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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 06.03.2007
Aktenzeichen: I B 108/06
Rechtsgebiete: GewStG, FGO


Vorschriften:

GewStG § 9 Nr. 1 Satz 1
GewStG § 9 Nr. 1 Satz 2 ff.
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Streitig ist, ob die Voraussetzungen der sogenannten erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Sätze 2 ff. des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in den Streitjahren 1997 bis 1999 erfüllt sind.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine Kapitalgesellschaft, die aus einer kommunalen Eigengesellschaft hervorgegangen ist, war in den Streitjahren u.a. im Bereich der Wohnungswirtschaft und der Baulanderschließung als Bauträgerin tätig. Die Tätigkeit umfasste ab dem Jahr 1997 auch die Erschließung eines im eigenen Eigentum befindlichen Wohngebietes. Während die Klägerin die sogenannte erweiterte Kürzung bei einem Grundstücksunternehmen gemäß § 9 Nr. 1 Sätze 2 ff. GewStG begehrte, berücksichtigte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) bei der Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge lediglich einen Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG.

Die Klage wurde durch Urteil des Finanzgerichts (FG) Mecklenburg-Vorpommern vom 12. Juli 2006 1 K 730/02 abgewiesen. Einem Antrag, Beweis durch Vernehmung der Zeugen X und Y zu erheben, wurde vom FG nicht entsprochen.

Die Klägerin rügt Verfahrensfehler und beantragt, die Revision gegen das Urteil des FG zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde ist unbegründet; die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln nach Maßgabe des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht erfüllt. In der Ablehnung der beantragten Vernehmung der Zeugen durch das FG liegt weder der von der Klägerin geltend gemachte Sachaufklärungsmangel (Verstoß gegen § 76 Abs. 1 FGO) noch eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO).

1. Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO). Es ist dabei an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden (§ 76 Abs. 1 Satz 5 FGO). Danach muss die Tatsacheninstanz den Sachverhalt erforderlichenfalls unter Ausnutzung aller verfügbaren Beweismittel so vollständig wie möglich aufklären. Auf die Erhebung eines von einem Beteiligten bezeichneten Beweismittels darf im Regelfall nur verzichtet werden, wenn das FG die Richtigkeit der durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsache zugunsten der betreffenden Partei unterstellt, das Beweismittel nicht erreichbar oder die Tatsache rechtsunerheblich ist (s. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. September 1985 VII R 164/84, BFH/NV 1986, 674; vom 19. Juni 1997 V R 54/96, BFH/NV 1998, 174; BFH-Beschluss vom 9. Januar 2004 XI B 236/02, BFH/NV 2004, 654).

a) Nach diesen Maßstäben ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das FG von der beantragten Vernehmung der Zeugen abgesehen hat.

aa) Zum Beweisantrag, den Zeugen X zu der Behauptung zu vernehmen, dass die Klägerin angewiesen war, "die Parzellierung, Erschließung und Veräußerung des Grundstücks ... in der Weise durchzuführen, dass aus den Veräußerungen kein Gewinn entsteht", hat das FG ausgeführt, dass die Behauptung als wahr unterstellt werden könne. Hierdurch sei aber die Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin nicht entfallen. Denn aus dem Erschließungsvertrag, der für den Vertragspartner (die Gemeinde) vom Zeugen als vertretungsberechtigtem Organ abgeschlossen worden war, sei für die Klägerin bei betriebswirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Rendite zu erwarten gewesen, so dass eine Gewinnerzielungsabsicht bei Aufnahme der Tätigkeit vorgelegen habe. Das FG hat insoweit eine Gewichtung der vorliegenden Beweise (Vertragsunterlagen; als wahr unterstellte Behauptung des Zeugen) vorgenommen und dabei den Schluss auf eine Gewinnerzielungsabsicht gezogen. Die Rüge der Klägerin zielt darauf ab, diese Beweiswürdigung einer Überprüfung zu unterziehen. Insoweit wird allerdings von der Klägerin letztlich ein materieller Fehler der Entscheidung des FG geltend gemacht (s. insoweit allgemein BFH-Beschluss vom 4. Juni 2004 VI B 256/01, BFH/NV 2004, 1416, m.w.N.), der dem auf die Beseitigung eines Verfahrensfehlers gerichteten Zulassungsbegehren der Klägerin nicht zum Erfolg verhelfen kann.

bb) Zum Beweisantrag, die Zeugin Y zu der Behauptung zu vernehmen, "dass aus dem Grundstück ... nach Erfassung der entstandenen Kosten und Veräußerungserträge ein Gesamtverlust von ... entstanden ist", hat das FG ausgeführt, dass das so formulierte Beweisthema nicht geeignet sei, für das Gericht nachprüfbar die Ermittlung des Verlustes nachzuvollziehen. Rechnerisch könne der Betrag als wahr unterstellt werden, seine sachliche Richtigkeit sei offen und nicht unter Beweis gestellt worden. Darüber hinaus sei es für die festgestellte Gewinnerzielungsabsicht ohne Bedeutung, dass sich tatsächlich im Jahr 2003 ein Verlust ergeben habe, da dieser nach den Vertragsvereinbarungen von vornherein weder vorhersehbar noch beabsichtigt gewesen sei. Das FG hat damit ausreichend dargelegt, dass die behauptete Tatsache ("Verlustgeschäft") bei der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht in dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Aufnahme der Erschließungstätigkeit unerheblich ist.

b) Eine Verpflichtung, die Zeugen zu vernehmen, kann auch nicht aus dem in dem Rechtsstreit zuvor ergangenen Beschluss zur Aussetzung der Vollziehung folgen. Wenn das Gericht auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage mit Blick auf einen eingetretenen Verlust die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festsetzungen, denen eine Gewinnerzielungsabsicht zugrunde lag, für ernstlich zweifelhaft hielt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FGO), kann daraus allenfalls abgeleitet werden, dass die entscheidungserhebliche Frage des Vorliegens einer Gewinnerzielungsabsicht im Hauptsacheverfahren zu klären ist. Eine solche Klärung hat das FG im angefochtenen Urteil --ohne dass es auf das dort gefundene Ergebnis ankäme-- herbeigeführt.

2. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO) liegt nicht vor. Das FG hat die von der Klägerin unter Beweis gestellten Behauptungen als wahr unterstellt, sie allerdings als für die Entscheidung der Rechtsfrage, ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorlag, unerheblich angesehen.

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