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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 22.01.2002
Aktenzeichen: 3 ABR 28/01
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG


Vorschriften:

BetrVG § 76
ArbGG § 60 Abs. 4
ArbGG § 84 Abs. 3
1. Der Zwischenbeschluß einer Einigungsstelle, in der diese die eigene Zuständigkeit feststellt, ist jedenfalls dann nicht mehr gesondert gerichtlich anfechtbar, wenn bereits vor der gerichtlichen Anhörung im Verfahren erster Instanz der abschließend regelnde Spruch der Einigungsstelle vorliegt (Abgrenzung zu BAG 4. Juli 1989 - 1 ABR 40/88 - BAGE 62, 233).

2. Verfahrensbegleitende Zwischenbeschlüsse der Einigungsstelle, die nicht die Zuständigkeit der Einigungsstelle zum Gegenstand haben, sind nicht gesondert gerichtlich anfechtbar (Bestätigung von BAG 4. Juli 1989 - 1 ABR 40/88 - aaO).


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! BESCHLUSS

3 ABR 28/01

Verkündet am 22. Januar 2002

In dem Beschlußverfahren

hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts am 22. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Reinecke, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kremhelmer und Bepler, die ehrenamtlichen Richter Dr. Schmidt und Born beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Gesamtbetriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10. April 2001 - 13 (7) TaBV 83/00 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Antrag als unzulässig abgewiesen wird.

Von Rechts wegen!

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit zweier Sprüche einer Einigungsstelle vom 11. November 1999 und 12. Januar 2000 zur Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung bei der Arbeitgeberin.

Die Arbeitgeberin, die TÜV Kraftfahrt GmbH K ("TK"), entstand im Jahre 1995 als 100 %ige Tochter des TÜV R e.V., von dem sie das Geschäftsfeld Kraftfahrt als laufenden Teilbetrieb mit allen Aktiva mit Ausnahme der Grundstücke übernahm, die am Übergangsstichtag, dem 1. Januar 1996, diesem Geschäftsbetrieb zugeordnet waren. Alle Rechte und Pflichten aus den ausschließlich dem Geschäftsfeld Kraftfahrt zuzuordnenden Vertragsverhältnissen, namentlich den Anstellungsverhältnissen, wurden zum gleichen Stichtag auf die Arbeitgeberin übertragen, nicht jedoch Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Die Arbeitgeberin übernahm schließlich alle Verpflichtungen des TÜV R e.V. gegenüber den in dem übernommenen Geschäftsfeld Kraftfahrt tätigen Mitarbeitern, insbesondere auch Pensionszusagen. Hierfür erhielt sie alle Rechte und Pflichten aus Rückdeckungsversicherungen, die für Versorgungsverbindlichkeiten abgeschlossen worden waren.

Zum 1. Januar 1997 wurde der TÜV R e.V. mit dem TÜV B -B e.V. zum TÜV R /B -B e.V. verschmolzen. Der Geschäftsbetrieb Kraftfahrt des früheren TÜV B -B e.V. wurde zum 1. Januar 1998 auf die Arbeitgeberin übertragen, die derzeit über 1.400 Mitarbeiter beschäftigt.

Beim TÜV R e.V. wie auch beim TÜV B -B e.V. und dessen Vorgängerverein, dem TÜV B e.V., gab und gibt es insgesamt 16 Betriebsvereinbarungen und Gesamtbetriebsvereinbarungen über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, davon zwölf beim TÜV R und vier beim TÜV B bzw. B -B . Sie haben jeweils unterschiedliche persönliche Geltungsbereiche und enthalten teilweise grundlegend von einander abweichende Versorgungszusagen. Die wesentlichen betrieblichen Regelungen für die Mitarbeiter, die früher für den TÜV R tätig waren, sind zum 31. Dezember 1995 und 31. Dezember 1997 gekündigt. Die Regelungen für die früheren Mitarbeiter des TÜV B -B bestehen ungekündigt.

Die Arbeitgeberin strebt eine vereinheitlichende Neuregelung für alle Mitarbeiter an, durch welche die Belastungen aus Versorgungszusagen erheblich vermindert werden sollen. Grund hierfür ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die wirtschaftliche Lage der Arbeitgeberin.

Seit September 1998 wurden zwischen den Beteiligten Gespräche zu einer Neuregelung geführt, ohne daß es zu einer Einigung kam. Durch rechtskräftigen Beschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 28. Juli 1999 (- 15 BV 126/99 -) wurde eine Einigungsstelle zur Regelung der betrieblichen Altersversorgung errichtet und ein Vorsitzender entsprechend dem Antrag des Gesamtbetriebsrats bestellt. Die Einigungsstelle tagte am 11., 12. und 24. November sowie 15. Dezember 1999 und am 12. Januar sowie am 9. Mai 2000.

In der Sitzung am 11. November 1999 faßte die Einigungsstelle mehrheitlich einen Zwischenbeschluß, wonach sie zuständig sei, über die Änderung der vier verschiedenen Versorgungssysteme zu verhandeln. In einem weiteren mehrheitlich gefaßten Beschluß vom 12. Januar 2000 heißt es ua.:

"I.1. Die Betriebsvereinbarungen für die Mitarbeiter des TÜV R vom 4.6.1993 über eine Gesamtversorgung unter Anrechnung der gesetzlichen Rentenversicherung sowie die Betriebsvereinbarung vom 11.5.1988 über die prozentualen Steigerungssätze werden für alle Versorgungsanwartschaftsberechtigten mit Wirkung vom 31.12.1999 abgelöst.

2. Die Betriebsvereinbarungen für Mitarbeiter des TÜV B bzw. B /B vom 1.1.1978, 29.11.1986 und vom 23.12.1993 werden mit Wirkung vom 31.12.1999 abgelöst.

3. Mit Wirkung vom 31.12.1999 werden alle vorhergehenden oder nachfolgenden Betriebsvereinbarungen für alle Versorgungsanwartschaftsberechtigten wirkungslos.

4. Die Ablösung erfolgt durch eine noch zu formulierende Betriebsvereinbarung, die folgenden Voraussetzungen genügen muß:

II. Die betriebliche Altersversorgung für die Mitarbeiter der TK wird durch ein viergliedriges System ersetzt.

1. Die aufgrund der bisherigen Betriebsvereinbarung erwachsenen Besitzstände werden nach der m/ntel Methode berechnet. Es wird empfohlen, die Dynamik für die Dauer von fünf Jahren beizubehalten. Die Besitzstände werden den einzelnen Mitarbeitern in entsprechender Anwendung von § 2 Abs. 6 BetrAVG mitgeteilt.

2. Die TK verpflichtet sich, im Rahmen eines beitragsorientierten Systems bestimmte Beträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung einzubringen. Wegen der Höhe der Beträge besteht kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht. Insoweit kann nur eine Empfehlung ausgesprochen werden. Die TK hat 1 % der ruhegehaltsfähigen Bezüge angeboten.

3. Es wird empfohlen, allen Mitarbeitern das Recht einzuräumen, bis zu 3 % der ruhegehaltsfähigen Bezüge in wertgleiche Versorgungsleistungen umzuwandeln. Die Wertgleichheit ist nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen.

4. Es wird eine ergebnisorientierte Altersversorgung ab 01.01.2000 eingeführt.

a) Die TK sichert zu, daß die Ergebnisermittlung so erfolgt, daß das Ergebnis nicht vorab durch den Gesellschafter abgeschöpft werden kann. Als Verfahren für die Berechnung des Ergebnisses wird die Berechnung der freien Mittel gemäß dem C&L Gutachten festgeschrieben.

b) Die TK sichert zu, daß sie 50 v.H. der freien Mittel in eine Altersversorgung einbringen wird.

c) Alle Mitarbeiter der TK werden in die ergebnisorientierte Altersversorgung nach folgenden Grundsätzen einbezogen.

1. c1. Die prozentuale Verwendung der freien Mittel wird auch in der Folgezeit nicht geändert. Um zu vermeiden, daß wegen der abnehmenden Zahl der Besitzstände der Versorgungsberechtigten diese überversorgt werden, werden die frei werdenden Mittel der ergebnisorientierten Altersversorgung in die Neubegründung einer Altersversorgung für die bislang nicht versorgten Mitarbeiter eingebracht. Die neuen Mitarbeiter werden insgesamt nicht höher versorgt als die bisher Versorgungsberechtigten gemäß II 2.

III 1. TK und ihr Gesamtbetriebsrat gründen wegen der Betriebsvereinbarung innerhalb von drei Wochen einen Formulierungsausschuß für die Betriebsvereinbarung, der seine Arbeit umgehend aufnimmt.

2. Bis zum Abschluß der Betriebsvereinbarung werden bei Versorgungsfällen zunächst nur die Besitzstandsrenten gezahlt. Etwaige Mehrbeträge werden nachgezahlt.

3. Der Vorsitzende der Einigungsstelle ist bereit, dem Formulierungsausschuß Hilfen zu leisten."

Der angestrebte Formulierungsausschuß kam nicht zustande. Die Arbeitnehmerseite verweigerte ihre Mitwirkung. Daraufhin rief der Vorsitzende auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle für den 9. Mai 2000 wieder zusammen. Hiergegen wandte sich der Gesamtbetriebsrat vor dem Arbeitsgericht ohne Erfolg. In der Sitzung der Einigungsstelle lehnte er zunächst den Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Nachdem sein Gesuch zurückgewiesen worden war, nahm er an der weiteren Verhandlung nicht mehr teil. Die Einigungsstelle beschloß anschließend eine Versorgungsordnung zur Regelung der Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung sowie Versorgungsrichtlinien für die Zuwachsrente (Versorgungsbausteine). Dieser Spruch ist in einem weiteren Beschlußverfahren angefochten worden, das in erster Instanz anhängig und dort ausgesetzt ist.

Zwischenzeitlich hatte der Gesamtbetriebsrat mit dem am 7. Februar 2000 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz das vorliegende Verfahren eingeleitet und sich gegen die Einigungsstellenbeschlüsse vom 11. November 1999 und vom 12. Januar 2000 gewandt. Den Beschluß vom 12. Januar 2000 hält er schon aus formellen Gründen für unwirksam. Er verstoße gegen das Entscheidungsgebot, dem die Einigungsstelle unterworfen sei. Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt festzustellen, daß die Beschlüsse der Einigungsstelle bei der Beteiligten zu 2) zur "Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung" vom 11. 11. 1999 (Zwischenbeschluß) und 12. 1. 2000 unwirksam sind.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Die Einigungsstelle sei nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG für die Verteilung der Mittel zur betrieblichen Altersversorgung zuständig. Das Verfahren sei mit den angegriffenen Beschlüssen, die im übrigen auch einer Rechts- und Ermessenskontrolle standhielten, noch nicht abgeschlossen gewesen. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Gesamtbetriebsrats nach Durchführung eines Anhörungsverfahrens am 31. Mai 2000, also nach dem Beschluß der Einigungsstelle vom 9. Mai 2000, im Verkündungstermin vom 21. Juni 2000 zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Gesamtbetriebsrat seinen Sachantrag weiter.

II. Die Rechtsbeschwerde des Gesamtbetriebsrats ist unbegründet. Sein Sachantrag kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil er insgesamt unzulässig ist.

1. Entgegen der Auffassung des Gesamtbetriebsrats war das Landesarbeitsgericht sachentscheidungsbefugt. Das Verfahren war aufgrund seiner Beschwerde gegen einen beschwerdefähigen Beschluß des Arbeitsgerichts in die zweite Instanz gekommen.

Dies gilt unabhängig davon, ob der Beschluß des Arbeitsgerichts im Verkündungstermin am 21. Juni 2000 in vollständiger Form abgesetzt vorlag oder nicht. Ein etwaiger Verstoß gegen § 60 Abs. 4 Satz 2, § 84 Satz 3 ArbGG führt nicht dazu, daß der Beschluß des Arbeitsgerichts als Nichtentscheidung anzusehen wäre. Die Vorschriften des § 60 Abs. 4 ArbGG enthalten Ordnungsregeln. Ihre Verletzung berührt die Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung nicht (BAG 7. Dezember 1983 - 4 AZR 394/81 - BAGE 44, 323; GK-ArbGG/Dörner Stand Dezember 2001 § 60 Rn. 26, 33; Germelmann/Matthes/Prütting ArbGG 3. Aufl. § 60 Rn. 32).

2. Die Rechtsbeschwerde des Gesamtbetriebsrats kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil sein Sachantrag insgesamt unzulässig ist. Die Beschlüsse der Einigungsstelle vom 11. November 1999 und 12. Januar 2000 sind nicht gesondert anfechtbar.

a) Die Anfechtung des Zwischenbeschlusses der Einigungsstelle über die eigene Zuständigkeit ist jedenfalls unter den besonderen Umständen des vorliegenden Einzelfalles ausgeschlossen.

aa) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß gegen eine Vorabentscheidung der Einigungsstelle, mit der diese die eigene Zuständigkeit bejaht, keine verfahrensrechtlichen Bedenken bestehen. § 76 Abs. 3 BetrVG enthält einige zwingende Verfahrensregeln, an welche die Einigungsstelle gebunden ist. Sie behandeln aber nicht die Frage, ob die Einigungsstelle einen Zwischenbeschluß wie den vom 11. November 1999 fassen darf. Auch allgemein anerkannte Verfahrensregeln, an welche die Einigungsstelle ebenfalls gebunden ist (statt aller Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG 20. Aufl. § 76 Rn. 28 mwN), werden durch ein solches Vorgehen nicht beeinträchtigt. Die Einigungsstelle hat unbestritten die Vorfragenkompetenz, was ihre Zuständigkeit angeht, also die Kompetenz-Kompetenz (GK-BetrVG/Kreutz 6. Aufl. § 76 Rn. 93 mwzN). Es steht im Ermessen der Einigungsstelle, ob sie einen Zwischenbeschluß hierüber für sinnvoll hält. Unzulässig ist er in keinem Falle (ebenso Fitting/Kaiser/Heither/Engels aaO § 76 Rn. 61; GK-BetrVG/Kreutz aaO § 76 Rn. 94).

bb) Die verfahrensrechtliche Unbedenklichkeit eines Zwischenbeschlusses der Einigungsstelle über die eigene Zuständigkeit bedeutet nicht, daß ein solcher Beschluß, der keine präjudizielle Wirkung entfaltet, auch gesondert in einem gerichtlichen Verfahren auf seine materielle Richtigkeit überprüft werden könnte. Dies ist jedenfalls unter den besonderen Umständen des vorliegenden Verfahrens nicht der Fall.

Kreutz (aaO; zustimmend Fitting/Kaiser/Heither/Engels aaO) vertritt die Auffassung, daß ein die eigene Zuständigkeit bejahender Zwischenbeschluß der Einigungsstelle nicht gesondert anfechtbar sei. Ein solcher Zwischenbescheid sei kein die Einigung der Betriebsparteien ersetzender Spruch.

Demgegenüber hat das Bundesarbeitsgericht in einem Beschluß vom 4. Juli 1989 (- 1 ABR 40/88 - BAGE 62, 233, 237, 244 = AP BetrVG 1972 § 87 Tarifvorrang Nr. 20, zu B I und C II 1 der Gründe mit Anm. Dütz/Rotter) zunächst ohne nähere Begründung die gerichtliche Anfechtung des Zwischenspruchs einer Einigungsstelle, mit der sie die eigene Zuständigkeit angenommen hatte, als zulässig angesehen und dann weiter ausgeführt, es sei sowohl § 76 Abs. 5 als auch § 76 Abs. 7 BetrVG zu entnehmen, daß grundsätzlich nur die Sprüche, nicht aber Beschlüsse über den Fortgang des Verfahrens selbständig anfechtbar seien; eine Ausnahme gelte aber für Beschlüsse der Einigungsstelle über ihre Zuständigkeit. In diesem Zusammenhang werden allerdings nur Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zu Zuständigkeitsbeschlüssen der Einigungsstelle aufgeführt, in denen die Einigungsstelle verfahrensabschließend die eigene Zuständigkeit verneint hatte (22. Januar 1980 - 1 ABR 28/78 - BAGE 32, 339; 22. Januar 1980 - 1 ABR 48/77 - BAGE 32, 350) oder solche Entscheidungen, in denen die Einigungsstelle zwar angerufen war, über ihre eigene Zuständigkeit aber nicht befunden hatte, das betroffene Unternehmen vielmehr in einem gesonderten Verfahren die Feststellung der Unzuständigkeit der Einigungsstelle verfolgt hatte (BAG 8. März 1983 - 1 ABR 38/81 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 14 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 6).

Man kann zweifeln, ob während eines laufenden Einigungsstellenverfahrens wirklich ein schützenswertes Interesse an der Feststellung der Fehlerhaftigkeit eines die Zuständigkeit bejahenden, also nicht verfahrensbeendenden Zwischenbeschlusses besteht. Dem muß indes im vorliegenden Verfahren nicht im einzelnen nachgegangen werden, für das eine Besonderheit gilt, über die das Bundesarbeitsgericht bisher noch nicht zu entscheiden hatte: Das Anhörungsverfahren erster Instanz wegen der Anfechtung des Zwischenbeschlusses der Einigungsstelle vom 11. November 1999 ist am 31. Mai 2000 durchgeführt worden. Zu diesem Zeitpunkt lag bereits der abschließend regelnde Spruch der Einigungsstelle vom 9. Mai 2000 vor, in dem als Vorfrage auch die eigene Zuständigkeit bejaht worden war. Damit bestand bereits vor Abschluß des vorliegenden Verfahrens in erster Instanz die Möglichkeit, alle Rechts- und Regelungsfragen, die sich im Zusammenhang mit dem Tätigwerden der Einigungsstelle ergaben, in dem gesetzlich vorgegebenen Umfang einer gerichtlichen Klärung zuzuführen. Selbst wenn ursprünglich ein rechtlich geschütztes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit des Zwischenbeschlusses der Einigungsstelle vom 11. November 1999 bestanden haben sollte, ist dieses Feststellungsinteresse zumindest vor Abschluß des Verfahrens erster Instanz entfallen und der diesen Zwischenbeschluß betreffende Teil des Verfahrensantrags unzulässig geworden.

cc) Der Antrag kann auch nicht dahin umgedeutet werden, insoweit solle unabhängig vom Zwischenbeschluß der Einigungsstelle deren Unzuständigkeit für die Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung bei der Arbeitgeberin gerichtlich festgestellt werden. Der Gesamtbetriebsrat macht nicht geltend, daß ein über das konkrete Einigungsstellenverfahren hinausgehendes Interesse an einer solchen Feststellung besteht. Eine entsprechende gerichtliche Feststellung kann auch nicht in seinem wohlverstandenen Interesse liegen, weil er sich damit der Möglichkeit beraubte, bei der gleichzeitig anstehenden Neuregelung des betrieblichen Versorgungswerks für neu eintretende Mitarbeiter mitzuwirken. Dem Gesamtbetriebsrat geht es darum, daß bestimmte verschlechternde Neuregelungen für bereits beschäftigte Mitarbeiter unterbleiben, weil die Einigungsstelle insoweit nicht zuständig sei. Dies betrifft ausschließlich das vorliegende, im Anschluß an die ausgesprochenen Kündigungen der einschlägigen Betriebsvereinbarungen und die erfolglosen Verhandlungen zwischen den Betriebspartnern eingeleitete Einigungsstellenverfahren und dessen zwischenzeitlichen Abschluß durch den - umfassend angefochtenen - Spruch vom 9. Mai 2000.

b) Der Antrag ist auch unzulässig, soweit er sich gegen den Beschluß der Einigungsstelle vom 12. Januar 2000 richtet. Auch dieser Beschluß ist nicht gesondert in einem Beschlußverfahren anfechtbar.

aa) In seinem vom Gesamtbetriebsrat angezogenen Beschluß vom 26. Oktober 1998 (- 4 TaBV 4/98 - NZA-RR 1999, 86) hat das Landesarbeitsgericht Bremen zu Recht entschieden, eine Einigungsstelle, die in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit nach § 87 BetrVG tätig werde, sei verpflichtet, den Konflikt im Rahmen der gestellten Anträge vollständig zu lösen. Ein Spruch, der keine Regelung über den streitigen Gegenstand treffe, sondern dem Arbeitgeber aufgebe, dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung vorzulegen, die sich nach bestimmten, von der Mehrheit in der Einigungsstelle für richtig gehaltenen Grundsätzen richte, sei unwirksam. Dabei ist das Landesarbeitsgericht wohl davon ausgegangen, daß es sich bei dem von ihm zu überprüfenden Spruch um eine Entscheidung handelte, mit deren Zustandekommen die Einigungsstelle ihre Aufgabe als erledigt ansah. Mit einem solchen nicht regelnden Spruch erfüllt die Einigungsstelle ihre gesetzliche Aufgabe nicht.

bb) Anders verhält es sich aber, wenn es sich bei einem solchen Beschluß der Einigungsstelle in der Sache lediglich um eine Zwischenverfügung handelt, vergleichbar einem mit einem Vergleichsvorschlag verbundenen Hinweis- und Auflagenbeschluß. Mit einem solchen Zwischenbeschluß verweigert die Einigungsstelle nicht die Erfüllung der ihr übertragenen Regelungsaufgabe. Sie gibt sie vielmehr nur vorläufig an die Betriebspartner zurück, und weist sie zugleich auf die von der Einigungsstelle für den Fall des Scheiterns einer betriebsautonomen Lösung ins Auge gefaßte Regelung hin. Ein solches Vorgehen ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Die Einigungsstelle muß in den Grenzen der wenigen gesetzlichen Vorgaben selbst entscheiden, welche Verfahrensweise sie auf dem Weg zu einer den betrieblichen und rechtlichen Erfordernissen entsprechenden Regelung für zeitsparend, sachgerecht und angemessen hält.

Ein solcher Zwischenbeschluß, der keine eigene Regelung des Verfahrensgegenstandes trifft, sich eine solche Regelung aber vorbehält und die Gestaltungsaufgabe der Einigungsstelle noch nicht als erledigt ansieht, ist als verfahrensbegleitende Zwischenentscheidung nach der bereits wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht gesondert anfechtbar.

cc) Bei dem Beschluß der Einigungsstelle vom 12. Januar 2000 handelt es sich um einen solchen vorläufigen, verfahrensbegleitenden und daher nicht gesondert anfechtbaren Zwischenbeschluß.

Einzelne Passagen des Beschlusses, wie etwa die Teilregelung unter III.2 oder die angefügte Rechtsmittelbelehrung, sowie seine äußere Gestaltung könnten zwar auf einen Willen der Einigungsstelle deuten, abschließend zu entscheiden. Die stärkeren Hinweise sprechen jedoch für die Absicht der Einigungsstelle, nur eine vorläufige, die Arbeit der Einigungsstelle nicht notwendig beendende Zwischenentscheidung zu treffen: Der Beschluß regelt in zahlreichen Punkten bewußt nicht, sondern gibt nur Anregungen und zeigt Kompromißmöglichkeiten auf (zB II.1 Satz 2; II.2 Satz 2, 3; II.3). Schon dadurch zeigt die Einigungsstelle, daß sie nicht ohne weiteres von einer Beendigung ihrer Tätigkeit ausgeht. Dafür spricht auch der in der Begründung des Beschlusses enthaltene Hinweis, es sei zur Eingrenzung der Kosten sinnvoll, daß die Beteiligten "durch eine Formulierungskommission die Formulierung und ihre Streitpunkte erarbeiten". Die Einigungsstelle hat durch den Hinweis auf die bestehenden und weiterhin zu klärenden Streitpunkte zwischen den Betriebspartnern deutlich gemacht, sie halte es für möglich, daß es nicht zu einer Einigung in der Formulierungskommission kommen würde und sie deshalb ihre Arbeit wieder würde aufnehmen müssen. In dieselbe Richtung deutet schließlich auch das Angebot, der Vorsitzende der Einigungsstelle sei bereit, dem Formulierungsausschuß Hilfe zu leisten, und der Umstand, daß die Einigungsstelle alsbald wieder zusammengerufen wurde, nachdem der Versuch einer betriebsautonomen Lösung gescheitert war.

dd) Da es sich bei dem Beschluß der Einigungsstelle vom 12. Januar 2000 nach alledem um einen nicht anfechtbaren verfahrensbegleitenden Zwischenbeschluß gehandelt hat, kann unentschieden bleiben, ob ein Verfahrensfehler der Einigungsstelle, die abschließend entschieden, die gestellte Regelungsaufgabe aber nicht erledigt, sondern den Betriebsparteien zurückübertragen hat, dadurch geheilt wird, daß die Einigungsstelle das Verfahren wieder aufgreift, nachdem die angestrebte betriebsautonome Regelung nicht zustande gekommen ist, und anschließend durch Spruch die gebotene umfassende Regelung trifft.

Ende der Entscheidung

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