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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 26.06.2001
Aktenzeichen: 9 AZR 244/00
Rechtsgebiete: TV zur Regelung der Altersteilzeit, AtG, BGB, SchwbG, TzBfG


Vorschriften:

Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit (im öffentlichen Dienst) idF vom 30. Juni 2000
AtG § 2
AtG § 3
AtG § 5
BGB § 315
SchwbG idF vom 29. September 2000 § 14
TzBfG § 4 Abs. 1
§ 3 Abs. 1 TV ATZ, wonach die bisherige individuelle Arbeitszeit des Angestellten während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses um die Hälfte gemindert werden muß, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (Anschluß und Fortführung BSG 29. Januar 2001 - B 7 AL 98/99 R - SozR 3-4170 § 2 AltTZG Nr. 2).

Der Arbeitgeber kann bei seiner Entscheidung über den Antrag des Angestellten berücksichtigen, daß der verbleibende Rumpfarbeitsplatz nicht wieder besetzt werden kann. Im Rechtsstreit sind die Besetzungsschwierigkeiten nachvollziehbar darzulegen.


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

9 AZR 244/00

Verkündet am 26. Juni 2001

In Sachen

hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Leinemann, den Richter am Bundesarbeitsgericht Düwell, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Reinecke, die ehrenamtlichen Richter Jungermann und Benrath für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 16. Februar 2000 - 2 Sa 1228/99 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsvertrages.

Die am 5. August 1944 geborene Klägerin ist Angestellte des beklagten Landes. Sie arbeitet bei einem Finanzamt. Auf das Arbeitsverhältnis sind die für die Angestellten des beklagten Landes vereinbarten Tarifbestimmungen in der jeweiligen Fassung anzuwenden. Die Klägerin erhält Vergütungsgruppe VI b BAT. Ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 75 % der regelmäßigen wöchentlichen Tarifarbeitszeit, damit 28,9 Stunden. Sie ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.

Im April 1999 beantragte die Klägerin schriftlich die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit vom 5. Mai 1998 (TV ATZ) für die Dauer von fünf Jahren beginnend mit dem 1. September 1999. Das beklagte Land lehnte eine Inanspruchnahme der Altersteilzeit ab. Zur Begründung verwies es auf die damalige Fassung von § 2 Abs. 1 TV ATZ. Danach war der gleitende Übergang in den Ruhestand nur vollbeschäftigten Arbeitnehmern eröffnet. Diese Voraussetzung ist mit Wirkung zum 1. Juli 2000 entfallen. § 2 TV ATZ in der Fassung vom 30. Juni 2000 lautet nunmehr:

"§ 2

Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit

(1) Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die

a) das 55. Lebensjahr vollendet haben,

b) eine Beschäftigungszeit (z.B. § 19 BAT/BAT-O) von fünf Jahren vollendet haben und

c) innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben,

die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein.

(2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.

(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen."

Zur Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit heißt es in § 3:

"(1) Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit.

Als bisherige wöchentliche Arbeitszeit ist die wöchentliche Arbeitszeit zu Grunde zu legen, die mit dem Arbeitnehmer vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit vereinbart war. ...

(2) Die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit kann so verteilt werden, dass sie

a) in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet und der Arbeitnehmer anschließend von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge nach Maßgabe der §§ 4 und 5 freigestellt wird (Blockmodell) oder

b) durchgehend geleistet wird (Teilzeitmodell).

(3) Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass sein Wunsch nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung erörtert wird."

Nach § 9 Abs. 1 TV ATZ endet das Arbeitsverhältnis zu dem in der Altersteilzeitvereinbarung festgelegten Zeitpunkt. Im übrigen bestimmt § 9 Abs. 2 TV ATZ, das Arbeitsverhältnis ende unbeschadet der sonstigen tariflichen Beendigungstatbestände mit Ablauf des Kalendermonats vor dem Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer eine Rente wegen Alters beanspruchen kann.

Die Klägerin hat im Wesentlichen geltend gemacht, sie habe bereits mit Vollendung des 55. Lebensjahres einen Anspruch auf Änderung des Arbeitsvertrags. Die vom Land zu treffende Ermessensentscheidung habe sich wegen ihrer Schwerbehinderung auf Null reduziert. Aufgrund ihres sich verschlechternden Gesundheitszustandes könne sie Altersteilzeit nicht in Form des Blockmodells leisten; sie sei auf das Teilzeitmodell angewiesen. Schwierigkeiten für eine Wiederbesetzung der mit wöchentlich 14,45 Stunden verbleibenden Stelle seien wegen der darin liegenden Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten aus Rechtsgründen nicht zu berücksichtigen. Auch habe das Land solche Besetzungsschwierigkeiten nicht substantiiert vorgetragen. Dringende dienstliche Gründe iSv. § 2 Abs. 3 TV ATZ lägen nicht vor.

Die Klägerin hat, nachdem das Arbeitsgericht ihre auf Abschluß eines Teilzeitarbeitsvertrags zum 1. September 1999 gerichtete Klage abgewiesen hatte, vor dem Landesarbeitsgericht den Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsvertrags zum 1. Februar 2000 mit der Hälfte der regelmäßigen tariflichen Wochenarbeitszeit (19,25 Stunden) und erstmals hilfsweise ein solches mit der Hälfte ihrer individuellen Arbeitszeit begehrt. Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin nunmehr,

das beklagte Land zum Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsvertrags mit der Hälfte ihrer individuellen Wochenarbeitszeit im Rahmen des Teilzeitmodells bis zum 5. August 2004 zu verurteilen.

Das beklagte Land beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin gegen das beklagte Land auf Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsvertrags mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 14,45 Stunden bis zum Erreichen ihres 60. Lebensjahres verneint.

I. Auf § 2 Abs. 2 TV ATZ kann die Klägerin ihren Anspruch nicht stützen. Einen Anspruch auf Vertragsänderung haben danach nur Angestellte ab Vollendung des 60. Lebensjahres. Diese Altersgrenze hat die Klägerin nicht erreicht.

II. Der Anspruch läßt sich auch nicht aus § 2 Abs. 1 TV ATZ herleiten.

1. Die Klägerin erfüllt die in der Vorschrift genannten Voraussetzungen. Sie hat das 55. Lebensjahr vollendet und ist während der letzten fünf Jahre an mindestens 1.080 Kalendertagen versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis wäre auch, wie im Tarifvertrag bestimmt, versicherungspflichtig. Obgleich die von der Klägerin angestrebte Arbeitszeit unter der Grenze von 15 Stunden/Woche bleibt, liegt keine geringfügige Beschäftigung iSv. § 8 Abs. 1 SGB IV vor, weil das ihr verbleibende monatliche Einkommen die Entgeltgrenze von 630,00 DM übersteigt. Daß Versicherungsfreiheit nach § 27 Abs. 5 SGB III eintreten kann, wenn sich die Klägerin während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses arbeitslos meldet (§ 117, § 118 Abs. 2 SGB III), ist hierfür ohne Bedeutung. Sie hätte dann zwar Anspruch auf Arbeitslosengeld. Solange ein solcher Anspruch nicht besteht und nicht alle Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung vorliegen, bleibt das Altersteilzeitarbeitsverhältnis aber nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III versicherungspflichtig.

2. Das beklagte Land ist nicht schon deshalb zur Änderung des mit der Klägerin geschlossenen Arbeitsvertrags verpflichtet, weil die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 TV ATZ erfüllt sind. Wie der Senat (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 706/99 - DB 2001, 1995) bereits entschieden hat, begründet diese Vorschrift keinen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf einen gleitenden Übergang in den Ruhestand. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen Anspruch darauf, daß der Arbeitgeber bei der Entscheidung über den Antrag auf Abschluß des Altersteilzeitvertrags in entsprechender Anwendung von § 315 Abs. 1 BGB billiges Ermessen wahrt (vgl. BAG 29. November 1995 - 5 AZR 753/94 - BAGE 81, 323).

3. Das beklagte Land hat sein Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt.

a) Das Landesarbeitsgericht ist auf der Grundlage der bis 30. Juni 2000 geltenden Fassung des TV ATZ zugunsten der Klägerin davon ausgegangen, sie habe wegen des - unterstellt - rechtswidrigen Ausschlusses von Teilzeitbeschäftigten aus dem Anwendungsbereich des Tarifvertrags dieselben Rechte wie eine Vollzeitbeschäftigte. Es hat die Klage abgewiesen, weil die bei dem von der Klägerin gewählten Teilzeitmodell verbleibende Stelle mit einem Arbeitsvolumen von gut 14 Stunden schwierig zu besetzen sei und bei fehlender Wiederbesetzung Zuschüsse der Arbeitsverwaltung ausblieben. Die Ermessensentscheidung des beklagten Landes sei auch dann nicht unbillig, wenn die Schwerbehinderung der Klägerin berücksichtigt werde. Der Arbeitgeber könne zwar aufgrund seiner besonderen Fürsorgepflicht gehalten sein, dem schwerbehinderten Arbeitnehmer Arbeitsbedingungen anzubieten, mit denen verhindert werde, daß der Arbeitnehmer vor Erreichen der Altersgrenze erwerbsunfähig werde. Eine solche Gefahr habe die Klägerin indessen nicht hinreichend dargelegt.

b) Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.

aa) § 2 Abs. 1 TV ATZ enthält keine Vorgaben, welche Tatsachen der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen hat. § 2 Abs. 3 TV ATZ, wonach der Arbeitgeber einen Antrag auf Altersteilzeit nur wegen entgegenstehender dringender dienstlicher oder betrieblicher Gründe ablehnen darf, bezieht sich lediglich auf Arbeitnehmer nach Vollendung des 60. Lebensjahres (§ 2 Abs. 2 TV ATZ) und nicht auf Arbeitnehmer der Altersgruppe der Klägerin (Senat 12. Dezember 2000 - 9 AZR 706/99 - aaO). Für die Beurteilung der Entscheidung des beklagten Landes gilt daher die allgemeine Regel, wonach der Arbeitgeber billiges Ermessen dann wahrt, wenn er die wesentlichen Umstände des Einzelfalls und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt (BAG 23. Juni 1993 - 5 AZR 337/92 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 42 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 13). Ob dies geschehen ist, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (BAG 24. April 1996 - 5 AZR 1031/94 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18).

bb) Das beklagte Land durfte danach grundsätzlich alle Umstände in Rechnung stellen, die sich aus einem Wechsel der Klägerin in die Altersteilzeit ergeben. Zu diesen Umständen gehören die von ihm geltend gemachten Schwierigkeiten, den hierdurch frei werdenden Arbeitsplatz wieder zu besetzen. Denn die Bundesanstalt für Arbeit fördert Altersteilzeit nur unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 AtG. Der Arbeitgeber muß "aus Anlaß des Übergangs des Arbeitnehmers in die Altersteilzeitarbeit" einen beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer oder einen Arbeitnehmer nach Abschluß der Ausbildung auf dem freigemachten oder auf einen in diesem Zusammenhang durch Umsetzung freigewordenen Arbeitsplatz versicherungspflichtig im Sinne des Sozialgesetzbuchs III beschäftigen. Nur in diesen Fällen erwirbt der Arbeitgeber einen Anspruch auf die Leistungen der Arbeitsverwaltung. Kann der Arbeitsplatz nicht nachbesetzt werden, schuldet der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes dem Arbeitnehmer mithin nicht nur die über die gesetzliche Mindesthöhe hinausgehenden tariflichen Aufstockungsleistungen auf 83 % des bisherigen Nettoentgelts zum Entgelt und zur Rentenversicherung (§ 5 Abs. 2 und Abs. 4 TV ATZ). Er kann diese Belastung auch nicht teilweise durch Leistungen der Arbeitsverwaltung ausgleichen.

Die Rüge der Revision, das beklagte Land habe die Schwierigkeiten der Nachbesetzung nicht konkret nachgewiesen, bleibt ohne Erfolg. Welche Bemühungen ein Arbeitgeber unternehmen muß, um die Aussichten einer Wiederbesetzung abzuklären, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Es kann genügen, wenn der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsaufgabe und des Umfangs der durch den Wechsel in die Altersteilzeit freiwerdenden Stelle die fehlende Wiederbesetzungsmöglichkeit nachvollziehbar darlegt. Der Arbeitnehmer, der trotz einer in sich nachvollziehbaren und damit plausiblen Begründung des Arbeitgebers weiterhin eine fehlerhafte Ermessensausübung rügt, muß dies seinerseits dann näher konkretisieren. Das ist ihm auch zumutbar, da Altersteilzeit ohnehin nur ältere Arbeitnehmer in Anspruch nehmen können, die regelmäßig über hinreichende Kenntnis über die Beschäftigungs- und Einstellungspraxis im Betrieb/ in der Behörde verfügen.

Die Darlegungen des Landes sind nachvollziehbar. Die Klägerin hat als Sachbearbeiterin in der Finanzverwaltung eine qualifizierte Arbeitsaufgabe. Solche Arbeiten werden zwar auch in Teilzeit wahrgenommen, wie das Beispiel der Klägerin zeigt. Das gilt aber nicht für eine Arbeitszeit von weniger als 40 % der regelmäßigen tariflichen Wochenarbeitszeit. Daß ein solcher Arbeitsplatz nicht ohne weiteres mit einem arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer oder einem Ausbildungsabsolventen wieder besetzt werden kann, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen.

cc) Die Entscheidung des beklagten Landes ist auch nicht aus sonstigen Gründen ermessensfehlerhaft.

(1) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG (bisher § 2 Abs. 1 BeschFG) darf der Arbeitgeber teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln, es sei denn, daß sachliche Gründe die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Hier liegt ein rechtfertigender Grund in der finanziellen Mehrbelastung des Arbeitgebers bei fehlender Wiederbesetzung des teilweise freiwerdenden Arbeitsplatzes.

(2) Dieser Umstand ist auch nicht deshalb außer Betracht zu lassen, weil er zu einer unzulässigen mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts oder zu einer gleichheitswidrigen Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) führte.

Die Klägerin weist zunächst zutreffend darauf hin, daß wegen der gesetzlichen Fördervoraussetzungen eine mittelbare Benachteiligung von teilzeitbeschäftigten Frauen nicht ausgeschlossen ist. Da die bisherige individuelle Arbeitszeit um die Hälfte gemindert werden muß (§ 3 Abs. 1 TV ATZ, § 2 Abs. 1 AtG), können sich Rumpfarbeitsplätze ergeben, die der Arbeitgeber realistisch nicht wieder besetzen kann. Teilzeitbeschäftigte, die wie die Klägerin das Teilzeitmodell und nicht das Blockmodell wählen, können daher faktisch von dieser Form der Altersteilzeit ausgeschlossen sein. Das macht die gesetzliche Regelung und die hierauf fußende Tarifbestimmung aber nicht unzulässig.

Nach der Richtlinie 97/80 EG vom 15. Dezember 1997 liegt mittelbare Diskriminierung vor, wenn "dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren einen wesentlich höheren Anteil der Angehörigen eines Geschlechts benachteiligen, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind angemessen und notwendig und durch nicht auf das Geschlecht bezogene sachliche Gründe gerechtfertigt". Das Bundessozialgericht (29. Januar 2001 - B 7 AL 98/99 R - SozR 3-4170 § 2 AltTZG Nr. 2) hat bereits zu § 2 AtG in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung entschieden, die Vorschrift verstoße weder gegen Gemeinschaftsrecht noch gegen Art. 3 GG. Bis Ende 1999 habe es dem deutschen Strukturprinzip der Altersteilzeit entsprochen, nur das Freiwerden eines Arbeitsplatzes mit der vollen tariflichen Wochenarbeitszeit zu fördern, und zwar nur bei deren Halbierung. Zur Begründung hat es ua. die mit dem Gesetz verfolgten arbeitsmarktpolitischen Ziele angeführt und dabei berücksichtigt, daß nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. BSG 18. Mai 2000 - B 11 AL 61/99 R - SozR 3-6083 Art. 4 Nr. 15 EWGRL 79/7) den Mitgliedsstaaten auf dem Gebiet des Sozialrechts ein umfassender Gestaltungsspielraum eingeräumt ist. Dieser Beurteilung folgt der Senat auch für § 2 Abs. 1 AtG in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Altersteilzeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I 2494) und der Anpassung des TV ATZ, mit denen Teilzeitbeschäftigte in den gesetzlichen und tariflichen Anwendungsbereich einbezogen werden.

Die Gesetzesänderung beruht auf den Erwägungen, die bereits in § 1 AtG zur Begründung des Gesetzes angesprochen werden. Älteren Teilzeitbeschäftigten, insbesondere die in diesem Arbeitszeitmodell arbeitenden Frauen, sollten ebenfalls in den Genuß eines gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand kommen können. Außerdem sollte die Einbeziehung dieser mit etwa 6 Millionen angenommenen Arbeitnehmergruppe die erstrebten arbeitsmarktpolitischen Effekte verstärken (vgl. BT-Drucks. vom 20. Oktober 1999 14/1831). Diesem arbeitsmarktpolitischen Ziel entspricht es, daß Altersteilzeit von Teilzeitbeschäftigten nur dann gefördert wird, sofern sie ebenso deutlich wie Vollzeitbeschäftigte ihre Arbeitszeit mindern. Nur dann entsteht genügend Arbeitsbedarf, um die freiwerdende Stelle mit einem Arbeitslosen, einem Ausbildungsabsolventen oder (in Kleinbetrieben) mit einem Auszubildenden zu besetzen.

(3) Die von der Klägerin herangezogenen Bedenken des Schrifttums (vgl. Rittweger NZS 2000, 240) teilt der Senat nicht. Richtig ist, daß nach § 9 Abs. 2 TV ATZ das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet, sobald der Arbeitnehmer Anspruch auf eine ungekürzte Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder eine vergleichbare Leistung hat. Diese tarifliche Regelung beruht auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 AtG. Danach erlischt mit diesem Zeitpunkt der Anspruch des Arbeitgebers auf Förderleistungen. Rechtsfolge einer rechtswidrigen Ungleichbehandlung wegen des (teilweise noch) unterschiedlichen Rentenzugangsalters von Frauen und Männern wäre dann jedoch der Wegfall dieses Beendigungsgrundes (so auch Rittweger aaO: Streichung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AtG), aber nicht der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch.

(4) Entgegen der Revision ist der Ermessensspielraum des beklagten Landes auch nicht wegen der Schwerbehinderung der Klägerin auf "Null" reduziert.

Welche Umstände der Arbeitgeber seiner Entscheidung über den Antrag eines Arbeitnehmers auf Herabsetzung der Arbeitszeit zugrundelegen darf, bestimmt sich nicht nach allgemein geltenden Regeln, wie die Klägerin anzunehmen scheint. Maßgeblich ist vielmehr der jeweilige Sachverhalt, aus dem der Arbeitnehmer seinen geltend gemachten Anspruch herleitet. So haben schwerbehinderte Arbeitnehmer seit dem 1. Oktober 2000 nach § 14 Abs. 4 Satz 3 SchwbG idF des Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter (SchwbBAG) vom 29. September 2000 (BGBl. I S 1394) Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die Kürzung der Arbeitszeit wegen der Art oder der Schwere der Behinderung notwendig ist.

Selbst wenn der Klägerin danach ein Anspruch auf Arbeitszeitverkürzung zustünde, was das Landesarbeitsgericht aus tatsächlichen Gründen verneint hat, ergibt sich daraus kein Anspruch auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit den tariflich bestimmten Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers. Mit dem Schwerbehindertenrecht sollen Schwerbehinderte nicht bevorzugt werden. Es dient vielmehr dem Ausgleich ihrer behinderungsbedingten Nachteile (BVerwG 2. Juli 1992 - 5 C 39/90 - BVerwGE 90, 275). Soweit keine Schutzbestimmung eingreift, ist der Arbeitgeber daher berechtigt, den schwerbehinderten Arbeitnehmer ebenso zu behandeln wie einen nichtbehinderten Arbeitnehmer. Der Hinweis der Klägerin auf die besondere Förderungs- und Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 SchwbG aF (jetzt: § 14 Abs. 3 Nr. 1 SchwbBAG) geht fehl. Die Vorschrift begründet ebensowenig wie die Pflicht des Arbeitgebers, die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen zu fördern (§ 14 Abs. 4 Satz 1 SchwbBAG) einen Anspruch auf Herabsetzung der Arbeitszeit unter Inanspruchnahme der Vorteile des TV ATZ.

(5) Die Klägerin macht schließlich auch ohne Erfolg geltend, eine Inanspruchnahme von Altersteilzeit mit Vollendung des 60. Lebensjahres sei für sie nicht möglich. Nach § 236 a SGB VI könne sie bereits zu diesem Zeitpunkt Altersrente ohne Abschlag beziehen. Zu diesem Zeitpunkt ende aber das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach § 9 Abs. 2 TV ATZ (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AtG). Darin liege eine mittelbare Diskriminierung, die zur Folge habe, daß Schwerbehinderte bereits nach Vollendung des 55. Lebensjahres einen Anspruch auf Altersteilzeit hätten. Auch hier gilt, daß als Rechtsfolge allenfalls eine Anpassung von § 9 TV ATZ (§ 5 AtG) in Betracht kommt, nicht aber eine Verschiebung der Anspruchsberechtigung in den Zeitraum vor Vollendung des 60. Lebensjahres.

III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Ende der Entscheidung

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