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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 21.07.2005
Aktenzeichen: 6 AZR 592/04
Rechtsgebiete: InsO, KSchG, BetrVG


Vorschriften:

InsO a.F. § 113
InsO § 125
InsO § 209
KSchG § 4 Satz 1
KSchG § 7
BetrVG § 102
BetrVG § 111 ff.
1. Kommt ein aufschiebend bedingter Interessenausgleich zwischen den Betriebsparteien zustande, ist ein Interessenausgleich iSv. § 113 Abs. 3 BetrVG zumindest "versucht". Ob ein Inteeressenausgleich grundsätzlich bedingungsfeindlich ist, bleibt offen.

2. Der frühestmögliche Zeitpunkt einer Kündigung im massearmen Insolvenzverfahren hängt nicht davon ab, wann die Kündigungsvoraussetzungen des § 1 KSchG erfüllt sind.


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

6 AZR 592/04

Verkündet am 21. Juli 2005

In Sachen

pp.

hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Armbrüster, den Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Friedrich sowie die ehrenamtlichen Richter Kapitza und Wendlandt

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2004 - 2 Sa 29/04 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der dem Kläger gegenüber durch den Beklagten als Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 21. März 2003 zum 30. Juni 2003 erklärten ordentlichen betriebsbedingten Kündigung. Außerdem geht es um die Einordnung von Vergütungsansprüchen für die Zeit vom 1. März 2003 bis zum 30. September 2003 als Neumasseverbindlichkeiten.

Der 1947 geborene, verheiratete und einem Kind unterhaltsverpflichtete Kläger war seit 1973 bei der Schuldnerin als Fertigungskraft Bohren/Fräsen beschäftigt. Am 1. September 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Beklagten mit Schreiben vom 16. September 2002 ist zwischen den Parteien streitig. Der Beklagte beschloss die Weiterführung des Betriebes mit gestraffter Organisation und geringerem Personalbestand (Abbau von 346 von 838 Arbeitskräften). Am 18. September 2002 stellte er den Kläger von der Arbeit frei. In dem Interessenausgleich und Sozialplan vom 7. November 2002 vereinbarte der Beklagte mit dem Betriebsrat die befristete Weiterführung des Betriebes zunächst bis zum 31. Januar 2003. Unter IV. enthält die Betriebsvereinbarung folgende Regelung:

"1. Inkrafttreten

Diese Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich und Sozialplan tritt mit ihrer Unterzeichnung in Kraft und gilt bis zur Zweckerreichung. Die Wirksamkeit dieses Interessenausgleichs und Sozialplans steht unter der auflösenden Bedingung, daß es dem Insolvenzverwalter gelingt, bei einem Geldinstitut den zur Fortführung des Geschäftsbetriebs dringend erforderlichen Kredit zu erhalten."

Als Anlage ist der Betriebsvereinbarung eine vom Beklagten und dem Betriebsrat unterzeichnete Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer beigefügt, auf der sich unter Nr. 238 der Name des Klägers befindet.

Am 17. März 2003 schlossen die Betriebsparteien eine weitere Vereinbarung folgenden Inhalts:

"1. Der Zweck der Aufnahme der Bedingung in Ziff. IV Nr. 1 der Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich und Sozialplan vom 07.11.2002, nämlich die Fortführung des Geschäftsbetriebes bis Januar 2003, wenn nicht sogar bis März 2003 zu gewährleisten, wurde erreicht.

2. Die Beteiligten sind sich daher rechtstatsächlich einig, dass die Bedingung in Ziff. IV Nr. 1 der Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich und Sozialplan vom 07.11.2002 keine Wirkung mehr entfaltet; sie wird einvernehmlich mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung aufgehoben. Damit wird die Betriebsvereinbarung über den Interessenausgleich und Sozialplan einschließlich Anlage 1, Buchstabe A und B vom 07.11.2002 wirksam."

Mit Schreiben vom 21. März 2003 kündigte der Beklagte nach Anhörung des Betriebsrats das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30. Juni 2003. Hiergegen hat der Kläger am 8. April 2003 Kündigungsschutzklage erhoben. Gegen eine weitere Kündigung vom 23. Juni 2003 zum 30. September 2003 wegen endgültiger Stilllegung des Geschäftsbetriebs hat sich der Kläger nicht gewehrt.

Der Kläger hält die Kündigung vom 21. März 2003 wegen grob fehlerhafter Sozialauswahl für unwirksam. Er verweist auf acht seiner Meinung nach vergleichbare Arbeitnehmer seiner Abteilung mit zum Teil deutlich jüngerem Lebensalter und kürzerer Betriebszugehörigkeit, ua. den Mitarbeiter M, der 30 Jahre jünger als der Kläger ist und eine um 20 Jahre geringere Betriebszugehörigkeit aufweist, und neben seiner Ehefrau einem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist. Außerdem begehrt der Kläger für die Zeit vom 1. März bis 30. September 2003 Zahlung der Vergütung. Diese Ansprüche seien Neumasseverbindlichkeiten gem. § 209 Abs. 1 Nr. 2 iVm. Abs. 2 Nr. 2 InsO. Der Beklagte habe es unterlassen, das Arbeitsverhältnis zum ersten Termin nach der von ihm behaupteten Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu kündigen. Alle Voraussetzungen für eine solche Kündigung hätten im November 2002 vorgelegen.

Der Kläger hat erstinstanzlich ua. beantragt,

1. es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 21. März 2003 nicht beendet wird.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 18. September 2002 bis 30. September 2003 Arbeitsvergütung von brutto 27.540,00 Euro abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld von 11.075,40 Euro netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich ergebenden Differenzbetrag ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu bezahlen.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage und die Zahlungsklage des Klägers für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 2003 abgewiesen; ua. hinsichtlich des Zahlungsantrags für die Zeit vom 1. März bis 30. Juni 2003 hat es der Klage stattgegeben. Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und in der Berufungsbegründung vom 24. März 2004 ua. ausgeführt:

"Das erstinstanzliche Urteil wird nur insoweit angefochten, als das Arbeitsgericht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2003 festgestellt und demzufolge Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug für den Zeitraum vom 01.07.2003 bis 30.09.2003 nicht zuerkannt hat. Da für den Zahlungsantrag inzidenter auch der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu prüfen ist, erübrigt sich ein gesonderter Feststellungsantrag."

Der Kläger hat in der Berufungsinstanz beantragt,

1. Unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Arbeitsvergütung für die Zeit vom 1. Juli 2003 bis 30. September 2003 zu zahlen iHv. 79,77 Euro vermögenswirksamer Leistungen sowie 6.732,00 Euro brutto abzüglich Arbeitslosengeld iHv. 2.741,60 Euro zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13. Oktober 2003.

2. Die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte hat ebenfalls Berufung eingelegt und beantragt,

1. unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils festzustellen, dass dem Kläger Arbeitsvergütung für die Zeit vom 1. März 2003 bis 30. Juni 2003 als Masseverbindlichkeit iSd. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO zusteht iHv. 8.742,85 Euro abzüglich der von der Bundesagentur für Arbeit in diesem Zeitraum gewährten Leistungen.

2. Die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die im Rahmen der Kündigung vom 21. März 2003 vorgenommene Sozialauswahl jedenfalls nicht grob fehlerhaft sei. Bei den Vergütungsansprüchen für den Zeitraum vom 1. März 2003 bis 30. Juni 2003 handle es sich um sonstige Masseverbindlichkeiten iSv. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Bis zum Abschluss der Vereinbarung vom 17. März 2003 habe ein wirksamer Interessenausgleich nicht vorgelegen, so dass der Beklagte das Arbeitsverhältnis nicht habe kündigen können.

Das Landesarbeitsgericht hat unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten nach dem Berufungsantrag des Klägers erkannt.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seine Berufungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers - ohne dies im Tenor zum Ausdruck zu bringen - unter I. der Entscheidungsgründe festgestellt, dass entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 21. März 2003 nicht mit Ablauf des 30. Juni 2003 beendet worden ist. Die vom Beklagten vorgenommene Sozialauswahl sei grob fehlerhaft iSv. § 125 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers habe dieser ebenso wie der Mitarbeiter M Bohr- und Fräsmaschinen bedient und den sogenannten HMVT-Test durchgeführt, so dass diese beiden Arbeitnehmer nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen austauschbar seien. Im Hinblick darauf, dass der Kläger 30 Jahre älter und 20 Jahre länger im Betrieb sei als der Mitarbeiter M, lasse die vom Beklagten vorgenommene Sozialauswahl jede Ausgewogenheit vermissen.

Vergütungsansprüche des Klägers für die Zeit vom 1. März bis 30. Juni 2003 seien ebenso wie die Ansprüche des Klägers aus Annahmeverzug für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 2003 Neumasseforderungen iSd. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO, weil sie die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Beklagte nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit habe kündigen können, beträfen. Mit dem Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans sowie der Anhörung des Betriebsrats am 7. November 2002 seien objektiv alle Voraussetzungen erfüllt gewesen, um das Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 2003 kündigen zu können. Hieran sei der Beklagte auch nicht auf Grund der im Interessenausgleich und Sozialplan unter IV. 1. enthaltenen aufschiebenden (nicht auflösenden) Bedingung gehindert gewesen. Mit dem Abschluss der Vereinbarung vom 7. November 2002 habe der Beklagte den Versuch eines Interessenausgleichs gemacht, so dass er habe kündigen können.

II. Diese Ausführungen halten im Ergebnis und im Wesentlichen auch in der Begründung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

1. Der Beklagte hat das Arbeitsverhältnis nicht wirksam gemäß § 113 InsO zum 30. Juni 2003 gekündigt.

a) Die Kündigung gilt nicht gem. § 4 Satz 1, § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam, weil der Kläger in der Berufungsbegründung vom 24. März 2004 den erstinstanzlich gestellten, vom Arbeitsgericht abgewiesenen Feststellungsantrag nicht wiederholt, sondern ausschließlich den Zahlungsantrag betreffend den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2003 gestellt hat.

aa) Gem. § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO muss aus der Berufungsbegründung ersichtlich sein, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen beantragt werden. Dazu bedarf es nicht unbedingt bestimmt gefasster Anträge, wenn nur die innerhalb der Frist eingegangenen oder zulässigerweise in Bezug genommenen Schriftsätze ein bestimmtes Begehren eindeutig aufzeigen (BGH 15. Oktober 2003 - XII ZB 103/02 - FamRZ 2004, 179; 13. Mai 1998 - VIII ZB 9/98 - NJW-RR 1999, 211). Das Sachbegehren kann sich auch konkludent aus dem Zusammenhang ergeben (RG 25. Juni 1934 - IV B 34/34 - RGZ 145, 38, 39; BGH 22. Oktober 1974 - VI ZB 2/74 - VersR 1975, 48). Auch Prozesshandlungen sind auslegungsfähig und -bedürftig. Insoweit finden die Auslegungsregeln des materiellen Rechts grundsätzlich entsprechende Anwendung. Entscheidend ist also der objektive, dem Empfänger vernünftigerweise erkennbare Sinn. Im Zweifel ist gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH 10. März 1994 - IX ZR 152/93 - NJW 1994, 1537, zu II 2 b der Gründe; 6. Juni 2000 - VI ZR 172/99 - NJW 2000, 3287, zu II 2 der Gründe; Zöller/Greger ZPO 25. Aufl. vor § 128 Rn. 25; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 63. Aufl. Grdz. § 128 Rn. 52).

bb) Zwar hat der Kläger in seinem Schriftsatz vom 24. März 2004 den Kündigungsschutzantrag nicht ausdrücklich wiederholt. In der Begründung weist er aber ausdrücklich darauf hin, dass "das erstinstanzliche Urteil (...) nur insoweit angefochten (wird), als das Arbeitsgericht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2003 festgestellt und demzufolge Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug für den Zeitraum 01.07.2003 bis 30.09.2003 nicht zuerkannt hat". Die Berufungsbegründung befasst sich sodann unter I. eingehend in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit der Wirksamkeit der Kündigung. Deshalb kann auch die Äußerung des Klägers, ein gesonderter Feststellungsantrag erübrige sich, da für den Zahlungsantrag inzidenter auch der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu prüfen sei, nicht als Beschränkung des Berufungsantrags ausgelegt werden. Eine derartige Antragsauslegung widerspräche dem, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist. Der Feststellungsantrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist nämlich auch dann nicht entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer eine Vergütungsklage erhebt, weil sich die Rechtskraftwirkung des Leistungsurteils nicht zugleich auf die Entscheidungsgründe erstreckt, in denen zum Ausdruck gebracht ist, dass der Lohnanspruch begründet ist, weil die Kündigung unwirksam ist (BAG 25. März 1976 - 2 AZR 127/75 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 10, zu II 2 der Gründe; KR-Friedrich 7. Aufl. § 4 KSchG Rn. 20; APS/Ascheid 2. Aufl. § 4 KSchG Rn. 22; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 4 Rn. 7; Kittner/Däubler/Zwanziger-Zwanziger KSchR 6. Aufl. § 4 KSchG Rn. 31). Eine Beschränkung der Berufung auf den Leistungsantrag hätte von vornherein dessen Abweisung zur Folge, weil dem Kläger auf Grund der dann feststehenden Wirksamkeit der Kündigung keine Vergütungsansprüche für den Anschlusszeitraum zustehen können. Die Äußerung des Klägers, für den Zahlungsantrag sei inzidenter der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu prüfen, stellt lediglich die Mitteilung einer (unzutreffenden) Rechtsauffassung dar, die ohne weitere Bedeutung ist. Ersichtlich wurde sie sowohl vom Beklagten als auch dem Landesarbeitsgericht in dieser Weise verstanden. Der Beklagte hat in seiner Berufungserwiderung nicht etwa die Auffassung vertreten, der Berufungsantrag des Klägers erfasse nicht den Kündigungsschutzantrag. Vielmehr hat er die Kündigung mit Tatsachen- und Rechtsvortrag verteidigt. Das Landesarbeitsgericht hat sodann mit eingehender Begründung über den Feststellungsantrag entschieden. Der Beklagte hat mit der Revision nicht eingewandt, das Landesarbeitsgericht habe die Wirksamkeit der Kündigung nicht prüfen dürfen, weil sich der Berufungsantrag hierauf nicht erstrecke, sondern sich wiederum inhaltlich mit der Kündigung auseinandergesetzt.

b) Auf Grund der namentlichen Benennung des Klägers in der Namensliste des Interessenausgleichs vom 7. November 2002 wird nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO vermutet, dass die Kündigung vom 21. März 2003 durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Da der Kläger keine der Vermutung widersprechenden Tatsachen vorgetragen hat, ist vom Vorliegen des betriebsbedingten Kündigungsgrundes ohne Weiteres auszugehen.

c) Gem. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO kann die soziale Auswahl des gekündigten Klägers nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

aa) Bei der Frage nach der ausreichenden Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte der sozialen Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers (§ 1 Abs. 3 KSchG) handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., BAG 23. November 2000 - 2 AZR 533/99 - BAGE 96, 306, 312). Dabei bezieht sich die Beschränkung des revisionsrechtlichen Prüfungsrahmens nicht nur auf die sozialen Indikatoren und deren Gewichtung, sondern auch auf die Bildung der auswahlrelevanten Gruppen. Dies gilt in gleicher Weise im Anwendungsbereich des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO, der den § 1 Abs. 3 KSchG modifizierend ergänzt und bei der Nachprüfung der sozialen Auswahl den weiteren unbestimmten Rechtsbegriff der "groben Fehlerhaftigkeit" verwendet (BAG 28. August 2003 - 2 AZR 368/02 - AP InsO § 125 Nr. 1 = EzA InsO § 125 Nr. 1, zu B II 1 der Gründe).

bb) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das angefochtene Urteil stand. § 125 Abs. 1 InsO reduziert den Umfang der gerichtlichen Überprüfung einer vom Insolvenzverwalter erklärten betriebsbedingten Kündigung. Mit der Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf "grobe Fehler" wird zugleich der Prüfungsmaßstab gesenkt. Der Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers bei der sozialen Auswahl wird zu Gunsten einer von Insolvenzverwalter und Betriebsrat vereinbarten Gesamtlösung erweitert. Dabei bezieht sich der Prüfungsmaßstab der groben Fehlerhaftigkeit nicht nur auf die sozialen Indikatoren und deren Gewichtung selbst, sondern auch auf die Bildung der auswahlrelevanten Gruppen (BAG 28. August 2003 - 2 AZR 368/02 - AP InsO § 125 Nr. 1 = EzA InsO § 125 Nr. 1, zu B II 2 a der Gründe mwN). "Grob fehlerhaft" iSv. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ist eine soziale Auswahl, wenn ein evidenter Fehler vorliegt und der Interessenausgleich, insbesondere bei der Gewichtung der Auswahlkriterien, jede Ausgewogenheit vermissen lässt (BAG 28. August 2003 aaO, zu B II 2 b der Gründe; so bereits zu § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG aF: 21. Januar 1999 - 2 AZR 624/98 - AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 3 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 39, zu II 2 b aa der Gründe; 2. Dezember 1999 - 2 AZR 757/98 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 45 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 42, zu II 2 a der Gründe). Bei der Gewichtung der Sozialdaten Dauer der Betriebszugehörigkeit, Dienstalter und Unterhaltspflichten besteht keine Rangfolge zu Gunsten eines dieser Kriterien (BAG 2. Dezember 1999 - 2 AZR 757/98 - aaO, zu II 2 c der Gründe; 5. Dezember 2002 - 2 AZR 549/01 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 59 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 49, zu B III 4 a der Gründe). Vielmehr ist es so, dass der Arbeitgeber nach der gesetzlichen Konzeption einen Wertungsspielraum haben soll. Dies gilt um so mehr, soweit die Sozialauswahl nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden kann.

Das Landesarbeitsgericht hat weder den Rechtsbegriff der groben Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl verkannt noch bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 125 Abs. 1 InsO Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und in sich widerspruchsfrei gewürdigt. Es ist davon ausgegangen, dass die vom Beklagten vorgenommene Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüfbar ist und hat diesen Begriff entsprechend der vom Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 2. Dezember 1999 (- 2 AZR 757/98 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 45 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 42) entwickelten Bedeutung angewandt. Das Landesarbeitsgericht hat sodann zunächst festgestellt, dass der Kläger und der Mitarbeiter M nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen austauschbar waren, weil beide Bohr- und Fräsmaschinen bedient und den sogenannten HMVT-Test durchgeführt haben. Sodann hat es deren Sozialdaten einander gegenübergestellt und berücksichtigt, dass der Kläger 30 Jahre älter und 20 Jahre länger im Betrieb ist als Herr M. Möglicherweise hat das Landesarbeitsgericht bei seiner Würdigung entgegen seiner Feststellung im Tatbestand, dass auch der Kläger einem Kind gegenüber unterhaltspflichtig ist, eine solche Unerhaltspflicht nur bei Herrn M angenommen. Gleichwohl gelangte es im Rahmen seiner Gesamtabwägung zu dem Ergebnis, dass die eindeutig sozial schutzbedürftigere Position des Klägers durch die Unterhaltspflicht von Herrn M gegenüber einem Kind nicht aufgehoben wird. Deshalb lasse die vorgenommene Sozialauswahl jede Ausgewogenheit vermissen. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Richtig erkannt hat das Landesarbeitsgericht auch, dass der hier vorliegende Sachverhalt nicht mit dem der Entscheidung des Zweiten Senats vom 2. Dezember 1999 (- 2 AZR 757/98 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 45 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 42) zu Grunde liegenden vergleichbar ist. Die mit dem dortigen Kläger im Rahmen der Sozialauswahl vergleichbaren Arbeitnehmer waren zwar ebenfalls jünger und kürzer beschäftigt als jener, aber gegenüber drei bzw. vier Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Zudem weist hier der Mitarbeiter M nach Vollendung seines 25. Lebensjahres - diesem Zeitpunkt misst der Zweite Senat in seiner Entscheidung vom 2. Dezember 1999 (aaO, zu II 2 c der Gründe) wegen der in § 622 Abs. 2 BGB zum Ausdruck gekommenen Wertung besondere Bedeutung bei - nur eine außerordentlich kurze Betriebszugehörigkeit auf, während der Kläger seine gesamte Betriebszugehörigkeit nach diesem Datum zurückgelegt hat.

Erst recht ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Sozialauswahl sei hier grob fehlerhaft, dann zutreffend, wenn auch der Kläger einem Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet war. Der Kläger hat dies behauptet und das Landesarbeitsgericht hat diesen Umstand im Tatbestand gem. § 559 Abs. 2 ZPO bindend festgestellt, ohne dass der Beklagte in Bezug auf diese Feststellung Tatbestandsberichtigung beantragt oder einen zulässigen und begründeten Revisionsangriff erhoben hat.

2. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung der Vergütung für die Zeit vom 1. März bis 30. Juni 2003 als Neumasseforderung gegen den Beklagten, § 209 Abs. 2 Nr. 2 iVm. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Die Vergütungsansprüche stammen aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, an dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte, § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO. Sie gelten daher als Masseverbindlichkeiten iSd. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Diese Ansprüche sind so zu behandeln, als wären sie nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden.

a) Der Beklagte hat die drohende Masseunzulänglichkeit dem Insolvenzgericht mit Schreiben vom 16. September 2002 angezeigt. Der Kläger schließt ersichtlich daraus, dass er keine Benachrichtigung nach § 208 Abs. 2 Satz 2 InsO erhalten hat, dass eine Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht erfolgt sei. Ob den Massegläubigern die Anzeige förmlich zugestellt wurde, wie § 208 Abs. 2 Satz 2 InsO es vorsieht, ist aber unerheblich, weil gemäß § 9 Abs. 3 InsO die öffentliche Bekanntmachung zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten genügt (BAG 31. März 2004 - 10 AZR 253/03 - AP InsO § 209 Nr. 3 = EzA InsO § 209 Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B III 1 a der Gründe). Dass das Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit gem. § 208 Abs. 2 iVm. § 9 Abs. 1 InsO ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht hat, hat der Kläger nicht bestritten.

b) Sobald Masseunzulänglichkeit droht oder eintritt, hat der Insolvenzverwalter zwei Möglichkeiten: Benötigt er ein Arbeitsverhältnis für die Abwicklung des masseunzulänglichen Verfahrens nicht mehr, hat er das Dauerschuldverhältnis unverzüglich zu kündigen, wenn er sich nicht schadenersatzpflichtig nach § 61 InsO machen will. Benötigt er den Arbeitnehmer jedoch noch, um die Abwicklung des masseunzulänglichen Verfahrens fortzuführen, wird er so behandelt, als hätte er eine neue Masseverbindlichkeit erst begründet, denn es stand in seiner Macht, den Eintritt dieser Verbindlichkeit durch rechtzeitige Kündigung zu verhindern (BAG 31. März 2004 - 10 AZR 253/03 - AP InsO § 209 Nr. 3 = EzA InsO § 209 Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B III 1 b der Gründe). Wie sich aus dem Gesetzeswortlaut ("konnte") ergibt, ist für die Frage der frühesten Kündigungsmöglichkeit die objektive Lage entscheidend. Gemeint ist nicht ein tatsächliches, sondern ein rechtliches Können. Der Insolvenzverwalter hat zunächst die (formellen) Voraussetzungen, die andernfalls die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge hätten, wie die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG oder die Einholung der Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung gem. § 85 SGB IX, herbeizuführen. Ferner hat er bei Eingreifen der §§ 111 ff. BetrVG vor dem Ausspruch von Kündigungen Interessenausgleichsverhandlungen zu führen, da er sonst die Masse mit Nachteilsausgleichsansprüchen gem. § 113 BetrVG belasten würde (BAG 31. März 2004 aaO, zu B III 1 d der Gründe).

c) Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis richtig erkannt, dass die Regelung im Interessenausgleich und Sozialplan unter IV. 1. den Beklagten nicht gehindert hat, das Arbeitsverhältnis im November 2002 zu kündigen.

aa) Die Vorinstanzen haben die Regelung in IV. 1. des Interessenausgleichs und Sozialplans als aufschiebende Bedingung verstanden, obwohl nach dem Wortlaut der Regelung die Wirksamkeit des Interessensausgleichs und Sozialplans "unter der auflösenden Bedingung steht, dass es dem Insolvenzverwalter gelingt, bei einem Geldinstitut den zur Fortführung des Geschäftsbetriebs dringend erforderlichen Kredit zu erhalten".

(1) Die Auslegung einer Betriebsvereinbarung durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (für die Auslegung von Tarifverträgen: BAG 22. Oktober 2002 - 3 AZR 664/01 - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 185, zu II 1 a der Gründe). Sie erfolgt ebenso wie die Auslegung von Tarifverträgen nach den Regeln über die Auslegung von Gesetzen. Danach ist neben dem Wortlaut der Betriebsvereinbarung der Gesamtzusammenhang der Regelung sowie deren Sinn und Zweck, die auf das von den Betriebsparteien Gewollte schließen lassen, maßgebend (BAG 8. November 1988 - 1 AZR 721/87 - BAGE 60, 94, 98; 19. Juni 2001 - 1 AZR 598/00 - EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 67, zu 2 a der Gründe).

(2) Nach IV. 1. Abs. 1 Satz 2 Interessenausgleich steht dessen Wirksamkeit unter der auflösenden Bedingung, dass es dem Insolvenzverwalter gelingt, bei einem Geldinstitut den zur Fortführung des Geschäftsbetriebs dringend erforderlichen Kredit zu erhalten. Mit diesem Wortlaut ergibt die Regelung jedoch kaum Sinn. Die Wirksamkeit des Interessenausgleichs endete dann im Falle des Bedingungseintritts. Insbesondere wegen der sich aus der Betriebsvereinbarung ergebenden Verpflichtung zur Zahlung von Abfindungen sollte der Interessenausgleich und Sozialplan wohl nur gelten, wenn der Beklagte den Kredit zur Fortführung des Betriebes erhält. Dies spricht dafür, die Regelung als aufschiebende Bedingung zu verstehen.

(3) Denkbar wäre zwar auch eine Auslegung dahin gehend, dass die Wirksamkeit des Interessenausgleichs und Sozialplans unter der auflösenden Bedingung steht, dass es dem Insolvenzverwalter nicht gelingt, einen Kredit zu erhalten. Der Interessenausgleich wäre dann zunächst wirksam und fände erst bei Eintritt der Bedingung (Nichterhalten des Kredits) sein Ende. Gegen diese Auslegung sprechen jedoch Gründe der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein derartiger Inhalt von den Betriebspartnern gewollt war. Wird der Fortbestand eines Vertrages vom Eintritt eines negativen Ereignisses (Nichtvorliegen einer Tatsache) abhängig gemacht, lässt sich der Zeitpunkt des Bedingungseintritts schwer feststellen. So könnte hier, falls die Hausbanken der Schuldnerin eine (weitere) Kreditbewilligung abschlägig beschieden haben würden, der Betriebsrat einwenden, damit sei die auflösende Bedingung keineswegs eingetreten, da möglicherweise ein anderes Geldinstitut hierzu bereit sei.

bb) Der Senat kann offen lassen, ob der Interessenausgleich und Sozialplan unter einer auflösenden oder einer aufschiebenden Bedingung steht, wenngleich die Auffassung des Landesarbeitsgerichts näher liegt. Denn jedenfalls wurde ein Versuch eines Interessenausgleichs iSd. § 113 Abs. 3 BetrVG vorgenommen. Die Betriebsparteien haben sich auf einen Interessenausgleich geeinigt. Das Wirksamwerden des Interessenausgleichs war im Fall der Annahme einer aufschiebenden Bedingung nur noch von der Kreditbewilligung abhängig. Auch die Anrufung der Einigungsstelle hätte voraussichtlich zu keinem anderen Ergebnis geführt, weil der Beklagte und der Betriebsrat sich ja über den Inhalt des Interessenausgleichs - auch über die Regelung in IV. 1. - einig waren. Damit unterscheidet sich die hier vorliegende Situation grundlegend von dem der Entscheidung des Ersten Senats vom 26. Oktober 2004 - 1 AZR 493/03 - (AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 49 = EzA BetrVG 2001 § 113 Nr. 5, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) zugrunde liegenden Sachverhalt: Dort hatte der Betriebsratsvorsitzende die Anfrage des Arbeitgebers, ob er Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan für erforderlich halte, mündlich verneint. Ein Versuch eines Interessenausgleichs iSv. § 113 Abs. 3 BetrVG ist weniger als der Abschluss eines Interessenausgleichs. Nach dem Zweck des Interessenausgleichsverfahrens setzt ein Versuch iSd. § 113 Abs. 3 BetrVG zumindest das ernsthafte Bemühen um den Abschluss eines Interessenausgleichs voraus (Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier BetrVG 22. Aufl. § 113 Rn. 18). Hierfür ist erforderlich, dass das gesetzlich in § 112 Abs. 2 BetrVG vorgesehene Verfahren voll ausgeschöpft wird (BAG 18. Dezember 1984 - 1 AZR 176/82 - BAGE 47, 329, 331). Das hat der Beklagte getan. Er ist mit dem Betriebsrat zu einer Einigung gelangt, ohne dass es der Anrufung der Einigungsstelle bedurft hätte. Damit ist ein bedingter Interessenausgleich als zumindest "versucht" iSv. § 113 Abs. 3 BetrVG anzusehen, jedenfalls dann, wenn, wie hier, die übrigen Wirksamkeitsvoraussetzungen (zB Schriftform) erfüllt sind, und zwar unabhängig davon, ob die vereinbarte Bedingung zulässig ist. Dem entspricht es, dass bei einem formungültigen Interessenausgleich die Anrufung der Einigungsstelle als überflüssig angesehen wird (vgl. Kania/Joppich NZA 2005, 749, 751, 752 unter Hinweis auf BAG 26. Oktober 2004 - 1 AZR 493/03 - aaO), sonach davon ausgegangen wird, dass insoweit ein hinreichender Versuch eines Interessenausgleichs iSd. § 113 Abs. 3 BetrVG vorliegt. Zumindest "versucht" war der Interessenausgleich also bereits mit Unterzeichnung am 7. November 2002, so dass der Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt nach Anhörung des Betriebsrats kündigen konnte. Zur Vermeidung der Folgen des § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO war der Beklagte gehalten, die erste Kündigungsmöglichkeit nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu nutzen. Er durfte nicht bis zum Eintritt der in IV. 1. des Interessenausgleichs und Sozialplans enthaltenen Bedingung warten.

d) Der Beklagte war auch nicht auf Grund von § 102 BetrVG gehindert, zum 28. Februar 2003 zu kündigen. Der Insolvenzverwalter "kann" iSv. § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO kündigen, wenn er die rechtlichen Hindernisse beseitigen kann. Nur in der Zeit, die er für die Beseitigung rechtlicher Hindernisse benötigt, ist er an der Kündigung des Arbeitsverhältnisses gehindert (BAG 23. Februar 2005 - 10 AZR 602/03 - AP InsO § 55 Nr. 9 = EzA InsO § 209 Nr. 4, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 4 b der Gründe). Dazu gehört auch die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG (BAG 4. Juni 2003 - 10 AZR 586/02 - AP InsO § 209 Nr. 2 = EzA InsO § 209 Nr. 1, zu II 2 b bb (2) der Gründe). Bei Vorliegen eines Interessenausgleichs mit Namensliste kann der Arbeitgeber die Anhörung nach § 102 BetrVG mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbinden (BAG 20. Mai 1999 - 2 AZR 532/98 - BAGE 91, 341, 345). Sie muss jedoch wie die Anhörung des Betriebsrats zu jeder anderen Kündigung den von der Rechtsprechung zu § 102 BetrVG aufgestellten Grundsätzen entsprechen. Danach darf der Arbeitgeber nicht völlig offen lassen, wann, unter Einhaltung welcher Frist und zu welchem Zeitpunkt die Kündigung ausgesprochen werden soll. § 102 Abs. 1 BetrVG sieht vor, dass der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören ist, und setzt damit eine zeitliche Konkretisierung der beabsichtigten Kündigung voraus. Zu einer ordnungsgemäßen Anhörung gehört es deshalb, dass der Betriebsrat das ungefähre Vertragsende und die zwischen Ausspruch der Kündigung und Entlassungstermin liegende Zeitdauer in etwa abschätzen kann (BAG 15. Dezember 1994 - 2 AZR 327/94 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 67 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 75, zu B I 3 b (3) der Gründe; 24. Oktober 1996 - 2 AZR 895/95 - BAGE 84, 267, 271). Dies erscheint hier zweifelhaft, weil sich weder dem Interessenausgleich noch der beigefügten Namensliste entnehmen lässt, wann der Beklagte Kündigungen auszusprechen beabsichtigte bzw. zu welchem Termin diese wirksam werden sollten. Deshalb war wohl eine (erneute) Betriebsratsanhörung erforderlich, bevor der Beklagte die Kündigung wirksam in Bezug auf § 102 BetrVG erklären konnte. Diese Voraussetzung konnte der Beklagte aber noch im Laufe des November 2002 erfüllen. Dann hätte er zum 28. Februar 2003 kündigen können. Folglich kann offen bleiben, ob der Insolvenzverwalter wegen § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO ggf. die Betriebsratsanhörung mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbinden muss.

e) Entgegen der Revision kann daraus, dass die Kündigung vom 21. März 2003 das Arbeitsverhältnis wegen grob fehlerhafter Sozialauswahl nicht zum 30. Juni 2003 aufgelöst hat, nicht geschlossen werden, das Arbeitsverhältnis habe erstmals wegen der vollständigen Betriebsstilllegung zum 30. September 2003 gekündigt werden können. § 1 KSchG ist kein geeigneter Maßstab zur Bestimmung des frühestmöglichen Zeitpunkts einer Kündigung im massearmen Insolvenzverfahren. Dies folgt aus der gesetzgeberischen Wertung, wie sie in § 209 InsO zum Ausdruck kommt (BAG 31. März 2004 - 10 AZR 253/03 - AP InsO § 209 Nr. 3 = EzA InsO § 209 Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B III 1 d cc der Gründe; 23. Februar 2005 - 10 AZR 602/03 - AP InsO § 55 Nr. 9 = EzA InsO § 209 Nr. 4, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Entscheidend für den Rang der Forderungen ist lediglich, ob der Insolvenzverwalter die Arbeitskraft eines Arbeitnehmers weiter in Anspruch nehmen will oder nicht. Verneint er dies und hat er alle erforderlichen formellen Voraussetzungen herbeigeführt, ist er nicht mehr rechtlich gehindert, eine Kündigung auszusprechen. Darauf, ob die Kündigung materiell wirksam ist, kommt es nicht an. Dies beurteilt sich entscheidend nach der vom Insolvenzverwalter zu treffenden Umsetzung der Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes und fällt daher in dessen Verantwortungsbereich.

f) Der Beklagte stellte den Kläger am 18. September 2002 von der Arbeit frei.

Am 7. November 2002 unternahm er den Versuch eines Interessenausgleichs, so dass er das Arbeitsverhältnis nach erfolgter Betriebsratsanhörung zum 28. Februar 2003 kündigen konnte. Diese Möglichkeit nahm der Beklagte nicht wahr, so dass der Kläger die Zahlung der Vergütung für die Zeit vom 1. März bis 30. Juni 2003 als Neumasseforderung verlangen kann, § 209 Abs. 2 Nr. 2 iVm. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

3. Der Kläger kann für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 2003 wegen der Unwirksamkeit der zum 30. Juni 2003 seitens des Beklagten erklärten Kündigung Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs verlangen, § 615 BGB. Auch hierbei handelt es sich um Neumasseverbindlichkeiten iSv. § 209 Abs. 2 Nr. 2 iVm. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

4. Der Anspruch auf Verzinsung des zuerkannten Geldbetrages ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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