagte auf eine Suspendierung nicht verwiesen werden; vielmehr erklärt § 15 Abs. 4 KSchG die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich für zulässig und verlangt gerade nicht, das Arbeitsverhältnis dauernd oder für einen längeren Zeitraum als "leere Hülle" aufrechtzuerhalten.

e) Das Landesarbeitsgericht hat schließlich zu Recht angenommen, daß die Beklagte keine Sozialauswahl treffen mußte. Die Beklagte hat alle Arbeitnehmer mit Ausnahme des Betriebsleiters entlassen. Die unterbliebene Sozialauswahl zwischen der Klägerin und dem Betriebsleiter ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil sich der Vergleich nur auf derselben Ebene der Betriebshierarchie vollzieht (vgl. BAG 29. März 1990 - 2 AZR 369/89 - BAGE 65, 61).

2. Was schließlich die Beteiligung des Betriebsrats im Zusammenhang mit der streitigen Kündigung angeht, lassen die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts keine Rechtsfehler erkennen. Einer Zustimmung gemäß § 103 Abs. 1 BetrVG bedurfte es nicht, da die Beklagte eine gemäß § 15 Abs. 4 KSchG zulässige ordentliche Kündigung ausgesprochen hat. Die Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG ist nicht zu beanstanden. Auch die Revision hat insoweit keine konkreten Rügen mehr erhoben.

3. Gleiches gilt für die Erstattung der Massenentlassungsanzeige (§§ 17 f. KSchG). Zum 31. Mai 1998 hat die Beklagte nicht mehr als fünf Arbeitnehmer entlassen und die weiteren Entlassungen sind wegen Überschreitung des Zeitraums von 30 Kalendertagen unerheblich.

Ende der Entscheidung

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