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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.02.2000
Aktenzeichen: I B 126/98
Rechtsgebiete: KStG, FGO


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
KStG § 27 Abs. 3 Satz 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. 1. Gesellschafter der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) --einer GmbH, die Kundendienstleistungen erbringt-- waren in den Jahren 1995 und 1996 (Streitjahre) mit jeweils gleichen Anteilen am Stammkapital A und B. Beide waren auch die alleinigen Geschäftsführer der Klägerin. Aufgrund schriftlicher Anstellungsverträge, die bereits vor den Streitjahren abgeschlossen worden waren, erhielten sie für ihre Tätigkeiten als Geschäftsführer neben einem Festgehalt und Weihnachts- und Urlaubsgeld auch Überstundenvergütungen. Diese betrugen pro Jahr zwischen 21 v.H. und 26 v.H. der jährlichen Gesamtvergütungen.

In den Anstellungsverträgen war hinsichtlich der Arbeitszeit und der Überstundenvergütungen folgendes vereinbart: Die Geschäftsführer sind an keine festen Arbeitszeiten gebunden. Ihre Regelarbeitszeit beträgt 38 Stunden pro Woche. Erforderliche Überstunden werden monatlich abgerechnet und für die ersten fünf Überstunden mit 125 v.H. und für die weiteren mit 150 v.H. des jeweiligen Stundenlohns vergütet.

2. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) beurteilte die Überstundenvergütungen unter Hinweis auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats (Urteile vom 19. März 1997 I R 75/96, BFHE 183, 94, BStBl II 1997, 577; vom 8. April 1997 I R 66/96, BFH/NV 1997, 804) als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und andere Ausschüttungen i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG. Er erließ für die Streitjahre Körperschaftsteuerbescheide und auf den Schluss der Streitjahre Bescheide über die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals (vEK), denen diese Rechtsauffassung zugrunde liegt. Die Einsprüche und Klage, mit denen die Klägerin unter anderem geltend machte, die Urteile in BFHE 183, 94, BStBl II 1997, 577 und in BFH/NV 1997, 804 seien zu Sachverhalten ergangen, von denen sich der Streitfall in entscheidungserheblicher Weise unterscheide, waren erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1487 veröffentlicht.

3. Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Rechtsfrage, ob die Grundsätze der zitierten Urteile des beschließenden Senats auch auf Fälle zu übertragen sind, in denen Überstundenvergütungen nicht an einen alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer, sondern an mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlt werden, hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

1. Die beiden zitierten Urteile betreffen Sachverhalte, in denen die Überstundenvergütungen an Gesellschafter gezahlt worden waren, die die alleinigen Geschäftsführer der Gesellschaft waren. Es war somit kein weiterer Gesellschafter-Geschäftsführer vorhanden, der kontrollieren konnte, ob und in welchem Umfang der Geschäftsführer die vereinbarte Regelarbeitszeit überschritt. Diese fehlende Kontrolle und das damit für die Gesellschaft verbundene Risiko war für den beschließenden Senat ein gewichtiger Grund, die Vereinbarungen über die Zahlung der Überstundenvergütungen als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen.

Im Streitfall wurde die Gesellschaft von zwei Gesellschafter-Geschäftsführern geleitet. Deren Anstellungsverträge stimmten zwar hinsichtlich der Arbeitszeiten und der Vergütungen für Überstunden überein. Die Geschäftsführer leisteten aber --unterstellt man die Aufzeichnungen der Klägerin als richtig-- unterschiedlich viele Überstunden. Dies könnte den Schluss zulassen, dass die Geschäftsführer wegen widerstreitender Interessen durchaus kontrollierten, ob die Überstunden korrekt aufgezeichnet wurden.

2. Die von der Klägerin dargelegte Rechtsfrage ist klärungsbedürftig. Die zitierten Urteile des beschließenden Senats lassen nicht zweifelsfrei erkennen, ob die in ihnen aufgestellten Grundsätze für Fälle wie den Streitfall gelten oder nicht. Im Schrifttum ist diese Frage umstritten (s. Pezzer, Finanz-Rundschau 1997, 684; Gosch, Die steuerliche Betriebsprüfung, 1998, 53; Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, Anhang zu § 8 KStG Rz. 302 "Überstunden"; Blümich/ Rengers, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 8 KStG Rz. 670).

3. Die Beschwerdeschrift enthält zwar keine Ausführungen dazu, warum die Rechtsfrage über den konkreten Streitfall hinaus von Bedeutung ist und somit für die Fortentwicklung des Rechts einer Klärung durch den Bundesfinanzhof bedarf. Dies steht einem Erfolg der Beschwerde aber nicht entgegen. Es ist offenkundig, dass die Rechtsfrage sich in einer Vielzahl von Fällen stellen kann.

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