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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 27.01.2000
Aktenzeichen: 6 AZR 429/98
Rechtsgebiete: TVG, MTV, ÜTV, LTV-DR, GG, ArbPlSchG


Vorschriften:

TVG § 1 Tarifverträge/ DDR
Manteltarifvertrag f. d. Arbeitnehmer dre DB AG (MTV) § 4 Abs. 1
Tarifvertrag über d. Sicherung der Einkommen u. Arbeitsbedingungen f. d. zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer (ÜTV) § 22 Abs. 1
Lohntarifvertrag f. d. Arbeiter d. Deutschen Reichsbahn (LTV-DR) § 5 Abs. 4
GG Art. 3 Abs. 1
ArbPlSchG § 6 Abs. 2
Leitsätze:

1. Sind von einer mehrseitigen (hier dreiseitigen) Revisionsbegründungsschrift nur die erste Seite, die ua. die Revisionsanträge enthält, und die letzte Seite, auf der sich ua. die Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten befindet, per Telefax rechtzeitig bei Gericht eingegangen, so steht dies der Zulässigkeit der Revision nicht entgegen, wenn sich dem eingegangenen Teil des Textes der Revisionsbegründung entnehmen läßt,

- daß die Revisionsanträge von der Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten gedeckt sind,

- in welchem Umfang das Berufungsurteil angefochten wird

und

- mit welchen Erwägungen die tragenden Gründe des Berufungsurteils bekämpft werden.

2. § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbPlSchG, wonach die Zeit des Grundwehrdienstes als Beschäftigungszeit im Sinne der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gilt, bezieht sich nicht auf den in der ehemaligen DDR abgeleisteten Grundwehrdienst.

Hinweise des Senats:

Fortsetzung der Rechtsprechung des Senats aus den Urteilen vom 23. Juni 1994 (- 6 AZR 911/93 - BAGE 77, 137, 145), vom 30. März 1995 (- 6 AZR 340/94 - nv.) und vom 29. Oktober 1998 (- 6 AZR 268/97 - nv.) zum Anrechnungsausschluß von Zeiten einer Tätigkeit als Angehöriger der Grenztruppen der DDR

Aktenzeichen: 6 AZR 429/98 Bundesarbeitsgericht 6. Senat Urteil vom 27. Januar 2000 - 6 AZR 429/98 -

I. Arbeitsgericht Erfurt - 7 Ca 465/93 - Urteil vom 13. Dezember 1995

II. Landesarbeitsgericht Thüringer - 9 Sa 82/96 - Urteil vom 11. März 1998


6 AZR 429/98 9 Sa 82/96

BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

Verkündet am 27. Januar 2000

Schneider, der Geschäftsstelle

In Sachen

Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin,

pp.

Kläger, Berufungskläger und Revisionsbeklagter,

hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2000 durch den Vizepräsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dr. Peifer, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Armbrüster, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gräfl sowie die ehrenamtlichen Richter Kapitza und Helmlinger für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 11. März 1998 - 9 Sa 82/96 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 13. Dezember 1995 - 7 Ca 465/93 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen !

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die bei den Grenztruppen der DDR zurückgelegte Grundwehrdienstzeit als Dienstzeit des Klägers anzurechnen ist.

Der am 6. März 1962 geborene Kläger war seit dem 1. September 1978 bei der Deutschen Reichsbahn, zunächst als Auszubildender, danach als Arbeiter in der Hochbaumeisterei beschäftigt. Vom 6. Mai 1981 bis zum 28. Oktober 1982 leistete er seinen Grundwehrdienst bei den Grenztruppen der DDR. Im Anschluß daran wurde er von der Deutschen Reichsbahn weiterbeschäftigt. Zum 1. Januar 1994 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte übergeleitet. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die für die Arbeitnehmer der DB AG geltenden Tarifverträge Anwendung. Die maßgeblichen Tarifbestimmungen lauten auszugsweise wie folgt:

"Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der DB AG (MTV)

...

§ 4

Zugehörigkeit zur DB AG

(1) Als Zeit der Zugehörigkeit zur DB AG gelten Zeiten, die in einem ständigen Arbeitsverhältnis

a) bei der DB AG

...

zurückgelegt wurden.

...

Tarifvertrag über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer (ÜTV)

...

§ 22

Vorzeiten

(1) Sofern bei der DB AG der Anspruch auf tarifvertragliche Leistungen eine Zeit der Zugehörigkeit zur DB AG voraussetzt (zB. Jubiläum, vermögenswirksame Leistungen), sind auch Zeiten, die bei den Rechtsvorgängern der DB AG in einem ständigen Arbeitsverhältnis zurückgelegt oder angerechnet wurden, zu berücksichtigen.

...

Lohntarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Reichsbahn (LTV-DR)

...

§ 5

Eisenbahndienstzeit (Beschäftigungszeit)

(1) Eisenbahndienstzeit (Beschäftigungszeit) ist die bei der Deutschen Reichsbahn nach Vollendung des 18. Lebensjahres in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist.

...

(4) Von der Berücksichtigung als Eisenbahndienstzeit (Beschäftigungszeit) sind ausgeschlossen:

a) Zeiten jeglicher Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit (einschließlich der Verpflichtung zu informeller/inoffizieller Mitarbeit),

b) Zeiten einer Tätigkeit als Angehöriger der Grenztruppen der DDR (AB 2),

...

Ausführungsbestimmungen

...

Zu Abs. 4

2. Zeiten einer Tätigkeit als Angehöriger der Grenztruppen der DDR sind nicht ausgeschlossen, wenn der Arbeiter nach Einberufung als Wehrpflichtiger zu den Grenztruppen der DDR dort die Grundausbildung geleistet hat und im unmittelbaren Anschluß daran vom Grenztruppendienst freigestellt/vorzeitig entlassen worden ist, um bei der DR wieder Arbeit im Lokfahrdienst, Zugbegleitdienst, Fahrdienstleiterdienst, Stellwerksdienst oder Rangierdienst zu leisten. Der Arbeiter muß hierüber lückenlos Nachweis führen."

Zu den Bestimmungen des ÜTV hat die Beklagte in Abstimmung mit der Gewerkschaft Anwenderhinweise erlassen. Der Anwenderhinweis Nr. 3 zu § 22 Abs. 1 ÜTV lautet wie folgt:

"Zeit der Zugehörigkeit zur DB AG

Rechtsvorgänger der DB AG sind die Deutsche Bundesbahn sowie die Deutsche Reichsbahn als Sondervermögen des Bundes.

...

Die Zeit in einem ständigen Arbeitsverhältnis mit der DR unmittelbar vor der Leistung des Grundwehrdienstes bei den ehemaligen Grenztruppen der DDR ist zu berücksichtigen, wenn sich ein ständiges Arbeitsverhältnis mit der DR unmittelbar nach Abschluß des Grenztruppendienstes anschloß. Die Zeiten des Grundwehrdienstes bei den Grenztruppen selbst bleibt ausgeschlossen."

Mit Schreiben vom 23. September 1992 setzte die Deutsche Reichsbahn den Beginn der Dienstzeit des Klägers auf den 15. November 1982 fest. Dem widersprach der Kläger und verlangte die Berücksichtigung auch der Zeit des Grundwehrdienstes bei den Grenztruppen und der davor liegenden Zeit seit dem 1. September 1978. Durch Teilvergleich vom 8. November 1995 erkannte die Beklagte die Zeit vom 1. September 1978 bis zum 5. Mai 1981 als Eisenbahndienstzeit an. Die Anrechnung der bei den Grenztruppen abgeleisteten Grundwehrdienstzeit lehnt sie jedoch ab.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der tarifvertragliche Anrechnungsausschluß in Bezug auf den bei den Grenztruppen abgeleisteten Grundwehrdienst verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG und gegen § 6 Arbeitsplatzschutzgesetz. Ein sachlicher Grund, den Kläger insoweit gegenüber Arbeitnehmern ungleich zu behandeln, die ihren Grundwehrdienst bei anderen Truppenteilen der NVA absolviert haben, bestehe nicht. Er habe als Wehrpflichtiger nicht die Möglichkeit gehabt, sich der Einberufung zu den Grenztruppen zu entziehen. Die Rücksichtnahme auf die Opfer der von den Grenztruppen begangenen Menschenrechtsverletzungen rechtfertige die Ungleichbehandlung nicht. Aus Nr. 2 der Ausführungsbestimmungen zu § 5 LTV-DR ergebe sich, daß die Tarifvertragsparteien nicht von einer einheitlich negativen Bewertung der Grenztruppenzugehörigkeit ausgegangen seien. Zwar sei wegen der im Anschluß an die Grundausbildung ausgeübten Tätigkeiten für die Deutsche Reichsbahn ein tatsächlicher Einsatz eines solchen Wehrpflichtigen bei den Grenztruppen auszuschließen gewesen. Gleichwohl seien auch diese Arbeitnehmer während der Grundausbildung Angehörige eines Repressionsorgans der ehemaligen DDR gewesen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß die Beklagte dem Kläger die Zeit vom 6. Mai 1981 bis zum 28. Oktober 1982 als Dienstzeit im Sinne des § 5 LTV-DR anzurechnen hat.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, § 5 Abs. 4 Buchst. b LTV-DR sei mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Es sei sachlich gerechtfertigt, Zeiten der Zugehörigkeit zu den Grenztruppen der DDR von der Berücksichtigung als Beschäftigungszeit auszuschließen, weil die Grenztruppen aufgrund ihrer Aufgabenstellung ein besonderes Repressionsorgan der ehemaligen DDR gewesen seien.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Innerhalb der bis zum 3. August 1998 verlängerten Revisionsbegründungsfrist gingen von der dreiseitigen Revisionsbegründung vom 3. August 1998 lediglich zwei Seiten per Telefax ein. Der vollständige Originalschriftsatz ging am 4. August 1998 beim Bundesarbeitsgericht ein. Für den Fall der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist beantragt die Beklagte, ihr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Kläger beantragt, die Revision unter Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I. Die Revision ist zulässig. Sie wurde rechtzeitig innerhalb der bis zum 3. August 1998 verlängerten Revisionsbegründungsfrist begründet. Das an diesem Tag eingegangene Telefax genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung.

1. Gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Revisionsbegründung, sofern sie, wie hier, nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz beim Revisionsgericht einzureichen. Dazu reicht die fernmeldetechnische Übermittlung per Telefax aus (vgl. Zöller/Greger ZPO 21. Aufl. § 130 Rn. 9 f.). Zwar ging nicht die vollständige Revisionsbegründungsschrift per Telefax ein, sondern nur deren Seiten 1 und 3. Dies ist jedoch unerheblich, denn nicht nur ein vollständig eingegangenes Telefax, sondern auch Teile eines solchen können der gerichtlichen Beurteilung unterzogen werden (BGH 4. Mai 1994 - XII ZB 21/94 - LM ZPO § 117 Nr. 7). Daß dem Telefax nicht nur ein Entwurf, sondern ein bestimmender Schriftsatz zugrundelag, belegt die auf Blatt 3 der Revisionsbegründung befindliche Unterschrift der verantwortlich zeichnenden Rechtsanwältin. Damit genügt das Telefax dem für die Revisionsbegründung bestehenden Schriftformerfordernis.

2. Das Telefax entspricht auch inhaltlich den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung.

Nach § 554 Abs. 3 Nr. 1 ZPO muß die Revisionsbegründung die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Revisionsanträge). Außerdem müssen die Revisionsgründe unter Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm angegeben werden (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 a ZPO). Dies erfordert, daß sich die Revisionsbegründung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt (BAG 4. September 1975 - 3 AZR 230/75 - AP ZPO § 554 Nr. 15 = EzA ZPO § 554 Nr. 1; 16. Mai 1990 - 4 AZR 145/90 - BAGE 65, 147, 150, zu I der Gründe; 29. Oktober 1997 - 5 AZR 624/96 - BAGE 87, 41, 44, zu 1 der Gründe). Dadurch soll sichergestellt werden, daß der Prozeßbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (BAG 7. Juli 1999 - 10 AZR 575/98 - NZA 2000, 112, zu II der Gründe mwN).

Diese Voraussetzungen erfüllt das Telefax vom 3. August 1998. Es enthält auf Blatt 1 den Revisionsantrag, dem zu entnehmen ist, daß das Berufungsurteil insgesamt angefochten und die Wiederherstellung des erstinstanzlichen klageabweisenden Urteils erstrebt wird. Dieses Begehren findet sich nochmals im letzten Absatz des Telefax unmittelbar über der Unterschrift der Prozeßbevollmächtigten. Der Revisionsantrag ist deshalb von der Unterschrift gedeckt.

Das Telefax enthält auch eine ausreichende Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils. Dies gilt bereits für die über der Unterschrift der Prozeßbevollmächtigten befindlichen Ausführungen. Ob der nachfolgende Text berücksichtigt werden könnte, kann daher offenbleiben.

a) Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, daß § 5 Abs. 4 Buchst. b LTV-DR, soweit Zeiten des bei den Grenztruppen der DDR abgeleisteten Grundwehrdienstes von der Anrechnung als Dienstzeit ausgeschlossen werden, wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG nichtig sei. Die Norm benachteilige Arbeitnehmer, die ihren Grundwehrdienst bei den Grenztruppen der DDR geleistet haben, ohne sachlichen Grund gegenüber Arbeitnehmern, die ihren Grundwehrdienst bei anderen Truppenteilen der NVA, bei den dem Ministerium des Innern angehörenden Einheiten der Bereitschaftspolizei oder bei dem Wachregiment des MfS Felix Dzierzynski absolviert haben. Die bloße Zugehörigkeit der Grundwehrdienstleistenden zu den Grenztruppen sei auch wegen der in Nr. 2 der Ausführungsbestimmungen zu § 5 Abs. 4 LTV-DR vorgesehenen Ausnahme vom Anrechnungsausschluß kein sachlicher Grund für die vorgenommene Differenzierung.

b) Mit dieser Begründung setzt sich die per Telefax eingegangene Revisionsbegründung in ausreichendem Maße auseinander. Dort ist ausgeführt, die Tarifvertragsparteien hätten für die Anrechnung von Dienstzeiten eine sachliche Abgrenzung getroffen und bestimmte Tätigkeiten bei Dritten nicht auf die Dienstzeit bei der Beklagten angerechnet. Die Nichtberücksichtigung von Zeiten des Grundwehrdienstes bei den Grenztruppen der DDR verstoße nicht deshalb gegen den Gleichheitssatz, weil die bei anderen Repressionsorganen der DDR zurückgelegten Grundwehrdienstzeiten nicht von der Anrechnung als Dienstzeit ausgeschlossen seien. Einerseits gebe es keine Gleichbehandlung im Unrecht, andererseits seien Zeiten des Wehrdienstes beim Wachregiment des MfS entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ebenfalls nicht als Dienstzeit anzurechnen.

Aus diesen Ausführungen wird deutlich, daß und weshalb die Beklagte mit der Revision eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG durch das Landesarbeitsgericht rügt. Dies reicht zur Begründung der Revision aus. Zwar erwähnt die per Telefax eingegangene Revisionsbegründung nicht ausdrücklich die von Nr. 2 der Ausführungsbestimmungen zu § 5 Abs. 4 LTV-DR privilegierte Gruppe von Wehrpflichtigen, die den Grenztruppen angehört, dort aber nur die Grundausbildung abgeleistet haben. Dies ist jedoch unerheblich. Zum einen wendet sich die Revision mit dem Argument, es gebe keine Gleichbehandlung im Unrecht, generell gegen die Begründung des Landesarbeitsgerichts, die tarifliche Regelung benachteilige Arbeitnehmer, die den Grundwehrdienst bei den Grenztruppen abgeleistet haben, ohne sachlichen Grund gegenüber Arbeitnehmern, die den Grundwehrdienst bei ähnlich belasteten Institutionen der DDR absolviert haben. Zum anderen braucht die Revisionsbegründung nicht auf alle einzelnen Streitpunkte einzugehen. Erforderlich ist nur, daß sie sich auf alle Teile des Urteils erstreckt, hinsichtlich derer die Aufhebung beantragt wird (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. § 554 Rn. 6). Diese Voraussetzung erfüllt die per Telefax eingegangene Revisionsbegründung der Beklagten.

II. Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des Berufungsurteils zur Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts.

Die Zeit des bei den Grenztruppen abgeleisteten Grundwehrdienstes ist nicht gemäß § 4 Abs. 1 MTV, § 22 Abs. 1 ÜTV, § 5 LTV-DR als Dienstzeit des Klägers anzurechnen. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts verstößt der Ausschluß dieser Zeiten von der Anrechnung als Dienstzeit in § 5 Abs. 4 Buchst. b LTV-DR nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die bei den Grenztruppen abgeleistete Grundwehrdienstzeit ist auch nicht nach § 6 Arbeitsplatzschutzgesetz als Dienstzeit zu berücksichtigen.

1. Nach § 4 Abs. 1 Buchst. a MTV gelten als Zeit der Zugehörigkeit zur Beklagten Zeiten, die in einem ständigen Arbeitsverhältnis bei ihr zurückgelegt wurden. Sofern der Anspruch auf tarifvertragliche Leistungen eine Zeit der Zugehörigkeit zur Beklagten voraussetzt, sind gemäß § 22 Abs. 1 ÜTV auch Zeiten zu berücksichtigen, die bei einem Rechtsvorgänger der Beklagten in einem ständigen Arbeitsverhältnis zurückgelegt oder angerechnet wurden. Insoweit sind die tariflichen Vorschriften maßgeblich, die bei dem jeweiligen Rechtsvorgänger galten. Dies ist im Falle des Klägers § 5 LTV-DR, da er vor der Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte bei der Deutschen Reichsbahn beschäftigt war.

2. Nach § 5 Abs. 4 Buchst. b LTV-DR sind Zeiten einer Tätigkeit als Angehöriger der Grenztruppen der DDR von der Berücksichtigung als Eisenbahndienstzeit ausgeschlossen. Der Kläger war als Grundwehrdienstleistender "Angehöriger" der Grenztruppen im Sinne der Tarifbestimmung. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, werden nicht nur Zeit- und Berufssoldaten, sondern auch Wehrpflichtige, die ihren Grundwehrdienst bei den Grenztruppen der DDR abgeleistet haben, von dem tariflichen Ausschlußtatbestand erfaßt (Senatsurteile 23. Juni 1994 - 6 AZR 911/93 - BAGE 77, 137, 143, zu I 3 der Gründe zur Übergangsvorschrift Nr. 1 Buchst. b zu § 9 TV Arb-O (Postdienstzeit); 30. März 1995 - 6 AZR 340/94 - nv. zu I 2 a der Gründe zu § 12 AnTV-DR (Eisenbahndienstzeit/Angestellte); 28. Mai 1998 - 6 AZR 585/96 - BAGE 89, 57, 65 f., zu B I 1 b der Gründe; 29. Oktober 1998 - 6 AZR 268/97 - nv. zu II 2 b der Gründe).

Aus Nr. 2 der Ausführungsbestimmungen zu § 5 Abs. 4 LTV-DR ergibt sich nichts anderes. Danach sind Zeiten einer Tätigkeit als Angehöriger der Grenztruppen der DDR von der Anrechnung als Dienstzeit nicht ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer nach der Einberufung als Wehrpflichtiger zu den Grenztruppen der DDR dort nur die Grundausbildung abgeleistet hat und im unmittelbaren Anschluß daran vom Grenztruppendienst freigestellt oder vorzeitig entlassen worden ist, um bei der Deutschen Reichsbahn wieder im Lokfahrdienst, Zugbegleitdienst, Fahrdienstleiterdienst, Stellwerksdienst oder Rangierdienst zu arbeiten. Diese Bestimmung, deren Voraussetzungen der Kläger nicht erfüllt, regelt einen Ausnahmefall, auf deren Grundlage sich der Regelungsgehalt des Ausschlußtatbestandes nicht bestimmen läßt. Wegen ihres Ausnahmecharakters bestätigt diese Vorschrift vielmehr den grundsätzlichen Anrechnungsausschluß von Grundwehrdienstzeiten, die bei den Grenztruppen abgeleistet wurden (vgl. Senatsurteil 29. Oktober 1998 - 6 AZR 268/97 - aaO).

3. Die tarifliche Regelung verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die Tarifvertragsparteien an die Grundrechte gebunden. Sie haben damit auch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten. Dieser wird durch eine Tarifnorm verletzt, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, daß sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (BAG 21. Februar 1991 - 6 AZR 406/89 - BAGE 67, 264, 272, zu II 5 a der Gründe). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Letzteres gilt insbesondere bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen (BAG 23. Juni 1994 - 6 AZR 911/93 - BAGE 77, 137).

b) Der erkennende Senat hat durch Urteile vom 23. Juni 1994 (- 6 AZR 911/93 - aaO zur Übergangsvorschrift Nr. 1 Buchst. b zu § 9 TV Arb-O), vom 30. März 1995 und vom 29. Oktober 1998 (- 6 AZR 340/94 - nv. und - 6 AZR 268/97 - nv. zur insoweit gleichlautenden Bestimmung in § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b AnTV-DR) die Ungleichbehandlung von Grundwehrdienstzeiten, die bei den Grenztruppen der DDR abgeleistet wurden, gegenüber solchen bei anderen Truppenteilen der NVA bei der Dienstzeitberechnung aufgrund der Rücksichtnahme auf die Opfer von Menschenrechtsverletzungen durch die Grenztruppen als sachlich gerechtfertigt angesehen. Anders als der NVA, deren Aufgabe ebenso wie bei den Armeen anderer Staaten in der herkömmlichen Landesverteidigung bestand, oblag es den Grenztruppen, ua. die Freizügigkeit der in der ehemaligen DDR lebenden Menschen unter Mißachtung elementarer Grundrechte einzuschränken. Dabei stand die Organisation der Grenztruppen als Ganzes für diesen ihr übertragenen Auftrag. Als mögliche Teilnehmer an solchen Menschenrechtsverletzungen kamen aus Sicht der Opfer alle Grenztruppenangehörigen in Betracht, ohne Rücksicht darauf, ob sie freiwillig oder zur Erfüllung ihrer allgemeinen Wehrpflicht dort hingelangt waren. Dies rechtfertigt es, auch Zeiten des Grundwehrdienstes bei den Grenztruppen von der Anrechnung als Dienstzeit auszunehmen.

An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat fest. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung.

aa) Das Landesarbeitsgericht stützt seine gegenteilige Auffassung auf Nr. 2 der Ausführungsbestimmungen zu § 5 Abs. 4 LTV-DR und meint, wenn in den dort genannten Fällen die Ableistung der Grundausbildung bei den Grenztruppen anrechnungsunschädlich sei, könne die Rücksichtnahme auf die Opfer von Menschenrechtsverletzungen allein die Ungleichbehandlung der Grenztruppenangehörigen gegenüber anderen Angehörigen der NVA nicht rechtfertigen. Dabei verkennt das Landesarbeitsgericht, daß der sachliche Grund für die unterschiedliche Behandlung von Wehrdienstleistenden, die nur die Grundausbildung bei den Grenztruppen absolviert haben, und den Wehrpflichtigen, die den gesamten Grundwehrdienst dort abgeleistet haben, darin besteht, daß die Grundausbildung der Wehrpflichtigen bei allen Truppenteilen gleich war. Eine Teilnahme an den Menschenrechtsverletzungen der Grenztruppen kam daher während der Grundausbildung regelmäßig nicht in Betracht. Deshalb ist es sachlich gerechtfertigt, daß die Tarifvertragsparteien solche Wehrdienstzeiten vom Anrechnungsausschluß ausgenommen haben (vgl. Senatsurteil 29. Oktober 1998 - 6 AZR 268/97 - nv., zu II 3 b aa der Gründe).

bb) Soweit das Landesarbeitsgericht die Auffassung vertritt, der Anrechnungsausschluß von Grundwehrdienstzeiten bei den Grenztruppen verstoße deswegen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil Zeiten des Grundwehrdienstes beim Wachregiment des MfS "Felix Dzierzynski" nicht von der Berücksichtigung als Dienstzeit ausgeschlossen seien, übersieht es, daß diese Zeiten zwar nicht vom Ausschlußtatbestand des § 5 Abs. 4 Buchst. b LTV-DR erfaßt werden, aber als Zeiten der Tätigkeit für das MfS nach § 5 Abs. 4 Buchst. a LTV-DR von der Anrechnung als Dienstzeit ausgeschlossen sind.

cc) Der Anrechnungsausschluß in § 5 Abs. 4 Buchst. b LTV-DR verstößt entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts auch nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil Zeiten des Grundwehrdienstes, den ein Arbeitnehmer als Wehrersatzdienst bei Einheiten der Bereitschaftspolizei geleistet hat, nicht von der Berücksichtigung als Dienstzeit ausgeschlossen sind.

Die Tarifvertragsparteien haben durch § 5 Abs. 4 LTV-DR von der Anrechnung als Dienstzeit Zeiten von Tätigkeiten ausgenommen, die mit demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren sind und durch die der Arbeitnehmer das Herrschaftssystem der ehemaligen DDR in besonderer Weise unterstützt hat (BAG 28. Mai 1998 - 6 AZR 618/96 - BAGE 89, 70, 75, zu II 1 a der Gründe). Dies haben die Tarifvertragsparteien bei Tätigkeiten für das MfS und der Zugehörigkeit zu den Grenztruppen aufgrund der besonderen Aufgabenstellung dieser Institutionen als Hauptrepressionsorgane der ehemaligen DDR immer als gegeben angesehen und deshalb Zeiten solcher Tätigkeiten von der Anrechnung als Dienstzeit generell ausgeschlossen. Daß sie die Zugehörigkeit zu den Einheiten der Bereitschaftspolizei nicht in gleicher Weise eingeschätzt haben, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Einheiten der Bereitschaftspolizei hatten zwar möglicherweise im Einzelfall grundrechtsfeindliche und rechtsstaatswidrige Ziele zu verwirklichen, nicht aber bereits aufgrund ihrer allgemeinen Aufgabenstellung, die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in der Gewährleistung der inneren Sicherheit bestand. Dies stellt einen sachlichen Grund dafür dar, die Wehrdienstleistenden, die ihren Grundwehrdienst bei den Einheiten der Bereitschaftspolizei absolviert haben, anders zu behandeln als Wehrdienstleistende, die während ihres Grundwehrdienstes den Grenztruppen angehört haben.

4. Die tarifliche Regelung verstößt nicht gegen § 6 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsplatzschutzgesetz. Nach dieser Bestimmung gilt die Zeit des Grundwehrdienstes oder einer Wehrübung als Dienst- und Beschäftigungszeit im Sinne der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes. Dazu gehört der bei den Grenztruppen der DDR abgeleistete Grundwehrdienst nicht.

Das Arbeitsplatzschutzgesetz findet als Nebengesetz zum Wehrpflichtgesetz und zum Soldatengesetz nur auf Arbeitnehmer Anwendung, deren Einberufung durch auf der deutschen Wehrgesetzgebung beruhende staatliche Maßnahmen veranlaßt worden ist und - im Hinblick auf den in Art. 48 EWG-Vertrag und Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 38/64/EWG des Rates vom 25. März 1964 und Art. 7 der Verordnung Nr. 1612/68/EWG des Rates vom 15. Oktober 1968 verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz - für in der Bundesrepublik beschäftigte Arbeitnehmer aus Ländern der Europäischen Union, die in ihrem Heimatland zum Wehrdienst einberufen werden (BAG 5. Dezember 1969 - 5 AZR 215/68 - BAGE 22, 232; EuGH 15. Oktober 1969 - RS 15/69 - Slg. 1969, 363; ErfK/Ascheid § 1 ArbPlSchG Rn. 1 mwN). Der aufgrund der Wehrgesetzgebung der DDR geleistete Grundwehrdienst bei den Grenztruppen ist daher kein Wehrdienst im Sinne des Arbeitsplatzschutzgesetzes.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO

Ende der Entscheidung

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