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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 19.02.2003
Aktenzeichen: 4 AZR 11/02
Rechtsgebiete: ARRG, BAT-KF RWL, Ordnung für das Urlaubsgeld der kirchlichen Angestellten vom 17. Juni 1992, Ordnung über eine Zuwendung für kirchliche Angestellte vom 12. Oktober 1973, BGB


Vorschriften:

Kirchengesetz ber das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechtsregelungsgesetz - ARRG) vom 19. Januar 1979 idF vom 14. Januar 2000 § 2 Abs. 2
Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechtsregelungsgesetz - ARRG) vom 19. Januar 1979 idF vom 14. Januar 2000 § 11
Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechtsregelungsgesetz - ARRG) vom 19. Januar 1979 idF vom 14. Januar 2000 § 12
Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechtsregelungsgesetz - ARRG) vom 19. Januar 1979 idF vom 14. Januar 2000 § 13
BAT-KF in der für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Lippischen Landeskirche sowie ihrer Diakonischen Werke geltenden Fassung (BAT-KF RWL)
Ordnung für das Urlaubsgeld der kirchlichen Angestellten vom 17. Juni 1992
Ordnung über eine Zuwendung für kirchliche Angestellte vom 12. Oktober 1973
BGB § 317
BGB § 319
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1
BGB § 389
BGB § 611
1. Eine Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf Arbeitsrechtsregelungen für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland in deren "jeweils geltenden Fassung" enthält zwingend die Verweisung auf das Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechtsregelungsgesetz - ARRG).

2. Mit dieser Vereinbarung ist auch eine vom Normgeber der Arbeitsrechtsregelung nach Maßgabe des ARRG beschlossene detaillierte einrichtungsspezifische Regelung in Bezug genommen, deren Wirksamkeit nach dem Willen des Normgebers ihre Übernahme durch eine für die Einrichtung abzuschließende Dienstvereinbarung voraussetzt.


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

4 AZR 11/02

Verkündet am 19. Februar 2003

In Sachen

hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2003 durch den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Friedrich als Vorsitzenden, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Wolter, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Laux sowie die ehrenamtlichen Richter Jürgens und Gotsche für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. November 2001 - 10 Sa 1037/01 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung restlichen Gehalts für Dezember 2000 in Anspruch. Dabei geht der Streit der Parteien darum, ob die Beklagte von diesem Gehalt jeweils 30 % des mit dem Juli-Gehalt gezahlten Urlaubsgeldes und der mit dem Novembergehalt gezahlten Zuwendung für das Jahr 2000 einbehalten durfte.

Die am 12. Juni 1971 geborene Klägerin steht seit 1. Oktober 1995 als Krankenschwester in den Diensten der Beklagten. Die Beklagte ist eine Einrichtung der evangelischen Kirche und betreibt in der Rechtsform einer gGmbH mehrere Krankenanstalten im Ruhrgebiet, darunter auch das J Krankenhaus in O, in dem die Klägerin beschäftigt ist. Die Beklagte ist Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland e.V.

Im Arbeitsvertrag vom 5. Oktober 1995 haben die Parteien unter Ziff. 5 vereinbart:

Die Dienst- und Hausordnungen der Krankenanstalten sind Vertragsbestandteil.

Von Frau ... wird - wie von allen Mitarbeitern des Hauses - erwartet, daß sie in ihrem dienstlichen und außerdienstlichen Verhalten den Erfordernissen Rechnung trägt, die sich aus dem kirchlichen und gemeinnützigen Charakter des Krankenhauses ergeben.

Vertragsinhalt sind gemäß den Notverordnungen zum Dienstrecht der kirchlichen Angestellten in der jeweils geltenden Fassung die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages und der anderen für den öffentlichen Dienst im Lande Nordrhein-Westfalen geschlossenen Tarifverträge in der für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland jeweils geltenden Fassung.

...

Das für die Evangelische Kirche im Rheinland geltende "Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechtsregelungsgesetz - ARRG)" vom 19. Januar 1979 idF vom 14. Januar 2000 bestimmt, daß eine paritätisch besetzte Arbeitsrechtliche Kommission auf Grund von Vorlagen der in ihr vertretenen Landeskirchen, Diakonischen Werke und Vereinigungen von Mitarbeitern oder auf Grund eigenen Beschlusses Arbeitsrechtsregelungen zu erarbeiten hat, die den Inhalt, die Begründung und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen betreffen (§ 11, § 2 Abs. 2). Nach § 3 Abs. 1 ARRG sind diese Arbeitsrechtsregelungen "verbindlich und wirken normativ". In § 12 ARRG ist das Verfahren der Behandlung von Einwendungen gegen von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossene Arbeitsrechtsregelungen geregelt. In diesem Zusammenhang bestimmt § 12 Abs. 2 ARRG in den Sätzen 2 bis 4:

Werden Einwendungen erhoben, erlangt die gesamte Arbeitsrechtsregelung keine Verbindlichkeit. Die zuständigen Stellen werden von der Arbeitsrechtlichen Kommission entsprechend unterrichtet. Die Arbeitsrechtliche Kommission hat in der auf den Zugang der Einwendungen folgenden Sitzung über die gesamte Materie der Arbeitsrechtsregelung erneut zu beraten.

Einwendungen gegen Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission nach § 12 Abs. 2 ARRG können nach § 12 Abs. 3 Satz 1 ARRG bei der nach § 13 ARRG gebildeten Schiedskommission erhoben werden. In § 12 Abs. 3 Satz 2 und 3 ARRG ist dazu bestimmt:

"Die Schiedskommission entscheidet endgültig. Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend."

Bei der Beklagten richtet sich die Arbeitnehmervertretung nach dem "Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (Mitarbeitervertretungsgesetz - MVG)" vom 6. November 1992 idF vom 5. November 1998. § 36 Abs. 1 MVG-EKD, der nach dem Kirchengesetz über die Bildung von Mitarbeitervertretungen in kirchlichen Dienststellen in der Evangelischen Kirche im Rheinland (MVG-EKiR) vom 12. Januar 1994 im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland sowie ihres Diakonischen Werkes unverändert gilt, bestimmt:

"Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung können Dienstvereinbarungen abschließen. Dienstvereinbarungen dürfen Regelungen weder erweitern, einschränken noch ausschließen, die auf Rechtsvorschriften, insbesondere Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission, Tarifverträgen und Entscheidungen des Schlichtungsausschusses nach dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz oder allgemeinverbindlichen Richtlinien der Kirche beruhen. Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch die in Satz 2 genannten Regelungen vereinbart worden sind oder üblicherweise vereinbart werden, können nicht Gegenstand einer Dienstvereinbarung sein, es sei denn, die Regelung nach Satz 2 läßt eine Dienstvereinbarung ausdrücklich zu."

Die "Ordnung über die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT-Anwendungsordnung - BAT-AO)" vom 26. Juni 1986 bestimmt in § 1:

"Im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland ... sowie ihrer Diakonischen Werke ist für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die in einer der Rentenversicherung der Angestellten unterliegenden Beschäftigung tätig sind (Angestellte), der Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 in der für die Angestellten des Landes Nordrhein-Westfalen geltenden Fassung ... anzuwenden, soweit nicht durch das kirchliche Recht ... etwas anderes bestimmt ist."

Solche kirchlichen Sonderregelungen sind die "Ordnung für das Urlaubsgeld der kirchlichen Angestellten" vom 17. Juni 1992 sowie die "Ordnung über eine Zuwendung für kirchliche Angestellte" vom 12. Oktober 1973. Nach diesen Arbeitsrechtsregelungen zahlte die Beklagte das Urlaubsgeld und die Weihnachtszuwendung an ihre Angestellten bis einschließlich 1999.

Nach dem "Lagebericht" der Beklagten von April 2000 schloß diese das Geschäftsjahr 1999 im Krankenhausbereich mit einem Jahresfehlbetrag von knapp 7 Millionen DM ab. Auf gemeinsames Betreiben der bei der Beklagten bestehenden Mitarbeitervertretung und der Geschäftsführung der Beklagten beschloß die Arbeitsrechtliche Kommission am 25. Mai 2000 die "Arbeitsrechtsregelung über eine vorübergehende Absenkung der Zuwendung und des Urlaubsgeldes im Evangelischen und J Klinikum D gGmbH". Darin ist geregelt, daß für die Mitarbeiter der Beklagten durch Dienstvereinbarung nach § 36 MVG-EKD unter in § 2 der Arbeitsrechtsregelung näher umschriebenen Voraussetzungen eine Absenkung dieser Zahlungen auf 70 % in der Zeit vom 1. Juni 2000 bis zum 31. Mai 2002 bestimmt werden kann. Dies geschah mit der Dienstvereinbarung vom 13. Juni 2000. Darüber und über den Inhalt des Beschlusses der ARK vom 25. Mai 2000 informierte die Mitarbeitervertretung die Arbeitnehmer Mitte Juni 2000 in ihrer Mitteilung "Juni 2000 Nr. 3".

Nachdem der Marburger Bund gem. § 12 Abs. 2 ARRG Einwendungen gegen den Beschluß der Arbeitsrechtlichen Kommission erhoben hatte, teilte die Mitarbeitervertretung der Geschäftsführung der Beklagten unter dem 5. Juli 2000 mit, sie habe mehrheitlich entschieden, die Umsetzung der Dienstvereinbarung vom 13. Juni 2000 erst nach Abschluß des formellen kirchlichen Rechtsweges rückwirkend durchzuführen; das Urlaubsgeld solle daher unter Vorbehalt in voller Höhe ausgezahlt werden. Dementsprechend zahlte die Beklagte das Urlaubsgeld zusammen mit den Bezügen für den Monat Juli 2000 in voller Höhe aus und brachte auf den Gehaltsmitteilungen - auch bei der Klägerin - jeweils den Vermerk an:

Urlaubsgeld unter Widerrufsvorbehalt für den Fall des Beschlusses der ARK-RWL über die Absenkung in Höhe von 30 %.

Die Mitarbeitervertretung informierte die Beschäftigten mit der Mitteilung "August 2000 Nr. 4" über den weiteren Verfahrensgang. Mit der Arbeitsrechtsregelung vom 21. August 2000 bestätigte die Arbeitsrechtliche Kommission die Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000. Gegen diesen Beschluß erhob der Marburger Bund erneut eine Einwendung. Darüber und über den weiteren Verfahrensgang informierte die Beklagte ihre Mitarbeiter mit Schreiben vom 21. November 2000. Mit dem Novembergehalt zahlte sie die Zuwendung für das Jahr 2000 in voller Höhe aus. Die Gehaltsmitteilungen - auch die der Klägerin - für November 2000 enthalten den Vermerk:

Die Zahlung der Zuwendung ("Weihnachtsgeld") erfolgt unter Widerrufsvorbehalt, da die RWL-Schiedskommission erst am 01.12.2000 über die Absenkung in Höhe von 30 % entscheidet.

Dies betrifft auch das Urlaubsgeld, das im Juli 2000 - unter Widerrufsvorbehalt - gezahlt wurde. Bei Beschluß der Schiedskommission zur Absenkung von Weihnachts- und Urlaubsgeld um 30 % wird die Kürzung mit der Dezemberabrechnung vorgenommen. Die entsprechende Rückrechnung der Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge erfolgt ebenfalls.

Die Schiedskommission wies die Einwendung des Marburger Bundes mit Beschluß vom 1. Dezember 2000, in dem sie die Arbeitsrechtsregelung der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 25. Mai 2000 wörtlich wiederholte, zurück und informierte die Beklagte darüber mit Schreiben vom 4. Dezember 2000.

Mit der Mitteilung "02. Dezember 2000 Nr. 8" setzte die Mitarbeitervertretung die Beschäftigten über den Verlauf der Verhandlung und den Beschluß der Schiedskommission vom 1. Dezember in Kenntnis. Vom Gehalt der Klägerin für Dezember 2000 behielt die Beklagte je 30 % des ausgezahlten Urlaubsgeldes (195,00 DM brutto) und der Zuwendung (1.266,04 DM brutto) ein und wies in einem Vermerk auf der Abrechnung zur Begründung auf den Beschluß der Schiedskommission vom 1. Dezember 2000 hin.

Mit ihrer am 14. März 2001 erhobenen Klage erstrebt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der im Dezember einbehaltenen Bruttobeträge.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zu dem Einbehalt nicht berechtigt gewesen, da sie mit ihren Zahlungen für Juli und November 2000 ihre - der Klägerin - entstandenen und fälligen Ansprüche erfüllt habe. Die Dienstvereinbarung vom 13. Juni 2000 sei als Rechtsgrundlage für den Einbehalt ungeeignet, weil der ihr zugrunde liegende Beschluß der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 25. Mai 2000 zum Zeitpunkt des Abschlusses der Dienstvereinbarung nicht verbindlich gewesen sei. Der Beschluß der Schiedskommission vom 1. Dezember 2000 habe der Umsetzung durch eine neue Dienstvereinbarung bedurft. Die rückwirkende Umsetzung sei unbillig, weil sie für die Betroffenen "negatives Recht" setze. Außerdem widerspreche sie der von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Arbeitsplatzsicherungsordnung Rheinland-Westfalen-Lippe vom 19. August 1998 (ASO).

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.461,04 DM brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beschluß der Schiedskommission vom 1. Dezember 2000 habe den der Dienstvereinbarung zugrunde liegenden Beschluß vom 25. Mai 2000 wirksam und verbindlich bestätigt, so daß sich die Frage der Rückwirkung nicht stelle. Die ASO sei eine generelle Ordnung der Sicherung von Arbeitsplätzen. Sie stehe Einzelregelungen für spezielle Dienstbereiche und damit hier dem Beschluß vom 25. Mai 2000 und der Dienstvereinbarung vom 13. Juni 2000 nicht entgegen. Die ASO enthalte keine Ausschließlichkeitsklausel. Selbst wenn man von einer rückwirkenden Kürzung der Zuwendungen ausgehe, sei diese nicht unbillig, weil die Klägerin mit der Kürzung bereits bei Auszahlung des Urlaubsgeldes und der Zuwendung habe rechnen müssen. Die Regelung in der Dienstvereinbarung vom 13. Juni 2000 halte auch im übrigen einer Billigkeitskontrolle nach §§ 317, 319 BGB stand.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage mit Recht abgewiesen.

I. Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch nach § 611 Abs. 1 2. Halbs. BGB gegen die Beklagte auf Zahlung restlichen Gehalts für Dezember 2000 in Höhe von 718,89 Euro (vormals 1.406,04 DM). Denn diese Forderung ist gem. § 389 BGB in Höhe des vorgenannten, rechnerisch zwischen den Parteien nicht streitigen Betrages durch die von der Beklagten der Klägerin gegenüber erklärte Aufrechnung mit ihren Forderungen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Rückzahlung überzahlten Urlaubsgeldes und der Zuwendung für das Jahr 2000 erloschen.

1. Die Klägerin hat durch Leistung der Beklagten mit ihren Bezügen für Juli 2000 und November 2000 insgesamt 1.406,04 DM ohne rechtlichen Grund iSv. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB erhalten. Mit den Bezügen für Juli 2000 hat die Beklagte der Klägerin das volle Urlaubsgeld nach der "Ordnung für das Urlaubsgeld der kirchlichen Angestellten" vom 17. Juni 1992 - nachfolgend: Urlaubsgeldregelung - und mit den Bezügen für November 2000 die volle Zuwendung nach der "Ordnung über eine Zuwendung für kirchliche Angestellte" vom 12. Oktober 1973 - nachfolgend: Zuwendungsregelung - bezahlt. In Höhe von jeweils 30 % dieser Leistungen ist das rechtsgrundlos erfolgt. Denn die Ansprüche aus der Urlaubsgeld- und Zuwendungsregelung sind der Klägerin gegenüber wirksam um den genannten Prozentsatz abgesenkt worden.

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der BAT-KF in der für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Lippischen Landeskirche sowie ihrer Diakonischen Werke (künftig: Bereich RWL) jeweils geltenden Fassung Anwendung.

aa) Gemäß Ziff. 5 des Arbeitsvertrages der Parteien sind "Vertragsinhalt ... die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages und der anderen für den öffentlichen Dienst im Lande Nordrhein-Westfalen geschlossenen Tarifverträge in der für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland jeweils geltenden Fassung". Damit ist, wie auch zwischen den Parteien unstreitig ist, der sog. BAT-KF in Bezug genommen worden. Bei diesem handelt es sich um eine kirchliche Arbeitsrechtsregelung. Die von der für den Bereich RWL gebildeten Arbeitsrechtlichen Kommission (ARK-RWL) beschlossene Ordnung über die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages vom 26. Juni 1986 idF vom 2. September 1993 (BAT-AO) bestimmt in § 1, daß für die Arbeitsverhältnisse der Angestellten grundsätzlich der Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 anzuwenden ist; in § 2 BAT-AO sind die den BAT ändernden besonderen kirchlichen Bestimmungen zusammengestellt. Nach § 3 BAT-AO ergibt sich daraus der Wortlaut des BAT-KF, der dem BAT-AO als Anhang 1 beigefügt ist.

bb) Die Bezugnahme auf den BAT-KF im Arbeitsvertrag beschränkt sich nicht auf den BAT-KF im engeren Sinne, sondern bezieht sich jedenfalls auch auf die Urlaubsgeld- und die Zuwendungsregelung.

(1) Regelmäßig erstreckt sich eine vertragliche Verweisung auf den BAT-KF auch auf die ihn ergänzenden Arbeitsrechtsregelungen. Diese regeln viele Ansprüche des Angestellten, die - auch ohne ausdrückliche Bezugnahme - als selbstverständlicher Bestandteil des BAT-KF verstanden werden wie diejenigen auf Urlaubsgeld, die Zuwendung, daneben auf Beihilfe, Reise- und Umzugskosten uam. Die Verweisung auf den BAT-KF bedeutet daher auch ohne ausdrückliche Inbezugnahme der ihn ergänzenden Regelungen grundsätzlich die Vereinbarung der Anwendung der gesamten Arbeitsrechtsregelungen im Bereich RWL.

(2) Es kann hier dahinstehen, ob die Bezugnahme im Arbeitsvertrag der Parteien die Anwendung jedweder Arbeitsrechtsregelung im Bereich RWL zum Inhalt hat. Jedenfalls sind diejenigen Arbeitsrechtsregelungen in Bezug genommen, die bei Abwicklung ihres Arbeitsverhältnisses angewandt worden sind, insbesondere also diejenigen, auf deren Grundlage die Klägerin Leistungen von der Beklagten erhalten hat. Dazu zählen - nur dies ist hier von Interesse - die Urlaubsgeld- und die Zuwendungsregelung. Anderenfalls hätte die Klägerin überhaupt keinen Anspruch auf die genannten Leistungen, diese also, da sie ihre rechtliche Grundlage nicht im BAT-KF im engeren Sinne haben, in voller Höhe rechtsgrundlos erhalten. Davon geht die Klägerin selbst nicht aus.

cc) Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien enthält zwingend auch die Verweisung auf das ARRG. Denn die Parteien haben vereinbart, daß Vertragsinhalt - der Sache nach - der BAT-KF in der "jeweils geltenden Fassung" ist. Die Erarbeitung der Arbeitsrechtsregelungen im Bereich RWL ist der ARK-RWL übertragen. Diese hat nach § 2 Abs. 2 ARRG die Aufgabe, Regelungen zu erarbeiten, die den Inhalt, die Begründung und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen betreffen (Arbeitsrechtsregelungen). Auch deren Änderung obliegt der ARK-RWL. Demnach hat sich die Klägerin durch die einzelvertragliche Inbezugnahme des BAT-KF in seiner "jeweils geltenden Fassung" dem Bestimmungsrecht der ARK-RWL nach den Vorschriften des ARRG über den jeweiligen Inhalt des BAT-KF und damit insoweit auch über den Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses unterworfen (vgl. BAG 17. April 1996 - 10 AZR 558/95 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 24 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 140 zur Inbezugnahme der kirchlichen Anstellungsordnung [KAO]).

b) Die Absenkung der Ansprüche auf das Urlaubsgeld und die Zuwendung für das Jahr 2000 sind nach den Vorschriften des ARRG (vom 19. Januar 1979 idF vom 14. Januar 2000) wirksam erfolgt.

Dies ist durch Beschluß der gem. § 2 Abs. 1 ARRG dafür zuständigen ARK-RWL vom 25. Mai 2000, endgültig bestätigt gem. § 12 Abs. 3 Satz 2 ARRG durch Beschluß der Schiedskommission vom 1. Dezember 2000, geschehen. Diese Beschlüsse enthalten eine betriebsbezogene Arbeitsrechtsregelung - nachfolgend nur: Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 -, die konkret die zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und zur nachhaltigen Sicherung von Arbeitsplätzen der Mitarbeiter der Beklagten vorübergehende Abweichungen ua. von der Urlaubsgeld- und Zuwendungsregelung bestimmt, sie ist die Rechtsgrundlage der Absenkungen. Zwar hat die Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 die Absenkung des Urlaubsgeldes und der Zuwendung vom Abschluß einer "Dienstvereinbarung nach § 36 MVG-EKD" abhängig gemacht. Damit hat der Normträger der Arbeitsrechtsregelungen im Bereich RWL für das Wirksamwerden der von ihm beschlossenen Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 eine aufschiebende Bedingung iSv. § 158 Abs. 1 BGB aufgestellt. Das Sanierungskonzept war von der ARK-RWL, der zuständigen Normgeberin selbst beschlossen. Darüber hinaus hat diese in § 2 der Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 detailliert bestimmt, welche Voraussetzungen für die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur Absenkung von Urlaubsgeld und Zuwendung erfüllt sein mußten. Die Mitarbeitervertretung und die Dienststellenleitung hatten daher nur die Wahl zwischen Übernahme oder Nichtübernahme der von der zuständigen Normgeberin beschlossenen Arbeitsrechtsregelungen Mit der Dienstvereinbarung vom 13. Juni 2000 haben Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung sich zur Übernahme der Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 entschieden.

c) Der Umstand, daß die Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 zunächst wegen der gegen sie vom Marburger Bund erhobenen Einwendungen gem. § 12 Abs. 2 Satz 2 ARRG "keine Verbindlichkeit" erlangt hatte, ändert nichts an der Wirksamkeit der Absenkung der hier behandelten Ansprüche der Klägerin. Denn die ARK-RWL hat nach erneuter Beratung der gesamten Materie der Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 gem. § 12 Abs. 2 Satz 4 ARRG diese am 21. August 2000 bestätigt. Auch die nach einer erneuten Einwendung des Marburger Bundes angerufene Schiedskommission hat durch Beschluß vom 1. Dezember 2000 die Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 uneingeschränkt bestätigt, indem sie mit ihrem Beschluß deren Wortlaut wiederholt hat. Diese Entscheidung ist gem. § 12 Abs. 3 Satz 2 ARRG endgültig. Da zu diesem Zeitpunkt die aufschiebende Bedingung des Abschlusses einer entsprechenden Dienstvereinbarung bereits erfüllt war, erlangte die Leistungsabsenkung gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten und damit auch gegenüber der Klägerin - rückwirkend - Wirksamkeit.

d) Für die Wirksamkeit der speziell für die Beklagte beschlossenen Arbeitsrechtsregelung ist unerheblich, daß die Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 inhaltlich von der Arbeitsplatzsicherungsordnung Rheinland-Westfalen-Lippe vom 19. August 1998 (ASO) abweicht. Bei der ASO handelt es sich um eine von der ARK-RWL beschlossene Öffnungsklausel, die allen Dienststellen den Abschluß von arbeitsplatzsichernden Dienstvereinbarungen ermöglicht, mit denen entweder die Zuwendung um bis zu 50 % abgesenkt oder die wöchentliche Arbeitszeit bei gleichzeitiger Kürzung der Bezüge um bis zu 1,5 Stunden reduziert wird. Durch die ASO hat sich die ARK-RWL aber keineswegs selbst in der Weise gebunden, daß es ihr versagt wäre, andere einrichtungsspezifische oder betriebsspezifische Regelungen zu beschließen. Eine solche Bindung ergibt sich weder aus dem Sinn noch aus dem Wortlaut der ASO. Da die ARK-RWL nach dem ARRG ihre Regelungen selbstverantwortlich beschließt, war es ihr unbenommen, die speziell auf die Besonderheiten im Betrieb der Beklagten zugeschnittene Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 zu beschließen.

e) Auch davon abgesehen hält die Absenkungsregelung der inhaltlichen Überprüfung stand.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich bei kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht um Tarifverträge im Sinne des Tarifvertragsgesetzes, weil sie nicht nach dessen Maßgabe zustande gekommen sind (st. Rspr., vgl. nur Senat 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - AP GG Art. 140 Nr. 53 = EzA BGB § 613a Nr. 208 = ZMV 2002, 299, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; BAG 15. November 2001 - 6 AZR 88/01 - NZA 2002, 1055 = ZMV 2001, 302; jew. mwN). Ob die inhaltliche Kontrolle von Arbeitsrechtsregelungen durch staatliche Gerichte deshalb als eine - eingeschränkte - Billigkeitskontrolle nach §§ 317, 319 BGB vorzunehmen ist (so grundlegend BAG 17. April 1996 - 10 AZR 558/95 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 24 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 140) oder ob sie sich gleichwohl - wie bei Tarifverträgen - auf eine reine Rechtskontrolle zu beschränken hat (so zB Gehring/Thiele in: ArbR BGB 2. Aufl. § 630 Anhang Rn. 167 f.; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 3. Aufl. § 15 Rn. 39 f.; Schliemann FS Hanau S. 577, 597; Thüsing Anm. zu AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 24 und - jedenfalls für solche Arbeitsrechtsregelungen, die einen Tarifvertrag ganz oder im wesentlichen übernehmen - BAG 6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - BAGE 84, 282 = AP AVR § 10a Caritasverband Nr. 1 = EzA BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 16, im Anschluß daran Senat 28. Januar 1998 - 4 AZR 491/96 - AP AVR § 12 Caritasverband Nr. 11 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 44), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 hält nach beiden Maßstäben der rechtlichen Prüfung stand.

(1) Nimmt man an, daß die ARK-RWL als Dritter iSv. §§ 317, 319 BGB die vertragliche Leistung der Beklagten bestimmt hat, so erweist sich die Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 nicht als offenbar unbillig iSd. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB, wie das Landesarbeitsgericht mit Recht angenommen hat.

Mangels Anhaltspunkten für eine anderweitige Vereinbarung der Parteien ist nach § 317 Abs. 1 BGB davon auszugehen, daß die ARK-RWL ihre Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu treffen hat. Die Entscheidung des Dritten ist den Parteien gegenüber nur dann nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist (§ 319 Abs. 1 Satz 1 BGB). Offenbar unbillig iSd. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Leistungsbestimmung des Dritten dann, wenn sie in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt und sich dies bei unbefangener sachkundiger Prüfung sofort aufdrängt (BGH 26. April 1991 - V ZR 61/90 - LM BGB § 319 Nr. 30 = NJW 1991, 2761).

Der Beschluß der ARK-RWL vom 25. Mai 2000 stellt keine offenbar unbillige Entscheidung iSd. § 319 BGB dar. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, daß die Kürzung von Gratifikationen, um durch die dadurch freiwerdenden Finanzmittel ansonsten auf Grund fehlender Geldmittel erforderliche betriebsbedingte Kündigungen bzw. einen Betriebsübergang zu vermeiden, an sich eine zweckmäßige Maßnahme ist. Das schließt ihre offenbare Unbilligkeit iSd. § 319 BGB aus (vgl. auch 15. November 2001 - 6 AZR 88/01 - NZA 2002, 1055 zur Absenkung der Vergütung nach AVR; ferner - ebenfalls zur Kürzung der Zuwendung nach dem Zuwendungstarifvertrag - 17. April 1996 - 10 AZR 558/95 - aaO). Dementsprechend ist der Beschluß der ARK-RWL vom 25. Mai 2000 nicht offenbar unbillig. Er sollte der Dienststelle der Beklagten die Möglichkeit eröffnen, zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und nachhaltigen Beschäftigungssicherung im Wege der Dienstvereinbarung das Urlaubsgeld und die Zuwendung zeitlich befristet um 30 % zu kürzen, wobei der Abschluß der Dienstvereinbarung von strengen, von der Beklagten zu erfüllenden Voraussetzungen abhängig war. Danach mußte die Beklagte der Mitarbeitervertretung vor Abschluß der Dienstvereinbarung die wirtschaftliche Situation überprüfbar darlegen. Sie mußte sich in der Dienstvereinbarung ua. dazu verpflichten, grds. keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen und keine Betriebsübergänge durchzuführen. Schließlich mußte sie - rückwirkend zum 1. Januar 2000 - die unter Zugrundelegung der AVR-DW.EKD eingestellten Mitarbeiter nach dem (günstigeren) BAT-KF vergüten.

(2) Die Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 ist insbesondere auch nicht wegen ihres rückwirkenden Inkrafttretens iSd. § 319 BGB unbillig. Denn die Arbeitnehmer der Beklagten mußten schon seit Mitte 2000 mit einer Kürzung des Urlaubsgeldes und der Zuwendung für das Jahr 2000 rechnen und durften daher nicht auf den ungekürzten Fortbestand der entsprechenden Regelungen vertrauen. Ein grober Verstoß gegen Treu und Glauben, der Voraussetzung für die Unbilligkeit iSd. § 319 BGB ist, liegt insoweit ebenfalls nicht vor.

Eine Einschränkung des Vertrauensschutzes der Klägerin ist bereits für die Zeit ab Mitte Juni 2000 gerechtfertigt. Die Mitarbeitervertretung hatte die Mitarbeiter der Beklagten in ihrer Mitteilung "Juni 2000 Nr. 3" über den Abschluß und den Inhalt der Dienstvereinbarung und über den Beschluß der ARK-RWL vom 25. Mai 2000 informiert. Da zu diesem Zeitpunkt noch keine Einwendungen gegen den Beschluß der ARK-RWL erhoben worden waren, mußte die Klägerin damit rechnen, daß die Sonderzuwendungen wirksam um 30 % gekürzt würden. Das Vertrauen auf die unveränderte Fortgeltung der entsprechenden Regelungen ist dadurch entscheidend beeinträchtigt worden. Es wurde auch durch die ungekürzte Auszahlung des Urlaubsgeldes im Juli 2000 und der Zuwendung im November 2000 nicht wiederhergestellt. Denn die Beklagte hatte bereits auf der Gehaltsmitteilung für Juli 2000 einen Widerrufsvorbehalt wegen der möglichen Absenkung des Urlaubsgeldes um 30 % angebracht. Im August unterrichtete die Mitarbeitervertretung die Mitarbeiter ausführlich durch die Mitteilung "August 2000 Nr. 4" über das weitere Verfahren und Vorgehen bezüglich der Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000; es folgten darauf das Schreiben der Beklagten vom 21. November 2000 und der auf der Gehaltsmitteilung für November 2000 angebrachte, ausführlich erläuterte Vorbehalt bezüglich einer Kürzung sowohl des Urlaubsgeldes als auch der Zuwendung um 30 % nach einem entsprechenden Beschluß der Schiedskommission. Seit Kenntnis der Mitteilung "Juni 2000 Nr. 3" mußte die Klägerin davon ausgehen, daß die Mitarbeitervertretung, die die Arbeitsrechtsregelung vom 25. Mai 2000 mitgetragen hatte, diese nach wie vor befürwortete und kein Verständnis für die Einwendungen des Marburger Bundes zeigte, an der Dienstvereinbarung vom 13. Juni 2000 festhalten würde. Sie mußte also damit rechnen, daß die Bedingungen der Arbeitsrechtsregelung 25. Mai 2000 auch rückwirkend in Kraft treten würden. Genau dieser Zustand ist durch den Beschluß der Schiedskommission vom 1. Dezember 2000 eingetreten.

bb) Unterwirft man die Regelung der Rechtskontrolle nach den für Tarifverträge geltenden Maßstäben, ist das Ergebnis kein anderes.

(1) Bei Tarifverträgen ist nicht gerichtlich zu prüfen, ob jeweils die gerechteste oder zweckmäßigste Regelung gefunden wurde. Tarifverträge sind allein darauf zu untersuchen, ob sie rechtswidrig sind, weil sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder gegen die guten Sitten verstoßen (st. Rspr. vgl. BAG 6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - BAGE 84, 282, 289). Insoweit können sich vorliegend allenfalls wegen der Rückwirkung rechtliche Bedenken ergeben. Der Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tarifvertraglicher Regelungen sind durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen Grenzen gesetzt. Entstandene und fällig gewordene, noch nicht abgewickelte tarifliche Ansprüche genießen keinen Sonderschutz gegen eine rückwirkende Veränderung (st. Rspr. des Senats, zuletzt 17. Mai 2000 - 4 AZR 216/99 - BAGE 94, 349 = AP TVG § 1 Rückwirkung Nr. 19 = EzA TVG § 1 Rückwirkung Nr. 5 mwN). Sogar eine sog. echte Rückwirkung (zum Begriff vgl. Wiedemann TVG 6. Aufl. § 1 Rn. 145) kommt in Betracht, wenn der Normadressat im Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens der Norm keinen hinreichenden Vertrauensschutz auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage mehr genießt. Dies ist zB dann anzunehmen, wenn er auf Grund bestimmter Umstände mit einer abweichenden Neuregelung rechnen mußte (Senat 17. Mai 2000 - 4 AZR 216/99 - aaO; vgl. auch Senat 23. November 1994 - 4 AZR 879/93 - BAGE 78, 309 = AP TVG § 1 Rückwirkung Nr. 12 = EzA TVG § 1 Rückwirkung Nr. 3).

(2) Im vorliegenden Fall mußte die Klägerin, wie zu § 319 Abs. 1 BGB dargelegt wurde, bereits im Juni - also schon vor der Auszahlung des Urlaubsgeldes - mit der Kürzung sowohl des Urlaubsgeldes als auch der Zuwendung rechnen. Indem die Beklagte sowohl auf der Abrechnung für Juli 2000 als auch auf der November-Abrechnung 2000 darauf hingewiesen hat, daß die vollständige Auszahlung der Sonderzuwendungen hinsichtlich der vorgesehenen Absenkung unter Widerrufsvorbehalt steht, waren die Ansprüche zum Zeitpunkt der Beschlußfassung durch die Schiedskommission auch nicht bereits endgültig abgewickelt und somit einer rückwirkenden Kürzung nicht entzogen.

2. Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit ihren Ansprüchen auf Rückgewähr der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) hat somit den Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe des mit der Klage geforderten Betrages zum Erlöschen gebracht (§ 389 BGB).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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