Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 16.12.2004
Aktenzeichen: 2 AZR 66/04
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

Hinweise des Senats: Parallelsache zu - 2 AZR 67/04 -

2 AZR 66/04

Verkündet am 16. Dezember 2004

In Sachen

hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Rost, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Eylert und Schmitz- Scholemann sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Fischer und die ehrenamtliche Richterin Engel für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 5. November 2003 - 5 Sa 267/03 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

Der am 19. September 1959 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war seit dem 1. September 1976 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Seit dem 1. November 1996 war er als Produktionsleiter tätig. Die Beklagte beschäftigte neben dem Kläger noch einen weiteren Produktionsleiter. Ein dritter bei ihr eingesetzter Produktionsleiter war bei der Firma D. B. G. (im Folgenden: DBG) angestellt.

Die drei Produktionsleiter wurden bei der Herstellung der "M." in der Nachtschicht eingesetzt. Sie waren den Druckern der Beklagten sowie den bei der DBG angestellten und beim Druck der M. eingesetzten Logistikern und Linienführern vorgesetzt.

Die Beklagte fertigt weitere Druckerzeugnisse (Anzeigenblätter uä.). Den Druck und die Weiterverarbeitung dieser Produkte übernahmen Arbeitnehmer der ebenfalls zur M. M. gehörenden, im Jahre 1997 gegründeten Firma Z. B. G. (im Folgenden: ZBG). Bis zu deren Gründung hatten der Kläger und sein Kollege die Produktion sowohl in der Tag- als auch der Nachtschicht geleitet.

Mit Beschluss vom 28. September 2001 stellte das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (Az. - 7 (5) TaBV 24/00 -) fest, dass die Beklagte, die ZBG, die DBG und weitere Unternehmen der M. M. einen gemeinsamen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsrechts bildeten.

Das Nebeneinander der Aufgabenverteilung auf die bei unterschiedlichen Unternehmen angestellten und in unterschiedlichen Schichten beschäftigten Produktions- und Schichtleiter führte nach Angaben der Beklagten zu Reibungsverlusten und Verzögerungen im Druckplan sowie zu Wartungs- und Instandhaltungsversäumnissen.

Der Gesellschafter der Beklagten, die H. Zeitschriften Verlag KG, beschloss daher am 11. September 2002, die eigene Produktionsleitung einzustellen.

Am 2. Oktober 2002 beschloss die Alleingesellschafterin der ZBG, nämlich gleichfalls die H. Zeitschriften Verlag KG, vertreten durch Herrn H. B., die Gesellschaft in die PIT P. + IT GmbH B. (im Folgenden: PIT) umzufirmieren. Unternehmungsgegenstand der PIT ist die Wartung und Instandsetzung von drucktechnischen Anlagen, das Betreiben der Haustechnik, der Gebäudeleittechnikanlagen, der Plattenherstellungsanlagen und der Anlagen der Rollenlogistik sowie die Betreuung, die Wartung und das Betreiben von Netzwerken, Datenbanken, Servern und sonstigen Hard- und Softwarekomponenten und datentechnischen Anlagen einschließlich des Handelns mit diesbezüglichen Service- und Beratungsleistungen sowie der Koordination, der Organisation und des Managements von druck- und datentechnischen Tätigkeiten und Geschäften, welche die wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft zu fördern geeignet sind.

Durch einen Dienstleistungsvertrag wurde die Produktionsleitung aller Objekte der Beklagten der PIT übertragen. Seit dem 1. Dezember 2002 üben drei bei der PIT angestellte Team-Dispatcher die Produktionsleiteraufgaben in Tag- und Nachtschicht aus.

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2002 teilte die Beklagte ihrem Betriebsrat mit, sie beabsichtige, dem Kläger zu kündigen. Der Betriebsrat widersprach der beabsichtigten Kündigung.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 30. Juni 2003.

Der Kläger hat sich mit seiner Klage ua. gegen diese Kündigung gewandt und die Auffassung vertreten, sie sei sozial ungerechtfertigt. Sein Arbeitsplatz sei nicht weggefallen. Die Produktionsleitung sei nicht neu geordnet worden. Die Team- Dispatcher verrichteten die bisherige Arbeit der Produktionsleiter. Die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei willkürlich und rechtsmissbräuchlich. Anlass für die Umorganisation sei ein Streik bei der Beklagten gewesen. Die Team-Dispatcher seien in den Betrieb eingegliedert und unterlägen dem Weisungsrecht der Beklagten. Im Übrigen bildeten die Beklagte und die PIT einen Gemeinschaftsbetrieb. Deshalb erstrecke sich die Sozialauswahl auch auf die bei der PIT angestellten und mit den Produktionsleitern vergleichbaren namentlich benannten drei Team-Dispatcher, die schlechtere Sozialdaten aufwiesen.

Der Kläger hat - soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse - beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 20. Dezember 2002 mit dem 30. Juni 2003 beendet worden ist.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt: Mit der Umsetzung des Entschlusses, die Produktionsleitung zum 30. November 2003 einzustellen, sei der Arbeitsplatz des Klägers entfallen. Die Neustrukturierung der Produktionsleitung sei aus wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen erfolgt. Den Arbeitsaufwand von 87 Stunden pro Woche für die Betreuung der Tag- und Nachtschichtproduktion könnten die drei Team-Dispatcher allein wahrnehmen. Der bisherige Arbeitsumfang habe sich verringert, weil nunmehr schon während der Nachtschicht die Produktion des Folgetages geplant werde. Anders als die ehemaligen Produktionsleiter könnten die Team-Dispatcher auch praktische Tätigkeiten mit übernehmen. Freie Stellen gebe es nicht. Es gebe auch keinen Gemeinschaftsbetrieb mit der PIT. Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts im betriebsverfassungsrechtlichen Abgrenzungsverfahren habe keine Bindungswirkung. Die ihm zugrunde liegenden Umstände hätten sich, ua. durch das Ausscheiden der ZBG aus dem Gemeinschaftsbetrieb und der Stilllegung der DBG zum 29. November 2002, wesentlich geändert. Weder die Beklagte noch die PIT setzten ihr Personal gemeinsam ein oder tauschten es aus. Beide Unternehmen würden auch nicht einheitlich geführt, die jeweiligen Geschäftsführer leiteten ihre Betriebe eigenständig. Es sei auch kein Betriebsübergang erfolgt, allenfalls liege eine teilweise Funktionsnachfolge vor. Auch könne die Wahrnehmung der Produktionsleiteraufgaben durch zwei Arbeitnehmer nicht als übergangsfähiger Betriebsteil qualifiziert werden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage hinsichtlich der streitgegenständlichen Kündigung vom 20. Dezember 2002 stattgegeben und den Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers abgewiesen. Mit der nur für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung vom 20. Dezember 2002 ist rechtsunwirksam, weil sie sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1 KSchG). Sie ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt.

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Aus der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten, die unstreitig weiter erforderlichen Tätigkeiten der Produktionsleiter nicht mehr mit eigenen Arbeitnehmern, sondern durch sog. "Team-Dispatcher" eines Drittunternehmens ausführen zu lassen, ergebe sich kein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung des Klägers. Es liege eine nach § 1 Abs. 2 KSchG unzulässige Austauschkündigung vor. Die Aufgaben des Klägers als "Produktionsleiter" seien im Betrieb der Beklagten nicht entfallen. Es habe keine zulässige Verlagerung von bislang betriebsintern verrichteten Tätigkeiten auf ein externes Unternehmen mit eigenem Betrieb ("Outsurcing") stattgefunden. Es seien weder die betrieblichen Funktionen noch die entsprechenden Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb der Beklagten entfallen. Nur die eigenen Arbeitnehmer seien durch Arbeitnehmer eines Drittunternehmers ersetzt worden, die aber in den Betrieb der Beklagten eingegliedert seien und dem Direktionsrecht der Beklagten unterlägen.

Ein Wegfall der Beschäftigung des Klägers ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass die "Team-Dispatcher" in Tag- und Nachtschicht arbeiteten. Die Beklagte habe nicht darlegt, warum der Kläger nicht gleichfalls in beiden Schichten einsetzbar gewesen sei. Dass die "Team-Dispatcher" nicht nur das Produkt "M.", sondern auch weitere Druckerzeugnisse der Beklagten betreuten, rechtfertigten jedenfalls die Annahme eines Arbeitsplatzwegfalls und den Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung nicht. Die Beklagte habe nicht substantiiert erklärt, warum dadurch eine Weiterbeschäftigung des Klägers ausgeschlossen werde.

B. Dem folgt der Senat im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Kündigung der Beklagten vom 20. Dezember 2002 ist sozial ungerechtfertigt. Es liegen keine dringenden betriebliche Gründe vor, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der Beklagten entgegenstehen.

I. Bei der Frage, ob eine ordentliche Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist, weil dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, handelt es sich um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden können, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Senatsrspr. zB 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118; 25. April 2002 - 2 AZR 260/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121= EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121).

II. Unter Anwendung dieses eingeschränkten Überprüfungsmaßstabs ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Innerbetriebliche Umstände begründen ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung iSd. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirken. Regelmäßig entsteht ein betriebliches Erfordernis nicht unmittelbar und allein durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen (Produktionsrückgang usw.), sondern auf Grund einer durch wirtschaftliche Entwicklungen veranlassten Organisationsentscheidung des Arbeitgebers (unternehmerische Entscheidung). Eine solche unternehmerische Organisationsentscheidung ist von den Arbeitsgerichten nur begrenzt überprüfbar, nämlich darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (st. Rspr. insb. BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71). Dagegen obliegt es den Arbeitsgerichten nachzuprüfen, ob eine unternehmerische Entscheidung überhaupt getroffen wurde und ob sie sich betrieblich dahingehend auswirkt, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen ist. Dabei muss durch die unternehmerische Organisationsentscheidung zwar nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein (st. Rspr. BAG 1. Juli 1976 - 2 AZR 322/75 - BAGE 28, 131; 30. Mai 1985 - 2 AZR 321/84 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 24 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36; 17. Februar 2000 - 2 AZR 109/99 -; 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist. Ausreichend ist demnach, dass durch den innerbetrieblichen Grund ein Überhang an Arbeitskräften entstanden ist, durch den unmittelbar oder mittelbar das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Die betrieblich umgesetzte unternehmerische Organisationsentscheidung muss sich auf die konkreten Beschäftigungsmöglichkeiten des gekündigten Arbeitnehmers auswirken.

2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht einen Wegfall der Arbeitsplätze der Produktionsleiter im Betrieb der Beklagten nicht anerkannt.

a) Es ist unstreitig, dass die betriebliche Funktion Produktionsleitung im Betrieb der Beklagten nach wie vor besteht. Das Landesarbeitsgericht hat, ohne dass die Beklagte erhebliche Revisionsrügen dagegen erhoben hat, weiter festgestellt, dass die mit der Produktionsleiterfunktion verbundenen Tätigkeiten nach wie vor von Beschäftigten ausgeübt werden, die dem Direktionsrecht der Beklagten unterliegen. Damit steht aber gerade nicht fest, dass sich die unternehmerische Organisationsentscheidung der Beklagten vom 11. September 2002 betrieblich so ausgewirkt hat, dass der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen ist.

b) Soweit die Beklagte einwendet, die Tätigkeit der Produktionsleiter sei aus dem Betrieb ausgelagert worden und werde auf Grund der neuen Organisation der Produktionssteuerung und -leitung nunmehr von den Arbeitnehmern einer Fremdfirma, den Team-Dispatchern der PIT, ausgeführt, rechtfertigt dieser Umstand allein, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, die Annahme eines dringenden betrieblichen Erfordernisses nicht.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte und die PIT als Nachfolgerin der ZBG nach wie vor einen Gemeinschaftsbetrieb bilden - wofür einiges sprechen mag - und schon deshalb im Betrieb der Beklagten die Beschäftigungsmöglichkeiten in der Produktionsleitung durch die Organisationsentscheidung der Beklagten nicht entfallen sind. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann, selbst wenn man das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes verneint, nicht davon ausgegangen werden, dass im Betrieb der Beklagten der Beschäftigungsbedarf für eine Tätigkeit in der Produktionsleitung in Folge der Unternehmerentscheidung vom 11. September 2002 weggefallen ist. Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte die weiterhin anfallenden, erforderlichen Arbeiten bei der Leitung der Produktion zur Herstellung der von ihr herausgegebenen Druckerzeugnisse zur selbständigen Durchführung auf die PIT und deren Mitarbeiter übertragen hat, wenn die Team-Dispatcher weiterhin ihrem Direktionsrecht unterliegen.

aa) Als eine die Arbeitsgerichte grundsätzlich bindende unternehmerische Organisationsentscheidung, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine betriebsbedingte Kündigung darstellen kann, ist die Vergabe von bisher im Betrieb durchgeführten Arbeiten an ein anderes Unternehmen anerkannt (BAG 30. April 1987 - 2 AZR 184/86 - BAGE 55, 22; 26. September 1996 - 2 AZR 200/96 - BAGE 84, 209; KR-Etzel 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 571 mwN). Allerdings müssen diese Arbeiten dem anderen Unternehmen zur selbständigen Durchführung übertragen werden. Werden die bislang von den Arbeitnehmern des Betriebs ausgeführten Tätigkeiten hingegen nicht zur selbständigen Erledigung auf den Dritten übertragen, so führt eine solche organisatorische Gestaltung noch nicht zum Wegfall der bisherigen betrieblichen Arbeitsplätze; es liegt vielmehr eine unzulässige sog. Austauschkündigung vor (BAG 26. September 1996 aaO).

bb) Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass das Arbeitsvolumen der Produktionsleiter auf die PIT und ihre Team-Dispatcher zur selbständigen Erledigung übertragen worden ist. Es hat vielmehr ausdrücklich erkannt, dass die bei der PIT angestellten Team-Dispatcher dem Direktionsrecht der Beklagten unterliegen.

Für diese Annahme und gegen eine Übertragung der Produktionsleitungsaufgaben auf die PIT zur selbständigen Erledigung sprechen schon der Dienstleistungsvertrag und in dem stark arbeitsteiligen Prozess bei der Herstellung der von der Beklagten herausgegebenen Druckerzeugnisse die Art der von der PIT zu erbringenden Dienstleistung. Die Team-Dispatcher sind ebenso wie bisher die Produktionsleiter direkt in den Produktionsprozess einbezogen. Sie arbeiten unmittelbar mit den Arbeitnehmern der Beklagten zusammen. Gerade vor diesem Hintergrund wäre es an der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten gewesen, substantiiert unter detaillierter Darstellung der vertraglichen Vereinbarungen zwischen ihr und der PIT sowie der Leitungs- und Weisungsstrukturen und der tatsächlichen Durchführung des Einsatzes der drei Team-Dispatcher in ihrem Betrieb darzulegen, wie die bisherigen Tätigkeiten bei der Produktionsleitung auf die PIT zur selbständigen Durchführung übertragen worden sind.

3. Ein dringendes, die Kündigung vom 20. Dezember 2002 rechtfertigendes betriebliches Erfordernis liegt auch nicht deshalb vor, weil auf Grund der Umorganisation der Produktionsleitung und der Übertragung dieser Aufgaben auf die Team-Dispatcher nur geringere und teilweise anders strukturierte Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb entstanden bzw. verblieben sind und deshalb ein bestimmtes Arbeitsvolumen überzählig ist. Die Beklagte hat sich auf einen solchen betriebsbedingten Kündigungsaspekt nicht berufen. Einer weiteren arbeitsgerichtlichen Überprüfung dieses Gesichtspunktes steht darüber hinaus entgegen, dass die Beklagte bei der Anhörung des Betriebsrats die Kündigung allein auf den Wegfall der Produktionsleitung in ihrem Betrieb und auf fehlende vergleichbare Arbeitsplätze gestützt hat.

4. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auch erkannt, dass kein dringendes betriebliches Erfordernis aus dem Umstand resultiert, dass der Kläger nur in der Nachtschicht gearbeitet hat und die Team-Dispatcher im Zwei-Schicht-System eingesetzt werden.

a) Ist die Arbeitskapazität nach wie vor vorhanden, die Arbeitsleistung nunmehr aber an einem umgestalteten Arbeitsplatz zu erbringen, liegt ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer nach seinen Fähigkeiten und seiner Vorbildung nicht geeignet ist, den Anforderungen des umgestalteten Arbeitsplatzes zu entsprechen. Es unterliegt dabei grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung, das Anforderungsprofil für einen neu eingerichteten oder veränderten Arbeitsplatz festzulegen. Soweit die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen für die sachgerechte Erledigung der Arbeitsaufgaben erforderlich ist, kann die unternehmerische Entscheidung nur daraufhin überprüft werden, ob sie offenbar unsachlich ist (vgl. zuletzt: BAG 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). So ist die Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit besonderer Qualifikation ausführen zu lassen, grundsätzlich zu akzeptieren (BAG 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77; zuletzt: 24. Juni 2004 aaO).

b) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Arbeitsplatz des Klägers von der Beklagten überhaupt relevant umgestaltet worden ist. Jedenfalls steht die Tatsache des - zukünftigen - Zwei-Schicht-Betriebs einer Weiterbeschäftigung des Klägers nicht entgegen. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass der Kläger bis zum Jahre 1997 eine Vorgesetztenfunktion nicht nur gegenüber den von einer Wartungsfirma gestellten Arbeitnehmern und gegenüber anderen Mitarbeitern des Print- Service ausgeübt, sondern in dieser Zeit Produktionsleitungsaufgaben für alle Druckprodukte der M.gruppe wahrgenommen und dabei auch in der Tagschicht gearbeitet habe. Schon deshalb hätte die Beklagte näher darlegen müssen, warum ein Einsatz des Klägers in der Tagschicht bzw. im Zwei-Schicht-System nicht möglich gewesen wäre und die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bedingen würde.

C. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Ende der Entscheidung

Zurück