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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 03.12.1998
Aktenzeichen: I B 124/98
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 6 Abs. 1
FGO § 6 Abs. 4 Satz 1
FGO § 124 Abs. 2 letzter Satzteil
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 76 Abs. 1 Satz 2
FGO § 115 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Sie kann nicht auf Verletzung rechtlichen Gehörs gestützt werden, weil der für die Entscheidung zuständige Senat des Finanzgerichts (FG), bevor er in Anwendung von § 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Rechtsstreit einem Senatsmitglied als Einzelrichter übertrug, den Beteiligten keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Zwar ist umstritten, ob eine derartige rechtliche Anhörung geboten ist (bejahend z.B. Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 6 Rz. 6; List in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 6 FGO Rz. 15; vgl. auch Oberverwaltungsgericht --OVG-- Saarlouis, Beschluß vom 27. Oktober 1997 1 Q 12/97, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 1998, 645, zum gleichlautenden § 6 der Verwaltungsgerichtsordnung; verneinend: Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 6 FGO Tz. 7; Buciek in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 6 FGO Rz. 27 f., m.w.N.; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Oktober 1997 10 K 130/97, Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 124). Die Entscheidung, eine Rechtssache auf einen Einzelrichter zu übertragen, ist jedoch unanfechtbar (§ 6 Abs. 4 Satz 1 FGO). Die Frage nach der vorherigen Anhörung der Beteiligten könnte deshalb in einem nachfolgenden Revisionsverfahren auch dann nicht beantwortet werden, wenn sie zu Unrecht unterblieben wäre (vgl. § 124 Abs. 2 letzter Satzteil FGO). Kann sich ein --unterstellter-- Verstoß gegen das rechtliche Gehör aber auf das Verfahrensergebnis nicht auswirken, ist die Zulassung der Revision nicht gerechtfertigt (vgl. auch OVG Saarlouis, NVwZ 1998, 645). Im übrigen hat der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht behauptet, daß die Einzelrichterübertragung im Streitfall offensichtlich gesetzeswidrig gewesen wäre. Infolgedessen ist auch nicht ersichtlich, welche begründeten Einwände er gegen die Übertragung erhoben haben könnte, wäre ihm zuvor rechtliches Gehör gewährt worden.

2. Das weitere, vom Kläger ausdrücklich als "ergänzende Erwägungen" bezeichnete Vorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Der Kläger hat die von ihm angenommene grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) sowie die behaupteten Verstöße gegen die Sachaufklärungspflicht des FG und das rechtliche Gehör (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt und bezeichnet.

a) Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung hätte er ausführen müssen, daß nach seiner Auffassung die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dies ist im Streitfall nicht geschehen. Die bloße Behauptung, die aufgeworfenen Rechtsfragen zur Auslegung und Geltung des Begriffs "in der Regel jeden Tag zurückkehren" in Art. 13 Abs. 5a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen sowie der Gewerbesteuern und Grundsteuern (DBA-Frankreich) i.V.m. der Verständigungsvereinbarung vom 20. Februar 1980 (BStBl I 1980, 88) seien grundsätzlich bedeutsam, kann diese Darlegung nicht ersetzen. Insbesondere fehlt eine Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, die die von der Finanzverwaltung praktizierte 45-Tage-Nichtrückkehrgrenze als für den Grenzgängerbegriff unschädlich angesehen hat (vgl. Senatsbeschluß vom 16. März 1994 I B 186/93, BFHE 174, 338, BStBl II 1994, 696). Letztlich hat der Kläger lediglich sein Klagevorbringen wiederholt und den Prozeßstoff in seinem Sinne --abweichend von dem FG-- gewürdigt. Ein derartiges Vorbringen kann geeignet sein, die Revision als solche zu begründen, nicht aber die auf die Revisionszulassung gerichtete Beschwerde.

b) Auch die Rüge des Klägers, das FG habe die ihm obliegende Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt, genügt nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 FGO. Dazu hätte insbesondere dargelegt werden müssen, welche Tatfrage aufklärungsbedürftig ist, weshalb die Sachaufklärung sich dem FG auch ohne besonderen Antrag hätte aufdrängen müssen und inwieweit es bei einer weiteren Aufklärung zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 115 FGO Tz. 90; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 40, m.w.N. zur Rechtsprechung), wobei für die Beurteilung, ob ein solcher Aufklärungsverstoß vorliegt, von dem materiell-rechtlichen Standpunkt des FG auszugehen ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom 7. Januar 1993 VII B 115/92, BFH/NV 1994, 37; vom 11. Januar 1990 V B 109/89, BFH/NV 1990, 607). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdeschrift nicht gerecht. Der Kläger rügt nur, daß das FG keinen Aufklärungsversuch unternommen habe, weshalb das Regelerfordernis der täglichen Rückkehr in Art. 13 Abs. 5 Buchst. a DBA-Frankreich anders als in Art. 15 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (DBA-Schweiz) i.V.m. dem Verhandlungsprotokoll vom 18. Juni 1971 --bzw. mit Wirkung von 1994 an-- in Art. 15a Abs. 2 DBA-Schweiz i.d.F. des Gesetzes vom 30. September 1993 (BGBl II 1993, 1886) ausgelegt werde. Zu einem derartigen Aufklärungsversuch bestand aus Sicht des FG aber schon deswegen keine Veranlassung, weil es insofern nicht von gleichgelagerten Verhältnissen ausgegangen ist; es hat vielmehr angenommen, die Verhandlungsposition der Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zu Frankreich sei eine andere als im Verhältnis zur Schweiz. Darauf, ob diese Sichtweise zutreffend ist oder nicht, kommt es für das Beschwerdeverfahren nicht an.

c) Schließlich genügt auch die Rüge des Klägers, ihm sei das rechtliche Gehör verweigert worden, indem das FG aus eigener Sachkunde darüber entschieden habe, ob die in Rede stehenden Dienstreisen jeweils einen vollen Arbeitstag in Anspruch genommen haben, nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 FGO. Zur Bezeichnung dieses Verfahrensmangels hätte die substantiierte Darlegung gehört, was bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wäre (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 3. Februar 1982 VII R 101/79, BFHE 135, 167, BStBl II 1982, 355; Beschluß vom 16. März 1988 II B 175/87, BFH/NV 1989, 586). Das ist im Streitfall aber unterblieben.

Im übrigen ergeht dieser Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

Ende der Entscheidung

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