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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 16.11.2000
Aktenzeichen: 6 AZR 377/99
Rechtsgebiete: BAT-O, BGB


Vorschriften:

BAT-O § 1
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 242 Gleichbehandlung
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

6 AZR 377/99

Verkündet am 16. November 2000

In Sachen

hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2000 durch den Vizepräsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dr. Peifer, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Armbrüster, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gräfl, die ehrenamtlichen Richter Hinsch und Helmlinger

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 12. März 1999 - 19 Sa 124/98 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. September 1998 - 95 Ca 42331/97 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob auf das Arbeitsverhältnis des Klägers ab dem 1. August 1997 der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) oder der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften (BAT-O) - vom 10. Dezember 1990 Anwendung findet.

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 23. November 1995 erfolgreich um eine nach Vergütungsgruppe IV a/III BAT ausgeschriebene Stelle als Fachgebietsleiter bei der Beklagten. Am 27. Dezember 1995 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 1

Herr H wird vom 01.01.1996 an für eine Beschäftigung als Angestellter im Bereich der B auf unbestimmte Zeit eingestellt.

§ 2

Der Angestellte ist voll beschäftigt.

§ 3

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die mit dem Lande Berlin bzw. dem Arbeitgeberverband, dem das Land Berlin angehört, bisher vereinbarten, noch geltenden und künftig abzuschließenden Tarifverträge über Arbeitsbedingungen der Angestellten Anwendung. ...

§ 4

Die Probezeit bestimmt sich nach § 5 BAT.

§ 5

Der Angestellte ist in der VergGr. IV a der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert (§ 22 Abs. 3 BAT)."

Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1996 ununterbrochen auf dem Betriebshof in Marzahn als Fachgebietsleiter Personal eingesetzt. Die Beklagte wandte auf sein Arbeitsverhältnis, ebenso wie auf die Arbeitsverhältnisse der beiden weiteren dort tätigen Fachgebietsleiter Service und Technik, zunächst den BAT an. Grundsätzlich vergütete die Beklagte damals Angestellte mit im Beitrittsgebiet begründeten Arbeitsverhältnissen nach BAT, wenn sie dauerhaft oder auf nicht absehbare Zeit im ehemaligen Westberlin eingesetzt wurden, und zwar auch nach Rückkehr auf Arbeitsplätze im ehemaligen Ostberlin. Auf die Arbeitsverhältnisse der Betriebshofleiter wandte die Beklagte seinerzeit unabhängig vom Arbeitsort und unabhängig davon, ob sie für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt worden waren, den BAT an. Seit Juli 1996 vergütet die Beklagte die in das Beitrittsgebiet zurückgekehrten Angestellten nach BAT-O. Den Betriebshofleitern, deren Arbeitsverhältnisse im Beitrittsgebiet begründet sind und die auch dort beschäftigt werden, gewährt die Beklagte seit Oktober 1998 nur noch Leistungen nach BAT-O.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 30. Juli 1997 mit, auf sein Arbeitsverhältnis müsse ab dem 1. August 1997 der BAT-O angewendet werden, weil sein Arbeitsplatz im Beitrittsgebiet liege und das Bundesarbeitsgericht mit mehreren Urteilen entschieden habe, daß sich die Tarifgeltung nach dem Einsatzort des Arbeitnehmers richte. Dementsprechend erhält der Kläger seitdem nur noch Leistungen nach dem BAT-O.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis richte sich über den 31. Juli 1997 hinaus nach dem BAT. Die Anwendung des BAT sei im Arbeitsvertrag vom 27. Dezember 1995 vereinbart. Daß die Regelung in § 3 des Arbeitsvertrags nicht nur deklaratorischen Charakter habe, sondern rechtsbegründend wirke, ergebe sich aus den Begleitumständen bei Vertragsschluß, insbesondere aus der Stellenausschreibung nach BAT. Es sei von Anfang an klar gewesen, daß der Kläger auf dem Betriebshof in Marzahn habe eingesetzt werden sollen. Wenn die Beklagte im Arbeitsvertrag gleichwohl - in Übereinstimmung mit der Stellenausschreibung - die Anwendung des BAT vereinbart habe, könne dies nur so verstanden werden, daß der BAT übertariflich auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde, zumal die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Abgrenzung der Geltungsbereiche von BAT und BAT-O nach der Lage des Arbeitsplatzes bei Abschluß des Arbeitsvertrags am 27. Dezember 1995 bekannt gewesen sei. Die Beklagte sei auch auf Grund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, ihm über den 31. Juli 1997 hinaus Leistungen nach BAT zu gewähren. Es bestehe kein sachlicher Grund, ihn gegenüber den Betriebshofleitern ungleich zu behandeln.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß auch über den 31. Juli 1997 hinaus der BAT (West) sowie die diesen Tarifvertrag ergänzenden und ändernden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis des Klägers richte sich nach dem BAT-O, weil der Betriebshof, auf dem er beschäftigt sei, im Beitrittsgebiet liege. Im Arbeitsvertrag sei nicht die Anwendung des BAT als übertarifliche Leistung vereinbart worden. Die Bezugnahme auf den BAT habe nur deklaratorische Bedeutung. Daß der BAT und nicht der BAT-O in Bezug genommen worden sei, beruhe auf einem Irrtum der Beklagten über die Reichweite des erst im Jahr 1996 veröffentlichten Urteils des erkennenden Senats vom 26. Oktober 1995 (- 6 AZR 125/95 - BAGE 81, 207, sog. "Feuerwehrurteil"). Der Kläger könne nicht verlangen, mit Betriebshofleitern gleichbehandelt zu werden. Diese übten andere Tätigkeiten aus als der Kläger und seien deshalb mit ihm nicht vergleichbar. Die Beklagte sei gezwungen gewesen, den Betriebshofleitern Leistungen nach BAT zu gewähren, da geeignete Bewerber zu den Bedingungen des BAT-O nicht hätten gefunden werden können.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des Berufungsurteils und Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zur Klageabweisung.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte sei arbeitsvertraglich verpflichtet, über den 31. Juli 1997 hinaus den BAT auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anzuwenden. Durch § 3 des Arbeitsvertrags sei die Geltung des BAT als übertarifliche Leistung vereinbart worden. Zwar habe im öffentlichen Dienst die Verweisung auf den Geltungsbereich eines Tarifvertrags in der Regel nur den Sinn, daß der Arbeitsvertrag das beinhalten solle, was nach den allgemeinen Grundsätzen des Tarifrechts auch für tarifgebundene Angestellte gilt. Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrags und den Begleitumständen bei Vertragsschluß habe der Kläger jedoch davon ausgehen können, daß ihm die Beklagte durch die Verweisung auf den BAT eine übertarifliche Rechtsposition habe einräumen wollen. Die Fachgebietsleiterstellen seien - im Gegensatz zu den Betriebshofleiterstellen - ausschließlich nach BAT ausgeschrieben gewesen. Dadurch habe die Beklagte zum Ausdruck gebracht, daß sie ausgewählte Bewerber nach BAT habe behandeln wollen. Bei der Stelle des Klägers habe es sich um eine dieser Stellen gehandelt. Auf diese konkrete, auf dem Betriebshof in Marzahn gelegene Stelle habe sich der Kläger auf Veranlassung des dortigen Betriebshofleiters beworben. Das Angebot des Klägers auf Abschluß eines Arbeitsvertrags habe sich daher auf die nach BAT ausgeschriebene Stelle auf dem Betriebshof bezogen. Dieses Angebot habe die Beklagte durch Vorlage des vorformulierten Arbeitsvertrags mit der Bezugnahme auf den BAT angenommen. Daß die Bezugnahme auf den BAT rechtsirrtümlich in Verkennung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu sog. "Rückkehrerfällen" erfolgt sei, habe die Beklagte nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger sei nicht von einer vorübergehenden Beschäftigung im Geltungsbereich des BAT in das Beitrittsgebiet zurückgekehrt, sondern von Anfang an im Beitrittsgebiet eingesetzt worden. Es habe daher kein Zweifel daran bestehen können, daß das Arbeitsverhältnis dem Geltungsbereich des BAT-O unterfalle. Weshalb die Unkenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus dem sog. "Feuerwehrurteil", das sich mit der Problematik der Gleichbehandlung von bisher nach BAT-O vergüteten Angestellten mit vorübergehend nicht im Beitrittsgebiet tätigen "Rückkehrern" befasse, die Beklagte dazu veranlaßt haben könnte, mit dem Kläger die Anwendung des BAT zu vereinbaren, sei nicht nachvollziehbar.

B. Diesen Ausführungen folgt der Senat nicht. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist im Beitrittsgebiet begründet und unterfällt daher gem. § 1 Abs. 1 Buchst. b BAT-O dem Geltungsbereich des BAT-O. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien im Arbeitsvertrag vom 27. Dezember 1995 nicht die Geltung des BAT als übertarifliche Leistung vereinbart. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht Stand. Der Kläger kann nicht verlangen, mit den Betriebshofleitern gleichbehandelt zu werden.

I. Nach § 1 Abs. 1 Buchst. b BAT-O gilt dieser Tarifvertrag für Arbeitnehmer der Länder, die in einer der Rentenversicherung der Angestellten unterliegenden Beschäftigung tätig sind (Angestellte) und deren Arbeitsverhältnisse in dem in Art. 3 des Einigungsvertrags (fortan: EV) genannten Gebiet begründet sind. Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers erfüllt, insbesondere ist sein Arbeitsverhältnis im Beitrittsgebiet begründet.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist ein Arbeitsverhältnis in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet begründet, wenn dort der Grund der Entstehung des Arbeitsverhältnisses liegt und der Bezug zum Beitrittsgebiet gegenwärtig besteht. Wird ein Arbeitnehmer für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt und wird er auf unbestimmte Zeit dort beschäftigt, sind diese Voraussetzungen gegeben (st. Rspr., vgl. etwa BAG 24. Februar 1994 - 6 AZR 588/93 - BAGE 76, 57; 6. Oktober 1994 - 6 AZR 324/94 - BAGE 78, 108).

2. Der Grund für die Entstehung des Arbeitsverhältnisses des Klägers lag im Beitrittsgebiet. Er wurde zum 1. Januar 1996 als Fachgebietsleiter Personal eingestellt und ist seitdem ständig auf dem Betriebshof in Marzahn und damit im Beitrittsgebiet beschäftigt. Deshalb unterfällt sein Arbeitsverhältnis auch in der hier streitigen Zeit ab dem 1. August 1997 dem Geltungsbereich des BAT-O.

II. Im Arbeitsvertrag vom 27. Dezember 1995 haben die Parteien keine davon abweichende, für den Kläger günstigere Vereinbarung getroffen.

Nach § 3 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der TdL jeweils geltenden Fassung. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine typische Vereinbarung für Angestellte im öffentlichen Dienst, die vom Senat in der Revisionsinstanz uneingeschränkt und selbständig gem. §§ 133, 157 BGB ausgelegt werden kann (BAG 21. Oktober 1992 - 4 AZR 156/92 - AP BAT § 23 a Nr. 27, zu I 3 a der Gründe; 1. Juni 1995 - 6 AZR 922/94 - BAGE 80, 152, 155, zu II 1 der Gründe mwN).

Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist es zwar grundsätzlich rechtlich möglich, einzelvertraglich die Anwendung normativ nicht geltender Tarifregelungen zu vereinbaren (vgl. BAG 21. Oktober 1992 - 4 AZR 156/92 - aaO, zu I 3 der Gründe). Im Arbeitsverhältnis des öffentlichen Dienstes hat die Verweisung auf den Geltungsbereich eines Tarifvertrags nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedoch grundsätzlich nur den Sinn, daß der Arbeitsvertrag das beinhalten soll, was nach den allgemeinen Grundsätzen des Tarifrechts für tarifgebundene Angestellte gilt (vgl. etwa BAG 21. Oktober 1992 - 4 AZR 156/92 - aaO, zu I 3 b der Gründe mwN; 1. Juni 1995 - 6 AZR 922/94 - aaO). Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den Tarifvertrag hat daher im Regelfall keine rechtsbegründende Wirkung, sondern nur deklaratorischen Charakter. Dies folgt daraus, daß der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes grundsätzlich davon ausgehen muß, daß ihm sein Arbeitgeber, der an die Vorgaben des Haushaltsrechts gebunden ist, nur die Leistungen gewähren will, zu denen er gesetzlich oder tariflich verpflichtet ist. Im Zweifel gilt Normenvollzug (st. Rspr., vgl. BAG 24. März 1993 - 5 AZR 16/92 - BAGE 73, 1, 3, zu I 1 der Gründe; 18. Januar 1996 - 6 AZR 314/95 - AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 25 = EzA BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 5, zu III 3 der Gründe; 11. Juni 1997 - 10 AZR 724/95 - AP BMT-G II § 20 Nr. 6 = EzA TVG § 4 Eingruppierung Nr. 7, zu II 2 der Gründe). Deshalb folgt aus der arbeitsvertraglichen Verweisung auf einen Tarifvertrag nicht zwangsläufig die Begründung eines eigenständigen, von den tariflichen Voraussetzungen unabhängigen vertraglichen Anspruch, gegebenenfalls als übertarifliche Leistung. Dazu bedarf es vielmehr weiterer Umstände, die auf einen entsprechenden Verpflichtungswillen schließen lassen (BAG 23. August 1995 - 4 AZR 352/94 - ZTR 1996, 169; 8. August 1996 - 6 AZR 1013/94 - AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 46, zu II 2 a der Gründe, jeweils zur Angabe der tariflichen VergGr. im Arbeitsvertrag; 15. Juli 1999 - 6 AZR 699/97 - ZTR 2000, 169, zu B II 1 der Gründe). Solche Umstände liegen hier entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht vor. Aus der Bezugnahme auf den BAT nicht nur in § 3, sondern auch in §§ 4 und 5 des Arbeitsvertrags vom 27. Dezember 1995 kann ebensowenig auf eine Zusage der Anwendung des BAT als übertarifliche Leistung geschlossen werden wie daraus, daß die Stelle als Fachgebietsleiter, auf die sich der Kläger beworben hat und die ihm übertragen worden ist, nach BAT ausgeschrieben war.

1. Die durchgängige Bezugnahme auf den BAT im Arbeitsvertrag besagt nichts darüber, ob dieser Tarifvertrag unabhängig vom Vorliegen der dafür erforderlichen tariflichen Voraussetzungen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll. Ist der Vereinbarung in § 3 des Arbeitsvertrags nur deklaratorischer Charakter beizumessen, sind auch die Regelungen in §§ 4 und 5 des Arbeitsvertrags dem Bereich des Normenvollzugs zuzuordnen.

2. Auch der Stellenausschreibung vom 23. August 1995 ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht zu entnehmen, daß die Beklagte Fachgebietsleiter übertariflich nach BAT vergüten wollte. Die Stellenausschreibung erwähnt den BAT nur im Zusammenhang mit der vorgesehenen tariflichen Vergütungsgruppe für die zu besetzenden Stellen. Daraus kann gerade nicht auf eine übertarifliche Dotierung geschlossen werden, sondern nur darauf, daß die Vergütung nach den tariflichen Bestimmungen erfolgen sollte, wie dies im öffentlichen Dienst üblich ist. Zudem gibt es keine eigenständige Vergütungsordnung zum BAT-O. Durch § 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 vom 8. Mai 1991 zum BAT-O wurde vielmehr die Vergütungsordnung des BAT mit bestimmten Maßgaben für den Bereich des BAT-O übernommen. Deshalb richtet sich die Eingruppierung auch der unter den Geltungsbereich des BAT-O fallenden Angestellten grundsätzlich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung zum BAT. Lediglich die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungstarifvertrag zum BAT-O (Vergütungs-TV-O). Allein aus der Bezugnahme auf die Vergütungsordnung zum BAT in der Stellenausschreibung konnte daher nicht auf die Anwendung des BAT als übertarifliche Leistung geschlossen werden. Daß die etwa zeitgleich zu besetzenden Betriebshofleiterstellen nach "BAT/BAT-O" ausgeschrieben waren, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Daraus allein konnte nicht entnommen werden, daß die Beklagte Fachgebietsleiter im Gegensatz zu Betriebshofleitern übertariflich nach BAT vergüten wollte. Wäre dies beabsichtigt gewesen, hätte es nahegelegen, darauf in der Stellenausschreibung besonders hinzuweisen, um einen zusätzlichen Anreiz für Bewerbungen zu schaffen. Daß ein solcher Hinweis unterblieben ist, spricht gegen einen entsprechenden Verpflichtungswillen der Beklagten.

3. Sonstige Anhaltspunkte, aus denen der Kläger bei Vertragsschluß hätte entnehmen können, daß ihm die Beklagte die Anwendung des BAT als übertarifliche Leistung zusagen wollte, sind nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen. Zwar hat die Beklagte nach ihrer Darstellung den BAT im Arbeitsvertrag deshalb in Bezug genommen, weil sie glaubte, den Kläger mit Angestellten, die von einer Beschäftigung im westlichen Tarifgebiet in das Beitrittsgebiet zurückgekehrt sind, gleichbehandeln zu müssen. Damit befand sie sich nicht in einem Rechtsirrtum über die Tarifgeltung, sondern wollte dem Kläger aus Gleichbehandlungsgründen Leistungen nach BAT gewähren. Dieser Wille der Beklagten ist jedoch für die Auslegung des Arbeitsvertrags gem. §§ 133, 157 BGB unbeachtlich, weil er für den Kläger bei Vertragsschluß nicht erkennbar war.

Bei der Auslegung von Willenserklärungen ist zwar der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien geht jeder anderen Interpretation vor (st. Rspr., vgl. BGH 26. Oktober 1983 - Iva ZR 80/82 - NJW 1984, 721; 30. April 1992 - VII ZR 78/91 - NJW 1992, 2489). Gegenstand der Auslegung kann aber nur der in der Erklärung zum Ausdruck gebrachte Wille sein. Auf einen geheimgehaltenen abweichenden Willen kommt es für die Auslegung nicht an (BGH 25. Januar 1977 - VI ZR 85/75 - JZ 1977, 341; 30. April 1992 - VII ZR 78/91 - aaO; Soergel/Hefermehl BGB 12. Aufl. § 133 Rn. 10; Staudinger/Dilcher BGB 12. Aufl. §§ 133, 157 Rn. 24 mwN).

Die Beklagte hat dem Kläger ihre Motivation für die Bezugnahme auf den BAT bei Abschluß des Arbeitsvertrags nicht zu erkennen gegeben. Unstreitig wurde über die Geltung des BAT oder BAT-O nicht gesprochen. Deshalb spielt der Wille der Beklagten, den BAT aus Gründen der Gleichbehandlung mit sog. "Rückkehrern" in Bezug zu nehmen, für die Auslegung des Arbeitsvertrags keine Rolle. Auf Grund der bei Vertragsschluß zutage getretenen Umstände, die für die Vertragsauslegung allein maßgeblich sind, konnte der Kläger nicht schließen, daß ihm die Geltung des BAT als übertarifliche Leistung zugesagt werden sollte. Er mußte daher davon ausgehen, daß die Vereinbarung in § 3 des Arbeitsvertrags keine andere Bedeutung hat als die im öffentlichen Dienst allgemein übliche deklaratorische Verweisung auf das geltende Tarifrecht.

Im übrigen würde es auch nicht zu einem anderen Ergebnis führen, wenn man aus § 3 des Arbeitsvertrags auf diesen Gleichbehandlungswillen der Beklagten schließen würde. Im Hinblick auf die Widerrufsmöglichkeit, die die Beklagte gegenüber "Rückkehrern" besaß (vgl. BAG 26. Oktober 1995 - 6 AZR 125/95 - BAGE 81, 207, sog. "Feuerwehrurteil"), wäre der Widerruf, den die Beklagte gegenüber dem Kläger erklärt hat, wirksam.

III. Der Kläger wurde von August 1997 bis September 1998 gegenüber den bei der Beklagten beschäftigten Betriebshofleitern durch die Anwendung des BAT-O nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt.

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Unzulässig ist nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist (vgl. BVerfG 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39, 58). Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz zwar nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang hat. Dies gilt aber nur für individuell vereinbarte Löhne und Gehälter. Wenn der Arbeitgeber, was ihm die Vertragsfreiheit ermöglicht, einzelne Arbeitnehmer besser stellt, können daraus andere Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch immer dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip auf Grund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen (st. Rspr., vgl. BAG 26. Oktober 1995 - 6 AZR 125/95 - BAGE 81, 207, 210 f., zu I 2 a der Gründe; 20. März 1997 - 6 AZR 453/96 - ZTR 1997, 568, zu I 3 der Gründe; 23. August 1995 - 5 AZR 293/94 - BAGE 80, 354, 359 f., zu II 1 der Gründe; 28. Juli 1992 - 3 AZR 173/92 - BAGE 71, 29, 37, zu B II 2 b (3) der Gründe).

2. Für die vergütungsmäßige Privilegierung der Betriebshofleiter bestand ein sachlicher Grund. Betriebshofleiter benötigen für ihre Tätigkeit nach dem Vortrag der Beklagten eine besondere Qualifikation, für die geeignete Bewerber nicht zu den Bedingungen des BAT-O zu finden sind. Dies rechtfertigt die vergütungsmäßige Besserstellung der Betriebshofleiter gegenüber anderen Arbeitnehmern.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein sachlicher Grund für die günstigere Behandlung einer Gruppe von Arbeitnehmern darin liegen, daß für die betreffenden Arbeitsplätze ohne zusätzlichen finanziellen Anreiz durch übertarifliche Leistungen keine Arbeitskräfte zu gewinnen oder zu halten sind (vgl. BAG 25. August 1982 - 5 AZR 107/80 - BAGE 39, 336, 344, zu II 5 b aa der Gründe; 23. August 1995 - 5 AZR 293/94 - BAGE 80, 354, 362, zu III 2 der Gründe). Der sachliche Grund für die Unterscheidung der Arbeitnehmergruppen liegt in einem solchen Fall nicht in den Unterschieden der Arbeitsleistungen, die in den verschiedenen Gruppen gefordert werden, sondern - ähnlich wie bei einzelvertraglich vereinbarten unterschiedlich hohen Entgelten - in den an diese Arbeitnehmer zu stellenden besonderen Eignungsanforderungen. Wenn ein Arbeitgeber es vorzieht, nicht nur im Einzelfall, sondern wegen der allgemeinen Schwierigkeit, geeignete Arbeitnehmer zu finden, der ganzen Gruppe ein höheres Arbeitsentgelt zu zahlen, stellt dies keinen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dar (BAG 23. August 1995 aaO). So liegt der Fall hier.

Zwar hat der Kläger vorgetragen, daß die Beklagte verschiedene aus dem Beitrittsgebiet stammende Betriebshofleiter auf Betriebshöfen im ehemaligen Ostberlin beschäftigt und bestritten, daß diese nicht bereit gewesen seien, zu den Bedingungen des BAT-O zu arbeiten. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht erheblich. Daß die Beklagte aus dem Beitrittsgebiet stammende Betriebshofleiter beschäftigt, die bereit gewesen wären, auch zu den Bedingungen des BAT-O zu arbeiten, gibt noch keinen Aufschluß darüber, ob diese Angestellten die von der Beklagten grundsätzlich für Betriebshofleiter geforderten Qualifikationen erfüllen oder ob sie nur deshalb als Betriebshofleiter beschäftigt werden, weil nicht genügend Personal mit den geforderten Qualifikationen gefunden werden konnte. Zudem besagt die Beschäftigung einzelner Angestellter, die auch bereit gewesen wären, ohne übertarifliche Vergütung als Betriebshofleiter zu arbeiten, nichts darüber, ob generell Schwierigkeiten bestanden, geeignetes Personal mit den geforderten Qualifikationen zu den Bedingungen des BAT-O für diese Tätigkeit zu finden. Ob die von der Beklagten für Betriebshofleiter grundsätzlich geforderte Qualifikation (ua. betriebswirtschaftliches Hochschulstudium und Berufserfahrung in der Abfallwirtschaft oder kaufmännische oder technische Berufsausbildung mit Zusatzqualifikation und langjährige erfolgreiche Berufspraxis in einer Leitungsfunktion) für die Tätigkeit als Betriebshofleiter tatsächlich erforderlich ist, ist unerheblich. Der Beklagten ist es grundsätzlich unbenommen, im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit zu bestimmen, welche Eignungsanforderungen sie von ihren Mitarbeitern für bestimmte Tätigkeiten verlangt. Ob die Tätigkeit im Einzelfall von einem Arbeitnehmer, der diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ausgeübt werden könnte, ist nicht entscheidend.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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