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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 13.04.2005
Aktenzeichen: 5 AZR 475/04
Rechtsgebiete: Hamburger Feiertagsgesetz vom 16. Oktober 1953, TV zwischen der Stilke Buch- und Zeitschriftenhandelsgesellschaft mbH und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di e.V. vom 22. Januar 2002


Vorschriften:

Hamburger Feiertagsgesetz vom 16. Oktober 1953 § 1
TV zwischen der Stilke Buch- und Zeitschriftenhandelsgesellschaft mbH und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di e.V. vom 22. Januar 2002
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

5 AZR 475/04

Verkündet am 13. April 2005

In Sachen

hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Beratung vom 13. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Müller-Glöge, die Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch und Dr. Linck sowie die ehrenamtlichen Richter Feldmeier und Rehwald für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 4. August 2004 - 5 Sa 33/04 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe eines Zuschlags für Arbeit am Pfingstsonntag.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Buchhändler in einem Hamburger Betrieb beschäftigt. Die Beklagte vertreibt Bücher und Zeitschriften. Ihre Ladengeschäfte befinden sich insbesondere im Norddeutschen Raum, zudem in Nordrhein-Westfalen und Hessen. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der von der Beklagten mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di e.V. abgeschlossene Tarifvertrag vom 22. Januar 2002 (TV) Anwendung. Dieser regelt ua. Folgendes:

"§ 1 Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt für alle Beschäftigten der Stilke Buch- und Zeitschriftenhandelsgesellschaft mbH.

Der räumliche Geltungsbereich bezieht sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

§ 2 Geltung der Flächentarifverträge des Einzelhandels

1. Soweit in §§ 3 ff nichts Abweichendes vereinbart ist, gelten die Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels in der jeweils gültigen Fassung.

2. Im folgenden werden diese Tarifverträge so modifiziert, dass sie den Besonderheiten des Geschäftsbetriebs der Stilke Buch- und Zeitschriftenhandelsgesellschaft mbH Rechnung tragen.

...

§ 6 Zuschläge

1.a) Für Arbeitszeiten zwischen 20:00 und 06:00 Uhr wird ein Zuschlag von 15 % gezahlt.

Ab 01.01.2007 beträgt der Zuschlag 20 %.

b) Für die Arbeit an Sonntagen wird ein Zuschlag von 40 % gezahlt.

c) Für Arbeitszeiten an den derzeit bundesweit 11 gesetzlichen Feiertagen wird ein Zuschlag von 120 % gezahlt.

2. Mehrarbeitszuschläge betragen bei Überschreiten der 40. Wochenstunde 25 %, bei Überschreiten der 46. Wochenstunde 50 %.

Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Manteltarifvertrages.

...

§ 10 Übergangsregelungen und Schlussbestimmungen

...

Ziffer 3

Derzeit ist die Stilke Buch- und Zeitschriftenhandelsgesellschaft mbH insbesondere im Norddeutschen Raum vertreten. Aus diesem Grunde haben die Tarifvertragsparteien die teilweise Anwendung des Tarifvertrages für den Hamburger Einzelhandel vereinbart und zur Grundlage dieser haustarifvertraglichen Regelung gemacht. Zum 31.12.2005 wird geprüft, ob dieser Tarifvertrag so fortentwickelt werden kann, dass die jeweiligen regionalen Tarifverträge Grundlage dieser haustariflichen Regelung werden. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass in den einzelnen Tarifbezirken mehr als 100 Arbeitnehmerinnen beschäftigt sind."

Zuvor galt der Haustarifvertrag vom 27. November 1997, der ua. folgende Regelung enthielt:

"§ 5 Feiertags-, Nacht- und Sonntagsarbeit

1. Für Arbeitsstunden an gesetzlichen Feiertagen ist ein Zuschlag von 150 % zu gewähren."

Der Kläger arbeitete am 8. Juni 2003 (Pfingstsonntag) sieben Stunden. Die Beklagte zahlte hierfür den Sonntagszuschlag von 40 %. Mit seiner Klage macht der Kläger die Differenz zu dem 120 %igen Feiertagszuschlag in der unstreitigen Höhe von 67,53 Euro geltend.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach § 6 Nr. 1c) TV sei für Arbeit am Pfingstsonntag der Feiertagszuschlag von 120 % zu zahlen. Für die überwiegend in Hamburg Beschäftigten sollten zwei zusätzliche Feiertage anerkannt werden. Da es bundesweit nur neun gesetzliche Feiertage gebe, hätten die Tarifvertragsparteien den Ostersonntag und den Pfingstsonntag mit einschließen wollen. Es sei eine Vereinheitlichung und Vereinfachung verbunden mit einem Ausgleich für die Verringerung des Zuschlags um 30 Prozentpunkte bezweckt gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 67,53 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2003 zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Tarifvertrag stelle eindeutig auf gesetzliche Feiertage ab. Es sei nicht beabsichtigt gewesen, zwei zusätzliche Feiertage zu schaffen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet.

I. Der Kläger kann keinen Feiertagszuschlag verlangen.

1. § 6 Nr. 1c) TV begründet den Anspruch nur für Arbeitszeiten an gesetzlichen Feiertagen. Dieser Wortlaut ist eindeutig. Die Bestimmung nimmt Bezug auf die Feiertagsgesetze der Länder. Der Pfingstsonntag ist weder in Hamburg noch in irgendeinem anderen Bundesland gesetzlicher Feiertag.

2. Aus der Formulierung "an den derzeit bundesweit 11 gesetzlichen Feiertagen" kommt kein anderes Regelungsziel des Tarifvertrags zum Ausdruck.

a) Der TV stellt nicht auf "bundesweite Feiertage" im Sinne einer bundesweit einheitlichen Geltung ab, denn es gibt nur neun derartige bundesweite Feiertage (Neujahr, Karfreitag, Ostermontag, 1. Mai, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, 3. Oktober, 1. und 2. Weihnachtsfeiertag). Es ist kaum anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien diese Zahl nicht gekannt haben. Sie haben auch nicht den gängigen und eindeutigen Begriff "bundeseinheitlich" gebraucht. Das einschränkende Erfordernis einer bundeseinheitlichen Geltung würde keinen Sinn ergeben, die Regelung liefe teilweise leer. Zudem kommt der Wille, zusätzlich zu den bundeseinheitlichen Feiertagen zwei weitere Tage einzubeziehen, nicht zum Ausdruck. Erst recht bleibt völlig offen, welche (Feier)Tage das ggf. wären. Für einen Anspruch auf Feiertagszuschlag gerade am Pfingstsonntag ergibt sich jedenfalls nichts.

b) Für den Zuschlag in Betracht kommen alle gesetzlichen Feiertage, die in der Bundesrepublik ("bundesweit") überhaupt bestehen. Allerdings gibt es in diesem Sinne bundesweit nicht elf, sondern fünfzehn bzw. sechzehn gesetzliche Feiertage, nämlich zusätzlich zu den oben genannten noch Heilige Drei Könige, Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt, Reformationstag, Allerheiligen, Buß- und Bettag sowie für den Stadtkreis Augsburg das Friedensfest. Tarifliche Feiertagszuschläge knüpfen grundsätzlich an die gesetzlichen Feiertage am Beschäftigungsort an; abweichende Regelungen müssen ausreichend deutlich erkennbar sein.

c) Die Zahl "elf" erschließt sich aus dem Zusammenhang der tariflichen Regelung. Der räumliche Geltungsbereich des TV erstreckt sich zwar auf die gesamte Bundesrepublik Deutschland (§ 1 TV). Die Beklagte ist aber "derzeit ... insbesondere im Norddeutschen Raum vertreten" (§ 10 Ziff. 3 TV). Außerdem hat sie Betriebe in Nordrhein-Westfalen und Hessen. Das legt die Annahme nahe, aus der Sicht der Tarifvertragsparteien gehe es unter Zugrundelegung des faktischen Geltungsbereichs des Tarifvertrags "derzeit" bundesweit um elf gesetzliche Feiertage; denn in Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein gibt es nur die bundeseinheitlichen neun Feiertage, zu denen noch Fronleichnam (in Nordrhein-Westfalen und Hessen) und Allerheiligen (in Nordrhein-Westfalen) hinzutreten. Kommen derzeit bundesweit weitere gesetzliche Feiertage nicht in Betracht, erklärt das zwanglos die Nennung der Zahl elf. Hätten die Tarifvertragsparteien alle Bundesländer im Blick gehabt, hätten sie präzisieren müssen, welche Feiertage ggf. von der Zuschlagszahlung ausgenommen werden sollen. Unter den gegebenen Umständen war weder dies noch eine Benennung von zwei weiteren "Feiertagen" erforderlich. Immerhin handelt es sich um eine Modifikation der Tarifverträge des Hamburger Einzelhandels entsprechend § 2 TV. Bei diesem Verständnis von § 6 Nr. 1c) TV liegt nicht der vom Kläger angenommene Widerspruch in sich selbst vor. Vielmehr setzt der Zuschlag folgerichtig Arbeit an einem gesetzlichen Feiertag am Beschäftigungsort voraus. Für einen Anspruch am Pfingstsonntag bleibt kein Raum.

3. Für die vom Kläger behauptete Zielsetzung des TV bieten dessen Normen keinen Anhaltspunkt. An keiner Stelle lässt sich erkennen, dass die Tarifvertragsparteien einen Ausgleich für die Verringerung der Höhe des Zuschlags schaffen wollten. Der TV hätte bestimmte Tage einschließlich bestimmter Sonntage einbeziehen können. Das ist nicht geschehen. Für die Einräumung eines Leistungsbestimmungsrechts an den Arbeitgeber besteht keinerlei Anhalt. Das Ziel einer Vereinheitlichung in den Bundesländern auf dem Niveau von elf gesetzlichen Feiertagen kommt ebenfalls nicht zum Ausdruck. ZB kann nicht angenommen werden, in Hamburg müssten für Fronleichnam und Allerheiligen Feiertagszuschläge gezahlt werden. Andere Tage, die nicht gesetzliche Feiertage sind, kommen von vornherein nicht in Betracht. Mit Bestimmungen wie § 6 Nr. 1c) TV lassen sich die unterschiedlichen landesgesetzlichen Feiertagsregelungen nicht ausgleichen.

4. Die Verfahrensrüge des Klägers ist unbegründet. Da sich aus den Normen des TV kein Anhaltspunkt für eine Begünstigung der Arbeit am Pfingstsonntag ergibt und ein entsprechender Zweck im TV keinen Niederschlag gefunden hat, hat das Landesarbeitsgericht den angeblichen Willen der Verhandlungsführer der Tarifvertragsparteien zu Recht unberücksichtigt gelassen (vgl. nur BAG 16. Juni 1998 - 5 AZR 67/97 - BAGE 89, 95, 101 f.; 16. Juni 1998 - 5 AZR 728/97 - BAGE 89, 119, 122 f.).

II. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

Ende der Entscheidung

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