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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 10.03.2005
Aktenzeichen: 6 AZR 428/04
Rechtsgebiete: LTV-DB vom 1. November 1960 idF vom 31. Dezember 1993, ÜTV vom 23. Dezember 1993, SiTV-Bahntrans 10. Juli 1995, RSTV vom 27. Dezember 1993 idF vom 6. Februar 1995, ZTV


Vorschriften:

LTV-DB vom 1. November 1960 idF vom 31. Dezember 1993 § 17 Abs. 3 Nr. 2
LTV-DB vom 1. November 1960 idF vom 31. Dezember 1993 § 17 Abs. 3 Nr. 4
LTV-DB vom 1. November 1960 idF vom 31. Dezember 1993 § 30 Abs. 3
ÜTV vom 23. Dezember 1993 § 2
ÜTV vom 23. Dezember 1993 § 20
ÜTV vom 23. Dezember 1993 § 23 Abs. 1
SiTV-Bahntrans 10. Juli 1995 § 4
SiTV-Bahntrans 10. Juli 1995 § 5
RSTV vom 27. Dezember 1993 idF vom 6. Februar 1995 § 30 Satz 1
ZTV § 10
ZTV § 10a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

6 AZR 428/04

Verkündet am 10. März 2005

In Sachen

hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Armbrüster und Dr. Brühler sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Augat und die ehrenamtliche Richterin Schipp für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. Juni 2002 - 13 Sa 56/02 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Fortbestand einer Lohnsicherungszulage nach dem Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn (LTV-DB) vom 1. November 1960 in der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung.

Der am 17. April 1955 geborene Kläger war ab November 1973 bei der Deutschen Bundesbahn beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich kraft beiderseitiger Tarifbindung nach den Tarifverträgen für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn. Der Kläger wechselte infolge von Rationalisierungsmaßnahmen nicht nur vorübergehend vom Leistungslohn in den Zeitlohn. Er erhielt eine Leistungslohnausgleichszulage - Zulage L - nach § 17 LTV-DB. In dieser Tarifvorschrift heißt es:

"§ 17

Lohnsicherung

A. Allgemeines

(1) 1. Wenn der Arbeiter Veränderungen bei seiner Tätigkeit in Kauf nehmen muß, die sich auf den Monatslohn, den Leistungslohn oder auf Erschwerniszulagen nachteilig auswirken, erhält er Lohnsicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

...

B. Lohnsicherung bei Veränderungen nicht nur vorübergehender Art

(3) ...

2. a) Wechselt der Arbeiter infolge von Rationalisierungsmaßnahmen nicht nur vorübergehend vom Leistungslohn in den Zeitlohn, erhält er bei Verwendung im Zeitlohn eine Leistungslohnausgleichszulage - Zulage L -, wenn er in den vorausgegangenen 2 Jahren und auch in den letzten 3 Monaten überwiegend im Leistungslohn gearbeitet oder Ausgleichszulage nach Abs. 7 erhalten hat. (AB 2 und AB 5 zu § 16)

...

4. Lohnsicherungszulagen nach Nr. 1 bis 3 erhalten

 Zulage M Zulage LZulage E
a) Arbeiter, deren Arbeitsvertrag noch nicht 2 Jahre besteht,3 Mon.--
b) Arbeiter, deren Arbeitsvertrag mindestens 2 Jahre besteht, nach einer Eisenbahndienstzeit von   
2 bis 5 Jahren15 Mon.15 Mon.15 Mon.
5 bis 8 Jahren22 Mon.22 Mon.22 Mon.
mehr als 8 Jahren28 Mon.28 Mon.28 Mon.
c) unkündbare Arbeiter vor Vollendung des 60. Lebensjahres- 36 Mon.36 Mon.
nach Vollendung des 60. Lebensjahres-unbegr.unbegr.

Für die Ermittlung der Eisenbahndienstzeit sowie für den Beginn der Laufzeit der Lohnsicherungsfristen ist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die Rationalisierungsmaßnahme wirksam wird.

..."

Das Arbeitsverhältnis ging auf Grund der Neuordnung des Eisenbahnwesens zum 1. Januar 1994 auf die Deutsche Bahn AG (DB AG) über. In § 2 des Tarifvertrags vom 23. Dezember 1993 über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer (ÜTV) ist ua. geregelt, dass die am 31. Dezember 1993 gültigen Bestimmungen des LTV-DB zugrunde zu legen sind, sofern im ÜTV auf sie Bezug genommen wird. In § 23 ÜTV heißt es:

"§ 23

Zulagensicherung bei Rationalisierungsmaßnahmen

(1) Für den Arbeitnehmer gelten die Bestimmungen der in § 2 genannten Tarifverträge über die Zahlung von Zulagen aus Rationalisierungsgründen im Sinne des § 2 RSTV weiter.

..."

Die DB AG zahlte dem Kläger die in § 17 Abs. 3 Nr. 2 LTV-DB geregelte Leistungslohnausgleichszulage weiter.

Mit Wirkung zum 1. Oktober 1995 trat die Bahntrans GmbH auf Grund eines Betriebsübergangs in die Rechte aus dem Arbeitsverhältnis ein. § 4 des Tarifvertrags vom 10. Juli 1995 zur Sicherung der nach § 613a BGB zur Bahntrans GmbH übergehenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (SiTV-Bahntrans) regelt ua.:

"§ 4

Wiedereinstellung

(1) Die Arbeitnehmerin/Der Arbeitnehmer, die/der die Voraussetzungen der Kündigungsbeschränkungen nach § 20 ÜTV im Zeitpunkt des Übergangs ihres/seines Arbeitsverhältnisses erfüllt, wird innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren nach dem Übergang von der DB AG wieder eingestellt, wenn das Arbeitsverhältnis bei der BAHNTRANS GmbH aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung endet...

Als Wiedereinstellung gilt auch die Einstellung bei einem Rechtsnachfolger der DB AG oder bei einer Beteiligungsgesellschaft der DB AG, wenn bei den Rechtsnachfolgern der DB AG kein Arbeitsplatz vorhanden ist.

...

(2) Bei Wiedereinstellung leben die zum Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses für die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer bestehenden tariflichen Rechte - in der dann geltenden Fassung - wieder auf.

..."

§ 20 ÜTV lautet:

"§ 20

Kündigungsbeschränkungen

(1) Für den Arbeitnehmer, dessen ständiges Arbeitsverhältnis sich am 31. Dezember 1993 nach den Bestimmungen des LTV oder des AnTV gerichtet hat, bleiben § 30 Abs. 3 LTV und § 30 AnTV nach Maßgabe des Abs. 2 in Kraft.

...

(2) Die Kündigungsbeschränkungen werden für den Arbeitnehmer, der am 01. Januar 1994 das 34. Lebensjahr vollendet hat, frühestens mit Vollendung des 41. Lebensjahres,

...

wirksam.

..."

Die Bahntrans GmbH zahlte dem Kläger zum Tariflohn als "Abgeltung für Gedinge" monatlich 677,00 DM brutto. Mit Schreiben vom 31. August 1999 kündigte die ABX Logistics/Bahntrans GmbH (vormals Bahntrans GmbH) das Arbeitsverhältnis aus dringenden betrieblichen Gründen zum 31. März 2000.

Vom 1. April 2000 bis zum 31. Juli 2001 war der Kläger bei der Beklagten beschäftigt. Diese zahlte ihm keine Leistungslohnausgleichszulage.

Der Kläger hat gemeint, ihm stehe diese Zulage in Höhe von monatlich 677,00 DM brutto zu. Der zum Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf die Bahntrans GmbH bestehende Anspruch auf die Zulage sei mit seiner Einstellung bei der Beklagten wieder aufgelebt. Für die Monate April 2000 bis Juli 2001 ergebe sich ein Betrag in Höhe von 10.832,00 DM brutto.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.538,31 Euro (10.832,00 DM) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 2.423,01 Euro (4.739,00 DM) seit dem 30. Oktober 2000, auf einen Betrag in Höhe von 346,14 Euro (677,00 DM) seit Rechtshängigkeit sowie auf einen Betrag in Höhe von 2.769,16 Euro (5.416,00 DM) seit dem 5. September 2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Leistungslohnausgleichszulage für die Monate April 2000 bis Juli 2001.

I. Der Anspruch folgt nicht aus § 4 Abs. 2 SiTV-Bahntrans iVm. § 23 Abs. 1 ÜTV und § 17 Abs. 3 Nr. 2 LTV-DB.

1. Der Kläger hat am 1. Oktober 1995 im Zeitpunkt des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses auf die Bahntrans GmbH die Voraussetzungen für die Kündigungsbeschränkungen des § 20 ÜTV nicht erfüllt. Er hatte deshalb keinen Anspruch auf Wiedereinstellung aus § 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 SiTV-Bahntrans, der das Wiederaufleben der tariflichen Rechte nach § 4 Abs. 2 SiTV-Bahntrans voraussetzt.

a) Nach § 4 Abs. 2 SiTV-Bahntrans leben die zum Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf die Bahntrans GmbH für die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer bestehenden tariflichen Rechte bei Wiedereinstellung bei der DB AG - in der dann geltenden Fassung - wieder auf. Als Wiedereinstellung gilt nach § 4 Abs. 1 Unterabs. 2 SiTV-Bahntrans auch die Einstellung bei einem Rechtsnachfolger der DB AG oder bei einer Beteiligungsgesellschaft der DB AG, wenn bei den Rechtsnachfolgern der DB AG kein Arbeitsplatz vorhanden ist. Das Wiederaufleben der im Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses bestehenden tariflichen Rechte nach § 4 Abs. 2 SiTV- Bahntrans setzt voraus, dass die wieder eingestellte Arbeitnehmerin/der wieder eingestellte Arbeitnehmer Anspruch auf die Wiedereinstellung nach § 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 SiTV-Bahntrans hatte. Das folgt aus dem systematischen Zusammenhang der tariflichen Wiedereinstellungsregelung. Die Tarifvertragsparteien haben in § 4 Abs. 1 SiTV-Bahntrans zunächst festgelegt, unter welchen persönlichen Voraussetzungen und innerhalb welchen Zeitraums die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer die Wiedereinstellung bei der DB AG beanspruchen kann, wenn das Arbeitsverhältnis bei der Bahntrans GmbH auf Grund einer betriebsbedingten Kündigung endet. Die Rechtsfolgen einer von der Arbeitnehmerin/vom Arbeitnehmer gemäß § 4 Abs. 1 SiTV- Bahntrans verlangten Wiedereinstellung haben sie dann in § 4 Abs. 2 SiTV-Bahntrans geregelt, indem sie vereinbart haben, dass bei Wiedereinstellung die zum Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses bestehenden tariflichen Rechte - in der dann geltenden Fassung - wieder aufleben. Dass diese Rechte nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nur bei einem Wiedereinstellungsanspruch wieder aufleben sollten, wird auch aus der Regelung in § 5 SiTV-Bahntrans deutlich. Nach dieser Tarifvorschrift wird die DB AG oder ein Rechtsnachfolger der DB AG die ausgeschiedene Arbeitnehmerin/den ausgeschiedenen Arbeitnehmer im Falle einer Neubesetzung eines für sie/ihn geeigneten Arbeitsplatzes bevorzugt wieder einstellen, soweit ein Anspruch auf Wiedereinstellung allein wegen Zeitablaufs (die 5-Jahres-Frist nach § 4 Abs. 1 SiTV- Bahntrans ist überschritten) nicht mehr gegeben ist. Wird die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer nach Ablauf der Frist bevorzugt wieder eingestellt, leben die zum Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses bestehenden tariflichen Rechte nach der in § 5 SiTV-Bahntrans getroffenen Regelung nicht wieder auf.

b) Der Kläger hatte nach der von der Bahntrans GmbH zum 31. März 2000 ausgesprochenen Kündigung keinen Anspruch auf Wiedereinstellung aus § 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 SiTV-Bahntrans. Er hat im Zeitpunkt des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses auf die Bahntrans GmbH am 1. Oktober 1995 die Voraussetzungen der Kündigungsbeschränkungen nach § 20 ÜTV nicht erfüllt. Nach § 20 Abs. 1 Unterabs. 1 ÜTV bleiben § 30 Abs. 3 LTV-DB und § 30 AnTV-DB für den Arbeitnehmer, dessen ständiges Arbeitsverhältnis sich am 31. Dezember 1993 nach den Bestimmungen des LTV-DB oder des AnTV-DB gerichtet hat, nach Maßgabe des Abs. 2 in Kraft. § 20 Abs. 2 ÜTV regelt ua., dass die Kündigungsbeschränkungen für den Arbeitnehmer, der am 1. Januar 1994 das 34. Lebensjahr vollendet hat, frühestens mit Vollendung des 41. Lebensjahres wirksam werden. Der am 17. April 1955 geborene Kläger hatte im Zeitpunkt des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses auf die Bahntrans GmbH am 1. Oktober 1995 das 41. Lebensjahr noch nicht vollendet. Er hatte damit keinen Wiedereinstellungsanspruch nach § 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 SiTV- Bahntrans.

2. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers angenommen würde, dass die zum Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses bestehenden tariflichen Rechte nach § 4 Abs. 2 SiTV-Bahntrans ungeachtet eines Wiedereinstellungsanspruchs aus § 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 SiTV-Bahntrans bei einer Wiedereinstellung wieder auflebten, folgte der Anspruch nicht aus § 4 Abs. 2 SiTV-Bahntrans. Bei der Einstellung des Klägers bei der Beklagten am 1. April 2000 war die für den Kläger maßgebende Lohnsicherungsfrist bereits abgelaufen. Die tariflich angeordnete Weitergeltung der Zulagensicherung bei Rationalisierungsmaßnahmen (§ 4 Abs. 2 SiTV-Bahntrans iVm. § 23 Abs. 1 ÜTV) führt nicht zu einer Verlängerung der in § 17 Abs. 3 Nr. 4 LTV-DB geregelten Lohnsicherungsfristen.

a) Das folgt aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 SiTV-Bahntrans, auf den es für die Tarifauslegung zunächst ankommt (st. Rspr., BAG 11. September 2003 - 6 AZR 323/02 - AP TVG § 4 Nr. 24, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 2 b aa der Gründe; 27. Juni 2002 - 6 AZR 209/01 - AP BAT § 29 Nr. 18, zu A II 2 a der Gründe; 27. Juni 2002 - 6 AZR 378/01 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Musiker Nr. 18, zu A IV 1 der Gründe). Danach leben die tariflichen Rechte "in der dann geltenden Fassung" wieder auf. Daraus wird der Wille der Tarifvertragsparteien deutlich, dass nur die zum Zeitpunkt der Wiedereinstellung noch bestehenden tariflichen Rechte wiederaufleben sollen.

b) Dieses aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 SiTV-Bahntrans folgende Auslegungsergebnis steht im Einklang mit dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Normen und dem daraus zu ermittelnden Sinn und Zweck der Regelung (vgl. zu diesen Auslegungsgesichtspunkten BAG 16. Juli 1998 - 6 AZR 672/96 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 27; 28. Mai 1998 - 6 AZR 349/96 - AP BGB § 611 Bühnenengagementsvertrag Nr. 52 = EzA TVG § 4 Bühnen Nr. 5; 12. November 1997 - 10 AZR 206/97 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Bahn Nr. 1). Der SiTV-Bahntrans dient - wie schon seiner Bezeichnung zu entnehmen ist - der Sicherung der Rechte der Arbeitnehmer. Er wurde nach Satz 1 seiner Präambel in Erfüllung der sich aus der Protokollnotiz zu § 30 des am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Tarifvertrags über Rationalisierungsschutz und Arbeitsplatzsicherung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der DB AG (RSTV) ergebenden Verpflichtung abgeschlossen. § 30 Satz 1 RSTV bestimmt, dass besondere Härtefälle durch Vereinbarung zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat unter Beachtung des RSTV geregelt werden. Nach der Protokollnotiz zu dieser Bestimmung können ergänzende Tarifverträge geschlossen werden, soweit es im Rahmen einer Rationalisierungsmaßnahme oder einer Ausgliederungsmaßnahme nach § 613a BGB geboten erscheint. Daraus wird der Zweck des SiTV-Bahntrans deutlich. Der Tarifvertrag dient dem Schutz der Arbeitnehmer. Er bezweckt die Entgeltsicherung. Besondere Nachteile oder Härtefälle infolge der Ausgliederungsmaßnahme sollen vermieden oder abgemildert werden. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich aus dieser Zwecksetzung nicht eine Ausweitung tariflicher Rechte herleiten. Der von § 4 Abs. 2 SiTV-Bahntrans verfolgte Sicherungs- und Schutzzweck schließt eine Besserstellung der wieder eingestellten Arbeitnehmer gegenüber den durchgehend in einem Unternehmen des DB-Konzerns Beschäftigten aus. Dem wieder eingestellten Arbeitnehmer soll in Bezug auf seine tariflichen Rechte nur die Rechtsstellung eingeräumt werden, die er ohne den Übergang zur Bahntrans GmbH hätte. Dieser Zielsetzung liefe es zuwider, wenn Lohnsicherungsfristen auf Grund der Wiedereinstellung verlängert würden oder neu zu laufen begännen.

c) Im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Lohnsicherungsfrist für die dem Kläger nach § 17 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a LTV-DB zustehende Leistungslohnausgleichszulage bei Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien am 1. April 2000 bereits abgelaufen war. Der Anspruch des Klägers auf diese Zulage endete nach § 17 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 LTV-DB spätestens im April 1996.

aa) Die Lohnsicherungsfrist nach § 17 Abs. 3 Nr. 4 LTV-DB wurde durch § 23 Abs. 1 ÜTV nicht geändert. Diese Tarifvorschrift regelt iVm. § 2 ÜTV ua. die Weitergeltung der in § 17 Abs. 3 LTV-DB geregelten Lohnsicherung bei Rationalisierungsmaßnahmen. Die tariflich angeordnete Weitergeltung der Entgeltsicherung bewirkt schon dem Wortlaut nach keine Verlängerung der Lohnsicherungsfristen des § 17 Abs. 3 Nr. 4 LTV-DB. Das steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Regelung, das Einkommen für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer zu sichern. Die von § 23 Abs. 1 ÜTV in Bezug genommenen Bestimmungen zur Lohnsicherung gelten damit nur bis zum Ablauf der jeweiligen Entgeltsicherungsfrist fort.

bb) Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen zum Beginn der Laufzeit der Lohnsicherungsfrist getroffen. Es hat lediglich festgestellt, dass der Kläger den Anspruch auf die Leistungslohnausgleichszulage bereits während seiner Beschäftigung bei der Deutschen Bundesbahn und somit vor dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die DB AG am 1. Januar 1994 erworben hat. Daraus ist abzuleiten, dass die Rationalisierungsmaßnahme iSv. § 17 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a LTV-DB vor dem 1. Januar 1994 wirksam geworden ist. Nach § 17 Abs. 3 Nr. 4 Satz 2 LTV-DB ist der Zeitpunkt für die Ermittlung der Eisenbahndienstzeit sowie für den Beginn der Laufzeit der Lohnsicherungsfristen maßgebend, zu dem die Rationalisierungsmaßnahme wirksam wird.

cc) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist auf diesen Zeitpunkt auch für die Ermittlung der maßgeblichen Lohnsicherungsfrist nach § 17 Abs. 3 Nr. 4 LTV-DB abzustellen. Die in § 17 Abs. 3 Nr. 4 Buchst. c LTV-DB getroffene Regelung differenziert zwischen unkündbaren Arbeitern vor und nach Vollendung des 60. Lebensjahres. Vor Vollendung des 60. Lebensjahres erhalten unkündbare Arbeiter die Zulage L 36 Monate, nach Vollendung des 60. Lebensjahres unbegrenzt. Daraus wird deutlich, dass das Alter des Arbeiters bei Beginn der Laufzeit maßgebend ist und es nicht darauf ankommt, ob der Arbeiter während der Laufzeit der Lohnsicherungsfrist das 60. Lebensjahr vollendet. Entsprechendes gilt für die Vollendung des 40. Lebensjahres und damit den Eintritt der Unkündbarkeit nach § 17 Abs. 3 Nr. 4 Buchst. c LTV-DB iVm. § 30 Abs. 3 Satz 1 LTV-DB. Diese Tarifvorschrift bestimmt, dass der Arbeiter nach einer Eisenbahndienstzeit von 15 Jahren und Vollendung des 40. Lebensjahres unkündbar ist, wenn die arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit mindestens die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines ständigen vollbeschäftigten Arbeiters beträgt. Der am 17. April 1955 geborene Kläger hatte vor dem 1. Januar 1994, als die Rationalisierungsmaßnahme wirksam wurde, das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet. Er war noch nicht unkündbar. Die Lohnsicherungsfrist beträgt auf Grund der Eisenbahndienstzeit des Klägers von mehr als acht Jahren nach § 17 Abs. 3 Nr. 4 Buchst. b LTV-DB damit entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht 36 sondern nur 28 Monate. Sie hat vor dem 1. Januar 1994 begonnen und ist demnach spätestens am 30. April 1996 und damit vor der Einstellung des Klägers bei der Beklagten abgelaufen.

II. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Rationalisierungszulage nach § 10 oder § 10a des am 1. Juli 1995 in Kraft getretenen Zulagentarifvertrags für die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer der DB AG (ZTV) hat. Auf Grund des Wechsels vom Leistungslohn in den Zeitlohn während seiner Beschäftigung bei der Deutschen Bundesbahn richtet sich der Anspruch des Klägers auf eine Leistungslohnausgleichszulage auch für die Zeit nach der Überleitung auf die DB AG gemäß § 23 Abs. 1 ÜTV ausschließlich nach § 17 Abs. 3 Nr. 2 LTV-DB.

Ende der Entscheidung

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