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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 26.08.1999
Aktenzeichen: 8 AZR 827/98
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, BNotO


Vorschriften:

BGB § 613 a
KSchG § 1
BNotO § 4
BNotO § 6 b
BNotO § 47
BNotO § 48
BNotO § 51
BNotO § 53
BNotO § 56
BNotO § 58
BNotO § 64
BNotO § 111
Leitsätze:

Wesentliches Substrat des Notariats ist die höchstpersönliche Notarbefugnis (Notaramt). Die Bestellung eines neuen Notars zur hauptberuflichen Amtsausübung führt deshalb auch dann nicht zu einem rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang gem. § 613 a BGB, wenn der neue Notar die Kanzlei und das Personal eines aus dem Amt entlassenen Notars übernimmt.

Aktenzeichen: 8 AZR 827/98 Bundesarbeitsgericht 8. Senat Urteil vom 26. August 1999 - 8 AZR 827/98 -

I. Arbeitsgericht Aachen - 4 Ca 1295/97 - Urteil vom 9. Dezember 1997

II. Landesarbeitsgericht Köln - 3 Sa 540/98 - Urteil vom 24. August 1998


Für die Amtliche Sammlung: Ja Für die Fachpresse: Ja Für das Bundesarchiv: Nein

Entscheidungsstichwort: Betriebsübergang - Notariat

Gesetz: BGB § 613 a; KSchG § 1; BNotO § 4, § 6 b, § 47, § 48, § 51, § 53, § 56, § 58, § 64, § 111

8 AZR 827/98 3 Sa 540/98 Köln

Im Namen des Volkes! Urteil

Verkündet am 26. August 1999

Klapp, als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In Sachen

pp.

hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. August 1999 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ascheid, die Richter Dr. Wittek und Prof. Dr. Mikosch sowie die ehrenamtlichen Richter Plenge und Knospe für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 24. August 1998 - 3 Sa 540/98 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Klägerin war seit August 1967 bei dem beklagten Notar als Notarfachangestellte beschäftigt. Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 11. April 1997 bei dem Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen, ihn zum 1. Dezember 1997 aus dem Amt des Notars zu entlassen. Dem entsprach der Justizminister mit Erlaß vom 12. Mai 1997.

Am 17. April 1997 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum Ablauf des 30. November 1997. Ebenfalls im April 1997 kündigte er die Arbeitsverhältnisse der weiteren sechs Arbeitnehmer.

Im August oder September 1997 ernannte der Justizminister einen neuen Notar mit Wirkung vom 1. Dezember 1997. Dieser mietete die Räumlichkeiten, in denen der Beklagte das Notariat betrieb, von der Vermieterin an, und betreibt nach einem Umbau dort seine Notarpraxis. Mit Ausnahme der Klägerin stellte er alle Mitarbeiter des Beklagten ein und übernahm von dem Beklagten Gegenstände aus dessen Praxis.

Mit der am 7. Mai 1997 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 613 a BGB unwirksam, da sie wegen der bevorstehenden Übertragung des Notariats erfolgte. Diese Übertragung stelle einen Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB dar.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 17. April 1997 nicht aufgelöst worden sei.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei aus dringenden betrieblichen Erfordernissen erfolgt und deswegen sozial gerechtfertigt. Ein Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB liege nicht vor. Der neu bestellte Notar übe ein neues Amt aus. Aufgrund des Hoheitsaktes der Notarbestellung fehle es an dem erforderlichen Rechtsgeschäft.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet. Die Kündigung des Beklagten ist rechtswirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. November 1997 aufgelöst.

I. Die Kündigung ist nicht gemäß § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam. Sie ist nicht wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen worden.

1. Wegen eines Betriebsübergangs wird die Kündigung nur dann ausgesprochen, wenn der Betriebsübergang die überwiegende Ursache der Kündigung bildet. Der Betriebsübergang muß Beweggrund für die Kündigung gewesen sein. Dabei ist ausschließlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung, also bei Zugang der Kündigung abzustellen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG Urteil vom 27. Februar 1997 - 2 AZR 160/96 - BAGE 85, 194, 200 = AP Nr. 1 zu § 1 KSchG Wiedereinstellung, zu II 2 c der Gründe). Ein bevorstehender Betriebsübergang kann nur dann zur Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 613 a Abs. 4 BGB führen, wenn die den Betriebsübergang ausmachenden Tatsachen im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits feststehen oder zumindest greifbare Formen angenommen haben (BAG Urteil vom 19. Mai 1988 - 2 AZR 596/87- BAGE 59, 12, 23 = AP Nr. 75 zu § 613 a BGB, zu B V 2 b der Gründe; Senatsurteile vom 13. November 1997 - 8 AZR 295/95 - BAGE 87, 115 = AP Nr. 169 zu § 613 a BGB, zu II 1 der Gründe; vom 10. Dezember 1998 - 8 AZR 264/98 - n.v., zu II 1 a der Gründe und vom 21. Januar 1999 - 8 AZR 298/98 - n.v., zu II 1 a der Gründe).

2. Greifbare Formen einer bevorstehenden "Übernahme des Notariats" waren am 17. April 1997 nicht gegeben.

a) Die Landesjustizverwaltung errichtet Notarstellen im Rahmen staatlicher Bedarfsplanung durch Ausübung des ihr in § 4 BNotO eingeräumten Organisationsermessens. Die Errichtung hat, wie auch die Einziehung, nur die abstrakt-organisatorische Einheit zum Gegenstand, die als Bestandteil der öffentlichen Verwaltung der Erfüllung staatlicher Aufgaben dient (BGH Beschluß vom 18. September 1995 - NotZ 46/94 - NJW 1996, 123; Bohrer, Das Berufsrecht der Notare, 1991, Rz 22). Sie ist der Ausschreibung (§ 6 b BNotO) wie der Berufung eines Bewerbers in das Notaramt sachlich und zeitlich vorgelagert. Demnach stand mit dem Entlassungsantrag des Beklagten vom 11. April 1997 und dessen Bewilligung durch das Justizministerium nicht fest, daß mit dem Erlöschen des Notaramtes des Beklagten wieder ein Notar in dem vorliegenden Bezirk ernannt werde. Dies bedurfte erst der Ausübung des Organisationsermessens der Justizverwaltung.

b) Es ist nicht ersichtlich, daß dieses Ermessen bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 17. April 1997 ausgeübt worden ist, zumal die Entlassung des Beklagten erst mit dem Erlaß vom 12. Mai 1997 erfolgte. Etwas anderes ist von der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin auch nicht behauptet worden.

3. Darüber hinaus stellt die "Übernahme des Notariats" keinen rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang dar.

a) Ein Betriebsübergang setzt die Wahrung der Identität der betreffenden Einheit voraus. Der Begriff Einheit bezieht sich auf eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur zuletzt Senatsurteil vom 18. März 1999 - 8 AZR 159/98 - zur Veröffentlichung vorgesehen, zu II 1 der Gründe). In Branchen, in denen es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung ihrer Identität ist anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte (vgl. nur Senatsurteile vom 11. Dezember 1997 - 8 AZR 729/96 - BAGE 87, 303, 305 ff. = AP Nr. 172 zu § 613 a BGB, zu B I 2 der Gründe; vom 18. März 1999 - 8 AZR 196/98 - NJW 1999, 2459, zu B I der Gründe). Der Übergang eines Betriebes setzt dessen Fortbestehen voraus, d.h. ein Übergang ist ausgeschlossen, wenn der Betriebsinhaber den Betrieb in seinem Substrat zuvor aufgelöst hat, wenn also der Betrieb als funktionsfähige arbeitstechnische oder wirtschaftliche Einheit nicht mehr besteht.

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt ein Betriebsübergang von dem Beklagten auf den Notar S nicht vor.

aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei einem Nurnotariat angesichts der mit ihm verbundenen Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben um einen Betrieb im Sinne von § 613 a BGB handelt (vgl. nur Senatsurteil vom 26. Juni 1997 - 8 AZR 426/95 - BAGE 86, 148, 151 = AP Nr. 165 zu § 613 a BGB, zu I 2, 3 der Gründe).

bb) Die organisatorische Einheit "Notariat" ist mit der Entlassung des Beklagten aus dem Amt erloschen.

Die konkrete Befugnis des Nurnotars zur hauptberuflichen Amtsausübung, das Notaramt, erlischt gemäß § 47 Nr. 2 BNotO mit Wirksamwerden der Entlassung (§ 48 BNotO). Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 56 Abs. 1 BNotO über die sich an das Erlöschen des Notaramtes anschließende Notariatsverwaltung. Diese bedeutet kein Fortbestehen der bisherigen Notarstelle bzw. des Notaramtes. Sie ist vielmehr ein selbständiges öffentliches Amt (BGH Beschluß vom 14. August 1989 - NotZ 1/89 - DNotZ 1991, 72).

Die Notarstelle als abstrakt-organisationsrechtliche Einheit besteht ebenfalls nicht fort. Es gibt keinen Grundsatz der Stellenkontinuität. Erlischt das Amt eines Notars gemäß § 47 BNotO, ist nach allgemeinen organisationsrechtlichen Maßstäben (§ 4 BNotO) zu entscheiden, ob Rechtspflegebelange es erfordern, einen neuen Notar zu bestellen. Wird diese Frage bejaht, so ist die Notarstelle neu zu errichten, wird dies verneint, ist sie eingezogen. Diese Diskontinuität ergibt sich für das Anwaltsnotariat schon aus § 56 Abs. 2 BNotO, wonach beim Ausscheiden eines Anwaltsnotars durch Erlöschen des Amtes an seiner Stelle ein Notariatsverwalter bestellt werden kann, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht (vgl. Bohrer, aaO, Rz 243 f.). Nichts anderes gilt für das Nurnotariat. Die Notarstelle ist nicht nachfolgefähig, weil sie nicht selbständig ohne das Notaramt als höchstpersönlicher Befugnis denkbar ist. Es bedarf immer der Übertragung des Notaramtes, um die Rechtspflegeaufgaben erfüllen zu können. Für diese Tätigkeit hat die Errichtung der Notarstelle keine eigenständige Bedeutung. Auch besteht kein Anspruch auf eine Stellenerrichtung und Ausschreibung. Die Bestimmung der Zahl der Amtsinhaber und der Zuschnitt der Notariate unterliegt allein der Organisationsgewalt des Staates (BVerfGE 73, 280, 292; BGH Beschluß vom 18. September 1995, aaO). Wenn nach den §§ 56 Abs. 1, 58 Abs. 1 und 64 Abs. 1 BNotO eine möglichst nahtlose Kette zeitlich nachfolgender Amtsinhaber zu den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege gehört, bedeutet dies nicht das Fortbestehen der Notarstelle, sondern stellt lediglich einen justizorganisatorischen Belang bei der Entscheidung über die Neuerrichtung der Notarstelle dar (Bohrer, aaO, Rz 244).

Wesentliches Substrat des Notariats ist die höchstpersönliche Notarbefugnis. Mit ihrem Erlöschen ist das bisherige Notariat aufgelöst. Aus der Übernahme des gesamten Personals mit Ausnahme der Klägerin kann das Vorliegen eines Betriebsüberganges deshalb nicht hergeleitet werden. Auch wenn es sich um eine Dienstleistung für den Mandanten handelt, ermöglicht die Beschäftigung des bisherigen Personals nicht das Betreiben eines Notariats. Das Personal stellt auch keinen eigenständigen Betriebsteil dar, der unabhängig von dem Gesamtbetrieb übergehen könnte.

Demnach kommt auch der Übertragung der Kanzlei bestehend aus den Geschäftsräumen und dem Büroinventar keine eigenständige, einen Betriebsübergang begründende Bedeutung zu. Die Kanzlei bildet lediglich das sächliche Substrat der Berufsausübung. Die sächlichen und persönlichen Betriebsmittel stellen ohne die Notarbefugnis keinen funktionsfähigen Betrieb dar und sind somit lediglich Hilfsmittel zur Ausübung des Notaramtes. Das kommt auch in § 53 BNotO zum Ausdruck.

Nichts anderes ergibt sich aus der etwaigen Übernahme der Akten des Beklagten. Abgesehen davon, daß der Beklagte über die Akten nicht selbst verfügen konnte - dies obliegt der Justizverwaltung (vgl. die eingehenden Regelungen in § 51 BNotO) - sind diese nicht das wesentliche Betriebssubstrat. Zwar können gerade im Dienstleistungsbereich die immateriellen Betriebsmittel, also die Geschäftsbeziehungen zu Dritten, der Kundenstamm und die Kundenbeziehungen von wesentlicher Bedeutung sein. Im Nurnotariat kann jedoch ohne die Notarbefugnis die Tätigkeit nicht ausgeübt werden, was die Akten und Kundenbeziehungen wertlos macht. Mit den Akten allein können die "unternehmerischen" Zwecke des Notariats nicht verfolgt werden.

Aus alledem folgt, daß die Neuerteilung der Notarbefugnis allenfalls eine Funktionsnachfolge begründet. Diese stellt entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Betriebsübergang dar (vgl. nur Senatsurteile vom 13. November 1997 - 8 AZR 295/95 - BAGE 87, 115 = AP Nr. 169 zu § 613 a BGB, zu II 2 der Gründe; vom 22. Januar 1998 - 8 AZR 243/95 - AP Nr. 173 zu § 613 a BGB, zu B II 1 der Gründe). Das entspricht den europarechtlichen Vorgaben der Richtlinie 77/187. Eine Einheit im Sinne der Richtlinie darf nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden (EuGH Urteil vom 11. März 1997 - Rs C - 13/95 - EuGHE I 1997, 1259 = AP Nr. 14 zu EWG-Richtlinie Nr. 77/187 [Ayse Süzen], zu Nr. 15).

c) Schließlich fehlt es an einem Rechtsgeschäft im Sinne von § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Neuerrichtung und die Neuvergabe des Notaramtes erfolgten jeweils nicht durch ein Rechtsgeschäft. Die Weitervermietung der Geschäftsräume und die Übernahme des Personals reichen zur Begründung eines rechtsgeschäftlichen Betriebsüberganges nicht aus.

aa) Der Begriff des Rechtsgeschäfts ist weit zu verstehen und erfaßt alle Fälle, in denen die für den Betrieb verantwortliche natürliche oder juristische Person, die die Arbeitgeberverpflichtung gegenüber den Beschäftigten eingeht, im Rahmen vertraglicher oder sonst rechtsgeschäftlicher Beziehungen wechselt, ohne daß unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber bestehen müssen (EuGH Urteil vom 7. März 1996 - Rs C - 171/94 - EuGHE I 1996, 1253 = AP Nr. 9 zu EWG-Richtlinie 77/187 [Merckx und Neuhuys, Nr. 27 f., 30]; EuGH Urteil vom 12. November 1992 - Rs C - 209/91 - EuGHE I 1992, 5755 = AP Nr. 5 zu EWG-Richtlinie Nr. 77/187 [Rask ]; EuGH Urteil vom 19. Mai 1992 - Rs C - 29/91 - EuGHE I 1992, 3189 = AP Nr. 107 zu § 613 a BGB, Rz 10 f. [Stichting]; Senatsurteil vom 11. Dezember 1997 - 8 AZR 729/96 - aaO, zu B I 2 d der Gründe). Dies entspricht dem Zweck der Beschränkung des § 613 a BGB auf rechtsgeschäftliche Betriebsübergänge. Dieser Zweck geht dahin, die Fälle der Universalsukzession kraft Gesetzes (BAG Urteil vom 10. März 1982 - 5 AZR 839/79 - AP Nr. 1 zu § 104 KVLG, zu 2 der Gründe; BAG Urteil vom 18. Februar 1976 - 5 AZR 616/74 - AP Nr. 1 Saarland UniversitätsG, zu I 1 der Gründe; BAG Urteil vom 6. September 1978 - 4 AZR 162/77 - AP Nr. 13 zu § 613 a BGB [Bl. 496]) oder sonstigen Hoheitsaktes von der Anwendung der Vorschrift auszuschließen.

bb) Die Errichtung einer Notarstelle ist ein verwaltungsinterner Vorgang (BGH Beschluß vom 18. September 1995, aaO). Die Übertragung der Notarbefugnis erfolgt durch einen Hoheitsakt, nämlich einen - begünstigenden - Verwaltungsakt der Landesjustizverwaltung (vgl. § 111 BNotO). Ein solches Verwaltungshandeln kann einen rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB nicht begründen.

cc) Ebensowenig kann die rechtsgeschäftliche Übernahme der Geschäftsräume, des Büromaterials und des Personals den rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB begründen. Es kommt zwar nicht auf unmittelbare vertragliche Beziehungen zwischen Erwerber und Veräußerer an. Auch kann die Übertragung durch ein Bündel von Rechtsgeschäften erfolgen. Erforderlich ist aber, daß der Erwerber auf vertraglicher Grundlage die Möglichkeit erwirbt, eine im wesentlichen unveränderte Arbeitsaufgabe fortzuführen (Senatsurteil vom 11. Dezember 1997 - 8 AZR 729/96 - aaO, zu B I 2 d der Gründe). Die Betriebsfortführung wird dem neuen Notar jedoch nicht durch die Übertragung der genannten Betriebsmittel und Übernahme des Personals eröffnet. Maßgeblich hierfür ist allein die Übertragung der Notarbefugnis, die nicht durch Rechtsgeschäft erfolgt.

II. Einer Vorlage der Frage an den EuGH, ob das Nurnotariat dem Anwendungsbereich der Richtlinie 77/187 unterfällt, bedarf es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Das letztinstanzlich entscheidende Gericht hat zwar gemäß Art. 177 Abs. 3 EWG-Vertrag dem EuGH die Fragen in einem Vorabentscheidungsverfahren vorzulegen, in denen Zweifel über den Anwendungsbereich der Richtlinie bestehen. Diese Voraussetzung liegt aber nicht vor. Die hier zu entscheidenden Fragen sind vom EuGH bereits entschieden worden. Danach findet die Richtlinie 77/187 weder auf Hoheitsakte (EuGH Urteil vom 15. Oktober 1996 - Rs C - 298/94 - EuGHE I 1996, 4989, 5020 = AP Nr. 13 zu EWG-Richtlinie 77/187, Nr. 14 und 17) noch auf bloße Funktionsnachfolgen (EuGH Urteil vom 11. März 1997, aaO, Nr. 15) Anwendung. Desweiteren hat der EuGH wiederholt die Kriterien benannt, wann ein Übergang im Sinne der Richtlinie vorliegt (Urteil vom 11. März 1997, aaO; Urteil vom 10. Dezember 1998 - verb. Rs C-173/96 u. C-247/96 - NZA 1999, 189, Nr. 25, 30 - 32 [Hidalgo]; Urteil vom 10. Dezember 1998 - verb. Rs C-127/96, C-229/96 u. C-74/97 - NZA 1999, 253 Nr. 29 - 32 [Hernandez]). Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat bereits mit Urteil vom 22. Mai 1997 (- 8 AZR 101/96 - BAGE 86, 20 = AP Nr. 154 zu § 613 a BGB) angeschlossen. Ob dagegen ein Betrieb fortbesteht oder untergegangen ist, ist eine tatsächliche Frage, die nicht der Vorlage an den EuGH bedarf.

III. Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt (§ 1 Abs. 2 KSchG). Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung gem. § 1 KSchG überhaupt geltend gemacht hat (vgl. § 6 KSchG).

1. Dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, können sich aus inner- oder außerbetrieblichen Gründen ergeben (BAG Urteil vom 7. Dezember 1978 - 2 AZR 155/77 - BAGE 31, 159, 161 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 1 a der Gründe; BAG Urteil vom 24. Oktober 1979 - 2 AZR 940/77 - BAGE 32, 150, 153 f. = AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 1 a der Gründe; BAG Urteil vom 30. April 1987 - 2 AZR 184/86 - BAGE 55, 262, 265 f. = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu I der Gründe). Eine Kündigung ist aus innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt (BAG Urteil vom 26. September 1996 - 2 AZR 200/96 - AP Nr. 80 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 2 a der Gründe, m.w.N.).

2. Der Beklagte hat sich im April 1997 entschlossen, sein Notariat zum 1. Dezember 1997 aufzugeben und damit seinen Betrieb einzustellen. Seine unternehmerische Entscheidung zur Aufgabe des Notariats dokumentiert sich in seinem Antrag vom 11. April 1997 an den Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen auf Entlassung aus dem Amt des Notars mit Wirkung zum 1. Dezember 1997. Mit diesem Antrag ist das Beschäftigungsbedürfnis für die Mitarbeiter mit Ablauf des 30. November 1997 weggefallen. Gemäß § 48 BNotO hat die Landesjustizverwaltung auf den schriftlichen Antrag die Entlassung aus dem Amt zum beantragten Zeitpunkt auszusprechen. Mit dem Wirksamwerden der Entlassung erlischt dann auch das Amt des Notars (§ 47 Ziff. 2 BNotO).

3. Die Arbeitsgerichte können die unternehmerische Entscheidung nicht auf deren Zweckmäßigkeit oder sachliche Rechtfertigung, sondern nur auf die Einhaltung der äußersten Grenzen der offenbaren Unvernunft oder Willkür hin überprüfen (vgl. BAG Urteil vom 30. April 1987 - 2 AZR 184/86 - BAGE 55, 262, 271 = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu III 2 c der Gründe). Gegen die Entscheidung des Beklagten, seine Notartätigkeit einzustellen, bestehen keine Bedenken.

4. Der Beklagte konnte die Kündigung nicht durch andere Maßnahmen vermeiden. Insbesondere bestand bei dem Beklagten nach seiner Entlassung keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin.

IV. Der Beklagte hat durch die Kündigung vom 17. April 1997 zum 30. November 1997 die maximale gesetzliche Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende (§ 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB) eingehalten.

V. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

Ende der Entscheidung

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