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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 22.09.2005
Aktenzeichen: 6 AZR 579/04
Rechtsgebiete: TVK vom 1. Juli 1971, ArbZG, ZPO


Vorschriften:

TVK vom 1. Juli 1971 § 3 Abs. 2
TVK vom 1. Juli 1971 § 3 Abs. 3
TVK vom 1. Juli 1971 §§ 14 f.
TVK vom 1. Juli 1971 § 16 Abs. 1
TVK vom 1. Juli 1971 § 16 Abs. 5
ArbZG § 11 Abs. 3 Satz 2
ArbZG § 12 Satz 1 Nr. 1
ArbZG § 12 Satz 1 Nr. 2
ZPO § 253 Abs. 2
ZPO § 256 Abs. 1
1. Die Tarifvertragsparteien haben gem. dem Tarifvorbehalt in § 12 Satz 1 Nr. 2 ArbZG in § 16 Abs. 1 TVK eine abschließende Regelung dahin gehend getroffen, dass ein Tag je Kalenderwoche dienstfrei ist. Hiermit haben die Tarifvertragsparteien ausgeschlossen, dass für Kalenderwochen, in die ein Wochenfeiertag fällt, zwei dienstfreie Tage zu gewähren sind.

2. Nach § 16 Abs. 5 TVK sind in der jeweiligen laufenden Spielzeit - außerhalb der Theater- und Konzertferien - acht Sonntage beschäftgungsfrei zu lassen. Während dieser Zeit hat der Musiker auch nicht erreichbar iSv. § 14 TVK zu sein.


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

6 AZR 579/04

Verkündet am 22. September 2005

In Sachen

hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Armbrüster und Prof. Dr. Friedrich sowie die ehrenamtlichen Richter Zuchold und Klapproth für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers und die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. Oktober 2004 - 4 (5) Sa 1121/04 - werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revisionsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Gewährung von Ersatzruhetagen für Wochenfeiertagseinsätze sowie über beschäftigungsfreie Sonntage außerhalb der Orchesterferien.

Der Kläger ist als Orchestermusiker bei der Beklagten beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis gilt kraft beiderseitiger Tarifbindung der TVK. Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

"§ 14

Erreichbarkeit

Der Musiker, der nicht dienstfrei (§ 16) hat, ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass er bis drei Stunden vor Beginn der Aufführung zu erreichen ist.

...

§ 16

Dienstfreie Tage

(1) Der Musiker hat in jeder Kalenderwoche Anspruch auf einen dienstfreien Tag.

...

(5) In jeder Spielzeit sind acht Sonntage beschäftigungsfrei zu lassen."

Die Beklagte gewährt dem Kläger pro Woche einen dienstfreien Tag nach § 16 Abs. 1 TVK. Im Beschäftigungsjahr 2003/2004 wurde der Kläger an folgenden Sonntagen entsprechend dem Dienstplan nicht zu Diensten herangezogen, hatte aber nach § 14 TVK für die Beklagte erreichbar zu sein: 28. September 2003, 26. Oktober 2003, 9. November 2003, 16. November 2003, 7. Dezember 2003, 11. Januar 2004. Am 14. Dezember 2003 und am 4. Januar 2004 war er zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeiten vom Dienst freigestellt.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte müsse ihm als Ausgleich für eine Beschäftigung an einem Wochenfeiertag zusätzlich zu dem dienstfreien Tag gemäß § 16 Abs. 1 TVK innerhalb von acht Wochen jeweils einen Ersatzruhetag gewähren, an dem er nicht nach § 14 TVK erreichbar sein müsse. Ferner ist er der Ansicht, die Beklagte müsse in jeder Spielzeit, dh. außerhalb der Theater- und Konzertferien, acht Sonntage beschäftigungsfrei lassen. An diesen Sonntagen dürfe auch keine Rufbereitschaft angeordnet werden.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Beschäftigung an Feiertagen, die auf einen Wochentag fallen, zusätzlich zu dem dienstfreien Tag gemäß § 16 Abs. 1 TVK innerhalb von acht Wochen jeweils einen Ersatzruhetag zu gewähren, der im Vorhinein im Dienstplan kenntlich zu machen ist,

hilfsweise

b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Beschäftigung an Feiertagen, die auf einen Wochentag fallen, zusätzlich zu dem dienstfreien Tag gemäß § 16 Abs. 1 TVK innerhalb von acht Wochen jeweils einen Ersatzruhetag zu gewähren,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger in der jeweiligen laufenden Spielzeit - außerhalb der Theater- und Konzertferien - an mindestens acht Sonntagen nicht zu beschäftigen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe pro Woche gemäß § 16 Abs. 1 TVK nur ein dienstfreier Tag zu. Diese Regelung sei abschließend. Ein weiterer Tag müsse dem Kläger auch dann nicht gewährt werden, wenn er an einem Wochenfeiertag Dienst leiste. § 16 Abs. 1 TVK sei eine Sonderregelung iSv. § 12 Satz 1 Nr. 2 ArbZG, weil die Tarifnorm nur einen dienstfreien Tag pro Woche vorsehe und damit den Wegfall von Ersatzruhetagen für auf Werktage fallende Feiertage anordne. Der Antrag zu 2) sei bereits unzulässig, da der Kläger im Beschäftigungsjahr 2003/2004 in dem von § 16 Abs. 5 TVK geforderten Umfang an Sonntagen tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht habe. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Dies ergebe sich aus der Tarifgeschichte. Der Tarifausschuss des Deutschen Bühnenvereins sei am 7. Februar 1995 mit der Deutschen Orchestervereinigung einig gewesen, "die acht freien Sonntage des Arbeitszeitgesetzes in den TVK" aufzunehmen. § 16 Abs. 5 TVK meine mit "Spielzeit" das ganze Jahr. Inhaltlich habe eine identische Regelung wie beim NV Bühne gewählt werden sollen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag zu 2) stattgegeben und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind ohne Erfolg.

A. Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet.

I. Der Antrag ist zulässig, bedarf jedoch der Auslegung.

1. Der Klageantrag muss das festzustellende Rechtsverhältnis iSv. § 253 Abs. 2 ZPO bezeichnen. Dies ist der Fall, wenn der Klageantrag den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) erkennbar abgrenzt, den Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt und das Risiko des Unterliegens nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt (Zöller/Greger ZPO 25. Aufl. § 253 Rn. 13 mwN). Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Beschäftigung an Feiertagen, die auf einen Wochentag fallen, zusätzlich zu dem dienstfreien Tag gemäß § 16 Abs. 1 TVK innerhalb von acht Wochen jeweils einen Ersatzruhetag zu gewähren, der im Vorhinein im Dienstplan kenntlich zu machen ist. Der vom Kläger gewählten Formulierung des Antrags lässt sich nicht entnehmen, was der Kläger mit "Ersatzruhetag" meint. Dies ergibt sich jedoch im Wege der Auslegung. Auf Seite 9 der Klageschrift führt der Kläger aus, man könne nur dann von einem Ersatzruhetag sprechen, wenn er an diesem Tag 24 Stunden lang tun und lassen könne, was er wolle, und keine Möglichkeit bestehe, dass er noch vom Arbeitgeber zum Dienst herangezogen werde. Ein Tag, an dem der Musiker bis zu drei Stunden vor Beginn der Vorstellung erreichbar zu sein habe, sei kein Ruhetag. Der Kläger versteht somit unter "Ersatzruhetag" einen dienstfreien Tag iSv. § 16 TVK. Damit bezieht sich die Feststellungsklage zulässigerweise auf einzelne Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis. Da die Beklagte die vom Kläger behauptete Verpflichtung, ihm für die Beschäftigung an Feiertagen, die auf einen Wochentag fallen, jeweils einen Ersatzruhetag zu gewähren, ernstlich leugnet, ergibt sich hieraus das besondere Feststellungsinteresse des Klägers nach § 256 Abs. 1 ZPO.

II. Der Antrag ist nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf einen weiteren dienstfreien Tag nach § 11 Abs. 3 ArbZG.

1. Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist. Nach § 12 Satz 1 Nr. 2 ArbZG kann in einem Tarifvertrag abweichend von § 11 Abs. 3 ArbZG der Wegfall von Ersatzruhetagen für auf Werktage fallende Feiertage vereinbart werden. Dies haben die Tarifvertragsparteien in § 16 Abs. 1 TVK bestimmt, wie die Tarifauslegung ergibt.

a) Der normative Teil eines Tarifvertrages ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut.

Zu ermitteln ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den vertraglichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Ein Wille, für den es im Wortlaut keinen Anhaltspunkt gibt, ist für die Auslegung bedeutungslos. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann (st. Rspr. des BAG, vgl. 28. Mai 1998 - 6 AZR 349/96 - AP BGB § 611 Bühnenengagementsvertrag Nr. 52 = EzA TVG § 4 Bühnen Nr. 5, zu II 2 a der Gründe; 26. April 2001 - 6 AZR 2/00 -AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 37, zu 1 a der Gründe; 29. August 2001 - 4 AZR 337/00 - BAGE 99, 24, 28; 22. Oktober 2002 - 3 AZR 664/01 - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 185, zu II 1 a der Gründe).

b) Die am Wortlaut orientierte Auslegung ergibt, dass die Tarifvertragsparteien in § 16 Abs. 1 TVK eine abschließende Regelung dahin gehend getroffen haben, dass ein Tag je Kalenderwoche dienstfrei ist, mehr nicht. Hiermit haben die Tarifvertragsparteien zugleich ausgeschlossen, dass für Kalenderwochen, in die ein Wochenfeiertag fällt, zwei dienstfreie Tage zu gewähren sind. Die Existenz von Wochenfeiertagen war den Tarifvertragsparteien bekannt. Sie haben gleichwohl in § 16 Abs. 1 TVK ausnahmslos nur einen dienstfreien Tag je Kalenderwoche vorgesehen und hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass die Arbeit an Wochenfeiertagen neben der an Sonntagen keinen (weiteren) Ersatzruhetag auslösen soll. § 12 Satz 1 Nr. 2 ArbZG verlangt nicht, dass sich die tarifliche Regelung auf § 11 Abs. 3, § 12 Satz 1 Nr. 2 ArbZG bezieht (vgl. BAG 12. Dezember 2001 - 5 AZR 294/00 - BAGE 100, 124, zu II 2 b aa der Gründe). Dies wäre hier schon deshalb nicht möglich gewesen, weil § 16 TVK älter ist als das Arbeitszeitgesetz.

Für diese Tarifauslegung sprechen auch der Sinn und Zweck von § 16 Abs. 1 TVK sowie der tarifliche Gesamtzusammenhang. § 15 TVK regelt die Anzahl der wöchentlich von den Musikern zu leistenden Dienste (Abs. 2 und 3), deren Dauer (Abs. 4) sowie die Aufstellung und Bekanntgabe eines Arbeitsplanes (Abs. 5). Diese Regelungen lassen Sonn- und Feiertage gänzlich unbeachtet. Mit der Diensteinteilung soll ein durchgehender Spielbetrieb des Klangkörpers über die gesamte Kalenderwoche gewährleistet werden. Hierbei gilt für die Musiker nach § 16 Abs. 1 TVK die Sechs-Tage-Woche. Da die Diensteinteilung unabhängig von einer Unterscheidung zwischen Werktagen einerseits und Sonn- und Feiertagen andererseits erfolgt, soll nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien gemäß § 16 Abs. 1 TVK allen Musikern einheitlich ein dienstfreier Tag je Kalenderwoche zustehen und nicht denjenigen, die (zufällig) an einem Wochenfeiertag Dienst geleistet haben, ein weiterer.

2. Haupt- und Hilfsantrag sind damit bereits deshalb unbegründet, weil dem Kläger zusätzlich zu dem dienstfreien Tag gemäß § 16 Abs. 1 TVK kein Ersatzruhetag für die Beschäftigung an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag zusteht. Deshalb kommt es darauf, ob dieser im Vorhinein im Dienstplan kenntlich zu machen ist, nicht an.

B. Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

I. Der Antrag zu 2) ist zulässig.

Der Antrag ist nicht deshalb unbestimmt iSv. § 253 Abs. 2 ZPO, weil zunächst im Wege der Auslegung zu klären ist, was der Kläger mit "nicht zu beschäftigen" meint. Wie sich aus dem Schriftsatz des Klägers vom 22. April 2004 (Seite 5) ergibt, versteht der Kläger unter Beschäftigung nicht nur die tatsächliche Leistung von Arbeit, sondern auch die von ihm als "Rufbereitschaft" bezeichnete Verpflichtung zur Erreichbarkeit nach § 14 TVK. Damit ist der Antrag hinreichend bestimmt.

Zwar wurde der Kläger im Beschäftigungsjahr 2003/2004 unstreitig an acht Sonntagen nicht zu Diensten herangezogen. An diesen Tagen hatte er jedoch entweder nach § 14 TVK erreichbar zu sein oder ihm war ein freier Tag zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit gewährt worden. Die Verpflichtung, den Kläger in der laufenden Spielzeit, dh. außerhalb der Theater- und Konzertferien, an mindestens acht Sonntagen nicht zu beschäftigen, ihn auch nicht zur Erreichbarkeit nach § 14 TVK zu verpflichten, stellt die Beklagte in Abrede. Hieraus folgt das besondere Feststellungsinteresse des Klägers.

II. Der Antrag ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch darauf, in der jeweiligen laufenden Spielzeit - außerhalb der Theater- und Konzertferien - an mindestens acht Sonntagen nicht beschäftigt zu werden. Während dieser Zeiten hat er auch nicht erreichbar iSv. § 14 TVK zu sein.

1. Der Begriff "beschäftigungsfrei" in § 16 Abs. 5 TVK ist in dem vom Kläger verstandenen Sinne auszulegen.

a) Begriffe, die in der Rechtsterminologie einen bestimmten Inhalt haben, werden von den Tarifvertragsparteien in ihrer allgemeinen rechtlichen Bedeutung angewandt, wenn sich aus dem Tarifvertrag nichts anderes ergibt (BAG 24. September 1980 - 4 AZR 744/78 - BAGE 34, 173, 181; 8. August 2002 - 8 AZR 476/01 - ZTR 2003, 239, zu II 4 b aa (1) der Gründe).

b) "Beschäftigung" ist jede zum Betrieb gehörende Tätigkeit, auch die Heranziehung zu Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft (Baeck/Deutsch ArbZG 2. Aufl. § 9 Rn. 12; Neumann/Biebl ArbZG 14. Aufl. § 9 Rn. 3; Schliemann ArbZG Stand August 2005 § 9 Rn. 7; ErfK/Wank 5. Aufl. ArbZG § 9 Rn. 1; enger Anzinger/Koberski ArbZG 2. Aufl. § 9 Rn. 4: "verboten ist auch die Beschäftigung in einer der Formen des Bereitschaftsdienstes"; ablehnend in Bezug auf die Zuordnuung der Rufbereitschaft zur Beschäftigung: Dobberahn Das neue Arbeitszeitgesetz in der Praxis 2. Aufl. Rn. 122). Der Begriff der "Beschäftigung" ist weiter als der der Arbeit, der die Leistung von Rufbereitschaft nicht umfasst (vgl. hierzu BAG 9. Oktober 2003 - 6 AZR 447/02 - BAGE 108, 62, 69; EuGH 3. Oktober 2000 - Rs C-303/98 - [Simap] EuGHE I 2000, 7997).

c) Bei der Verpflichtung zur Erreichbarkeit nach § 14 TVK handelt es sich zwar nicht um typische Rufbereitschaft, aber sie erfüllt auch nicht das Tarifmerkmal "beschäftigungsfrei". Die Rufbereitschaft soll es dem Arbeitgeber ermöglichen, den Arbeitnehmer auch außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit bei Bedarf zur Arbeitsleistung zu verpflichten (BAG 22. Januar 2004 - 6 AZR 543/02 -, zu II 2 a der Gründe; 9. Oktober 2003 - 6 AZR 447/02 - BAGE 108, 62, 69; 29. Juni 2000 - 6 AZR 900/98 - BAGE 95, 210, 213). Kennzeichnend für Rufbereitschaft ist, dass der Arbeitnehmer auf eine entsprechende Aufforderung des Arbeitgebers sich umgehend ("auf Abruf") an den Arbeitsort - sei es im Betrieb oder bei einem Kunden - zu begeben hat, um die Arbeit aufzunehmen. Demgegenüber stellt sich die Situation für einen Musiker, der nach § 14 TVK erreichbar zu sein hat, etwas anders dar. Die Verpflichtung zur Erreichbarkeit bezieht sich hier nicht auf einen sofortigen Arbeitseinsatz, sondern auf eine Dienstplanänderung hinsichtlich der am selben Tag stattfindenden Aufführung, deren Zeitpunkt vorher feststeht. Der zur Erreichbarkeit nach § 14 TVK verpflichtete Musiker kann den betreffenden Tag zwar weitgehend unbeeinträchtigt verbringen, muss sich aber "spielfähig" halten. Demnach kann der Musiker, der eventuell für die Abendvorstellung erreichbar sein muss, den Nachmittag und Abend für seine Freizeitgestaltung nicht ungehindert verplanen.

d) Aus dem Umstand, dass Abs. 5 im Gegensatz zur Überschrift und den Absätzen 1 bis 4 des § 16 TVK sowie zu § 14 TVK nicht den Begriff "dienstfrei" verwendet, folgt nichts anderes. Dieser Umstand erklärt sich nämlich daraus, dass die Regelung insoweit die Terminologie der §§ 11 f. ArbZG übernommen hat.

2. Mit dem Begriff der Spielzeit ist allein die Zeit außerhalb der Konzert- und Theaterferien gemeint.

a) Das Landesarbeitsgericht hat richtig erkannt, dass hierfür bereits der Wortlaut von § 16 Abs. 5 TVK spricht. "Spielzeit" ist der Zeitabschnitt innerhalb eines Jahres, während dessen in einem Theater Aufführungen stattfinden (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden 3. Aufl. Stichwort "Spielzeit"; ähnlich: Brockhaus-Wahrig Deutsches Wörterbuch in 6 Bänden Stand 1983 Stichwort "Spielzeit"). Für diese Auslegung spricht auch der Gesamtzusammenhang. In § 3 Abs. 2 TVK wird der Begriff "Beschäftigungsjahr" verwendet, in Abs. 3 der Begriff "Spielzeit". Aus der Gegenüberstellung ist unzweifelhaft zu erkennen, dass die Spielzeit nur den Teil des Jahres umfasst, in dem tatsächlich Aufführungen stattfinden. Mit der Verwendung des Begriffs "Spielzeit" in § 16 Abs. 5 TVK haben damit die Tarifvertragsparteien nur den Zeitraum außerhalb der Theater- und Konzertferien bezeichnet.

b) Die Ausführungen der Revision zur Systematik der Bühnentarifverträge überzeugen nicht. Zutreffend ist zwar der Hinweis der Revision auf § 3 Abs. 1 TV Orchestervorstände. Der Verweis der Revision auf § 57 Abs. 3 NV Bühne für Solomitglieder, § 66 Abs. 3 für Bühnentechniker, § 74 Abs. 3 (gemeint ist wohl Abs. 5) für Chormitglieder und § 87 Abs. 5 für Tänzer führt aber nicht weiter. Die dortigen Formulierungen stimmen entgegen der Revision mit der in § 16 Abs. 5 TVK gerade nicht voll überein und sind nicht von denselben Tarifvertragsparteien vereinbart. § 57 Abs. 1 Satz 2 NV Bühne SR Solo sieht sogar ausdrücklich vor, dass das Solomitglied außerhalb der Theaterferien je Spielzeit acht freie Tage erhält, an denen das Solomitglied nicht erreichbar sein muss. Abs. 3 lautet sodann: "In jeder Spielzeit sind acht Sonntage beschäftigungsfrei". Lediglich § 66 Abs. 1, § 74 Abs. 1, § 87 Abs. 1 NV Bühne enthalten die Formulierung "ausgenommen der in die Spielzeit fallenden Theaterferien". Eine einheitliche Tarifregelung für alle Bühnenmitglieder hinsichtlich der beschäftigungsfreien Sonntage liegt somit nicht vor.

c) Die Tarifgeschichte belegt nicht die Ansicht der Beklagten. Zwar war eine Anpassung des TVK an das ArbZG beabsichtigt, die durch den Änderungstarifvertrag vom 20. Juni 1995 mit der Einfügung des Absatzes 5 in § 16 TVK auch erfolgte. Den von der Beklagten eingereichten Protokollen, insbesondere der Niederschrift über die Sitzung des Tarifausschusses am 7. Februar 1995, lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass diese auch zum Inhalt haben sollte, die Anzahl der beschäftigungsfreien Sonntage auf acht im Jahr zu verringern, wie § 12 Satz 1 Nr. 1 ArbZG es zulässt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten vielmehr eingeräumt, dass der TVK den Begriff "Spielzeit" abweichend von anderen Bühnentarifverträgen gebraucht und dass der Deutsche Bühnenverein dies bei der Einfügung des Absatzes 5 nicht beachtet habe.

d) Bestätigt wird die Auslegung der Tarifnorm schließlich durch den Sinn und Zweck der Regelung. Wie bereits ausgeführt, haben die Musiker ihre Dienste grundsätzlich an allen Tagen der Woche zu leisten. Nach § 16 Abs. 1 TVK erhalten sie in jeder Woche einen dienstfreien Tag. Dieser wird häufig auf einen Werktag fallen, da gerade an Wochenenden bevorzugt Aufführungen stattfinden. Um dem Musiker zumindest gelegentlich die Möglichkeit zu geben, seine Freizeit gemeinsam mit seiner Familie oder Freunden zu verbringen, sieht § 16 Abs. 5 TVK vor, dass in jeder Spielzeit acht Sonntage beschäftigungsfrei zu lassen sind. Diese Regelung würde weitgehend leer laufen, wenn die acht Sonntage auf das gesamte Beschäftigungsjahr, also einschließlich der Theater- und Konzertferien, entfielen, da damit dem Musiker für den größten Teil des Jahres, die Zeit, in der tatsächlich Aufführungen stattfinden (mehr als 10 Monate pro Jahr), nur zwei beschäftigungsfreie Sonntage zustünden. Ein gemeinsames Familienleben, das sich wegen Schule, Erwerbstätigkeit des Ehepartners etc. auf das Wochenende, insbesondere den Sonntag konzentriert, wäre für Musiker damit erheblich erschwert. Dies würde nicht nur dem Sinn und Zweck von § 16 Abs. 5 TVK nicht entsprechen, sondern ihm zuwider laufen.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 iVm. § 92 ZPO.

Ende der Entscheidung

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