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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 13.03.2008
Aktenzeichen: 6 AZR 294/07
Rechtsgebiete: BAT, EStG


Vorschriften:

BAT § 29 Abschnitt B
EStG § 70
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

6 AZR 294/07

Verkündet am 13. März 2008

In Sachen

hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Beratung vom 13. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Linck, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Laux sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Beus und die ehrenamtliche Richterin Jerchel für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2007 - 12 Sa 306/07 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung des kinderbezogenen Anteils im Ortszuschlag für die Zeit vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Dezember 2003.

Der Kläger ist bei der beklagten Stadt als Angestellter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand im streitgegenständlichen Zeitraum der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung.

Der Kläger war verheiratet. Aus seiner Ehe gingen zwei Töchter, die am 2. Dezember 1986 geborene P und die am 29. Juli 1989 geborene C, hervor. Nach der im Jahre 1995 erfolgten Scheidung lebten die Töchter zunächst im Haushalt ihrer Mutter. Zum 1. November 1999 wurden sie in den Haushalt von Pflegeeltern aufgenommen. Der Pflegevater ist Beamter des Landes Nordrhein-Westfalen.

In der Zeit vom 1. November 1999 bis zum 31. Mai 2003 bezog der Pflegevater für die Töchter des Klägers jeweils Kindergeld und einen entsprechend erhöhten Familienzuschlag. Der Kläger bezog in dieser Zeit ebenfalls für beide Töchter Kindergeld sowie zusätzlich zum Gehalt den Ortszuschlag Stufe 4.

Als der Beklagten bekannt wurde, dass die Kinder des Klägers bei Pflegeeltern untergebracht sind und der Pflegevater für die Kinder des Klägers Kindergeld und den erhöhten Familienzuschlag erhielt, machte sie gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 5. Juni 2003 für den Zeitraum vom 1. November 1999 bis zum 31. Mai 2003 hinsichtlich der Kinderanteile im Ortszuschlag eine Überzahlung geltend und kündigte gleichzeitig die Einstellung der Zahlung von Kinderanteilen im Ortszuschlag für die Zukunft an. Wegen der Überzahlungen kürzte die Beklagte im Vergütungszeitraum Juni bis November 2003 die monatlichen Bezüge des Klägers. Über die auf eine ungekürzte Leistung gerichteten Zahlungsanträge des Klägers hat das Landesarbeitsgericht rechtskräftig entschieden. In der Revision streiten die Parteien nur noch über die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung der Kinderanteile im Ortszuschlag für die Monate Juni bis Dezember 2003.

Mit Bescheid vom 5. Juni 2003 hob die Familienkasse der Beklagten die Festsetzung von Kindergeld rückwirkend ab dem 1. Oktober 1996 auf und verlangte vom Kläger die Rückzahlung des Kindergeldes. Den Antrag des Klägers vom 16. Oktober 2003, ihm ab Mai 2003 Kindergeld zu gewähren, wies die Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2004 zurück. Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger vor dem Finanzgericht D Klage (- 14 K 5118/03 Kg -). Diese wurde vollumfänglich abgewiesen und die Revision wurde nicht zugelassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ließ der Bundesfinanzhof die Revision zu. Wegen anschließender Versäumung der Revisionsbegründungsfrist verwarf der Bundesfinanzhof die Revision mit Beschluss vom 18. Januar 2007 (- III R 65/05 -). Die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde des Klägers wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 18. Dezember 2007 (- 1 BvR 1092/07 -) nicht zur Entscheidung angenommen.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Entscheidung der Familienkasse über die Gewährung von Kindergeld sei für den tarifvertraglichen Anspruch auf Zahlung des Kinderanteils im Ortszuschlag nicht maßgeblich. Die tariflichen Voraussetzungen für die Zahlung der Kinderanteile im Ortszuschlag lägen vor.

Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.442,82 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 15. Dezember 2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, dem erhobenen Anspruch stehe die rechtskräftige Entscheidung der Familienkasse entgegen, nach der dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch auf Kindergeld für seine beiden Töchter zustehe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts in Bezug auf den im Revisionsverfahren noch anhängigen Klageantrag abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage in dem in der Revision noch anhängigen Umfang zu Recht abgewiesen.

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des kinderbezogenen Anteils des Ortszuschlags für die Zeit von Juni bis Dezember 2003.

1. In § 29 Abschnitt B BAT sind die Stufen des Ortszuschlags geregelt.

Nach § 29 Abschnitt B Abs. 3 BAT gehören zur Stufe 3 und den folgenden Stufen die Angestellten der Stufe 2, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKGG zustehen würde. Die Stufe richtet sich nach der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder. Stünde neben dem Angestellten einer anderen Person, die im öffentlichen Dienst steht, der Ortszuschlag nach Stufe 3 oder einer der folgenden Stufen zu, wird gemäß § 29 Abschnitt B Abs. 6 BAT der auf das Kind entfallende Unterschiedsbetrag zwischen den Stufen des Ortszuschlags dem Angestellten gewährt, wenn und soweit ihm das Kindergeld nach dem EStG oder nach dem BKGG gewährt wird oder ohne Berücksichtigung des § 65 EStG oder des § 4 BKGG vorrangig zu gewähren wäre.

Gemäß § 70 Abs. 1 EStG wird das Kindergeld von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.

2. Die Festsetzung des Kindergeldes nach § 70 Abs. 1 EStG erfolgt durch einen Verwaltungsakt. Dieser Verwaltungsakt ist auch für andere Behörden maßgeblich, zB für die für die Besoldung eines Beamten zuständige Dienststelle (BVerwG 26. August 1993 - 2 C 16.92 - BVerwGE 94, 98). Gleiches gilt nach der Senatsrechtsprechung wegen der Anlehnung des BAT an das Bundesbesoldungsgesetz für die Vergütung der Angestellten des öffentlichen Dienstes (31. Mai 2001 - 6 AZR 321/00 - AP BAT § 29 Nr. 16 = EzBAT BAT § 29 Nr. 29). § 29 BAT knüpft hinsichtlich des Anspruchs auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags, ebenso wie die inhaltsgleiche Regelung in § 40 BBesG, vollständig an die Kindergeldberechtigung nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Bundeskindergeldgesetz an. Daraus wird auch für den Bereich der Vergütung der im öffentlichen Dienst beschäftigten Angestellten deutlich, dass eine nach diesen Gesetzen ergangene Entscheidung über das Kindergeld ohne Weiteres auch für den Vergütungsanspruch maßgebend sein soll. Andernfalls wäre es denkbar, dass einem Angestellten, obwohl er Kindergeld erhält, der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags nicht gewährt wird, weil die für die Vergütung zuständige Dienststelle den Kindergeldanspruch anders beurteilt als die Familienkasse, oder dass einem Angestellten, bei dem die Familienkasse die Kindergeldberechtigung verneint hat, gleichwohl der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags gewährt wird, oder dass trotz der Konkurrenzregelung in § 29 Abschnitt B Abs. 6 BAT mehrere Angestellte für dasselbe Kind den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags erhalten. Dies stünde im Widerspruch zum erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien, die solche Ergebnisse durch die Anbindung des kinderbezogenen Teils des Ortszuschlags an den Kindergeldanspruch gerade vermeiden wollten (Senat 31. Mai 2001 - 6 AZR 321/00 - aaO, zu B II 1 b der Gründe).

a) Die von der Revision hiergegen erhobenen rechtlichen Einwände sind nicht geeignet, ein anderes Ergebnis zu begründen. Zwar kommt es für die Anspruchsberechtigung iSd. § 29 Abschnitt B Abs. 3 oder 4 BAT grundsätzlich weder darauf an, ob ein formeller Verwaltungsakt über die Gewährung von Kindergeld vorliegt noch ob Kindergeld tatsächlich gezahlt wird. Diese Tarifregelung macht den Anspruch des Angestellten auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags auch nicht davon abhängig, dass der Angestellte Kindergeld erhält oder der Anspruch durch Bescheid festgestellt ist, sondern davon, dass ihm ein Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG oder dem BKGG zusteht (vgl. Senat 18. November 2004 - 6 AZR 512/03 - EzBAT BAT § 29 Nr. 39). Demgegenüber wird jedoch für Konkurrenzsituationen, wie sie hier vorliegen, in § 29 Abschnitt B Abs. 6 Satz 1 Fall 1 BAT ausdrücklich darauf abgestellt, ob dem Angestellten Kindergeld gewährt wird. Das wiederum richtet sich gemäß § 70 Abs. 1 EStG nach der durch die Familienkasse vorzunehmenden Festsetzung. Deren Entscheidung ist insoweit maßgeblich und bindend. Die Befürchtung des Klägers, dass eine materiell-rechtlich fehlerhafte Entscheidung der für die Gewährung von Kindergeld zuständigen Behörde auf diese Weise weitergehende, von den Tarifvertragsparteien nicht gewollte Belastungen hervorrufen könnte, ist unbegründet. Der Angestellte ist nicht schutzlos gestellt. Es steht ihm offen, die behördliche Entscheidung über die Versagung von Kindergeld gerichtlich überprüfen zu lassen, um so mittelbare negative Folgen für seine Vergütung zu verhindern.

3. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die Klage nicht begründet.

a) Der Kläger stand in dem streitgegenständlichen Zeitraum in einer Konkurrenzsituation iSd. § 29 Abschnitt B Abs. 6 BAT. Der Pflegevater der beiden Töchter des Klägers ist Beamter des Landes Nordrhein-Westfalen. Ihm stand in der Zeit von Juni bis Dezember 2003 für die Töchter des Klägers der kinderbezogene Anteil des Familienzuschlags zu.

b) Die Familienkasse der Beklagten hat mit Bescheid vom 13. April 2004 eine Berechtigung des Klägers zum Bezug von Kindergeld für seine beiden Töchter für den hier streitgegenständlichen Zeitraum verneint. Die hiergegen vom Kläger eingelegten Rechtsbehelfe und Rechtsmittel waren erfolglos. Damit steht für den Senat bindend fest, dass der Kläger eine der in § 29 Abschnitt B Abs. 6 BAT genannten Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt. Auf die vom Landesarbeitsgericht angestellten Überlegungen zu der Frage, ob der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen des § 29 Abschnitt B Abs. 3 BAT iVm. §§ 63, 32 EStG erfüllt, kommt es nicht an.

II. Der Kläger hat gem. § 97 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

Ende der Entscheidung

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