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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 14.12.1999
Aktenzeichen: 3 AZR 675/98
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB, VAG


Vorschriften:

BetrAVG § 4
BGB § 415
VAG § 14 Abs. 1
VAG § 44
VAG § 53
Leitsätze:

Die satzungsgemäße Übertragung eines Teilbestandes von Pensionsversicherungen von einer Pensionskasse auf ein Unternehmen der Lebensversicherung bedarf nach § 14 VAG der Genehmigung des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen. Ist diese Genehmigung bestandskräftig erteilt, bedarf es zum Wirksamwerden der Übertragung nicht mehr der Zustimmung der einzelnen Versorgungsanwärter.

Aktenzeichen: 3 AZR 675/98 Bundesarbeitsgericht 3. Senat Urteil vom 14. Dezember 1999 - 3 AZR 675/98 -

I. Arbeitsgericht Hamburg - 13 Ca 292/95 - Urteil vom 7. Februar 1996

II. Landesarbeitsgericht Hamburg - 3 Sa 72/96 - Urteil vom 21. Juli 1998


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

3 AZR 675/98 3 Sa 72/96

Verkündet am 14. Dezember 1999

Kaufhold, der Geschäftsstelle

In Sachen

Kläger, Berufungsbeklagter und Revisionskläger,

pp.

Beklagter, Berufungskläger und Revisionsbeklagter,

hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Reinecke, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kremhelmer und Bepler sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Kaiser und die ehrenamtliche Richterin Frehse für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 21. Juli 1998 - 3 Sa 72/96 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die Übertragung einer Pensionsanwartschaft vom Beklagten auf ein Versicherungsunternehmen wirksam erfolgt ist.

Der Beklagte ist ein kleinerer Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit iSv. § 53 VAG. Sein Zweck ist es, nach Maßgabe der Satzung den versicherten Mitgliedern eine Pensionsversicherung zu gewähren. Seine Mitglieder sind die Unternehmen der deutschen Unilever-Gruppe (sog. A-Mitglieder) und deren Arbeitnehmer (sog. B-Mitglieder). Nach Begründung der Mitgliedschaft eines Arbeitnehmers werden die Beiträge zu der beim Beklagten bestehenden Pensionsversicherung jeweils zur Hälfte von dem Mitgliedsunternehmen und dem bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer aufgebracht. Ein A-Mitglied, bei dem die Grundlage für die Aufnahme der Mitgliedschaft entfallen ist, kann nach § 6 A Nr. 3 der Satzung des Beklagten die Mitgliedschaft mit einer Frist von 30 Tagen zum Monatsende schriftlich kündigen. Wird die A-Mitgliedschaft gekündigt, weil das betreffende Unternehmen verkauft wird, werden die in Frage kommenden Pensionsversicherungen mit Beendigung der Mitgliedschaft in beitragsfreie Versicherungen umgewandelt. In § 12 Nr. 12 ist vorgesehen, daß der Vorstand mit Zustimmung der Mitgliederversammlung und der Aufsichtsbehörde den Bestand an beitragsfreien Pensionsversicherungen insgesamt oder zu einem Teil auf einen anderen Versicherungsträger übertragen kann.

Der am 15. März 1939 geborene Kläger ist seit 1965 bei der bis zum 31. Dezember 1991 zum Unilever-Konzern gehörenden 4P Rube Göttingen GmbH beschäftigt. Er war seit dem 1. Januar 1967 Mitglied des Beklagten. Seine Arbeitgeberin hatte ihm darüber hinaus nach Maßgabe einer Konzernbetriebsvereinbarung vom 13. Juni 1985 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung versprochen. Diese Konzernbetriebsvereinbarung sieht eine Gesamtversorgung vor, bei der die Leistungen des Beklagten zu berücksichtigen sind.

Mit Wirkung zum 1. Januar 1992 wurden die Geschäftsanteile der 4P Rube Göttingen GmbH und der sonstigen zur Unilever-Gruppe gehörenden 4P-Unternehmen an die Royal Packaging Industries Van Leer B.V. verkauft. Aufgrund ihres Ausscheidens aus dem Unilever-Konzern kündigte die Arbeitgeberin des Klägers ihre Mitgliedschaft beim Beklagten zum 31. Dezember 1992. Die betreffenden Pensionsversicherungen wurden ab dem 1. Januar 1993 beitragsfrei gestellt. Im Zusammenhang mit dem Verkauf der Geschäftsanteile gaben alle beteiligten Unternehmen und die dort gewählten Betriebsräte einschließlich des Konzernbetriebsrats sowie die Industriegewerkschaft Medien eine gemeinsame Erklärung ab. Sie sah unter anderem vor, daß die Deutsche Unilever GmbH den Beklagten veranlassen werde, die beitragsfreien Anwartschaften der Arbeitnehmer der "4P"-Gruppe in Übereinstimmung mit den einschlägigen Gesetzen und der Satzung des Beklagten auf einen anderen Versicherer zu übertragen, der einvernehmlich durch die Deutsche Unilever GmbH und Van Leer B.V. ausgewählt werde.

Die Arbeitgeberin des Klägers begründete im Hinblick auf die Beendigung ihrer Mitgliedschaft beim Beklagten zur Abdeckung der zugesagten betrieblichen Versorgungsleistungen ein Versicherungsverhältnis mit der Gothaer Lebensversicherung a.G. Mit dieser Versicherung vereinbarte der Beklagte unter dem 26. Mai 1994 mit Nachtrag vom 1. Juli 1994 die Übertragung des Versicherungsbestandes der Arbeitnehmer der "4P"-Unternehmensgruppe. Grundlage dieses Vertrages war ein einstimmiger Beschluß der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 1. September 1993. Der Übertragungsvertrag wurde vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen mit Bescheid vom 8. Juli 1994 genehmigt.

Der Kläger, der bereits mit Schreiben vom 19. November und 20. Dezember 1991 der Übertragung seiner Pensionsversicherung auf ein Unternehmen der Lebensversicherung widersprochen und mitgeteilt hatte, er wolle die Versicherung beitragsfrei weiterführen, widersprach der Übertragung auf die Gothaer Lebensversicherung a.G. mit Schreiben vom 6. September 1994 erneut.

Mit seiner Klage hat er geltend gemacht, die Übertragung seiner Pensionsversicherung auf die private Lebensversicherung, aus der für ihn finanzielle Nachteile drohten, sei ihm gegenüber unwirksam. Nach § 4 BetrAVG sei es nicht möglich, ihm ohne seine Zustimmung die Stellung als Versicherungsnehmer zu nehmen, die er beim Beklagten gehabt habe, die bei der Gothaer Lebensversicherung a.G. aber seine Arbeitgeberin innehabe. Es sei zudem erklärtes Ziel der Übertragung der Pensionsversicherung gewesen, die nicht mehr konzernangehörigen Mitarbeiter an der positiven Wirtschaftsentwicklung des Unilever-Konzerns nicht weiter teilhaben zu lassen. Selbst wenn seine Arbeitgeberin für mögliche Leistungsdifferenzen einstehen müsse, könnten sich doch aufgrund unterschiedlicher steuerlicher Behandlungen der Leistungen finanzielle Nachteile für ihn ergeben.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß die Übertragung seiner Pensionsversicherung vom Beklagten auf die Gothaer Lebensversicherung a.G. unwirksam ist.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Nach seiner Auffassung ist die Feststellungsklage schon nicht zulässig. Eine konkrete Gefährdung der wirtschaftlichen Position des Klägers sei nicht ersichtlich. Im übrigen sei fraglich, ob § 4 BetrAVG auf die vorliegende Übertragung überhaupt anwendbar sei. Schließlich sei der in erster Linie verpflichtete Arbeitgeber derselbe geblieben. Eine Zustimmung des Klägers sei jedenfalls nach der vom Bundesaufsichtsamt nach § 14 VAG erteilten Genehmigung nicht mehr erforderlich.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision strebt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils I. Instanz an.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Übertragung der Pensionsversicherungen der Arbeitnehmer der 4P Rube Göttingen GmbH ist wirksam.

A. Die Klage ist zulässig. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat der Kläger für seinen Feststellungsantrag das erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse nach § 256 ZPO. Es ergibt sich allein daraus, daß dem Kläger gegen seinen Willen sein Vertragspartner genommen und durch einen anderen ersetzt werden soll.

B. Die Klage ist aber unbegründet. Die Übertragung der Pensionsversicherung des Klägers auf die Gothaer Lebensversicherung a.G. ist auch dem Kläger gegenüber wirksam.

I. Die Übertragung der Pensionsversicherungen der Arbeitnehmer der 4P Rube Göttingen GmbH entsprach den Satzungsbestimmungen des Beklagten.

Diese Pensionsversicherungen waren aufgrund der nach § 6 A Nr. 3 der Satzung wirksamen Kündigung der Mitgliedschaft beim Beklagten durch die Arbeitgeberin des Klägers nach § 6 A Nr. 4 in beitragsfreie Versicherungen umgewandelt worden. Diese beitragsfreien Pensionsversicherungen konnte der Vorstand des Beklagten wirksam nach § 12 Nr. 12 der Satzung auf einen anderen Versicherungsträger übertragen. Er hatte hierfür die einstimmige Zustimmung der Mitgliederversammlung. Die Genehmigung der Aufsichtsbehörde liegt ebenfalls vor. Vereinsrechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Übertragung des Versicherungsbestandes bestehen damit nicht. Der Kläger ist den entsprechenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts in der Revisionsinstanz auch nicht mehr entgegengetreten.

II. Die Übertragung des Versicherungsbestandes auf die Gothaer Lebensversicherung a.G. begegnet auch keinen betriebsverfassungsrechtlichen Bedenken. Es handelt sich hier nicht um eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 8 oder Nr. 10 BetrVG. Durch die Übertragung des Versicherungsbestandes hat sich weder am Verteilungsplan noch an der Beitragsfreiheit der Arbeitnehmer etwas geändert (vgl. BAG 16. Februar 1993 - 3 ABR 29/92 - BAGE 72, 229 = AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 19). Im übrigen hat, worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, der bei der Arbeitgeberin des Klägers bestehende Betriebsrat einer Übertragung des Versicherungsbestandes auf einen anderen Versicherer allgemein zugestimmt.

III. Die Übertragung der Pensionsversicherungen ist auch gegenüber dem Kläger wirksam. Dem stehen weder seine fehlende Zustimmung noch sein ausdrücklicher Widerspruch entgegen.

1. Bei der Übertragung von Pensionsversicherungen von einer Pensionskasse auf ein Unternehmen der Lebensversicherung bedarf es nicht der Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer nach § 4 BetrAVG, wenn das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen der Übertragung nach § 14 VAG zugestimmt hat.

a) Dabei ist schon fraglich, ob § 4 BetrAVG auf die Übertragung der Pensionsversicherung des Klägers überhaupt Anwendung findet.

Nach seinem Wortlaut betrifft § 4 BetrAVG nur die Übertragung unverfallbarer Versorgungsanwartschaften eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Der Kläger ist jedoch in dem seine Versorgungsanwartschaften vermittelnden Arbeitsverhältnis verblieben. Seine Arbeitgeberin hat lediglich aus Anlaß ihres Ausscheidens aus dem Unilever-Konzern einen Wechsel des Trägers der von ihr zu verschaffenden Versorgungsleistungen mit veranlaßt. Gleichwohl sprechen Sinn und Zweck des Übertragungsverbotes des § 4 Abs. 1 BetrAVG dafür, daß diese Bestimmung auch auf eine Übertragung im fortbestehenden Arbeitsverhältnis anwendbar ist (ebenso Andresen/Förster/Rößler/Rühmann Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung Teil 14 A Rn. 175; Höfer BetrAVG Stand 1999 § 4 Rn. 2185; Blomeyer/Otto BetrAVG 2. Aufl. § 4 Rn. 34).

b) Das kann jedoch offenbleiben. Wenn § 4 BetrAVG vorliegend anzuwenden ist, steht die Bestimmung der Wirksamkeit der Übertragung der Pensionsversicherung des Klägers auf die Gothaer Lebensversicherung a.G. nicht entgegen, nachdem das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen der Übertragung des die "4P"-Gruppe betreffenden Versicherungsteilbestandes des Beklagten auf die Gothaer Lebensversicherung a.G. unter dem 8. Juli 1994 nach § 14 Abs. 1 VAG genehmigt hat. In dieser Vorschrift heißt es ua.:

"Jeder Vertrag, durch den der Versicherungsbestand eines Unternehmens ganz oder teilweise auf ein anderes Unternehmen übertragen werden soll, bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörden, die für die beteiligten Unternehmen zuständig sind. Das übernehmende Versicherungsunternehmen muß nachweisen, daß es nach der Übertragung Eigenmittel in Höhe der Solvabilitätsspanne besitzt. ... Die Rechte und Pflichten des übertragenden Unternehmens aus den Versicherungsverträgen gehen mit der Bestandsübertragung auch im Verhältnis zu den Versicherungsnehmern auf das übernehmende Unternehmen über; § 415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden."

aa) Der Genehmigungsbescheid des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen vom 8. Juli 1994 ist bestandskräftig geworden. Er entfaltet Tatbestandswirkung. Gründe für eine Nichtigkeit dieses Verwaltungsaktes, die allein die Tatbestandswirkung ausschließen könnte, sind nicht ersichtlich. Auch die beklagte Pensionskasse als kleinerer Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit iSv. § 53 VAG unterliegt der Versicherungsaufsicht. Zu den auf diese Vereine unanwendbaren Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes gehört § 14 VAG nicht. Damit war die Übertragung des nach objektiven versicherungsvertraglichen Merkmalen abgegrenzten Teilbestandes von Pensionsversicherungen nach § 14 Abs. 1 VAG nicht nur genehmigungspflichtig, sondern auch genehmigungsfähig, nachdem die Mitgliederversammlung des Beklagten als dessen oberste Vertretung der Bestandsübertragung zugestimmt hatte (vgl. § 53 Abs. 1, § 44 VAG).

bb) Mit dem Wirksamwerden der Genehmigung der Bestandübertragung nach § 14 VAG sind die Rechte und Pflichten aus den Pensionsversicherungen vom Beklagten auf die Gothaer Lebensversicherung a.G. übergegangen. Die Arbeitnehmer der 4P Rube Göttingen GmbH und der übrigen Unternehmen der "4P"-Unternehmens-gruppe sind als Mitglieder aus dem beklagten Versicherungsverein ausgeschieden, ihre Mitgliedschaften sind untergegangen (Prölss/Reimer Schmidt VAG 11. Aufl. § 14 Rn. 36). Für den hierin liegenden Schuldnerwechsel bedarf es nach der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers in § 14 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz VAG nicht der Zustimmung des Versicherungsnehmers nach § 415 BGB.

Diese Regelung ist auch vor dem Hintergrund des Eigentumsschutzes der Versicherungsnehmer nicht zu beanstanden. Der Genehmigung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 VAG geht die Prüfung des Bundesaufsichtsamtes voraus, ob die übernehmende Versicherung nach der Übertragung die gesetzlich geforderte Solvabilitätsspanne besitzt, ob also insoweit eine ausreichende Kapitalausstattung vorhanden ist. Dadurch ist hinreichend Raum für die verfassungsrechtlich gebotene Berücksichtigung bestehender eigentumsrechtlicher Positionen auf Seiten der Versicherten eröffnet. Die Vorschrift stellt so einen zureichenden Eigentumsschutz im Rahmen des Bestandsübertragungsvertrages sicher (BVerfG 11. Juli 1990 - 1 BvR 570/90 - VersR 1991, 757).

Dafür, die Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer in dem aufsichtsrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 14 VAG zu wahren, sprechen auch Gründe der praktischen Durchführbarkeit. Wenn bei der Übertragung eines Bestandes mit zahlreichen Versicherungen jeweils Einzelzustimmungen eingeholt werden müßten, bedeutete dies nicht nur einen erheblichen Verfahrensaufwand. Es stellte sich für die Wirksamkeit des Übertragungsgeschäftes zugleich die Frage, ab welchem Zustimmungsquorum und damit von welchem Zeitpunkt an das Gesamtgeschäft wirksam werden kann und wirksam wird.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf hinweist, daß er aufgrund der Bestandsübertragung anstelle seiner Mitgliedschaft beim Beklagten nur noch ein - unwiderrufliches - Bezugsrecht gegenüber der Gothaer Lebensversicherung a.G. erhalte, liegt darin eine Überbewertung dieser nur formalrechtlichen Unterschiede, zumal es sich ohnehin nur um einen Teil einer von seiner Arbeitgeberin insgesamt geschuldeten und auch in diesem Umfang insolvenzgeschützten Gesamtversorgung handelt. Angesichts dessen sind tatsächliche Einbußen im Zusammenhang mit der Übertragung des Versicherungsbestandes zwar nicht völlig auszuschließen, aber fernliegend. Dies gilt umso mehr, als der Kläger eine Verlagerung des Sitzes seiner Arbeitgeberin ins Ausland mit der Folge eines Verlustes des Insolvenzschutzes nach §§ 7 ff. BetrAVG nicht zu befürchten hat (vgl. BAG 30. Juli 1996 - 3 AZR 397/95 - BAGE 83, 356, 369 f. = AP AktG § 374 Nr. 1, zu I 2 b cc (2) der Gründe mzwN). Daß der Kläger nunmehr auch versorgungsrechtlich an wirtschaftlichen Entwicklungen im Unilever-Konzern nicht mehr teilnimmt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Nachdem er nicht mehr für ein zu dieser Unternehmensgruppe gehöriges Unternehmen arbeitet, gibt es auch keinen Sachgrund mehr, ihn in Zukunft an wirtschaftlichen Entwicklungen in dieser Unternehmensgruppe zu beteiligen.

cc) Mit der Anordnung in § 14 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz VAG, daß § 415 BGB nicht anzuwenden ist, entfällt die etwaige Notwendigkeit einer Zustimmung nach § 4 BetrAVG, obwohl diese Bestimmung nicht ausdrücklich genannt wird.

Der Kläger wendet zu Unrecht ein, es handele sich bei § 4 BetrAVG um eine Spezialbestimmung gegenüber § 415 BGB. Deshalb könne § 14 VAG diese Regelung nicht verdrängen. Der Kläger verkennt, daß § 4 BetrAVG, soweit es um das Zustimmungserfordernis bei einem Schuldnerwechsel geht, keine Spezialvorschrift gegenüber § 415 BGB ist. Die Bestimmung des § 415 BGB wird in § 4 BetrAVG ohne eigenständigen Regelungswillen lediglich wiedergegeben. Eine eigenständige Regelung enthält § 4 BetrAVG nur insoweit, als er den Anwendungsbereich des § 415 BGB einschränkt, und zwar dahin, daß in bestimmten Fällen nicht einmal die Zustimmung des Arbeitnehmers den Übergang seiner Versorgungsanwartschaft herbeiführen kann (BT-Drucks. 7/1281, S 28). Der Arbeitnehmer wird - gegen sich selbst - davor geschützt, der Übertragung seiner Versorgungsanwartschaft auf ein möglicherweise nicht ausreichend solventes Unternehmen zuzustimmen (Blomeyer/Otto BetrAVG 2. Aufl. § 4 Rn. 3), indem der Kreis der möglichen Übernehmer nach abstrakten Merkmalen auf solche Unternehmen begrenzt wird, die eine ausreichende Haftungsgewähr bieten. Der einzelne Arbeitnehmer kann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines möglichen Übernehmers regelmäßig nicht richtig einschätzen. Soweit danach Versorgungsanwartschaften übertragen werden können, bleibt es bei dem bereits in § 415 BGB angeordneten und in § 4 BetrAVG lediglich wiederholten Zustimmungserfordernis.

Daraus ergibt sich: § 14 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz VAG läßt auch bei der Übertragung einer Versorgungsanwartschaft das Erfordernis der Zustimmung des einzelnen Versorgungsberechtigten entfallen, wenn die erforderliche Genehmigung der Versicherungsaufsicht vorliegt. § 14 VAG will flächendeckend für alle Versicherungsverhältnisse, die der Versicherungsaufsicht unterliegen, eine vereinfachte Übertragbarkeit von Versicherungsbeständen erreichen. Dies zeigt sich bereits daran, daß der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 14 VAG nicht auf bestimmte Versicherungszweige beschränkt hat, obwohl dies nach den EG-Richtlinien 73/239/EWG vom 24. Juli 1973 und 79/267/EWG vom 5. März 1979, auf die er mit seiner Regelung reagiert hat, an sich möglich gewesen wäre. Ein besonderer Grund, § 14 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz VAG auf die Übertragung von Versorgungsanwartschaften nach § 4 BetrAVG nicht anzuwenden, ist nicht ersichtlich. Die Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer werden im Verfahren nach § 14 Abs. 1 Satz 2 VAG hinreichend und mit besonderer Fachkunde gewahrt. Darüber hinaus dient § 4 BetrAVG ohnehin weniger dem Schutz der Arbeitnehmer als vielmehr dem des Pensions-Sicherungsvereins (BAG 26. Juni 1980 - 3 AZR 156/79 -BAGE 33, 234; 17. März 1987 - 3 AZR 605/85 - BAGE 54, 297).

2. Aus denselben Gründen konnte auch der Widerspruch des Klägers den Übergang seiner Pensionsversicherung auf die Gothaer Lebensversicherung a.G. nicht verhindern. Der Kläger hat kein solches Widerspruchsrecht. Es ist weder im Gesetz vorgesehen, noch gibt es einen rechtlich gebotenen Anlaß dafür, zum Schutze des Klägers neben dem versicherungsaufsichtsrechtlichen Verfahren rechtsfortbildend ein besonderes Widerspruchsrecht gegen den Schuldnerwechsel zu entwickeln. Soweit die Rechtsprechung Arbeitnehmern ein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang einräumt, beruht dies auf der persönlichen Verbindung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die insbesondere in der Pflicht des Arbeitnehmers zur persönlichen Arbeitsleistung zum Ausdruck kommt (ständige Rechtsprechung seit BAG 2. Oktober 1974 - 5 AZR 504/73 - BAGE 26, 301). Eine derartige enge persönliche Verbindung besteht im Verhältnis zwischen dem Mitglied eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit und dem Versicherungsverein nicht.



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