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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 23.02.2005
Aktenzeichen: 4 AZR 126/04
Rechtsgebiete: BAT/AOK-O, BAT/AOK-Neu vom 7. August 2003


Vorschriften:

BAT/AOK-O § 22
BAT/AOK-O Anlage 1a VergGr. 5 bis 8
BAT/AOK-Neu vom 7. August 2003 § 20
BAT/AOK-Neu Anlage 1a VergGr. 5 bis 8
Die Tätigkeit der "Sachbearbeitung mit besonderen Aufgaben" iSd. Anlage 1a zum BAT/AOK-O/BAT/AOK-Neu VergGr. 8 Beispiel Ziff. 3 setzt voraus, dass diese Sachbearbeitung Kenntnisse erfordert, die in der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten nicht vermittelt werden.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

4 AZR 126/04

Verkündet am 23. Februar 2005

In Sachen

hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Bepler, die Richter am Bundesarbeitsgericht Bott und Dr. Wolter sowie die ehrenamtlichen Richter von Dassel und Kiefer für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 13. November 2003 - 9 Sa 209/03 E - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten, soweit der Rechtsstreit nicht rechtskräftig erledigt ist, über die tarifgerechte Vergütung des Klägers.

Der am 7. Oktober 1965 geborene Kläger trat im Jahre 1990 in die Dienste der AOK H. Durch deren Vereinigung mit der AOK M am 30. August 1998 ist die Beklagte Arbeitgeberin des Klägers geworden. Kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit bestimmte sich das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 31. Dezember 2003 nach dem BAT/AOK-O, der mit Wirkung vom 1. Januar 2004 durch den Tarifvertrag für die Beschäftigten der TG AOK (BAT/AOK-Neu) vom 7. August 2003 abgelöst worden ist. Zudem ist die Anwendung der vorgenannten Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis arbeitsvertraglich vereinbart.

Der Kläger arbeitete zunächst als Kraftfahrer bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Ab 1. September 1994 war er mit Vergütung nach VergGr. 5 BAT/AOK-O (künftig: "VergGr.") als Vollstreckungsbeamter (VB) - Springer - tätig und absolvierte parallel dazu eine Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten. Ab 1. September 1995 erhielt er Vergütung nach VergGr. 6 sowie eine Vollstreckungszulage. Vom 1. August 1998 bis zum 3. September 1999 waren dem Kläger zusätzlich zu seiner Tätigkeit die Aufgaben einer beurlaubten Arbeitnehmerin übertragen. Für die Zeit der Vertretung erhielt der Kläger eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen den VergGr. 6 und 7. In dieser Zeit nahm der Kläger an einer eintägigen Weiterbildung zum Thema "Das neue Insolvenzrecht für Krankenkassen" und an einer zweitägigen Weiterbildung zum Thema "Beitragseinzug" teil. Seit dem 1. November 1999 ist der Kläger auf Grund eigener entsprechender Bewerbung als Rückstandssachbearbeiter (RSB) für Beitragseinzug im Fachbereich Beitragseinzug in der Niederlassung H/S mit Vergütung nach VergGr. 6 für die Beklagte tätig. Der Fachbereich Beitragseinzug ist dem sog. Aktionsfeld Versicherungen/Beiträge, das dem Geschäftsbereich Markt zugeordnet ist, untergeordnet. Ihm gehören 14 RSB, die zum Teil nach VergGr. 6, zum Teil nach VergGr. 8 vergütet wurden, und sechs Vollstreckungsbeamte an, die einem Gruppenleiter (GL) mit Vergütung nach VergGr. 10 unterstehen. Dem RSB sind folgende "Aufgabenfelder" zugewiesen:

1. Führung des Rückstandsfalles

2. Vorbereitung und Einleitung von Einzugsmaßnahmen jeglicher Art

3. Zusammenstellung und Geltendmachung von Forderungen gegenüber Verwaltern und Arbeitsämtern

4. Führung von Gesprächen und Verhandlungen mit Schuldnern bzw. deren Vertreter

5. Einleitung strafrechtlicher Maßnahmen

6. Zeugenaussagen

7. Vorbereitung der zivilrechtlichen Geltendmachung der Ansprüche nach § 823 BGB

8. Niederschlagung und Erlass von Forderungen

9. Bearbeiten von Widersprüchen gegen Verwaltungsakte bzw. Vollstreckungshandlungen

10. Weiterverfolgung der Ansprüche in Insolvenzverfahren

11. Vergleiche im Rahmen der Verbraucherinsolvenz.

Nähere Einzelheiten der vorgenannten Aufgabenfelder ergeben sich aus der Arbeitsplatzbeschreibung "Rückstandssachbearbeiter" vom 9. Oktober 2000 sowie einer Arbeitsablaufbeschreibung zum Sachgebiet Beitragseinzug, in dem die Arbeitsabläufe zahlreicher Teilaufgaben beschrieben sind.

Der Kläger erhebt Anspruch auf Vergütung nach VergGr. 8 - nunmehr - ab 1. November 1999. Er hat, soweit für die Revision von Interesse, geltend gemacht, die Tätigkeit als RSB erfülle sowohl die Anforderungen der Oberbegriffe der VergGr. 8 als auch diejenigen des Beispiels der Ziff. 3 dieser Vergütungsgruppe. Die Tätigkeit des RSB erfordere gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen und sei "mit einer besonderen Verantwortung verbunden". Letztere sei darin begründet, dass der RSB durch seine mehr oder weniger erfolgreiche Tätigkeit eigenverantwortlich auf die Vermögensverhältnisse der AOK Einfluss nehme, vor allem aber durch das Ingangsetzen von Vollstreckungsmaßnahmen auf die Lebensverhältnisse Dritter, nämlich der Beitragsschuldner einwirke. Würden Vollstreckungsmaßnahmen zu spät ergriffen, bestehe die Gefahr, die ausstehenden Beiträge nicht mehr eintreiben zu können. Bei zu früher Einleitung einschneidender Vollstreckungsmaßnahmen wie etwa einer Gewerbeuntersagung oder eines Insolvenzantrags drohe die Vernichtung von Betrieben und Arbeitsplätzen und damit der Verlust von Beitragszahlern für die Beklagte sowie ein volkswirtschaftlicher Schaden, der angesichts hoher Arbeitslosenzahlen unbedingt zu vermeiden sei. Die Beklagte könne weder ein Interesse daran haben, hohe Beitragsausfälle verkraften zu müssen, noch daran, womöglich gar in der Presse mit der Vernichtung von Arbeitsplätzen in Verbindung gebracht zu werden. Dies wäre insbesondere bei der schwierigen Wettbewerbssituation der Krankenkassen ausgesprochen schädlich. Zudem seien auch die Anforderungen des Beispiels Ziff. 3 der VergGr. 8 erfüllt. Die Rückstandssachbearbeitung sei ein spezielles Aufgabengebiet iSd. "Sachbearbeitung mit besonderen Aufgaben". Die Besonderheit der Aufgabenstellung ergebe sich daraus, dass hier - anders als bei anderen sachbearbeitenden Tätigkeiten - nicht Ansprüche der Versicherten geprüft und entsprechend bearbeitet würden, sondern in erheblichem Umfange Vereinbarungen mit Beitragsschuldnern zu treffen und zu diesem Zweck schwierige Verhandlungen zu führen seien. Der RSB habe eine völlig andere Aufgabe als ein Sachbearbeiter Beitragseinzug. Zudem sei die Bearbeitung von Widersprüchen, die ihm obliege, nach der übereinstimmenden Tarifauslegung der Tarifvertragsparteien eine besondere Aufgabe iSd. Beispiels Ziff. 3 der VergGr. 8.

Der Kläger hat zuletzt - im Berufungsrechtszug -, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, beantragt

festzustellen, dass der Kläger in VergGr. 8 BAT/AOK-O eingruppiert und die Beklagte verpflichtet ist, an ihn rückwirkend ab 1. November 2000 Vergütung nach VergGr. 8 BAT/AOK-O zu zahlen nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Tätigkeit des RSB sei nicht mit einer besonderen Verantwortung iSd. VergGr. 8 verbunden. Die Aufgabe sei dadurch gekennzeichnet, dass der RSB unter Verwendung umfassender Arbeitshilfen (Arbeitsvorgaben, Musterschreiben, Textbausteinen) die einzelnen Tätigkeiten verrichte und in einem abgesteckten Rahmen tätig sei. Die Entscheidungsbefugnis liege beim GL. Besondere Aufgaben iSd. Beispiels Ziff. 3 der VergGr. 8 erfülle der Kläger nicht. Er benötige keine Kenntnisse für andere Bereiche der Abteilung oder des Beitragswesens oder sonstige Spezialkenntnisse.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat unter Zugrundelegung eines streitigen Anspruchszeitraums ab 1. November 1999 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger dieses Feststellungsbegehren für die Zeit ab dem vorgenannten Zeitpunkt weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

I. Mit Recht haben die Vorinstanzen die Klage, soweit sie Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, abgewiesen. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt auf der Grundlage seines Vortrages nicht die tariflichen Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. 8 der Anlage 1a zu § 22 BAT/AOK-O. Er hat daher keinen Anspruch auf Zahlung von Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe ab 1. November 1999.

1. Für das Arbeitsverhältnis galt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit bis zum 31. Dezember 2003 der BAT/AOK-O unmittelbar und zwingend (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Dieser ist mit Wirkung vom 1. Januar 2004 durch den in gleicher Weise für das Arbeitsverhältnis verbindlichen Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Mitglieder der TGAOK (BAT/AOK-Neu) vom 7. August 2003 abgelöst worden. Zudem ist die Anwendung beider Tarifverträge von den Parteien arbeitsvertraglich vereinbart.

Die Rechtslage bezüglich der Vergütung des Klägers hat sich durch die Neufassung des Tarifrechts für die Allgemeinen Ortskrankenkassen mit Wirkung vom 1. Januar 2004 nicht geändert. Der Inhalt des neu gegliederten § 20 BAT/AOK-Neu entspricht der Sache nach uneingeschränkt demjenigen des § 22 BAT/AOK-O. Die Vergütungsordnung der Anlage 1a ist - abgesehen von der Ersetzung des Begriffs des "Arbeitnehmers" durch den des "Beschäftigten" - unverändert geblieben. Nachfolgend werden der Einfachheit halber nur die Regelungen des bis zum 31. Dezember 2003 geltenden BAT/AOK-O angeführt.

2. Der Klage auf tarifgerechte Vergütung kann nur stattgegeben werden, wenn im streitigen Anspruchszeitraum mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge der von ihm auszuübenden Tätigkeit als RSB die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. 8 der Anlage 1a zu § 22 BAT/AOK-O erfüllt, auf das der Kläger seinen Anspruch allein noch stützt (§ 22 Abs. 2 BAT/AOK-O).

3. Die für die Eingruppierung des Klägers bedeutsamen Tarifnormen lauten:

"Vergütungsgruppe 5

Arbeitnehmer mit Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern, zum Beispiel:

1. Arbeitnehmer im Leistungs- oder Versicherungs- oder Beitrags- oder Vertragsbereich, die

- Sachverhalte bearbeiten oder

- Abrechnungen sachlich prüfen oder

- Zahlungen sachlich feststellen

...

4. Vollziehungsbeamte/Vollziehungsbeamtinnen für zwölf Monate

...

Vergütungsgruppe 6

Arbeitnehmer mit Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbständige Leistungen erfordern, zum Beispiel:

1. Arbeitnehmer im Leistungs- oder Versicherungs- oder Beitrags- oder Vertragsbereich, die

- Sachverhalte bearbeiten oder

- Abrechnungen sachlich prüfen oder

- Zahlungen sachlich feststellen, wenn sie sich durch ihre Leistungen aus der Vergütungsgruppe 5 herausheben (Protokollnotiz)

2. Vollziehungsbeamte/Vollziehungsbeamtinnen nach zwölf Monaten

...

Protokollnotiz zu Ziffer 1.:

Die tarifschließenden Parteien sind sich einig, dass dieses Merkmal in der Regel nach zweijähriger Tätigkeit erfüllt ist.

...

Vergütungsgruppe 7

Arbeitnehmer mit Tätigkeiten, die gründliche und umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordern,

zum Beispiel:

1. ...

2. Arbeitnehmer der Vergütungsgruppe 6 Ziffer 1 mit zusätzlichen Aufgaben (Protokollnotiz)

oder

mit umfassenden Aufgaben

...

Vergütungsgruppe 8

Arbeitnehmer mit Tätigkeiten, die gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordern und mit einer besonderen Verantwortung verbunden sind, zum Beispiel:

1. ...

2. ...

3. Arbeitnehmer in der Sachbearbeitung mit besonderen Aufgaben

4. ..."

4. Das Landesarbeitsgericht hat - kurz zusammengefasst - angenommen, die einen einheitlichen Arbeitsvorgang im Tarifsinne bildende Gesamttätigkeit des Klägers erfülle weder die Voraussetzungen des Beispiels Ziff. 3 der VergGr. 8 noch diejenigen des Obersatzes dieser Vergütungsgruppe. Nach dem vorgenannten Beispiel müsse das Aufgabengebiet des Angestellten (Sachbearbeiters) den üblichen vertraglichen Rahmen der Bearbeitung von Sachverhalten, in dem die Angestellten tätig seien, die die Voraussetzungen der Beispiele Nr. 1 der VergGr. 5 und 6 sowie des Beispiels Nr. 2 der VergGr. 7 erfüllten, in einem nicht unerheblichen Maße überschreiten. Dies sei bei der Tätigkeit des Klägers nicht der Fall. Denn die Rückstandssachbearbeitung sei ein Teil des Beitragseinzugs und damit des Beitragsbereichs. Sie sei damit sachlich gegenständlich auf die Beispielstätigkeit Nr. 1 der VergGr. 6 beschränkt. Auch die Anforderungen des Obersatzes der VergGr. 8 seien durch die Tätigkeit des Klägers nicht erfüllt. Er erbringe weder selbständige Leistungen im Tarifsinne noch sei die Tätigkeit des RSB mit einer besonderen Verantwortung im Tarifsinne verbunden. Entscheidungen in Vollstreckungsangelegenheiten bereite der Kläger nur vor. Die Entscheidung selbst liege beim Gruppenleiter. Der Kläger erbringe "folglich nicht mindestens zeitlich zur Hälfte selbständige Leistungen im tariflichen Sinne". Auf Grund dieser Umstände sei auch die Anforderung der besonderen Verantwortung iSv. VergGr. 8 BAT/AOK-O nicht erfüllt.

5. Dem folgt der Senat im Ergebnis.

a) Die Wertung des Landesarbeitsgerichts, die gesamte Tätigkeit des Klägers bilde einen Arbeitsvorgang im Tarifsinne, ist unzutreffend. Tatsächlich trennbare Tätigkeiten unterschiedlicher Wertigkeit dürfen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden (zB Senat 18. Mai 1994 - 4 AZR 461/93 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 178 mwN). Die außergerichtliche Geltendmachung von vorher durch einen anderen Sachbearbeiter festgestellten, dem RSB mitgeteilten Forderungen durch diesen mittels Mahnschreiben ua. an den Beitragsschuldner hat eine geringere tarifliche Wertigkeit zB hinsichtlich der erforderlichen Kenntnisse als die Durchsetzung von Ansprüchen in der Zwangsvollstreckung. Beide Tätigkeiten sind auch tatsächlich trennbar (vgl. Senat 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 301).

Auf der Grundlage der Bewertung der Gesamttätigkeit des RSB als einen einheitlichen Arbeitsvorgang im Tarifsinne verstößt das Landesarbeitsgericht zudem gegen das Aufspaltungsverbot des Satzes 2 der Protokollnotiz zu § 22 Abs. 2 BAT/AOK- O. Danach ist jeder einzelne Arbeitsvorgang als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen nicht zeitlich aufgespalten werden. Eine solche unzulässige Aufspaltung nimmt das Landesarbeitsgericht vor, indem es für den - von ihm angenommenen - einheitlichen Arbeitsvorgang der "Rückstandssachbearbeitung" die Erfüllung der Anforderung der selbständigen Leistungen mit der Begründung verneint, der Kläger erbringe - weil nur zum Teil selbst entscheidungsbefugt - nicht mindestens zeitlich zur Hälfte selbständige Leistungen im tariflichen Sinne.

b) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist jedoch im Ergebnis zutreffend. Auf der Grundlage des Vortrags des Klägers erfüllt seine Tätigkeit weder die Anforderungen des Beispiels Ziff. 3 der VergGr. 8 noch diejenigen des Obersatzes dieser Vergütungsgruppe.

aa) Es kann dahinstehen, aus welchen Arbeitsvorgängen die Tätigkeit des Klägers besteht. Denn dem Kläger steht bei jedem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge seiner Tätigkeit kein Anspruch auf die von ihm geforderte Vergütung zu.

bb) Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass die Tätigkeit des RSB die eines Arbeitnehmers in der Sachbearbeitung "mit besonderen Aufgaben" iSd. VergGr. 8 Beispiel Ziff. 3 ist.

(1) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass es bei der Erfüllung der Anforderungen des Beispiels Ziff. 3 der VergGr. 8 auf die Merkmale des Obersatzes dieser Vergütungsgruppe nicht ankommt. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist dann, wenn eines der Beispiele gegeben ist, auch das Merkmal des Oberbegriffs erfüllt, soweit tariflich nichts anderes bestimmt ist. Die Beispiele stehen nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien dafür, dass bei der Erfüllung des Beispiels die Voraussetzungen der jeweiligen Vergütungsgruppe erfüllt sind, mit anderen Worten ein Fall des jeweiligen Obersatzes vorliegt. Die Tarifvertragsparteien des BAT/AOK-O haben mit den Beispielen erkennbar ihre Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass die Beispielstätigkeiten die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen. Daran sind die Gerichte bei der Auslegung gebunden. Anderenfalls würde den Beispielen entgegen dem Willen der Tarifvertragsparteien der typische Charakter für ihre Vergütungsgruppen abgesprochen (vgl. Senat 21. August 2002 - 4 AZR 223/01 - BAGE 102, 282, 288 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Krankenkassen Nr. 1 mwN).

(2) Im Ergebnis mit Recht hat das Landesarbeitsgericht auch erkannt, dass die Anforderung der Sachbearbeitung "mit besonderen Aufgaben" der VergGr. 8 Beispiel Ziff. 3 nicht erfüllt ist. Die Tätigkeit der "Sachbearbeitung" ist der Sache nach in verschiedenen Beispielen der VergGr. 5 bis 8 aufgeführt. Die Tätigkeit von Arbeitnehmern, "die Sachverhalte bearbeiten" (VergGr. 5 Beispiel Ziff. 1 1. Alt., VergGr. 6 Beispiel Ziff. 1 1. Alt.) besteht - substantivisch ausgedrückt - in der Sachbearbeitung. Die Sachbearbeitung von Teilbereichen der Sozialversicherung - also entweder dem Leistungs-, dem Versicherungs-, dem Beitrags- oder dem Vertragsbereich - entspricht den Anforderungen der VergGr. 5, in der Regel nach zweijähriger Tätigkeit denjenigen der VergGr. 6. Sind dem Sachbearbeiter "umfassende Aufgaben" übertragen, ist er in VergGr. 7 eingruppiert (Beispiel Ziff. 2 2. Alt.). Inhaltlich handelt es sich bei der Sachbearbeitung iSd. VergGr. 5 bis 7 in den vorgenannten Bereichen der Sozialversicherung um die Hauptaufgabenbereiche des Sozialversicherungsfachangestellten, dessen typische Tätigkeit die der Sachbearbeitung im Sozialversicherungsrecht ist (Blätter zur Berufskunde 1-X A 102 Sozialversicherungsfachangestellter/Sozialversicherungsfachangestellte 4. Aufl. S. 10). Auf der Grundlage der Tätigkeit dieses Ausbildungsberufs ist zu bestimmen, ob die Sachbearbeitung die normalen Aufgaben des Sachbearbeiters (= des Sozialversicherungsfachangestellten) zum Inhalt oder ob dieser mit der Sachbearbeitung "besondere Aufgaben" zu erledigen hat.

Dem Kläger oblag es daher, im Einzelnen darzulegen, dass die ihm übertragene Rückstandssachbearbeitung Kenntnisse erfordert, die in der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten nicht vermittelt werden. Dazu zählen auch Kenntnisse, die zwar in die vermittelten Fächer dieses Berufs fallen, in ihrer Tiefe aber in nicht unerheblichem Maße über die Ausbildungsinhalte hinausgehen. Dem Kläger oblag es daher, vorzutragen, welche Qualifikationen in der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten auf dem Gebiet des Beitragsbereichs vermittelt werden, und dem gegenüberzustellen, welche Anforderungen die Tätigkeit des RSB stellt. Bereits die Darlegung des erstgenannten Vergleichsgegenstandes hat der Kläger, der als Sozialversicherungsfachangestellter die Ausbildungsinhalte dieses Berufs kennt, vermissen lassen. Die Gesamtumstände des Falles sprechen auch dagegen, dass der RSB besondere Aufgaben iSd. vorstehenden Ausführungen zu erledigen hat. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Ausbildung des Klägers zum Sozialversicherungsfachangestellten im September 1994 begonnen. Diese Berufsausbildung dauert grundsätzlich drei Jahre (Blätter zur Berufskunde aaO S. 23). Danach müsste der Kläger seine Ausbildung im August 1997 abgeschlossen haben. Über die Qualifikation der Sachbearbeitung mit besonderen Aufgaben kann der Kläger, der zuvor als Kraftfahrer bei der Beklagten beschäftigt war, zu diesem Zeitpunkt somit noch nicht verfügt haben. Im Anschluss an seine Ausbildung hat der Kläger die Tätigkeit eines VB ausgeübt. Auch in dieser kann er die Qualifikation eines Sachbearbeiters mit besonderen Aufgaben iSd. Beispiels Ziff. 3 der VergGr. 8 nicht erworben haben, denn die Tätigkeit des VB ist eine solche der VergGr. 5 Beispiel Ziff. 4 und VergGr. 6 Beispiel Ziff. 2. Da der Kläger mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in seinem Sachvortrag vor dem 1. November 1999 nicht mit der Rückstandssachbearbeitung befasst war, wirft dies die Frage auf, auf welche Weise er die im Beispiel Nr. 3 der VergGr. 8 geforderten Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erledigung besonderer Aufgaben erworben haben will. Das zweitägige Seminar "Beitragseinzug", das der Kläger am 5. und 6. Oktober 1999 besucht hat, betraf nicht die Tätigkeit des RSB, sondern die des VB, wie sich aus dem Themenkatalog ergibt (ua. "Aufgaben der Vollstreckungsbeamten"). Es bleibt vor dem Beginn der Tätigkeit als RSB noch die Teilnahme an dem eintägigen Seminar "Das neue Insolvenzrecht für Krankenkassen" am 22. Oktober 1998, das - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Sachvortrag des Klägers - ebenfalls Kenntnisse für die Tätigkeit des VB vermittelt haben dürfte, die der Kläger seinerzeit ausgeübt hat.

Als "besondere Aufgabe" der Rückstandssachbearbeitung kommt nach alledem nur die Abgabe von Stellungnahmen zu Widersprüchen in Betracht, die der AOK Bundesverband in seinen Hilfen zur Umsetzung der zum 1. Januar 1991 in Kraft getretenen neuen Tarifregelungen für Mitarbeiter der AOKs und ihrer Verbände selbst als "besondere Aufgabe" iSd. VergGr. 8 Beispiel 3 versteht. Diese Aufgabe ist dem Kläger jedoch nicht allein übertragen, sondern er ist an ihrer Erledigung nur beteiligt. Denn nach der von ihm selbst vorgelegten und inhaltlich als zutreffend bezeichneten Arbeitsablaufbeschreibung sind die "Beurteilung des Widerspruchs, Prüfung der fristgerechten Einreichung ggf. Rückweisung" und die "Überprüfung des Verwaltungsaktes" eine Gemeinschaftsaufgabe von "GL/RSB". Dem Kläger allein obliegen nur die sich an die Beurteilung des Widerspruchs und Überprüfung des Verwaltungsaktes anschließende Fertigung des Abhilfebescheides, seine Versendung an den Widerspruchsführer oder die Abgabe des Vorgangs an die Widerspruchsstelle (Arbeitsablaufbeschreibung Sachgebiet Beitragseinzug Teilaufgabe 21 Bearbeitung von Widersprüchen gegen Verwaltungsakte bzw. Vollstreckungshandlungen).

cc) Die Merkmale des Obersatzes der VergGr. 8 sind auf der Grundlage des Vortrages des Klägers ebenfalls nicht erfüllt.

(1) Danach muss die Tätigkeit dieser Vergütungsgruppe "mit einer besonderen Verantwortung verbunden" sein. Die Prüfung, ob dies der Fall ist, erfordert einen Vergleich mit den in der VergGr. 7 gestellten Anforderungen. Unausgesprochen setzt auch die letztgenannte Vergütungsgruppe ein bestimmtes, der darin beschriebenen Tätigkeit adäquates Maß an Verantwortung voraus, denn anderenfalls enthielte dieses Tätigkeitsmerkmal für den durch VergGr. 8 gebotenen Verantwortungsvergleich keine Vergleichsgröße. Die Prüfung der "besonderen Verantwortung" iSd. VergGr. 8 setzt daher einen wertenden Vergleich mit der bereits in VergGr. 7 geforderten Verantwortung voraus (vgl. Senat 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 301 mwN zu einer entsprechenden tariflichen Regelung). Dem Kläger einer Eingruppierungsklage obliegt es, im Rechtsstreit diejenigen Tatsachen darzulegen, die diesen Vergleich ermöglichen (Senat 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 - aaO mwN).

Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist unzureichend und, soweit erfolgt, unschlüssig. Ausführungen des Klägers zu dem Maß der in VergGr. 7 vorausgesetzten Verantwortung eines Sachbearbeiters fehlen gänzlich. Ohne diesen Bezug macht der Kläger geltend, die besondere Verantwortung seiner Tätigkeit ergebe sich zum einen daraus, dass er eigenverantwortlich auf die Vermögensverhältnisse der Beklagten Einfluss nehme; bei verspäteter Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen seien die Forderungen der Beklagten nicht mehr zu realisieren und diese dadurch wirtschaftlich geschädigt. Eine besondere Verantwortung des RSB ist damit nicht begründet. Wirtschaftlicher Schaden entsteht der Beklagten auch bei Fehlern in der Sachbearbeitung, die den VergGr. 5 und 6 entspricht, zB bei zu niedrigerer Bestimmung der Höhe eines Beitragsanspruchs durch den Beitragssachbearbeiter oder ungerechtfertigter Bewilligung einer Leistung durch den Leistungssachbearbeiter. Der Kläger macht weiter geltend, die besondere Verantwortung des RSB folge zum anderen daraus, dass dieser durch das Ingangsetzen von Vollstreckungsmaßnahmen auf die Lebensverhältnisse Dritter Einfluss nehme, denen er Schaden zufüge, wenn er Vollstreckungsmaßnahmen zu früh einleite; dies könne zur Vernichtung von Betrieben und Arbeitsplätzen, also zu volkswirtschaftlichen Schäden führen und einen Imageschaden der Beklagten zur Folge haben. Bei diesen Ausführungen des Klägers ist unklar, von welchen Sachverhalten er im Zusammenhang mit der Möglichkeit einer zu frühen Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen ausgeht. Sein Vortrag ist darauf beschränkt, für eine abstrakt beschriebene Ausgangslage den Eintritt von Schäden zu behaupten, die im Falle eines wiederum abstrakt beschriebenen Fehlers - zu frühe Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen - eintreten würden; zudem fehlen Angaben zur Höhe der zu vollstreckenden Forderungen. Dieses Vorbringen ermöglicht nicht die Prüfung, ob die vom Kläger vorgenommene Wertung, seine Tätigkeit sei deshalb mit einer besonderen Verantwortung verbunden, weil er den richtigen Zeitpunkt für die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen treffen müsse, zutreffend ist. Dem Kläger oblag es vielmehr, anhand konkreter Beispiele zu erläutern, welche Handlungsmöglichkeiten in welcher konkreten Situation sinnvollerweise für ihn in Betracht kommen und welche Folgerungen sich konkret aus seiner Entscheidung ergeben haben und bei anderer - fehlerhafter - Entscheidung ergeben hätten. Davon abgesehen kann der Beitragsschuldner auf eine zu frühe Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen mit tatsächlichen Maßnahmen (Erfüllung, Sicherheitsleistung) reagieren und auf diese Weise die Vollstreckung abwenden. Zudem enthält das Vollstreckungsrecht eine Reihe von unterschiedlichen Regelungen des Schuldnerschutzes, mit deren Hilfe der Schuldner ihm drohende ungerechtfertigte Nachteile abwehren kann. Diese Möglichkeiten des Schuldners oder ihr Fehlen können für die Bewertung des Maßes der Verantwortung des RSB nur bei Kenntnis der konkreten Sachverhalte berücksichtigt werden.

(2) Auf die Verfahrensrügen des Klägers kommt es nicht an. Sie betreffen den Vortrag des Klägers zur Aufgabenteilung zwischen RSB und Gruppenleiter im allgemeinen und insbesondere bei Vollstreckungsmaßnahmen. Diese ist für die Entscheidung unerheblich. Die Alleinzuständigkeit des RSB für die Bearbeitung von Widersprüchen - abweichend von der vom Kläger selbst als zutreffend bezeichneten Arbeitsablaufbeschreibung - hat dieser nicht behauptet.

II. Damit ist die Revision des Klägers unbegründet. Denn weitere Ansprüche sind nicht Gegenstand der Revision. Bei dem Anspruch auf Vergütung kraft arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes handelt es sich im Verhältnis zu dem Anspruch auf tarifgerechte Eingruppierung um einen anderen Streitgegenstand (BAG 17. April 2002 - 5 AZR 400/00 - AP ZPO § 322 Nr. 34). Hinsichtlich dieses Anspruchs, dessen Bestehen das Landesarbeitsgericht verneint hat, ist dessen Urteil rechtskräftig, denn diesen Streitgegenstand verfolgt die Revision nicht weiter. Die Hilfsanträge des Berufungsrechtszugs - Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger eine Tätigkeit der VergGr. 8 zu übertragen, weiter hilfsweise festzustellen, dass er nach VergGr. 7 zu vergüten ist - sind ebenfalls nicht Gegenstand der Revision.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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