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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 26.09.2002
Aktenzeichen: 5 AZB 15/02
Rechtsgebiete: GVG, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

GVG § 17 a Abs. 4
ZPO § 574
ZPO § 575
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 5
Die Beschwerde nach § 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG an den obersten Gerichtshof des Bundes ist seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S 1887) am 1. Januar 2002 eine Rechtsbeschwerde iSv. §§ 574 ff. ZPO nF.
BUNDESARBEITSGERICHT BESCHLUSS

5 AZB 15/02

In Sachen

hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts am 26. September 2002 beschlossen:

Tenor:

1. Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Köln vom 4. März 2002 - 6 Ta 23/02 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 18.406,51 Euro festgesetzt.

Gründe:

A. Die Parteien streiten über Versorgungsansprüche und hierbei vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs.

Die am 4. April 1915 geborene Klägerin wurde unmittelbar nach Eheschließung in der seit 1935 von ihrem Ehemann als Alleininhaber gegründeten P Strickwarenfabrik in N als Arbeitnehmerin ganztägig tätig. Im Jahre 1956 gründete der Ehemann der Klägerin mit seinen drei noch minderjährigen Kindern die P Strickwaren KG. In § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags vom 27. März 1956 heißt es:

"Auf den Tod des persönlich haftenden Gesellschafters P T erhält Frau T, eine lebenslängliche bzw. bis zur Wiederverheiratung zahlbare, über Unkosten zu verbuchende Witwenpension in Höhe von monatlich 500,00 DM."

Die Klägerin arbeitete über den Tod ihres Ehemanns im Jahre 1971 hinaus in dem Unternehmen bis mindestens zum 31. Dezember 1975.

Nach dem Ableben des Ehemannes der Klägerin wurde durch Beschluß der Gesellschafter vom 20. Juli 1971 die Witwenpension der Klägerin in Abänderung von § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags vom 27. März 1956 auf 1.500,00 DM festgesetzt. Die Witwenrente sollte erstmals mit dem auf den Todesmonat folgenden Monat fällig sein. Mit weiterem Beschluß vom 4. Dezember 1985 wurde die Witwenrente mit Wirkung vom 1. Januar 1986 auf 3.000,00 DM erhöht. Diesen Betrag erhielt die Klägerin bis März 1996. Seit Anfang 1995 leistete die Firma "K", die mit dem Ausscheiden der beiden Kommanditistinnen und der Weiterführung des Unternehmens durch einen Sohn der Klägerin entstanden war, die Witwenpension. Für dieses Unternehmen wurde von dem beklagten Pensions-Sicherungsverein der Sicherungsfall der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit bei offensichtlicher Masselosigkeit auf den 1. Oktober 1997 festgestellt.

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung auf Zahlung der Witwenpension in Anspruch. Der Beklagte hat die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen gerügt und die Auffassung vertreten, die Klägerin mache als Witwe eines Nichtarbeitnehmers letztlich einen Anspruch aus dem Gesellschaftsvertrag geltend. Für eine solche Klage seien die ordentlichen Gerichte zuständig.

Das Arbeitsgericht hat sich für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Landgericht Köln verwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen unzulässig ist, und die weitere sofortige Beschwerde zugelassen. Der Beschluß des Landesarbeitsgerichts vom 4. März 2002 ist der Klägerin am 8. April 2002 zugestellt worden. In der Rechtsmittelbelehrung heißt es:

"Gegen diesen Beschluß kann von der Klägerin weitere sofortige Beschwerde eingelegt werden. Die Beschwerde muß innerhalb einer Notfrist (eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden) von zwei Wochen nach der Zustellung dieses Beschlusses schriftlich beim Bundesarbeitsgericht,

Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, oder bei dem Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln, eingelegt werden."

Mit einem beim Bundesarbeitsgericht am 17. April 2002 eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin weitere sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts eingelegt und diese mit einem am 30. Mai 2002 eingegangenen Schriftsatz begründet.

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.

I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.

1. Bei der nach § 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Beschwerde handelt es sich seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S 1887) am 1. Januar 2002 um eine Rechtsbeschwerde iSd. §§ 574 ff. ZPO (ebenso Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 4. Aufl. § 48 Rn. 96; Thomas/Putzo ZPO 24. Aufl. § 17 a GVG Rn. 20). Diese ist gemäß § 575 Abs. 1 ZPO binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses einzulegen und gem. § 575 Abs. 2 ZPO, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung zu begründen. Die Klägerin hat mit ihrer am 17. April 2002 eingelegten Beschwerde zwar die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gewahrt. Ihre Beschwerdebegründung vom 30. Mai 2002 ist jedoch nicht binnen Monatsfrist nach Zustellung der Entscheidung am 8. April 2002 eingegangen.

2. Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist gleichwohl zulässig. Denn die Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Entscheidung ist unrichtig. Die Rechtsmittelbelehrung entspricht nicht der geänderten Rechtslage, dh. den Anforderungen des § 575 Abs. 1 und 2 ZPO. Die Klägerin ist vielmehr auf die Möglichkeit einer weiteren sofortigen Beschwerde hingewiesen worden, die innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses einzulegen sei. Wegen dieser unrichtigen Belehrung beträgt die Beschwerdefrist gem. § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG ein Jahr seit Zustellung der Entscheidung. Diese Frist hat die Klägerin gewahrt, denn in der Beschwerdebegründung liegt die erneute Einlegung einer Rechtsbeschwerde mit gleichzeitiger Begründung. Damit ist auch die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gewahrt.

II. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig. Dies hat das Landesarbeitsgericht mit zutreffender Begründung erkannt.

1. Im Streitfall kommt für die geltend gemachten Versorgungsansprüche eine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nur nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG in Betracht. Danach sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder deren Hinterbliebenen und dem Träger der Insolvenzsicherung über Ansprüche auf Leistungen der Insolvenzsicherung nach dem Vierten Abschnitt des Ersten Teils des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung.

2. Der geltend gemachte Versorgungsanspruch beruht nicht auf dem Arbeitsverhältnis der Klägerin zur P Strickwaren KG.

a) Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß die der Klägerin zugesagte Witwenpension anders als die sonstigen Versorgungszusagen der Arbeitnehmer der P Strickwaren KG nicht als Altersversorgung für den Fall des Erreichens des 65. Lebensjahres oder als Invaliden- oder Hinterbliebenenversorgung ausgestaltet war. Der Versorgungsanspruch der Klägerin war nicht vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses abhängig, mag ein solches auch bestanden haben. Er entstand vielmehr mit dem Tod ihres Ehegatten, des persönlich haftenden Gesellschafters P T.

Mit der Versorgungszusage im Gesellschaftsvertrag vom 27. März 1956 sind die Gesellschafter der P Strickwaren KG, nämlich der Ehemann der Klägerin und die gemeinsamen Kinder, gegenüber der Klägerin als Ehegattin und Mutter eine besondere Unterhaltsverpflichtung für die Zeit nach Ableben des Ehemannes eingegangen, die aus dem Vermögen der Gesellschaft erfüllt werden sollte. Daß damit kein arbeitsvertraglicher Anspruch begründet worden ist, zeigt sich deutlich in der zeitlichen Begrenzung des Versorgungsanspruchs bis zur etwaigen "Wiederverheiratung" der Klägerin sowie in der Abhängigkeit des Anspruchs vom Ableben des Ehegatten. Nur diese, mit dem behaupteten Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht in Zusammenhang stehenden Voraussetzungen sind für das Entstehen und Fortbestehen des Versorgungsanspruchs maßgebend.

b) Einen Versorgungsanspruch als Hinterbliebene eines Arbeitnehmers der P Strickwaren KG macht die Klägerin nicht geltend. Sie stützt ihr Verlangen vielmehr ausdrücklich auf § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags vom 27. März 1956, wonach sie nach dem Ableben ihres Ehemannes, der persönlich haftender Gesellschafter war, eine Witwenpension verlangen kann. Selbst wenn man hieraus eine Haftung des Beklagten nach § 7 Abs. 1 iVm. § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG herleiten wollte, wären hierfür im übrigen nicht die Gerichte für Arbeitssachen, sondern die ordentlichen Gerichte zuständig (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 4. Aufl. § 2 Rn. 96).

III. Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Ende der Entscheidung

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