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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 11.02.2004
Aktenzeichen: 4 AZR 684/02
Rechtsgebiete: BAT-O, Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT-O/BL


Vorschriften:

BAT-O § 22
BAT-O § 23
Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT-O/BL VergGr. IIa Fallgr. 1a
Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT-O/BL VergGr. Ib Fallgr. 1a
1. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal eine einem bestimmten Beruf entsprechende Tätigkeit ("Normaltätigkeit") gefordert, sind die Ausbildungsinhalte dieses Berufs während des streitigen Anspruchszeitraums maßgebend. Sie bilden die Vergleichsgrundlage für die Prüfung, ob sich eine Tätigkeit durch "besondere Schwierigkeit" aus der "Normaltätigkeit" dieses Berufs heraushebt.

2. Für das Heraushebungsmerkmal der "Bedeutung" iSd. VergGr. Ib Fallgr. 1a des Allgemeinen Teils der Anlage 1a zum BAT kommt es auf die vom Angestellten auszuübende Tätigkeit und nicht auf den Aufgabenkreis der Behörde an, bei der der Angestellte tätig ist.


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

4 AZR 684/02

Verkündet am 11. Februar 2004

In Sachen

hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Schliemann, die Richter am Bundesarbeitsgericht Bott und Dr. Friedrich sowie die ehrenamtliche Richterin Redeker und den ehrenamtlichen Richter Umlandt für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 13. September 2002 - 3 Sa 900/01 - insoweit aufgehoben, als das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab 1. Januar 2000 Vergütung nach Vergütungsgruppe Ib BAT-O zu zahlen.

2. Auch insoweit wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 15. August 2001 - 16 Ca 7417/00 - zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die tarifgerechte Vergütung des Klägers.

Der am 1. Juli 1957 geborene Kläger hat an der Lomonossov Universität in Moskau Biologie studiert, dieses Studium mit dem Diplom erfolgreich abgeschlossen und wurde im Jahre 1985 promoviert. Er trat am 1. Juni 1995 in die Dienste des beklagten Freistaats. Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich nach einem undatierten Arbeitsvertrag, dessen § 5 zufolge das Arbeitsverhältnis sich nach dem "BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung" bestimmt. Der Kläger erhält Vergütung nach VergGr. IIa BAT-O/BL.

Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses war der Kläger im Kriminaltechnischen Institut (im Folgenden: KTI) des Landeskriminalamtes des Beklagten (im Folgenden: LKA) als Sachverständiger für Biologie eingesetzt. Zu den Aufgaben des Klägers gehört die Erstellung kriminaltechnischer Gutachten, die auf Grund serologischer Befunde die Zuordnung von Spurenmaterial zu einer Person erlauben. Zur Identifizierung von Personen als Spurenverursacher ist in der Kriminalanalytik neben der Daktyloskopie allein die Serologie/DNA-Analytik anerkannt. Im Gegensatz zur Daktyloskopie erlaubt die Serologie, den Grad der Übereinstimmung zwischen Spurenmaterial und Spurenquelle mit einem Zahlenwert anzugeben. Das Spurenmaterial, das den Gegenstand der Untersuchung bildet, stellt in der Regel ein Unikat dar und ist als solches nicht wiederherstellbar. Das zu analysierende Material ist seiner Menge nach unter Umständen sehr klein und nur als Mikrospur vorhanden. Abhängig von der Art des Spurenmaterials und von dessen Zustand setzt der Kläger verschiedene Untersuchungsmethoden ein, ua. die so genannte ELISA-Technik (ELISA = Enzyme Linked Immuno Sorbent Assay). Routinemäßig wendet er elf so genannte PCR-Systeme an. Bei so genannten Mischspuren differieren die einzelnen Merkmale nach Menge und Zustand. Das Auffinden aller Merkmale an der Spur und deren komplexe Beurteilung erfordern Kenntnisse auf den Gebieten der Physiologie, der Biochemie, der Immunologie, der Zytologie, der Molekularbiologie/Genetik sowie die Fähigkeit und Erfahrung, diese Kenntnisse interdisziplinär anzuwenden. Um den Untersuchungsgang festzulegen, muss der Kläger die forensischen Untersuchungen dem Inhalt nach und die zur Verfügung stehenden Einrichtungen kennen. Zieht der Kläger untergeordnete Hilfskräfte aus dem eigenen Fachbereich hinzu, hat er diese einzuweisen, anzuleiten und die von ihnen erarbeiteten Ergebnisse zu überprüfen. Der Kläger hat Gutachten, darunter auch Zweit- und Obergutachten, zu erstellen.

Mit dem Ziel, den geforderten Qualitätsstandard sowie einen hohen Beweiswert des Gutachtens zu sichern, geht der Kläger bei der Fertigung aufwendiger Gutachten (von den Parteien "Kreativgutachten" genannt) wie folgt vor:

- Sichtung des eingehenden Untersuchungsmaterials, ggf. Anordnung von Sofortmaßnahmen, die eine weitere Zerstörung des Untersuchungsmaterials unterbinden sollen (feuchte Proben, Schimmelbildung),

- Prüfung des konkreten Sachverhalts, Analyse der kriminaltechnisch relevanten Problemstellung, Zuteilung des Vorgangs zu einer MTA, Festlegung und Besprechung der Untersuchungsstrategie, Koordinierung mit anderen Fachbereichen,

- Auswertung aller DNA-Analysen,

- Festlegung der Strategie für weitere DNA-Analysen,

- Überwachung der Untersuchung, ggf. Änderung der Strategie, Besprechung der Untersuchungs-/Fallergebnisse mit der technischen Assistentin, Anweisung der weiteren Untersuchungsschritte,

- Sichtung der vorläufigen Endergebnisse, Entscheidung über Weiterführung (Anordnung weiterer Untersuchungen) bzw. über den Abschluss der Untersuchungen,

- Zusammenfassung der Ergebnisse in Form eines Gutachtens, Beantwortung der gestellten Untersuchungsfragen.

Nach einer vom LKA gefertigten Tätigkeitsbeschreibung vom 9. Februar 1996 entfallen ca. 60 % der Gesamttätigkeit des Klägers auf den "Arbeitsvorgang" Bearbeitung kriminaltechnischer Untersuchungsaufträge mit Tatortbesprechung auf den Gebieten Serologie/DNA-Analytik sowie ca. 5 % auf denjenigen der Gutachtenvertretung vor Gericht. Der Tätigkeitsbeschreibung zufolge, deren Zeitanteile die Summe von 102 % (!) ergeben, erfordert die Tätigkeit umfassende und vertiefte, theoretische und praktische Kenntnisse genomanalytischer Untersuchungsmethoden sowie der aktuellen Analysetechnik, der DNA-Analytik wie PCR und vertieftes praktisches Erfahrungswissen über die Spurenentstehung und Spurenuntersuchung von serologischen Spuren. Auf Grund dieser Tätigkeitsbeschreibung sah das LKA das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IIa Fallgr. 1b BAT-O/BL als erfüllt an.

Im Jahre 1997 bearbeitete der Kläger zusammen mit einem weiteren Sachverständigen des KTI 350 Untersuchungsaufträge, im Folgejahr deren 500.

Nach einer Tätigkeitsbeschreibung aus dem Jahre 1998, die das LKA auf der Grundlage der Arbeitsplatzaufzeichnungen des Klägers im Zeitraum vom 23. Juni bis zum 30. September 1997 erstellte, ist der Kläger ab dem 1. Juni 1995 zu ca. 70 % seiner Gesamtarbeitszeit mit der Begutachtung und Erstellung eines Behördengutachtens im Sinne des § 256 StPO unter Anwendung und Beherrschung wissenschaftlich anerkannter Methoden zur Untersuchung von serologischen Spuren wie Blut und Sekreten, zur Durchführung klassischer Blutgruppenbestimmungen und zur Anwendung der DNA-Analytik befasst. Diese Teiltätigkeit beinhaltet auch die Gutachtenvertretung vor Gericht.

Neben den in der Tätigkeitsbeschreibung vom 9. Februar 1996 genannten Kenntnissen sind nach dieser Tätigkeitsbeschreibung zum Teil Fachkenntnisse in Grundzügen hinsichtlich der Vorschriften des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung erforderlich. Abschließend kam das LKA zu dem Ergebnis, der Kläger sei in der VergGr. Ib BAT-O/BL eingruppiert.

In der Folgezeit wurden zunehmend routinemäßige Arbeiten wie die DNA-Isolation, die PCR-Analyse sowie die Vorbereitung und Beschickung des DNA-Sequenzierautomaten auf medizinisch-technische Assistenten übertragen mit der Folge, dass der Kläger überwiegend Untersuchungsaufträge im Bereich der so genannten Kreativanalytik bearbeitet. Bei dieser wird der instrumentell-analytische Fahrplan bei der Durchführung der Untersuchung erst schrittweise erschlossen. Dies geschieht bei aufwendigen Charakterisierungen und Deformulierungen unbekannter Werkstoffe, bei komplexen Vergesellschaftungen unterschiedlicher Materialien innerhalb einer Spur, sehr geringen Spurenmengen, Alterungserscheinungen und Degradationen des Spurenmaterials. Nach der Trennung des PCR-Gemisches durch den DNA-Analyse-Apparat bewertet der Kläger die Qualität der Analysedaten und ordnet sodann die DNA-Produkte bestimmten Identifizierungsgruppen zu.

Im Jahre 2000 betrugen die Aufwendungen für Verbrauchsmaterialien für DNA-Analytik 200.000 DM. Zudem wurden Geräte zum Gesamtpreis von 900.000 DM angeschafft. Einen Überblick über die Anzahl der Untersuchungsaufträge in Bezug auf die jeweiligen Delikte im Jahre 2000 gibt eine Aufstellung des Klägers aus dem Jahre 2001. Im Jahre 2001 bearbeitete der Kläger zusammen mit zwei weiteren Sachverständigen des KTI ca. 800 Untersuchungsaufträge.

Spätestens mit Schreiben vom 22. Juni 1999 verlangte der Kläger vergeblich vom Beklagten Vergütung nach VergGr. Ib BAT-O/BL. Mit seiner Klage hat er die Feststellung dieses Anspruchs nebst Rechtshängigkeitszinsen für die Zeit ab 1. Januar 1998 erstrebt.

Der Kläger hat geltend gemacht, er sei in der VergGr. Ib BAT-O/BL eingruppiert. Von seiner Gutachtertätigkeit, die ca. 85 % seiner Gesamtarbeitszeit ausmache, entfalle auf die Kreativanalytik ein Zeitanteil von 79 % und auf die Routineanalytik ein solcher von 6 %. Die Aufgabe sei wegen des auszuwertenden Spurenmaterials, das regelmäßig nur in geringen Mengen vorliege, besonders schwierig; sie verlange die Anwendung hochsensitiver Methoden und setze praktisches Erfahrungswissen von der Spurenentstehung sowie der Spurenuntersuchung voraus. Die besondere Schwierigkeit ergebe sich aus den fachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten, der Kompliziertheit der zu bearbeitenden Materie sowie aus der von dem gerichtlichen Sachverständigen über das übliche Maß hinausgehenden Sachkunde. Die Bedeutung seiner Tätigkeit folge nicht zuletzt aus der Natur der zu begutachtenden Fälle, die auf Grund ihrer Art und Schwere von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit seien und an deren Aufklärung die Allgemeinheit ein besonderes Interesse habe. Nicht aufgeklärte Fälle wirkten sich nachteilig auf das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung aus. Identifizierte Täter hätten vor Gericht in der Regel mit hohen Freiheitsstrafen zu rechnen, so dass ihn die "tiefe moralische Verpflichtung" treffe, das objektive Geschehen festzustellen. Die hohe Beweiskraft ("absoluter Beweiswert") des DNA-Gutachtens bedinge die besondere Verantwortung des Gutachters, dessen Arbeit dem Ziel diene, den Beweis für die Täterschaft einer Person zu erbringen oder einen unschuldig Verdächtigten zu entlasten. Dies gelte bereits für die polizeilichen Ermittlungen, welche die von ihm gefertigten Gutachten auslösen könnten, wie auch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, im Verlaufe dessen die Gutachten zur Begründung eines Haftbefehls und der Haftprüfung von Bedeutung seien. Die Erstellung von Gutachten stelle darüber hinaus eine enorme Wertschöpfung dar, da die Gutachtentätigkeit des KTI den Beklagten der Notwendigkeit enthebe, externe Gutachten einzuholen. Die Bedeutung der Tätigkeit belege schließlich das Interesse, das Spitzenpolitiker des beklagten Freistaats - der Ministerpräsident und der Innenminister - anlässlich dreier Besuche der Arbeit der Sachverständigen des DNA-Labors entgegengebracht hätten.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an ihn ab dem 1. Januar 1998 Vergütung nach der VergGr. Ib BAT-O/BL zuzüglich 4 % Zinsen auf die rückständigen Bruttodifferenzbeträge seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Ansicht, die Gutachtenerstellung bilde keinen einheitlichen Arbeitsvorgang. Dem Vortrag des Klägers lasse sich eine klare Abgrenzung zwischen den unterschiedlich schwierigen Untersuchungen und deren Zeitanteilen nicht entnehmen. Welche wissenschaftlichen Methoden der Kläger in welchem zeitlichen Umfange anwende, sei unklar. Die Tätigkeitsbeschreibung aus dem Jahre 1996 sei nicht mehr gültig. Die Tätigkeit des Klägers sei im Wesentlichen geprägt von naturwissenschaftlichen Untersuchungen im Fachgebiet Biologie. Eine beträchtliche gewichtige Heraushebung der Schwierigkeit der Tätigkeit habe der Kläger ebenso wenig dargelegt wie die besondere Bedeutung der Tätigkeit. Die Ausführungen des Klägers zu den Schwierigkeitsgraden seiner Tätigkeit seien unsubstantiiert und mit dem Begriff "Kreativanalytik" nicht ausreichend beschrieben. Im Übrigen bewege sich der Klägervortrag im Bereich der Wertungen, nicht hingegen im Bereich von Tatsachen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr für den Anspruchszeitraum ab 1. Januar 2000 stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der von dem Landesarbeitsgericht für ihn zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, das die Klage vollen Umfangs abgewiesen hat.

I. Die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der geforderten Vergütung. Denn seine Tätigkeit erfüllt auf der Grundlage seines Vortrags nicht die Anforderungen der VergGr. Ib Fallgr. 1a der Anlage 1a zum BAT-O/BL.

1. Auf das Arbeitsverhältnis finden nach § 5 des undatierten Arbeitsvertrages der Parteien die Bestimmungen des "BAT-O ... in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder geltenden Fassung" - gemeint ist die BL-Fassung des BAT-O - Anwendung.

Der Klage kann daher nur stattgegeben werden, wenn mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge die Anforderungen der Fallgr. 1a der VergGr. Ib BAT-O/BL erfüllt (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT-O/BL).

2. Die Tarifnormen des Teils I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT-O/BL, auf die der Kläger seine Klage stützt, lauten:

"VergGr. Ib

1a. Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IIa Fallgruppe 1a heraushebt.

VergGr. IIa

1a. Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben."

Die Protokollnotiz Nr. 1 zu beiden Tätigkeitsmerkmalen und das Hinweiszeichen auf den allgemeinen Bewährungsaufstieg bei dem zitierten Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IIa sind für den Rechtsstreit nicht von Bedeutung.

3. Es kann dahinstehen, aus welchen Arbeitsvorgängen die Tätigkeit des Klägers besteht. Denn ihm steht nach seinem Vortrag bei jedem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge kein Anspruch auf die geforderte Vergütung zu. Die von ihm zur Begründung des Klageanspruchs allein angeführte Tätigkeit des Klägers im Bereich der Kreativanalytik, die nach seiner Behauptung 79 % seiner Gesamtarbeitszeit ausfüllen soll, entspricht nicht den Anforderungen der VergGr. Ib.

a) Das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Ib Fallgr. 1a baut auf demjenigen der VergGr. IIa Fallgr. 1a auf. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist bei einem auf eine Aufbaufallgruppe gestützten Vergütungsanspruch vom Gericht zunächst zu prüfen, ob der Kläger die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt (zB 16. Oktober 2002 - 4 AZR 579/01 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 294 mwN). Hierbei genügt bei einer in ihrer rechtlichen Erfüllung nicht streitigen Ausgangsfallgruppe eine pauschale rechtliche Überprüfung, wenn die diesbezüglichen Tatsachen unstreitig sind (zB 20. Juni 2001 - 4 AZR 288/00 - ZTR 2002, 178).

Auf diese Pauschalprüfung hat sich das Landesarbeitsgericht der Sache nach mit Recht beschränkt. Danach sind die Anforderungen der Ausgangsfallgr. 1a der VergGr. IIa erfüllt. Denn der Kläger, der sein Studium der Biologie an der Moskauer Lomonossov Universität mit dem akademischen Grad "Diplombiologe" beendete, übte im streitgegenständlichen Zeitraum als Sachverständiger für Biologie eine seiner Hochschulbildung entsprechende Tätigkeit auf dem Gebiet der Serologie/DNA-Analytik aus. Die Parteien sehen durch die Tätigkeit des Klägers auch übereinstimmend die Anforderungen der VergGr. IIa Fallgr. 1a als erfüllt an. Dementsprechend wird der Kläger seit 1995 nach VergGr. IIa vergütet.

b) Die Tätigkeit des Klägers hebt sich jedoch nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung iSd. VergGr. Ib Fallgr. 1a aus der VergGr. IIa Fallgr. 1a heraus. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt. Es hat mit äußerst knapper Begründung ausgeführt, die besondere Schwierigkeit bestehe "... in der Notwendigkeit eingehender molekularbiologischer Kenntnisse ..., wie sie erst durch eine auf dem Biologiestudium aufbauende zusätzliche Qualifizierung erworben ..." würden. Zudem sei auch deshalb von einer besonderen Schwierigkeit auszugehen, weil "in jedem Falle eines Gutachtenauftrages erst die kriminaltechnisch relevante Problemstellung ermittelt und, jeweils bezogen auf das 'diffuse' Untersuchungsmaterial, eine Untersuchungsstrategie erst festgelegt werden" müsse. Von der Art und dem Ablauf der Untersuchungen hänge es ab, ob überhaupt und welche Spuren festgestellt werden könnten. Hierzu bedürfe es besonderer Kenntnisse und Erfahrungen kriminaltechnischer Art. Gerade die Unbestimmtheit dessen, was und mit welchem Ziel untersucht werden solle, weise auf eine besondere Schwierigkeit hin. Diese hebe sich aus Akademikeraufgaben der VergGr. IIa, die notwendigerweise selbst bereits eine gewisse Schwierigkeit beinhalteten, gewichtig heraus. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Erfüllung des Heraushebungsmerkmals der Bedeutung beschränken sich auf den Satz, "die besondere Bedeutung der Tätigkeit" ergebe "sich daraus, dass sie die Aufklärung von Kapitalverbrechen mit beeinflusst und damit erhebliche Auswirkungen sowohl auf den internen Dienstbetrieb der Strafverfolgungsbehörden wie auf die Allgemeinheit hat".

c) Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

aa) Bei den Heraushebungsmerkmalen der "besonderen Schwierigkeit" und der "Bedeutung" in VergGr. Ib Fallgr. 1a handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Bei der Anwendung eines solchen unbestimmten Rechtsbegriffs ist den Tatsachengerichten ein Beurteilungsspielraum eröffnet. Insoweit ist daher die revisionsrechtliche Überprüfung darauf beschränkt, ob das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm bei seiner Anwendung Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob es alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. zB Senat 16. Oktober 2002 - 4 AZR 579/01 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 294 mwN).

bb) Das Landesarbeitsgericht ist zwar im Wesentlichen vom zutreffenden Verständnis der beiden vorgenannten unbestimmten Rechtsbegriffe ausgegangen, hat diese jedoch bei deren Anwendung nicht beibehalten.

(1) Die tarifliche Anforderungskombination der "besonderen Schwierigkeit" bezieht sich nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auf die fachliche Qualifikation des Angestellten, also auf sein fachliches Können und auf seine fachliche Erfahrung. Sie verlangt, dass sich die Tätigkeit des Angestellten hinsichtlich der fachlichen Anforderungen in beträchtlicher, gewichtiger Weise von denjenigen der niedrigeren Vergütungsgruppe abhebt. Wird dort in dem einschlägigen Tätigkeitsmerkmal eine einem bestimmten Beruf entsprechende Tätigkeit ("Normaltätigkeit") gefordert, sind die Ausbildungsinhalte dieses Berufs während des streitigen Anspruchszeitraums maßgebend. Die erhöhte Qualifizierung im Vergleich zur "Normaltätigkeit" dieses Berufs kann sich im Einzelfall aus der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, etwa Spezialkenntnissen (zB 20. September 1995 - 4 AZR 413/94 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 205; 8. September 1999 - 4 AZR 609/98 - BAGE 92, 266 = AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 270). Für die Darlegung dieser anspruchsbegründenden Anforderungen, die im Eingruppierungsrechtsstreit regelmäßig dem Kläger obliegt (zB 8. September 1999 - 4 AZR 609/98 - aaO), ist ein wertender Vergleich zwischen der Grundtätigkeit und der herausgehobenen Tätigkeit erforderlich. Es ist daher nicht ausreichend, dass der Kläger seine eigene Tätigkeit im Einzelnen darstellt, sondern er muss darüber hinaus Tatsachen darlegen, die den erforderlichen Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten ermöglichen (20. Oktober 1993 - 4 AZR 47/93 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 173; 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - ZTR 2002, 178).

Diese Darlegung hat der Kläger vermissen lassen. Dies hat das Landesarbeitsgericht, das den erforderlichen wertenden Vergleich demzufolge ebenfalls nicht nachvollziehbar vorgenommen hat, verkannt. Dessen Feststellung, der Kläger benötige für seine Tätigkeit molekularbiologische Spezialkenntnisse, wie sie erst durch eine auf dem Biologiestudium aufbauende zusätzliche Qualifizierung erworben werden, stellt allenfalls das Ergebnis eines Vergleiches dar, ohne dass die zueinander in Beziehung zu setzenden Elemente - die mikrobiologischen Kenntnisse eines Diplombiologen der VergGr. IIa Fallgr. 1a einerseits und die für seine Gutachtertätigkeit auf dem Gebiet der Kreativanalytik benötigten mikrobiologischen Kenntnisse des Klägers andererseits - benannt worden sind. Dies gilt auch für die vom Landesarbeitsgericht mitberücksichtigten "Kenntnisse und Erfahrungen kriminaltechnischer Art".

Der erforderliche wertende Vergleich hätte zunächst die Darlegung der Lehrinhalte im Studiengang Biologie im Fach Genetik und der darin vermittelten gentechnischen Methoden und Techniken, insbesondere der DNA-Analyse erfordert. Diesbezüglich weisen zahlreiche Studienpläne und Prüfungsordnungen der Hochschulen aus den letzten zehn Jahren aus, dass DNA-Isolierung und Analyse bereits Lehrinhalt im Grundstudium und erst recht vertieft im Hauptstudium des Studiengangs Biologie sind. Beispielhaft sei hier zunächst einmal die Studienordnung für den Diplomstudiengang Biologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München vom 23. August 1994 angeführt, bei der im "Anhang I - Ziele und Inhalte der Veranstaltungen des Grundstudiums" ein "Genetisches Praktikum" aufgeführt ist, in dem im zweiten Teil ua. "Prinzipien der molekularen Analyse verdeutlicht (zB DNA-Isolierung, ...)" werden. Als weiteres Beispiel seien die Lehrangebote des Instituts für Molekulare Physiologie und Biotechnologie der Universität Rostock angeführt. Dieses bietet im "Studiengang Biologie Diplom Hauptstudium ab 5. Semester" zahlreiche Praktika zu Methoden und Anwendungen der Gentechnik mit verschiedenen Schwerpunkten an, in denen an gentechnischen Methoden ua. DNA-Isolation, Restriktion von DNA, DNA-Markierung, DNA-Klonierung und - vom Kläger zur Begründung der "besonderen Schwierigkeit" seiner Gutachtertätigkeit auf dem Gebiet der Kreativanalytik in den Vordergrund gestellt - DNA-Sequenzierung vermittelt werden.

Angesichts des Umstandes, dass die Genetik, wie vorstehend dargelegt, den Gegenstand eines Hochschulstudiums der Biologie bildet, hätte der Kläger daher zum einen vortragen müssen, welche mikrobiologischen Kenntnisse auf diesem Gebiet einem Biologen in seinem Studium vermittelt werden und welche - im Einzelnen präzise beschriebenen - darüber hinausgehenden Kenntnisse der Biologie oder anderer Fächer er bei der Erledigung seiner Aufgaben benötigt. Nicht ausreichend ist sein Vortrag, er benötige "Spezialkenntnisse, die in einem Normalstudium der Biologie nur relativ oberflächlich vermittelt würden". Gleiches gilt für den pauschalen Vortrag des Klägers, er müsse Kenntnisse auf dem Gebiet der Physiologie, der Biochemie, der Immunologie, der Zytologie und der Molekularbiologie/Genetik interdisziplinär anwenden. Ohne eine Konkretisierung der einzelnen Kenntnisse in Bezug auf die einzelnen Arbeitsschritte genügen diese Ausführungen den Darlegungsanforderungen nicht. Denn möglicherweise orientiert sich der Kläger an den konkreten Ausbildungsinhalten seines eigenen Studiums in der ersten Hälfte der achtziger Jahre und blendet deren Weiterentwicklung auf den für die Tätigkeitsmerkmale maßgebenden aktuellen Stand aus.

(2) Hinsichtlich des Heraushebungsmerkmals der "Bedeutung" in VergGr. Ib Fallgr. 1a gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.

Auch hier geht das Landesarbeitsgericht von dem zutreffenden Verständnis des Tarifbegriffs der "Bedeutung" aus. Für diesen kommt es darauf an, dass die Auswirkungen der Tätigkeit - gemessen an denjenigen der VergGr. IIa Fallgr. 1a - deutlich wahrnehmbar bedeutungsvoller sind. So kann sich die Bedeutung der Tätigkeit beispielsweise aus der Größe des Aufgabengebietes sowie aus der Tragweite der Tätigkeit für den innerdienstlichen Bereich und für die Allgemeinheit ergeben (zB Senat 16. Oktober 2002 - 4 AZR 579/01 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 294). Entscheidend für die Eingruppierung eines Angestellten ist die von ihm auszuübende Tätigkeit, nicht der Aufgabenkreis der Behörde (vgl. 7. Dezember 1977 - 4 AZR 399/76 - BAGE 29, 416 = AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 3).

Den wertenden Vergleich nach diesem Maßstab haben weder der Kläger noch das Landesarbeitsgericht vorgenommen. Der Umstand, dass das Ergebnis eines vom Kläger erstellten Gutachtens im Einzelfall für die Aufklärung einer Straftat entscheidend sein kann, besagt nicht, dass sich seine diesbezügliche Tätigkeit hinsichtlich ihrer Bedeutung aus der im Allgemeinen schon sehr bedeutsamen Tätigkeit eines entsprechend beschäftigten Angestellten mit Hochschulbildung iSd. VergGr. II a Fallgr. 1a heraushebt. Denn über Schuld oder Nichtschuld in einem Strafverfahren können je nach Lage des Einzelfalles andere Beweise - etwa ein Fingerabdruck, ein Reifenabdruck oder eine Fußspur - entscheiden, für deren Auswertung eine Hochschulbildung nicht benötigt wird. Mit dieser für das Heraushebungsmerkmal der Bedeutung in VergGr. I b Fallgr. 1a unzutreffenden Vergleichsbetrachtung kann der Anspruch auf Vergütung nach der vorgenannten Vergütungsgruppe nicht mit Erfolg begründet werden.

Für einen wertenden Vergleich der Bedeutung der von ihm selbst ausgeübten Tätigkeit mit derjenigen der Grundvergütungsgruppe des Angestellten mit Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit der VergGr. IIa Fallgr. 1a hingegen fehlt es auch sonst an schlüssigem Sachvortrag des Klägers. Der Umstand, dass das LKA im Bereich der DNA-Analytik für Verbrauchsmaterialien jährliche Aufwendungen in Höhe von 200.000 DM tätigt, begründet die (herausgehobene) Bedeutung der Tätigkeit des Klägers ebenso wenig wie der Umstand, dass das LKA Geräte zu einem Gesamtpreis von 900.000 DM angeschafft hat. Der Kläger entscheidet nicht über die Zuweisung der finanziellen Mittel der Behörde; die Entscheidung über das Ob und das Wie des Einsatzes von der Behörde bewilligten finanziellen Mitteln trifft allein die Behördenleitung. Die Aufmerksamkeit, die Spitzenpolitiker dem KTI im Allgemeinen und dessen DNA-Abteilung, insbesondere in Form von drei Besuchen, haben zukommen lassen, besagt nichts für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der (herausgehobenen) Bedeutung in VergGr. Ib Fallgr. 1a durch den Kläger. Denn politische Aufmerksamkeit können auch Tätigkeiten im öffentlichen Dienst auf sich ziehen, für die es auf das Tatbestandsmerkmal ihrer Bedeutung im eingruppierungsrechtlichen Sinne nicht ankommt. Die Gründe für ein solches Interesse können sehr unterschiedlich sein.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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