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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.05.2001
Aktenzeichen: I B 110/00
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO n.F. § 128 Abs. 2
FGO § 51 Abs. 1 Satz 1
FGO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 42 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, die vor dem Finanzgericht (FG) Klage gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) wegen Körperschaftsteuer 1997 erhoben hatte. Das Klageverfahren wurde durch Urteil vom 25. Mai 2000 des vom 13. Senat des FG bestimmten Einzelrichters X abgewiesen. Gegen das Urteil hat die Klägerin sowohl Revision als auch Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Über beide ist noch nicht entschieden.

In dem Klageverfahren vor dem FG hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 12. Januar 2000 beantragt, den Einzelrichter X wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Zur Begründung machte sie geltend, der als befangen abzulehnende Richter habe ihr gegenüber einen besonderen Aktionismus entfaltet, der von seiner persönlichen Einstellung zur Sache und gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten getragen sei. Zudem sei der Richter auch gegenüber der Klägerin negativ eingestellt. Der 13. Senat des FG habe durch Beschluss vom 20. Dezember 1999 die Sache auf den Einzelrichter X übertragen. Dieser habe sofort Termin auf den 13. Januar 2000 anberaumt. Der Beschluss und die Ladung seien dem Prozessbevollmächtigten am 27. Dezember 1999 zugestellt worden. Dessen Praxis sei jedoch wegen Umzuges und Urlaubs bis einschließlich 9. Januar 2000 geschlossen gewesen. Der Prozessbevollmächtigte habe deshalb Beschluss und Ladung tatsächlich erst am 10. Januar 2000 erhalten. Die verbleibenden drei Arbeitstage seien zu kurz gewesen, um sich auf den Termin vom 13. Januar 2000 vorzubereiten.

Mit seinem Verhalten habe der Richter den sog. Weihnachtsfrieden in derart eklatanter Weise verletzt, dass Verfahrensunfrieden gestiftet worden sei. Die Klägerin verweist auf 13 weitere Verfahren, um deren Aktenbeiziehung sie bat. Aus den Verfahren ergebe sich insgesamt ein spannungsgeladenes Verhältnis. Der Richter habe versucht, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu dessen Nachteil verfahrenstechnisch durch Vortäuschungen in Verfahrensfallen laufen zu lassen.

Richter am FG X hat sich zu dem Ablehnungsgesuch dienstlich geäußert. Er meint, die erhobenen Vorwürfe entbehrten jeglicher tatsächlicher Grundlage.

Der 13. Senat des FG hat durch Beschluss vom 19. April 2000 das Gesuch abgelehnt. Der Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 28. April 2000 durch Niederlegung bei der Post zugestellt.

Am 12. Mai 2000 legte die Klägerin gegen den Beschluss Beschwerde ein, der das FG nicht abgeholfen hat. Zur Begründung führt sie aus, die am 25. Mai 2000 von dem Richter am FG X ihr gegenüber erlassenen Entscheidungen müssten im Zusammenhang gesehen werden. Der Zusammenhang zeige die Voreingenommenheit und Willkür der Entscheidungen des abgelehnten Richters.

Sinngemäß beantragt die Klägerin, unter Aufhebung des Beschlusses des FG Köln vom 19. April 2000 13 K 7393/99 das Ablehnungsgesuch für begründet zu erklären.

II. Die Beschwerde ist zulässig. Ihre Zulässigkeit beurteilt sich noch nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmungen der Finanzgerichtsordnung --FGO-- (Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze --2.FGOÄndG-- vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757), weil die angefochtene Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 zugestellt wurde. Danach findet § 128 Abs. 2 FGO n.F. im Streitfall noch keine Anwendung.

Die Beschwerde ist jedoch offensichtlich unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen. Das FG hat das Befangenheitsgesuch zu Recht abgelehnt.

1. Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu begründen. Das ist der Fall, wenn ein Verfahrensbeteiligter bei Würdigung aller Umstände einen vernünftigen und bei objektiver Betrachtung anzuerkennenden Grund zu der Annahme hat, der Richter werde aus einem in seiner Person liegenden Grund nicht unvoreingenommen entscheiden (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. September 1999 VI B 397/98, BFH/NV 2000, 337; vom 14. Oktober 1999 IV B 72/99, BFH/NV 2000, 459; vom 10. März 2000 I B 52/99, BFH/NV 2000, 1114, m.w.N.). Eine solche Situation kann auch dadurch verursacht sein, dass der Richter zwar nicht zu dem Beteiligten, wohl aber zu dessen Prozessbevollmächtigten ein gespanntes Verhältnis hat; ein solches rechtfertigt jedoch nur dann eine Ablehnung, wenn die Besorgnis begründet ist, dass es sich im konkreten Fall zu Ungunsten des Beteiligten auswirken könnte (BFH-Beschlüsse vom 31. Januar 1991 VI B 128/90, BFH/NV 1991, 696; vom 22. Mai 1991 IV B 48/90, BFH/NV 1992, 395). Der Beteiligte, der einen Richter als befangen ablehnt, muss die die Ablehnung tragenden Gründe substantiiert darlegen und erforderlichenfalls glaubhaft machen (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 51 Rz. 51, m.w.N.).

2. Im Streitfall kann die Begründetheit der Beschwerde nur auf der Grundlage der von der Klägerin bis zum 19. April 2000 geltend gemachten Ablehnungsgründe beurteilt werden. Die Klägerin kann im Beschwerdeverfahren keine neuen Ablehnungsgründe vorbringen (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1992, 395; vom 20. Juli 1994 I B 140/93, BFH/NV 1995, 400). Deshalb kann es auf den Inhalt der Begründungen der am 25. Mai 2000 von dem Richter am FG X getroffenen Entscheidungen nicht ankommen.

3. Mit seinem Ablehnungsgesuch vom 12. Januar 2000 hat die Klägerin keine Ablehnungsgründe schlüssig dargetan. Sie hat lediglich geltend gemacht, dass der 13. Senat des FG Köln durch Beschluss vom 22. Dezember 1999 die Sache auf den Einzelrichter X übertragen habe. Dieser habe am 22. Dezember 1999 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 13. Januar 2000 anberaumt. Dieses Vorbringen enthält schon deshalb keine Darlegung eines schlüssigen Ablehnungsgrundes, weil § 91 Abs. 1 Satz 1 FGO als Ladungsfrist nur einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen vorsieht. Diese Frist wurde im Streitfall eingehalten. Ein dem Gesetz entsprechendes Verhalten ist aber keine Provokation und kann deshalb auch nicht die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit begründen.

4. Der Ablehnungsantrag vom 12. Januar 2000 enthält nur Unterstellungen (Aktionismus, persönliche Voreingenommenheit, negative Einstellung, Vortäuschungen, in Verfahrensfallen laufen lassen), die durch keinen Tatsachenvortrag schlüssig belegt werden. Sie sind mangels Angabe von Tatsachen nicht nachprüfbar und erfüllen schon deshalb nicht die Voraussetzungen, die an die der Klägerin obliegende Darlegungspflicht zu stellen sind. Es ist auch nicht die Aufgabe eines Gerichts, nach entsprechender Beiziehung die Akten von insgesamt 13 Verfahren von Amts wegen daraufhin zu überprüfen, ob sich aus ihnen Anhaltspunkte für die Richtigkeit des Vorgetragenen ergeben. Es ist vielmehr Sache des den Antrag stellenden Beteiligten, Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die Besorgnis der Befangenheit ergibt. Nur zur Glaubhaftmachung kann auf bestimmte Erklärungen innerhalb einer Akte Bezug genommen werden, deren Fundstelle dann allerdings genau zu bezeichnen ist. Daran fehlt es im Streitfall.



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