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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.10.1999
Aktenzeichen: I B 123/98
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 78
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine Steuerberatungsgesellschaft, deren alleiniger Geschäftsführer in den Streitjahren (1988 bis 1991) Steuerberater K war. Ihr Stammkapital beträgt 50 000 DM. Einzige Gesellschafterin der Klägerin war zunächst S, die Tochter des K, die einen Gesellschaftsanteil in Höhe von 25 000 DM als Treuhänderin für ihre Schwester D hielt. Am 27. Dezember 1990 hat S in Erfüllung des Treuhandvertrags einen Teilgeschäftsanteil von 25 000 DM an D übertragen.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat im Anschluß an eine Außenprüfung verschiedene Aufwendungen der Klägerin als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) gewertet. Dabei geht es im einzelnen um folgende Vorgänge:

1. Die Ehefrau des K war seit 1981 alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der G-GmbH. Im August 1989 wurden sämtliche Anteile an der G-GmbH von S erworben; Geschäftsführerin der Gesellschaft blieb weiterhin Frau K. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) war die G-GmbH in den Streitjahren zahlungsunfähig und bilanziell überschuldet.

Ferner war Frau K zunächst alleinige Gesellschafterin und --jedenfalls seit 1987-- Geschäftsführerin der P-GmbH. Im August 1989 übertrug sie ihre Anteile an dieser Gesellschaft ebenfalls auf S. Auch die P-GmbH war nach den Feststellungen des FG an allen in den Streitjahren liegenden Bilanzstichtagen überschuldet.

Nach den Feststellungen des Prüfers hatte die Klägerin in den Streitjahren wiederholt Aufwendungen der G-GmbH und der P-GmbH ohne entsprechende rechtliche Verpflichtung getragen. Die Klägerin hatte hierzu im Rahmen der Prüfung ein vom 2. Januar 1988 datierendes Schriftstück vorgelegt, das eine Vereinbarung zwischen ihr selbst --der Klägerin--, der G-GmbH, der P-GmbH, Herrn und Frau K sowie S mit folgendem Wortlaut enthält: "Aus wirtschaftlichen Gründen kann es erforderlich werden, daß vorstehende juristische und natürliche Personen sich gegenseitig Darlehen gewähren. Die grundsätzliche Bereitschaft hierzu wird hiermit vereinbart. Soweit durch Zahlungen vorstehender juristischer und natürlicher Personen untereinander Forderungen ... entstehen, sind diese mit 6 v.H. zu verzinsen." Weitere Bestimmungen zu der Darlehensvergabe enthält das Schriftstück nicht.

Aufgrund dieser Vereinbarung hatte die Klägerin in den Streitjahren 13 709,06 DM (1988), 16 065,91 DM (1989), 19 339,14 DM (1990) und 22 862,83 DM (1991) an die G-GmbH gezahlt und die entsprechenden Beträge als Forderungen verbucht. Außerdem hatte sie in 1991 eine Zinsforderung in Höhe von 3 975,11 DM bei einem Zinssatz von 7 v.H. eingebucht. Das FA behandelte die an die G-GmbH geleisteten Zahlungen als vGA.

Ferner leistete die Klägerin in den Jahren 1989 bis 1991 Zins- und Tilgungszahlungen auf eine Darlehensverbindlichkeit der P-GmbH gegenüber der W-Bank. Das betreffende Darlehen war ursprünglich von den Eheleuten K aufgenommen und sodann an die P-GmbH weitergereicht worden; es hatte dieser zur Finanzierung des bei ihr bilanzierten Inventars gedient. Das FA sah die von der Klägerin geleisteten Zahlungen in Höhe von 8 230,03 DM (1989), 7 732,30 DM (1990) und 12 597,62 DM (1991) ebenfalls als vGA an.

2. Zwischen der Klägerin und ihrem Geschäftsführer K bestand ein Dienstvertrag vom 2. Januar 1988, in dem es u.a. heißt, daß K die Klägerin gerichtlich und außergerichtlich vertrete. Die Arbeitszeit des K war auf 20 Wochenstunden festgesetzt; sie sollte sich nach den betrieblichen Erfordernissen bestimmen und in diesem Rahmen von K frei und eigenverantwortlich gestaltet werden. Ferner war K gestattet, Tätigkeiten als Steuerberater und Rechtsbeistand in eigener Praxis auszuüben. Schließlich heißt es im Vertrag: "Soweit der Geschäftsführer an der Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen mitwirkt, erhält er hierfür 30 v.H. des Honoraraufkommens. Für diese Leistungen sind jährlich Abrechnungen zu erteilen. Es wird hiermit ausdrücklich festgestellt, daß es sich hierbei um selbständige Leistungen handelt, die im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit des Geschäftsführers erbracht werden."

Im Oktober 1988 verklagte Rechtsanwalt M beim Landgericht die Klägerin auf Zahlung von 30 000 DM. In diesem Verfahren wurde die Klägerin durch Rechtsanwalt L als Prozeßbevollmächtigten vertreten. Im Ergebnis hatten die Klage des M und die gegen das landgerichtliche Urteil eingelegte Berufung keinen Erfolg. Die Kosten des Rechtsstreits wurden M auferlegt; der Streitwert des Verfahrens wurde auf 30 000 DM festgesetzt.

Außerdem hatte M beim Arbeitsgericht zwei Klagen gegen die Klägerin erhoben, mit denen er die Zahlung von 2 000 DM bzw. 800 DM begehrte. In diesen Verfahren wurde die Klägerin ausschließlich durch K vertreten. Später nahm M die genannten Klagen zurück; dem stimmte ausweislich der Sitzungsniederschrift "der Geschäftsführer der Beklagten" zu.

Unter dem 31. Dezember 1989 erteilte K als "Steuerberater und Rechtsbeistand" der Klägerin eine Rechnung "für die Mitwirkung und Beratung sowie Vertretung im Prozeß RA M". Diese Rechnung geht von einem Gegenstandswert von 600 000 DM aus, beinhaltet eine Prozeßgebühr, eine Verhandlungsgebühr und eine Beweisgebühr sowie die Umsatzsteuer und beläuft sich auf insgesamt 14 463,18 DM. Die Klägerin verbuchte den genannten Betrag als Betriebsausgabe. Das FA setzte in Höhe dieses Betrags ebenfalls eine vGA an.

3. Die Gesellschafterin S war vom 1. Januar 1988 an zugleich Arbeitnehmerin der Klägerin, und zwar zunächst als Auszubildende und von Herbst 1989 an als Fachkraft. Dem lag ein Dienstvertrag zugrunde, der u.a. bestimmte, daß S zusätzlich zu ihrer Ausbildungsvergütung und später zu ihrem Grundlohn eine Erfolgstantieme in Höhe von 50 v.H. des Bilanzgewinns vor Steuern zustehen sollte. Demgemäß hat S von der Klägerin für 1989 und 1990 jeweils in demselben Jahr und für 1991 in 1993 Tantiemezahlungen erhalten. Das FA hat den Vertrag zwischen der Klägerin und S dem Grunde nach steuerlich anerkannt. Es hat jedoch die Tantiemeansprüche, die S aus diesem Vertrag zustanden, unter Berücksichtigung der von ihm angenommenen vGA neu berechnet.

Die Klägerin focht die auf dieser Basis erlassenen Steuerbescheide nach erfolglosen Einspruchsverfahren mit der Klage an. Das FG hat die Klage abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat Gründe für eine Zulassung der Revision nicht in hinreichender Form geltend gemacht:

1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil nur zuzulassen, wenn entweder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem das Urteil beruhen kann (Nr. 3). Wird ein solches Urteil mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten, so sind die geltend gemachten Zulassungsgründe in der Beschwerdeschrift (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO), spätestens aber bis zum Ablauf der Beschwerdefrist darzulegen bzw. zu bezeichnen. Nur diejenigen Rügen, die auf diese Weise ordnungsgemäß geltend gemacht worden sind, können im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf ihre Berechtigung hin überprüft werden; alle anderen sind nicht statthaft und müssen bei der Entscheidung über das Vorliegen eines Zulassungsgrundes außer Betracht bleiben.

2. Im Streitfall wird der Vortrag der Klägerin in bezug auf alle gerügten Punkte den Erfordernissen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht gerecht:

a) Die Klägerin macht zunächst geltend, daß das Urteil des FG von der Rechtsprechung des Senats abweiche, nach der eine vGA u.a. eine sich auf das Einkommen auswirkende Vermögensminderung voraussetzt (Senatsurteile vom 1. Februar 1989 I R 73/85, BFHE 156, 155, BStBl II 1989, 522; vom 4. Dezember 1991 I R 63/90, BFHE 166, 279, BStBl II 1992, 362; vom 2. Februar 1994 I R 78/92, BFHE 173, 412, BStBl II 1994, 479; vom 5. Oktober 1994 I R 50/94, BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549). Das reicht indessen zur "Bezeichnung" einer Abweichung i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht aus.

Hierfür hätte die Klägerin vielmehr dartun müssen, daß das FG einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt und für seine Entscheidung herangezogen hat, der von einem die BFH-Rechtsprechung tragenden Rechtssatz abweicht. Dazu wäre es erforderlich gewesen, daß sie zunächst einen solchen der FG-Entscheidung zugrundeliegenden Rechtssatz formuliert und diesen sodann den vom BFH entwickelten Rechtssätzen gegenübergestellt hätte (BFH-Beschlüsse vom 15. Oktober 1998 III B 46/98, BFH/NV 1999, 622; vom 24. Februar 1999 IV B 68/98, BFH/NV 1999, 1114; Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 115 FGO Rz. 222, m.w.N.). Das ist nicht geschehen. Die in der Beschwerdeschrift enthaltenen Ausführungen zu diesem Punkt beschränken sich im Kern darauf, daß das FG eine vGA angenommen habe, obwohl die hierfür vom BFH geforderte Vermögensminderung nicht vorliege. Damit wird letztlich nur geltend gemacht, daß das FG die vom BFH gestellten Voraussetzungen einer vGA verkannt habe. Die Klägerin rügt mithin in der Sache ausschließlich eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG, was für eine ordnungsgemäße Divergenzrüge nicht genügt (BFH in BFH/NV 1999, 622; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 63, m.w.N.).

b) Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache will die Klägerin zunächst daraus ableiten, daß das FG über einen "fiktiven Sachverhalt" entschieden habe. Damit wird der Revisionsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO jedoch schon deshalb nicht hinreichend dargelegt, weil hierfür konkrete Angaben dazu erforderlich wären, welche im Streitfall aufgetretene Rechtsfrage im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftig und in einem etwaigen Revisionsverfahren klärungsfähig wäre (BFH-Beschlüsse vom 29. Januar 1999 VII B 209/97, BFH/NV 1999, 1217; vom 8. Februar 1999 VII B 284/98, BFH/NV 1999, 1217; Gräber/Ruban, a.a.O., Rz. 61, m.w.N.). Zu diesen Punkten enthält die Beschwerdeschrift keinerlei Ausführungen. Die genannte Rüge ist mithin ebenfalls wegen § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO unstatthaft.

c) Im Ergebnis dasselbe gilt insoweit, als die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darin sieht, daß die gesonderte Vergütungsfähigkeit von zusätzlichen Leistungen eines Geschäftsführers zu klären sei. Die Klägerin trägt hierzu zwar vor, daß eine "Vielzahl von Geschäftsführern ... über dem üblichen Aufgabenkatalog liegende Mehrleistungen" erbrächten und daß sich hier jeweils die Frage nach der steuerlichen Anerkennungsfähigkeit einer zusätzlichen Vergütung stelle. Diese Darlegung zielt indessen an der Argumentation des FG in dem angefochtenen Urteil vorbei:

Das FG hat dort zum einen darauf abgestellt, daß die Vertretung der Klägerin im Prozeß gegen M schon deshalb nicht als "Zusatzleistung" des K angesehen werden könne, weil in jenem Verfahren K weder als Prozeßvertreter der Klägerin habe auftreten dürfen noch tatsächlich als solcher aufgetreten sei. Vielmehr sei die Prozeßvertretung, für die es nach § 78 der Zivilprozeßordnung eines Rechtsanwalts bedurft habe, durch Rechtsanwalt L erfolgt. Die Rolle des nicht als Rechtsanwalt zugelassenen K habe sich zwangsläufig darauf beschränkt, Rechtsanwalt L mit den erforderlichen Informationen zu versorgen. Hierfür habe K zum anderen deshalb keine zusätzliche Vergütung zugestanden, weil die gesonderte Vergütungsfähigkeit von Zusatzleistungen im Geschäftsführervertrag auf die Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen beschränkt gewesen sei. Schließlich hat das FG auf Unstimmigkeiten in der von K erstellten Rechnung abgehoben und hieraus gefolgert, daß die an K gezahlten Gebühren weder dem Grunde noch der Höhe nach entstanden gewesen seien. Im Ergebnis handelt es sich mithin um die Würdigung eines besonders gelagerten Einzelfalls, der einerseits von der speziellen zivilprozessualen Ausgangslage und andererseits von der konkreten vertraglichen Gestaltung geprägt ist.

Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin nicht allein durch den Hinweis darauf, daß auch in anderen Fällen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften atypische Sonderleistungen zugunsten der Gesellschaft erbringen können, die grundsätzliche Bedeutung der im Streitfall gegebenen Problematik darlegen. Hierzu hätte es zumindest weiterer Ausführungen dazu bedurft, inwieweit die einzelfallbezogene Beurteilung durch das FG Fragen aufwirft, die sich unabhängig von der spezifischen Ausgestaltung des Streitfalls stellen. Solche Ausführungen enthält die Beschwerdeschrift nicht. Sie läßt folglich nicht erkennen, daß in einem etwaigen Revisionsverfahren eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage geklärt werden könnte. Damit fehlt es auch in diesem Punkt an der hinreichenden Darlegung des geltend gemachten Revisionsgrundes.

d) Soweit die Klägerin die Versagung rechtlichen Gehörs und damit einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) rügt, fehlt es an jeglichem Vortrag dazu, was sie bei rechtzeitiger und ausreichender Gewährung des Gehörs vorgetragen hätte. Ein solcher Vortrag ist nach gefestigter Rechtsprechung des BFH Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Rüge der Verletzung des Rechts auf Gehör (Senatsbeschluß vom 12. Februar 1999 I B 96/98, BFH/NV 1999, 1218; BFH-Beschluß vom 17. Dezember 1998 VII B 239/97, BFH/NV 1999, 1093, 1096, m.w.N.). Schon deshalb kann die Nichtzulassungsbeschwerde in diesem Punkt ebenfalls keinen Erfolg haben.

Abgesehen davon hat das FG mit seinen von der Klägerin beanstandeten Ausführungen lediglich darauf hingewiesen, daß seiner Ansicht nach im Streitfall weitere --vom FA nicht aufgegriffene-- vGA vorgelegen haben, die ggf. im Wege der Saldierung berücksichtigt werden müßten. Für eine solche Saldierung wäre indessen nur dann Raum, wenn das FA in anderen Vorgängen zu Unrecht vGA gesehen hätte. Letzteres ist aber weder nach der Auffassung des FG noch aus revisionsrechtlicher Sicht der Fall. Die Hilfsüberlegungen des FG zu eventuellen zusätzlichen vGA sind mithin unter keinem denkbaren Gesichtspunkt entscheidungserheblich und deshalb von vornherein nicht geeignet, das angefochtene Urteil als rechtsfehlerhaft erscheinen zu lassen.

Ende der Entscheidung

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