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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.06.2008
Aktenzeichen: I B 105/07
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 364a
FGO § 116 Abs. 3 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurde für das Streitjahr 1995 und für die Folgejahre 1996 bis 1999 auf der Grundlage einer Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer durch Schätzungsbescheid herangezogen. Gegen die Festsetzungen vom 20. Dezember 2002 legte sie Einspruch ein. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erließ eine ablehnende Einspruchsentscheidung für die Jahre 1996 bis 1999. Dagegen erhob die Klägerin am 10. Juni 2003 Klage (Aktenzeichen: 2 K 183/03); als Gegenstand der Klage ist "Einkommensteuer 1996 bis 1999" bezeichnet, darüber hinaus sind als "betroffener VA" die Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1999 angeführt. Im Übrigen heißt es: "Vorsorglich führen wir auch als angegriffenen VA den Einkommensteuerbescheid 1995 auf, weil insofern die Einspruchsentscheidung nicht eindeutig und klar ist, ob der Bescheid eingeschlossen sein soll oder nicht".

Am 17. Juni 2004 erging ein Änderungsbescheid zum Streitjahr (und zu den Folgejahren).

Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein. Das FA wies die Klägerin mit Schreiben vom 22. Juni 2004 darauf hin, dass der Einspruch unzulässig sei (Hinweis auf § 365 Abs. 3 Satz 1 der Abgabenordnung --AO--). Daraufhin beantragte die Klägerin eine Fristverlängerung zur Begründung des Einspruchs und eine Erörterung nach § 364a AO. Das FA verwarf den Einspruch als unzulässig; zugleich wurde der Antrag auf Erörterung abgelehnt, da nicht erkennbar sei, wie die Erörterung zur Aufhellung der Sach- und Rechtslage beitragen könne, ebenfalls der Antrag auf Fristverlängerung (unter Hinweis auf das noch laufende --den Bescheid vom 17. Juni 2004 einbeziehende-- Einspruchsverfahren zum Veranlagungsjahr 1995). Die Klage blieb erfolglos (Finanzgericht --FG-- des Saarlandes, Urteil vom 25. April 2007 1 K 2267/04), ebenso die Nichtzulassungsbeschwerde (Senatsbeschluss vom 10. Juni 2008 I B 107/07).

Nach einem Trennungsbeschluss erhielt das Verfahren zum Streitjahr das Aktenzeichen 1 K 1022/07. Die Klage blieb erfolglos (Urteil des FG des Saarlandes vom 25. April 2007 1 K 1022/07).

Die Klägerin rügt mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde "die Verletzung formellen und materiellen Rechts". Sie beantragt, die Revision gegen das Urteil des FG vom 25. April 2007 zuzulassen. Soweit die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht bzw. nicht vollständig per Fax rechtzeitig beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen sei, wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Das FA hat zum Verfahren nicht Stellung genommen.

II. Die Beschwerde ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben; der Rechtsstreit wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat verfahrensfehlerhaft unterstellt, dass die Klägerin eine (Untätigkeits-)Klage erhoben hat.

Die Klägerin hatte als Gegenstand der Klage "Einkommensteuer 1996 bis 1999" angeführt. Im Übrigen hatte sie "vorsorglich" auch den Einkommensteuerbescheid 1995 als angegriffenen Verwaltungsakt erwähnt, weil insofern die Einspruchsentscheidung nicht eindeutig und klar angebe, ob der Bescheid eingeschlossen sein solle oder nicht. In dem ebenfalls gegenüber der Klägerin ergangenen Urteil des FG vom 25. April 2007 1 K 2267/04 zum Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 1995 vom 17. Juni 2004 hat das FG (wie auch zuvor in der Einspruchsentscheidung das FA) auf das noch laufende Einspruchsverfahren zum Veranlagungsjahr 1995 hingewiesen. Insoweit hätte daher im Verfahren 1 K 1022/07 Anlass bestanden, auf Zweifel an einer wirksamen Klageerhebung einerseits oder auf die Möglichkeit einer Umdeutung einer Anfechtungsklage in eine Untätigkeitsklage andererseits hinzuweisen. Dies gilt im besonderen Maße, weil die Klägerin einen vor der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis des Senatsvorsitzenden, es gehe vorrangig um die Zulässigkeit des Verfahrens, nicht nur auf eine zu Beginn des Verfahrens streitige etwaige Verfristung der Klage beziehen konnte.

Die Rüge der Klägerin ist im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen; aus den Akten des BFH ist der genaue Zeitpunkt des Zugangs von "Teil 2 der NZB-Begründung" nicht ersichtlich, was es ausschließt, mit Blick auf die Begründungsfrist nach § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO von einem Fristversäumnis der Klägerin auszugehen.

Ende der Entscheidung

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