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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 08.05.2001
Aktenzeichen: 9 AZR 240/00
Rechtsgebiete: RTV


Vorschriften:

Rahmentarifvertrag für Floristikfachbetriebe und Blumen- und Kranzbindereien im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlin, ausgenommen die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen und Ostberlin vom 23. Februar 1994 (RTV), § 10 I. Ziff. 1 bis 4
Rahmentarifvertrag für Floristikfachbetriebe und Blumen- und Kranzbindereien im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlin, ausgenommen die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen und Ostberlin vom 23. Februar 1994 (RTV), § 10 I. Ziff. 2
Rahmentarifvertrag für Floristikfachbetriebe und Blumen- und Kranzbindereien im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlin, ausgenommen die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen und Ostberlin vom 23. Februar 1994 (RTV), § 10 I. Ziff. 3
Rahmentarifvertrag für Floristikfachbetriebe und Blumen- und Kranzbindereien im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlin, ausgenommen die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen und Ostberlin vom 23. Februar 1994 (RTV), § 10 I. Ziff. 4
Nach § 10 I. Ziff. 4 Satz 2 RTV haben Arbeitnehmer bei 6-Tage-Woche einen Gesamturlaub (Grund- und Zusatzurlaub) von höchstens 32 Werktagen. Diese Höchstgrenze gilt auch für Arbeitnehmer bei 5-Tage-Woche; sie führt zu einem Urlaub von höchstens 27 Arbeitstagen.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

9 AZR 240/00 11 Sa 966/99

Verkündet am 8. Mai 2001

In Sachen

hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Leinemann, den Richter am Bundesarbeitsgericht Düwell, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Reinecke, die ehrenamtlichen Richter Holze und Dr. Klosterkemper für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Anschlußrevision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 25. Januar 2000 - 11 Sa 966/99 - aufgehoben, soweit es der Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford - 3 Ca 899/98 - stattgegeben hat. Die Berufung der Klägerin wird auch insoweit zurückgewiesen.

Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin für das Jahr 1998 vier Urlaubstage nachzugewähren hat.

Die 1944 geborene Klägerin ist seit November 1996 bei der Beklagten als Floristin beschäftigt. Die Arbeitszeit ist mit wöchentlich 25 Stunden vereinbart und auf fünf Tage in der Woche verteilt. Der Stundenlohn beträgt 19,00 DM brutto. Die Parteien sind tarifgebunden. Auf das Arbeitsverhältnis ist der zwischen dem Fachverband Deutscher Floristen e.V. und der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft vereinbarte Rahmentarifvertrag für Floristikfachbetriebe und Blumen- und Kranzbindereien im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlin, ausgenommen die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen und Ostberlin vom 23. Februar 1994 (RTV) anzuwenden.

Die Urlaubsbestimmungen (§ 10 I. Erholungsurlaub) lauten auszugsweise:

"1. Maßgebend für die Gewährung von Erholungsurlaub ist das Bundesurlaubsgesetz, das Jugendarbeitsschutzgesetz und das Gesetz über die Beschäftigung von Schwerbehinderten.

2. Die Dauer des Grundurlaubs beträgt bei 6-Tage-Woche:

für Arbeitnehmer über 18 Jahre

27 Werktage

für Arbeitnehmer über 35 Jahre

29 Werktage

...

3. Die Dauer des Grundurlaubs beträgt bei 5-Tage-Woche:

für Arbeitnehmer über 18 Jahre

23 Arbeitstage

für Arbeitnehmer über 35 Jahre

25 Arbeitstage ...

4. Über die in Ziffer 2 und 3 genannte Regelung hinaus erhält der Arbeitnehmer bei einer Berufszugehörigkeit:

von mehr als

2 Jahren

einen Zusatzurlaub von 2 Tagen,

von mehr als

4 Jahren

einen Zusatzurlaub von 3 Tagen,

von mehr als

6 Jahren

einen Zusatzurlaub von 4 Tagen,

von mehr als

8 Jahren

einen Zusatzurlaub von 5 Tagen,

von mehr als

10 Jahren

einen Zusatzurlaub von 6 Tagen.

Der Urlaub nach Ziffer 2 und 4 darf zusammen 32 Werktage nicht übersteigen.

..."

Die Klägerin verfügt über eine mehr als zehnjährige Berufszugehörigkeit. Sie meint, sie habe daher Anspruch auf 31 Arbeitstage Urlaub, nämlich auf 25 Arbeitstage Grundurlaub und auf 6 Arbeitstage Zusatzurlaub. Sie hat deshalb die Beklagte 1998 vergeblich aufgefordert, ihr 31 Tage Urlaub zu gewähren. Die Beklagte hat lediglich 27 Urlaubstage erteilt. Mit ihrer im Juli 1998 erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt

festzustellen, daß der Klägerin für das Urlaubsjahr 1998 nicht 27, sondern 31 Tage Urlaub zustehen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen festgestellt und die Klage im übrigen abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision. Die Beklagte verfolgt mit der Anschlußrevision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Anschlußrevision der Beklagten ist begründet, die Revision der Klägerin ist hingegen unbegründet.

I. Die auf Feststellung der Urlaubsdauer 1998 gerichtete Klage ist zulässig. Aus der Klagebegründung ergibt sich hinreichend, daß die Klägerin keine unzulässige Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses begehrt (vgl. hierzu Senatsurteil 21. September 1993 - 9 AZR 580/90 - BAGE 74, 201 und 19. Oktober 1993 - 9 AZR 478/91 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 23 = EzA ZPO § 256 Nr. 39). Die Klage dient vielmehr der Durchsetzung des Anspruchs auf Schadenersatz wegen des mit Ende des Urlaubsjahres untergegangenen Erfüllungsanspruchs (BAG 19. November 1996 - 9 AZR 712/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Krankenanstalten Nr. 1 = EzA TVG § 4 Privatkrankenanstalten Nr. 1).

II. In der Sache ist die Klage ohne Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen höheren Anspruch für das Jahr 1998 als auf 27 Tage Urlaub.

1. Nach dem Tarifvertrag ist zwischen dem Grundurlaub (§ 10 I. 2 und 3 RTV) und dem Zusatzurlaub (§ 10 I. 4 RTV) zu unterscheiden. Die Höhe von Grund- und Zusatzurlaub ist jeweils für sich getrennt entsprechend den tariflichen Voraussetzungen zu ermitteln.

a) Der Grundurlaub beträgt für Arbeitnehmer, die wie die Klägerin über 35 Jahre alt sind und in der 5-Tage-Woche arbeiten, 25 Arbeitstage (§ 10 I. 3 RTV). Die Klägerin hatte mithin Anspruch, für insgesamt 25 Tage von ihrer Arbeitspflicht freigestellt zu werden, an denen sie ohne die urlaubsbedingte Arbeitsbefreiung gearbeitet hätte. Die Tarifbestimmung ist insoweit eindeutig.

b) Für den in § 10 I. 4 RTV geregelten Zusatzurlaub fehlt es an einer solchen "Eindeutigkeit". Aufgrund ihrer Berufszugehörigkeit von mehr als 10 Jahren hat die Klägerin nach dem Wortlaut von Satz 1 der Tarifvorschrift einen Zusatzurlaub von "6 Tagen". Dabei haben die Tarifvertragsparteien nicht ausdrücklich bestimmt, ob es sich bei den zusätzlichen Urlaubstagen um Werktage oder um Arbeitstage handelt. Folgt man dem Landesarbeitsgericht, der Zusatzurlaub sei wegen der tariflichen Verknüpfung der Verteilung der Arbeitszeit (Ziffer 2 und Ziffer 3) und der Dauer des Urlaubs in Arbeitstage umzurechnen, so hätte die Klägerin danach jedenfalls Freistellung an 30 Arbeitstagen beanspruchen können.

2. Auch einen solchen Urlaubsanspruch hat die Klägerin nicht erworben. Die in § 10 I. 4 Satz 2 RTV bestimmte Höchstgrenze von 32 Werktagen für Arbeitnehmer bei 6-Tage-Woche gilt auch für Arbeitnehmer mit einer auf 5 Tage in der Woche verteilten Arbeitszeit. Der Urlaubsanspruch ist daher umzurechnen mit der Folge, daß der Klägerin für 1998 27 Urlaubstage und nicht 31 Urlaubstage zustanden (32 : 6 x 5 = 26,66 = aufgerundet 27).

a) Nach § 10 I. 4 Satz 2 RTV darf der Urlaub "nach Ziffer 2 und 4 ... zusammen 32 Werktage nicht übersteigen". Diese Regelung erscheint klar, wenn man allein auf den Wortlaut abstellt. Die Kappungsgrenze bezieht sich auf Ziffer 2 von § 10 I. RTV, also auf den dort bestimmten Grundurlaub der Arbeitnehmer in der 6-Tage-Woche von 27 oder 29 Werktagen und auf den in Ziffer 4 geregelten Zusatzurlaub von bis zu 6 Tagen. Ein Arbeitnehmer in der 6-Tage-Woche, älter als 35 Jahre und mit einer Berufszugehörigkeit von mehr als zehn Jahren, hat rechnerisch zunächst Anspruch auf 35 Urlaubstage. Der aus Grund- und Zusatzurlaub zusammengesetzte Jahresurlaub wird alsdann über § 10 I. 4 Satz 2 RTV auf 32 Werktage beschränkt.

Die "Ziffer 3" - also der Grundurlaub der Arbeitnehmer in der 5-Tage-Woche - wird in der Tarifvorschrift nicht genannt. Bei wörtlicher Auslegung des Tarifvertrags haben diese Arbeitnehmer daher Anspruch auf ungekürzten Grund- und Zusatzurlaub. Sie können mithin entweder 30 Urlaubstage oder 31 Urlaubstage verlangen je nachdem, ob der Zusatzurlaub von 6 Tagen auf die Zahl der Wochenarbeitstage umgerechnet wird oder nicht.

b) Diese allein am Wortlaut orientierte Auslegung von § 10 I. 4 Satz 2 RTV wird dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien nicht gerecht. Sie führt zu einer unterschiedlichen Urlaubsdauer der Arbeitnehmer je nach der Verteilung ihrer Arbeitszeit auf 5 oder auf 6 Arbeitstage in der Woche: Arbeitnehmer in der 6-Tage-Woche haben Anspruch auf höchstens 32 Urlaubstage. Wird der Urlaub zusammenhängend gewährt, wie in § 10 I. 9 RTV als Grundsatz bestimmt ist, sind sie also für höchstens 5 Wochen und 2 Arbeitstage (=Werktage) freizustellen. Arbeitnehmer in der 5-Tage-Woche können dagegen aufgrund ihres Urlaubsanspruchs von 30 (oder 31) Urlaubstagen eine Freistellung für mindestens sechs Wochen beanspruchen.

An dieser Ungleichbehandlung ändert der an sich zutreffende Hinweis der Klägerin nichts, der Tarifurlaub sei nicht in Wochen sondern in Tagen bemessen. Das Zeitmaß "Woche" entspricht 5 oder 6 Arbeitstagen und läßt die unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer lediglich deutlicher hervortreten als der auf "Tage" gerichtete Blick. Welche Mißverständnisse auftreten können, zeigen die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts. Es hat angenommen, die Urlaubsregelung begünstige die in der 6-Tage-Woche Beschäftigten, weil diese 32 Werktage (= 32 Arbeitstage) Urlaub hätten, die in der 5-Tage-Woche Beschäftigten "nur" 31 Arbeitstage Urlaub.

Soweit die Klägerin geltend macht, die Tarifvertragsparteien behandelten die Arbeitnehmer bereits bei der Bemessung des Grundurlaubs unterschiedlich, so ist das richtig. 25 Arbeitstage entsprechen bei einer Arbeitszeit von 5 Tagen/Woche einer Freistellung von vollen fünf Wochen. 29 Werktage machen bei einer Arbeitszeit von 6 Tagen/Woche lediglich 4 Wochen und 5 Tagen aus. Diese fehlende Übereinstimmung läßt sich (noch) mit der erforderlicher Umrechnung und der dann von den Tarifvertragsparteien erkennbar vorgenommenen Aufrundung des "angebrochenen" Urlaubs-tags rechtfertigen (29 : 6 x 5 = 24,15). Ein nachvollziehbarer Grund für das durch den Zusatzurlaub bedingte Auseinanderklaffen zwischen 5,2 Wochen und 6 Wochen Freistellung, wie es die Klägerin für richtig und von den Tarifvertragsparteien als gewollt annimmt, läßt sich indessen nicht finden.

c) Die gebotene verfassungskonforme Auslegung des Tarifvertrags (vgl. BAG 21. Januar 1987 - 4 AZR 486/86 - AP GG Art. 9 Nr. 46 und - 4 AZR 547/86 - BAGE 54, 113) führt daher unter Berücksichtigung seines systematischen Zusammenhangs, der Tarifentwicklung und der Regelung in vergleichbaren Tarifgebieten zur Anwendung der Kappungsgrenze von 32 Werktagen auch für Arbeitnehmer bei 5-Tage-Woche. aa) Das ergibt sich zunächst aus der Regelung in § 10 I. 1 RTV. Danach sind für die Gewährung von Erholungsurlaub das Bundesurlaubsgesetz, das Jugendarbeitsschutzgesetz und das "Gesetz über die Beschäftigung von Schwerbehinderten" maßgebend. Soweit der Tarifvertrag keine abweichenden Regelungen enthält, sind mithin die für den gesetzlichen Mindesturlaub geltenden Rechtssätze auch auf den Tarifurlaub anzuwenden (vgl. BAG 8. September 1998 - 9 AZR 161/97 - BAGE 89, 362; 18. Februar 1997 - 9 AZR 738/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Chemie Nr. 13 = EzA BUrlG § 3 Nr. 20 und 3. Mai 1994 - 9 AZR 165/91 - BAGE 76, 359).

Die Dauer des gesetzlichen Mindesturlaubs von 24 Werktagen (§ 3 Abs. 1 BUrlG) bemißt sich nach der Verteilung der Arbeitszeit auf die Woche. Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind (§ 3 Abs. 2 BUrlG), damit regelmäßig die Tage Montag bis Sonnabend. Arbeitet der Arbeitnehmer an weniger als an 6 Tagen in der Woche, werden die im Gesetz genannten Werktage zu den vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitstagen rechnerisch zueinander in Beziehung gesetzt, bei einer Verteilung auf 5 Tage ergibt sich ein Urlaubsanspruch von 20 Tagen (24 : 6 x 5 = 20). Im Ergebnis verfügt damit jeder Arbeitnehmer über einen gleich langen Urlaub von vier Wochen (BAG 8. März 1984 - 6 AZR 442/83 - BAGE 45, 199; 27. Januar 1987 - 8 AZR 579/84 - BAGE 54, 141).

Die Abhängigkeit der Urlaubsdauer von der Zahl der Arbeitstage ist zudem mit der Neufassung des § 44 SchwbG (24. Juli 1986, BGBl. I S 1110), jetzt § 47 Satz 1 Halbsatz 2 SchwbG gesetzlich normiert worden. Wie nunmehr ausdrücklich bestimmt ist, erhöht oder vermindert sich der gesetzliche Zusatzurlaub des Schwerbehinderten von 5 Arbeitstagen im Jahr, wenn sich seine regelmäßige Arbeitszeit auf mehr oder auf weniger als 5 Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt.

bb) § 10 I. 4 RTV enthält für die Ermittlung der Dauer des Zusatzurlaubs und der Kappungsgrenze keine abweichende Umrechnungsregel. Sie ergibt sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht aus dem Umstand, daß in § 10 I. 4 Satz 2 RTV nur auf Ziffer 2 und nicht auch auf Ziffer 3 verwiesen ist. Der Aufbau der Tarifvorschrift zeigt vielmehr, daß die Tarifvertragsparteien in Ziffer 1 die Geltung der gesetzlichen Urlaubsbestimmungen angeordnet und in Ziffer 2 als Grundlage die Urlaubsdauer nach Werktagen vereinbart haben, während Ziffer 3 nur das rechnerische Ergebnis der Urlaubsdauer bei der nicht auf 6, sondern auf 5 Tage in der Woche verteilten Arbeitszeit wiedergibt. Es handelt sich insoweit lediglich um ein Beispiel und zwar anhand der Arbeitnehmer bei 5-Tage-Woche.

cc) Gestützt wird dieses Verständnis der Tarifvorschrift durch den Umstand, daß andernfalls offen bleibt, wie der Urlaub der Arbeitnehmer zu bemessen ist, die regelmäßig an weniger als an 5 Tagen in der Woche, im Wechsel an 6 und an 5 Tagen oder etwa nur vor Festtagen arbeiten. Es kann unterstellt werden, daß den Tarifvertragsparteien solche Arbeitszeitmodelle bekannt sind und sie auch für diese Fälle die Arbeitnehmer gleich behandeln wollten. Dieses Ziel wird aber nur erreicht, wenn der Urlaub für alle Arbeitnehmer einheitlich unter Berücksichtigung der tatsächlich in der Woche geschuldeten Arbeitstage bemessen wird. Das gilt sowohl für den Grundurlaub als auch für den Zusatzurlaub. Wegen der Kappung auf 32 Werktage in § 10 I. 4 Satz 2 RTV sind daher die vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitstage rechnerisch zu 6 (Werk-) Tagen und nicht zu 5 (Arbeits-) Tagen in Beziehung zu setzen.

dd) Diese Auslegung wird durch die Tarifentwicklung bestätigt. Die Tarifvertragsparteien sind ersichtlich ebenso wie der Gesetzgeber bei der Formulierung des zum 1. Januar 1963 in Kraft getretenen Bundesurlaubsgesetzes von der damals üblichen Arbeitszeit Montag bis Samstag, also von sechs Tagen in der Woche, ausgegangen und haben deshalb die Dauer des Urlaubs in Werktagen bemessen und eine hierauf bezogene Kappungsgrenze für den aus Grund- und Zusatzurlaub zusammengesetzten Jahresurlaub vereinbart. Erstmals mit dem Rahmentarifvertrag vom 2. Juli 1987 haben die Tarifvertragsparteien für den Grundurlaub zwischen der 6- und der 5-Tage-Woche unterschieden und mit Wirkung zum 1. Januar 1987 in § 9 I. 2 RTV den Grundurlaub (6-Tage-Woche) für Arbeitnehmer über 35 Jahre mit 27 Werktagen und in § 9 I. 3 RTV (5-Tage-Woche) mit 23 Arbeitstagen vereinbart. § 9 I. 4 RTV 1987 entspricht in seiner Formulierung der Regelung in § 10 I. 4 RTV 1994, wobei die damalige Kappungsgrenze allerdings mit 31 Werktagen bestimmt war. Dem veröffentlichten Tariftext war eine (von den Tarifvertragsparteien nicht unterzeichnete) Umrechnungstabelle beigefügt, in der "analog § 9" die Urlaubstage bei 6-Tage und bei 5-Tage-Woche gegenübergestellt sind. 31 Werktage entsprachen danach 26 Arbeitstagen.

Mit dieser Einfügung von § 9 I. 3 RTV 1987 wurde die Urlaubsdauer nicht verlängert, da der Urlaub bei einer auf weniger als sechs Tage in der Woche verteilten Arbeitszeit ohnehin entsprechend umzurechnen war. Die Tarifvertragsparteien haben lediglich die Anwendung des Tarifvertrags erleichtert, indem Arbeitgeber und Arbeitnehmer nunmehr die Dauer des Grundurlaubs bei der 5-Tage-Woche unmittelbar dem Tariftext entnehmen konnten. Für die hier einschlägige Fassung der Urlaubsbestimmungen des § 10 I. RTV gilt nichts anderes.

ee) Die Beklagte weist außerdem zutreffend darauf hin, daß ihre Auffassung durch die Tarifpraxis der Tarifvertragsparteien bestätigt wird. So haben diese für das Tarifgebiet der neuen Bundesländer im Rahmentarifvertrag vom 1. Mai 1991 in § 9 I. 2 RTV bestimmt:

"Die Dauer des Urlaubs beträgt

bei 5-Tage-Woche

bei 6-Tage-Woche

20 Arbeitstage

24 Werktage

Bei einer Berufszugehörigkeit

von mehr als zwei Jahren

22 Arbeitstage

26 Werktage

...

von mehr als zehn Jahren

26 Arbeitstage

31 Werktage".

In dem Folgetarifvertrag vom 15. September 1997, an dem nunmehr die IG Bauen - Agrar - Umwelt beteiligt war, ist dann zwar der hier einschlägige § 10 I. RTV wörtlich übernommen worden. Daraus läßt sich aber nicht folgern, die Tarifvertragsparteien hätten nunmehr ein anderes Urlaubssystem eingeführt und die Arbeitnehmer hinsichtlich der Urlaubsdauer ungleich behandeln wollen.

ff) Die gegen diese Auslegung des Tarifvertrags erhobenen Einwände der Klägerin greifen nicht durch.

Ihre Erwägung, die Besserstellung der Arbeitnehmer in der 5-Tage-Woche sei gerechtfertigt, weil sie bei regelmäßiger tariflicher Arbeitszeit von 39 Wochenstunden arbeitstäglich 7,8 Stunden arbeiteten und damit stärker belastet seien als bei einer Verteilung auf 6 Arbeitstage/Woche (= 6,5 Stunden täglich), widerspricht der auf Arbeitstage und nicht auf Arbeitsstunden bezogenen Bemessung des Urlaubs, wie sie nicht nur im BUrlG sondern auch im Tarifvertrag geregelt ist (vgl. ErfK/Dörner 2. Aufl. § 3 BUrlG Rn. 23 ff.).

Daß die Tarifvertragsparteien in § 5 RTV bestimmt haben, die regelmäßige tarifliche Wochenarbeitszeit von 39 Stunden solle auf 5 Arbeitstage in der Woche verteilt werden, andere Regelungen könnten mit dem Betriebsrat oder durch Einzelvertrag vereinbart werden, ist für die Auslegung der Tarifvorschrift ebenfalls ohne Bedeutung. Das von der Klägerin für die Verteilung der Arbeitszeit auf die Woche nach § 5 RTV angenommene Regel-/Ausnahmeverhältnis, nämlich 5 Tage als Regel und 6 Tage als Ausnahme, haben die Tarifvertragsparteien jedenfalls nicht auf den Urlaub übertragen.

Die Anwendung der Kappungsgrenze führt allerdings dazu, daß der an die Berufszugehörigkeit von mehr als zehn Jahren geknüpfte Zusatzurlaub von 6 Tagen von Arbeitnehmern in der 5-Tage-Woche bei einem Mindesturlaub von 23 Arbeitstagen und einer Kappung auf 27 Arbeitstage nicht erreicht werden kann. Hierauf weist die Klägerin zutreffend hin. Die tarifliche Regelung geht teilweise ins Leere. Für die in der 6-Tage-Woche Beschäftigten gilt aber nichts anderes. Auch diese können bei einem Mindesturlaub von 27 Werktagen und einem Zusatzurlaub von 6 Tagen keine 33 Urlaubstage beanspruchen, sondern wegen der Begrenzung auf 32 Werktage höchstens 5 Tage Zusatzurlaub.

III. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel zu tragen.

Ende der Entscheidung

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